· Fachbeitrag · Neues Geschäftsfeld
Die Stiftungsberatung im Freiberufler-Mandat
von RA StB FAStR Martin Geißer, München, www.gfp-beratung.de
| Pro Jahr werden ca. 500 ‒ 1.000 (2007 ‒ 2017) neue Stiftungen errichtet ‒ Tendenz steigend. Die Zahl der unselbstständigen Treuhandstiftungen, Zustiftungen und weiteren gemeinnützigen Körperschaften, z. B. der gGmbH ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Insgesamt gibt es in Deutschland über 22.000 selbstständige Stiftungen. Wer als Berater über eine entsprechende Mandantschaft verfügt, der tut gut daran, sich auf das Thema Stiftung vorzubereiten; denn Rechtsanwalt und Steuerberater sind die Hauptansprechpartner für dieses Thema. |
1. Wer stiftet und was treibt die Stifter an?
68,9 % der Stifter haben einen Hochschulabschluss und 25,3 % haben promoviert. Ca. 33 % der Stifter stiften zum Ende ihrer aktiven Berufstätigkeit im Alter von 65 bis 74 Jahren. Aber auch der Anteil der Jüngeren, zwischen 55- bis 64-Jährigen ist mit 28,5 % beachtlich. Auf die Frage nach den Beweggründen geben die Stifter als Hauptmotiv an: Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesellschaft.
Aus den Antworten wird ganz deutlich, dass der Stifter oder die Stifterin den Wunsch hat, der Allgemeinheit i. w. S. zu helfen. Die ggf. für uns als Berater offenkundigeren Aspekte, wie zum Beispiel Schicksale in der Familie oder der Wunsch, das eigene Andenken zu fördern, sind prozentual dahingegen von geringerem Gewicht. Und hier besteht das Risiko für Berater. Wie gut kennen Sie Ihre Mandanten?
2. Welche Zwecke kann eine Stiftung verfolgen?
Nunmehr wollen wir uns die Frage stellen, welche Zwecke mit einer Stiftung verfolgt werden können.
2.1 Familieninteressen oder der Allgemeinheit dienend
Nachdem sich der Mandant geöffnet und seinen Wunsch zur Gründung einer Stiftung, gGmbH, Treuhandstiftung etc. geäußert hat, kommt regelmäßig die Frage auf, welche Zwecke er mit seiner Stiftung verfolgen kann. An dieser Stelle befindet sich der Mandant an einer entscheidenden Weggabelung. Selbstverständlich kann eine Stiftung jeden (legalen) Zweck verfolgen. Zu denken wäre etwa an eine Familienstiftung, die weniger mit dem Stichwort Gemeinnützigkeit als vielmehr mit Familieninteresse bzw. Asset Protection beschrieben werden kann.
Es kommt also darauf an, ob die Stiftung der Allgemeinheit oder individuellen Interessen dienen soll. Diese Frage sollte ohne persönliche Wertung aufgeworfen werden, da es dem Mandanten letztlich freisteht, über sein Vermögen zu verfügen. Natürlich kommen auch Mischformen in Betracht, die zum Beispiel Familien-, Unternehmens- und auch gemeinnützigen Zwecken dienen. Hier besteht die Herausforderung darin, dass solche Doppel- oder Mehrfachstrukturen noch handhabbar sind. Im Ergebnis dürften sie nur für einen sehr geringen Teil der Stifter passend sein.
Allerdings unterliegen nur die der Allgemeinheit i. w. S. dienenden gemeinnützigen Zwecke den bekannten steuerlichen Vorteilen, auf welche zu einem späteren Zeitpunkt eingegangen wird. Hier ist i. S. d. § 52 AO die Frage aufzuwerfen, ob eine selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet vorliegt. Selbstverständlich liegt keine Förderung der Allgemeinheit vor, wenn der Kreis der Begünstigten eingeschränkt wird. Eine Einschränkung aus dem Zweck der Stiftung heraus (z. B. Kinder, Senioren, Krankheitsbild, Natur) ist dahingegen unbedenklich. Regelmäßig sollen gemeinnützige Stiftungen/gGmbH der Gesellschaft, der Bildung, der Kunst und Kultur, Wissenschaft und Gesundheit sowie der Umwelt dienen:
2.2 Steuerbegünstigte Zwecke nach § 52 AO
Der Gesetzgeber hat mit § 52 Abs. 2 AO eine Regelung geschaffen, die nahezu all diese Anliegen berücksichtigt. Folgende Zwecke umfasst § 52 AO:
|
|
2.3 Muss sich der Stifter gleich für einen Zweck entscheiden?
Im Stiftergespräch stellt sich nicht selten heraus, dass der Stifter beziehungsweise die Stifterin zwar eine ungefähre Vorstellung von den Zwecken hat, welcher er/sie gerne verfolgen/unterstützen will, sich aber dennoch Neugründungen nicht festlegen kann oder will. Diesbezüglich ist keine abschließende Entscheidung erforderlich. Selbstverständlich kann eine gemeinnützige Organisation auch mehrere Zwecke verfolgen (gemischte Stiftung).
In welcher Ausprägung, zeitlichen Reihenfolge (sukzessive Stiftungszwecke) etc. die Zwecke verfolgt werden, kann detailliert geregelt werden. Insoweit könnte zum Beispiel vorgesehen werden, dass die gemeinnützige Organisation zu Lebzeiten mit einem Betrag X ausgestattet wird, und in diesem ersten Schritt lediglich dieser eine Zweck verfolgt werden soll. Zu einem späteren Zeitpunkt bzw. wenn die Stiftung mit weiteren Kapital ausgestattet worden ist, kommen schrittweise weitere Zwecke hinzu. Auf diese Weise kann auch erst einmal getestet werden, ob die Stiftung Gründung sinnvoll ist.
Zu berücksichtigen ist aber, dass der Stiftungszweck i. d. R. nachträglich nicht geändert werden kann, es sei denn, z. B. die Realisierbarkeit ist nicht mehr gewährleistet. Die zuständige Stiftungsaufsicht überwacht regelmäßig kritisch, dass der Wille des Stifters im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung gewahrt bleibt. Dies gilt auch gegenüber dem Stifter selbst, der es sich ggf. anders überlegt und andere Zwecke verfolgen möchte.
2.4 Das Verhältnis Erfolge ‒ Stiftung
„Meine Kinder möchte ich ohnehin enterben, dann stifte ich lieber“ Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass mit einer Stiftung pflichtteilsberechtigte Erben (Kinder, Ehepartner) enterbt werden können. Das Erbrecht lässt sich durch eine Stiftung nicht aushebeln. Diesem Risiko kann nur mit den üblichen Ansätzen, z. B. einem Pflichtteilsverzicht oder einer frühzeitigen Umsetzung bzw. Einbindung der Berechtigten begegnet werden.
Im Ergebnis steht es dem Mandanten frei, welche gemeinnützigen Zwecke er verfolgt. Wichtig ist allerdings, dass deren Realisierbarkeit (für Dritte/Stiftungsaufsicht nachvollziehbar) gewährleistet ist.
3. Stiftungskapital
Im Allgemeinen denkt man bei Stiftungen an die großen Namen aus dem Bereich schwerreicher Familien und Unternehmen. Daher haben zahlreiche Mandanten Sorge, dass sie, obwohl es ihnen ein großes Anliegen ist, keine Stiftung errichten können. Diesen Befürchtungen ist aber entgegenzutreten.
3.1 Kann ich mir eine Stiftung leisten? Ich bin ja nicht reich?
Selbstverständlich ist es schön, wenn eine Stiftung über übermäßig große Mittel verfügt, um ihre Zwecke zu verwirklichen. Wichtig ist aber, dass die Erträge dauerhaft erzielt werden können, um den konkreten Zweck der Stiftung zu verwirklichen. Dieser kann auch in vermeintlich kleineren Zwecken liegen. Gegebenenfalls haben gerade diese Zwecke eine höhere „Wirkung“ als die vermeintlich großen Zwecke. Im Gegensatz zu einer GmbH oder Aktiengesellschaft gibt es bei der Stiftung kein Mindestkapital, sondern vielmehr bedarf sie Ertrag bringenden Vermögens.
|
Soll die Forschung im Bereich einer seltenen Krankheit unterstützt werden, welche allgemein wenig Beachtung findet, bedarf es vermutlich deutlich großzügigerer Mittel, als bei der Unterstützung von breit gefächerter Bereiche, wie etwa der Bildung. Hier genügt ggf. ein weiterer kleinerer Beitrag. |
Beachten Sie | Bei der ebenfalls beliebten gemeinnützigen GmbH (gGmbH) handelt es sich um ein „normale“ GmbH, welche an die Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts gebunden ist.
|
Bestes Beispiel ist eine vermietete Immobilie, die regelmäßige Erträge abwirft.
|
Dass die Erträge der Stiftung ausreichen, um die Stiftungszwecke umzusetzen, prüft die Stiftungsaufsicht. Vor der Frage der Kapitalausstattung der Stiftung muss sich der Stifter/Stifterin die Frage stellen, was mit der Stiftung bewirkt werden soll.
3.2 Bekomme ich mein Vermögen wieder zurück?
Die Stiftern/Stifterinnen sind oftmals unsicher bezüglich der von ihnen verfolgen Zwecke und auch der Art der Umsetzung der Ziele. Diese Mandanten müssen verstehen, dass sie mit Gründung einer Stiftung Vermögen i. d. R. unwiederbringlich weggeben. Bewährt hat sich dabei das Bild einer Burg, welche das Vermögen auch gegenüber dem Stifter selbst verteidigt.
Eine selbstständige Stiftung eignet sich nicht zum Üben. Es ist nicht möglich, die Mittel „probeweise“ auf die Stiftung zu übertragen, um sie dann ‒ sollte die Umsetzung scheitern ‒ wieder abzuziehen. In diesem Fall kann die Unterstützung anderer gemeinnütziger Einrichtung, z. B. durch Spenden oder etwas weitreichender, durch Zustiftungen, erwogen werden. Auch unselbstständige (Treuhand-)Stiftungen oder gGmbH kommen in Betracht.
Die Herausforderung im Rahmen einer Stiftungsgründung ist somit oftmals nicht die Umsetzung des Stifterwillens, sondern dessen Entscheidungsprozess und das Bewusstsein über das eigene Handeln.
4. Ein Tipp für die Beratung potenzieller Stifter
Neben dem Rechtsanwalt wird der Steuerberater von ca. 43 % der zukünftigen Stifter und Stifterinnen um Rat ersucht. Vor dem Hintergrund der steuerlichen Möglichkeiten aber auch Risiken, welche noch zu erörtern sind, völlig zu Recht. Gerade für Berater, welche mit den Regelungen der Gemeinnützigkeit im Allgemeinen und der Stiftung beziehungsweise gGmbH noch nicht vertraut sind, besteht hier das Risiko, dass Mandanten sich nicht entsprechend beraten fühlen und gegebenenfalls einen anderen Berater konsultieren.
Stellen Sie sich in diesem Zusammenhang folgende Fragen:
- Besteht bei Ihren Mandanten Beratungsbedarf ‒ Ist ein Stifter dabei?
- Können Sie diesen Mandanten halten?
- Ergibt sich gegebenenfalls ein weiteres Honorarvolumen?
- Wer außer Ihnen verfügt über das Beratungs-Know-how?
- Sind Stiftungen (Nachhaltigkeit) ein Zukunftsmarkt?
- Soll die Stiftung als neues Mandant auch über die aktive berufliche Zeit des bestehenden Mandats betreut werden oder überlassen wir das Thema anderen Branchen und Dienstleistern?