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  • · Fachbeitrag · Altersvorsorge

    Was zur Rürup-Rente oft verschwiegen wird

    von Peter Hieber, Finanzplanung, Leonberg

    | Als die Riester-Rente eingeführt wurde, guckten Selbstständige in die Röhre, da sie nur auf Angestellte zugeschnitten war. Es dauerte nicht lange, und mit der Rürup-Rente kam eine Variante, die von vielen Verkäufern als grandiose Altersvorsorge gepriesen wird. Aber die Rürup-Rente kann auch ins genaue Gegenteil umschlagen. Die wenigsten Kunden erfahren das jedoch. |

    1. Die Folgen von Schulden beim Kunden und Anbieter

    Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Instrumenten der Altersvorsorge ist die Rürup-Rente ausgesprochen unflexibel. Das kann böse Folgen haben. So ist der Vertrag weder vererbbar noch kann er verschenkt oder verkauft werden. Auch die Beleihung ist ausgeschlossen. Nun könnte man diese Fakten bestenfalls noch als disziplinierende Maßnahmen betrachten, wenn man dem Produkt gegenüber wohlwollend eingestellt ist. Doch es gibt weitere Fallstricke, die weitreichende Konsequenzen haben können.

     

    Wenn eine Rürup-Rente abgeschlossen wurde und sich die Auszahlungsphase nähert, kann ein Problem entstehen, wenn man zu diesem Zeitpunkt Schulden hat. Denn Gläubiger haben das Recht, ihre Forderungen einzufordern, also das angesparte Vermögen oder einen Teil davon zu pfänden. Auch wenn Hartz-IV-Zahlungen oder Gerichtskostenhilfe zu erwarten sind, kann sich das auf den Rürup-Vertrag negativ auswirken, weil der Kunde zunächst von der außerordentlichen Kündigung Gebrauch machen muss. Von der Rente bleibt dann nicht viel, schlimmstenfalls sogar gar nichts übrig.

     

    Selbst wenn der Kunde im Sinne der Vertragsmodalitäten im Prinzip alles richtig macht, kann er noch böse auf die Nase fallen. Denn Schulden im weiteren Sinn kann auch die Versicherungsgesellschaft machen, bei der er den Vertrag abgeschlossen hat. Anders ausgedrückt: Wenn die Abschluss- und Verwaltungskosten (inklusive der Provisionen für die Vermittler) höher sind als die Garantieverzinsung, kommt es zur negativen Rendite. Der Kunde kann dann von Glück sagen, wenn seine Rente mit der Inflation mithält. Im Beratungsgespräch weisen viele Verkäufer aber lediglich in überaus attraktiven Beispielrechnungen auf die zu erwartenden Überschüsse hin.

    2. Rente und Berufsunfähigkeit: Große Risiken, kleine Erträge

    Immerhin, so sollte man meinen, kann der Kunde bei Bedarf seinen Rürup-Vertrag beitragsfrei stellen. Doch auch das bleibt nicht folgenlos, insbesondere dann nicht, wenn er vernünftigerweise eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) mit eingebaut hat. Deren Versicherungsschutz geht nämlich bei der Beitragsfreistellung verloren. Selbst ein sogenannter „BUZ-Retter“ rettet nicht wirklich alles, sondern allenfalls einen Teil. Denn auch wenn die Gesundheitsprüfung wegfällt, wird nach der Wiederaufnahme der Vertrag neu kalkuliert. Der Beitrag kann sich - je nachdem, wie lange pausiert wurde - also gern schon einmal verdoppeln. Unangenehmer Nebeneffekt: Die steuerliche Absetzbarkeit geht gleich mit verloren.

     

    Die Rente selbst hat einen weiteren Fallstrick. Damit die Versicherungsgesellschaft auf der sicheren Seite ist, kalkuliert sie extrem lange Auszahlungsphasen, sie unterstellt damit nicht selten eine unrealistisch lange Lebenserwartung des Kunden. Durch diese Kalkulation muss das angesparte Kapital auf einen längeren Zeitraum verteilt werden. Der Kunde hat also monatlich nicht nur eine niedrigere Rente, die Versicherungsgesellschaft steigert ihren Sterblichkeitsgewinn.

    3. Wann ist eine Rürup-Rente sinnvoll?

    Es mag so klingen, als sei die Rürup-Rente auf ganzer Linie ein schlechtes Produkt. Doch es gilt zu differenzieren. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Rürup-Vertrag sinnvoll sein.

     

    • Bei Selbstständigen oder Freiberuflern ist die Rürup-Rente oft die einzige Möglichkeit eine Steuerersparnis zu erzielen, weil die Vorsorgeaufwendungen bereits ausgeschöpft sind. Trotzdem sollte nicht die Steuerersparnis im Vordergrund stehen, sondern die Rendite des Vertrags und ganz besonders auch die Kosten. Viele Versicherungsgesellschaften bieten zwischenzeitlich Nettopolicen (ohne Abschlusskosten und mit einer schlanken Gesamtkostenstruktur) an. Gute Nettopolicen haben meistens eine höhere Ablaufleistung als klassische Tarife mit Abschlussprovision. Sie werden nur von unabhängigen Honorarberatern vertrieben.

     

    • Fondsgebundene Rürup-Renten (als Nettopolicen) sind für junge Selbstständige gut geeignet, die noch eine lange Ansparzeit haben, was das Aktienrisiko deutlich reduziert. Für den langfristigen Anlageerfolg ist jedoch die Auswahl der richtigen Fonds entscheidend, z.B. ETF (Hieber PFB 14, 159). Wer wenig oder keine Erfahrungen mit Investmentstrategien hat, sollte sich einen erfahrenen Berater suchen, sonst bleibt der langfristige Anlageerfolg aus.

     

    Angestellte von Unternehmen die betriebliche Altersvorsorgemodelle anbieten, sollten sehr genau prüfen, ob sie nicht mit dem Angebot ihres Arbeitgebers besser fahren. Gerade größere Unternehmen bieten oft eine deutlich bessere Rendite als ein Rürup-Vertrag auf dem freien Markt. Eine Direktversicherung über den Arbeitgeber bietet darüber hinaus auch Steuervorteile.

    4. Fazit

    Sowohl die Riester- als auch die Rürup-Rente sind komplexe Produkte, die nicht einfach zu verstehen sind. Es sei dahingestellt, ob der Gesetzgeber das so geplant hat oder schlicht nicht in der Lage war, Vorgaben für einfache und nachvollziehbare Produkte zu machen. In jedem Fall ist es besser, vor Vertragsabschluss die Alternativen abzuwägen.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 255 | ID 42709131