· Nachricht · Vorweggenommene Erbfolge
Sind die stillen Reserven aufzudecken, wenn ein Gewerbebetrieb unter Zurückbehaltung eines Nießbrauchsrechts übertragen wird?
| Behält sich der Übergeber das Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vor und führt er die bisherige gewerbliche Tätigkeit fort, werden nur die Betriebsmittel nicht aber die Erwerbsquelle übertragen. Die Gestaltung führt zur (Zwangs-)Betriebsaufgabe. Die Voraussetzungen für eine unentgeltliche Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG sind nicht erfüllt (FG Münster 18.9.14, 13 K 724/11 E). |
Eine Witwe hatte das Grundstück mit einer verpachteten Gaststätte dem Sohn übertragen, behielt sich aber das Nießbrauchsrecht vor. Das FA hat - nach Meinung des FG zu Recht - den Vorgang als (Zwangs-)Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 EStG behandelt. Ein unentgeltlicher Betriebsübertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG liegt demnach nicht vor. Dieser setzt voraus, dass das Eigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang unter Aufrechterhaltung des geschäftlichen Organismus auf einen Erwerber übertragen wird. Die Realisierung der in den übertragenden Wirtschaftsgütern ruhenden stillen Reserven lässt sich nicht dadurch vermeiden, dass der Übergeber zunächst sämtliche Betriebsmittel des Gewerbebetriebs auf den Übernehmer unentgeltlich überträgt und sie dann zurückpachtet oder auf sonstige Weise nutzt, um die bisherige gewerbliche Tätigkeit fortzuführen. Es fehlt dann gerade an der von § 6 Abs. 3 EStG vorausgesetzten Übertragung des Gewerbebetriebs als Ganzes, und zwar unabhängig davon, dass die Betriebsmittel zivilrechtlich in das Eigentum des Übernehmers übergegangen sind und der Gewerbebetrieb des Übergebers deshalb mit fremdem Eigentum weitergeführt wird. Da § 6 Abs. 3 EStG der Gedanke zugrunde liegt, dass mit der Betriebsübertragung die Erwerbsquelle übergeht, kann die Fortführung der bisherigen betrieblichen Tätigkeit durch den Übergeber diesen Anforderungen nicht gerecht werden
Da die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG nicht erfüllt sind, stellt die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks einen privaten Vorgang dar, der im außerbetrieblichen Bereich vollzogen wird und daher zu einer Überführung des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen des Übergebers in dessen Privatvermögen führt. Das Nutzungsrecht ist im privaten Vermögensbereich neu entstanden.
Da es sich bei dem Grundstück um die einzige (funktional) wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebs des Übergebers handelte, führt das Ausscheiden des Grundstücks aus dem Betriebsvermögen zwangsläufig - ohne weitere Aufgabeerklärung - zu einer Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG) und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven.