· Fachbeitrag · Rechtsformenwahl
Warum Freiberufler nicht auf die Einpersonengesellschaft warten müssen
von WP StB Henry Franz und RA Dr. Niels George, FA für Handels- und GesellschaftsR, FASteuerR, www.georgepartner.de; beide Berlin
| Sofern das Europäische Parlament will, wird die europäische Einpersonengesellschaft (Societas Unius Personae, SUP) voraussichtlich noch in diesem Jahr eingeführt. Das ist allerdings kein Grund für Freiberufler, mit ihrer Gesellschaftsgründung abzuwarten, bis diese neue Rechtsform eingeführt ist. Nach der Sommerpause wird das Europäische Parlament über den Richtlinienvorschlag entscheiden. Der Beitrag beleuchtet den Charakter sowie die Vor- und Nachteile der SUP. Außerdem nimmt er zu ihrer Praxistauglichkeit für Freiberufler Stellung. |
1. Die SUP laut Richtlinien-Vorschlag
Die SUP ist die GmbH mit europäischem Anstrich, eine europaweit vereinheitlichte Form der Kapitalgesellschaft im nationalen Kleid. Gründung und Haftung sollen nach dem Richtlinienvorschlag EU-weit vereinheitlicht und vereinfacht werden. Jenseits von Gründung und Haftung sollen aber die jeweiligen nationalen Regelungen wie gehabt Anwendung finden.
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Durch die Vereinfachungen soll der Gründergeist gestärkt und die Mobilität in Europa gefördert werden: Auch kleine und mittlere Unternehmen können mithilfe der SUP europaweit Tochterunternehmen gründen. Diese Möglichkeit haben derzeit nur die Big Player, die den finanziellen Aufwand für Rechts- und Steuerberatung nicht scheuen müssen. Nennenswerte Vorteile tun sich also auch für kleinere Unternehmen durch die mögliche Einführung der SUP auf.
2. Und was ist von der SUP zu halten?
Die SUP wird mehrheitlich kritisch gesehen. Ein guter Überblick zu den Positionen findet sich bei Laschet (LTO vom 22.5.15).
2.1 Unseriöse Online-Anbieter von Firmengründungen
Geringere Gründungsvoraussetzungen und weniger Kontrolle bieten Raum für Missbrauch. Findige, aber unseriöse Online-Anbieter könnten versuchen, Kapital aus den Träumen derjenigen Gründer zu schlagen, die ihre Pläne der Selbstständigkeit mit 1 EUR Stammkapital umsetzen wollen. Zentrales Verkaufsargument: Nachteiliges nationales Recht lässt sich durch geschickte Wahl des Unternehmenssitzes aushebeln. Dabei ist die Onlinegründung nur auf den ersten, flüchtigen Blick attraktiv. Kein Anbieter wird für sich in Anspruch nehmen können, insbesondere über steuerrechtliche Normen der für die Gründung in Betracht kommenden Länder zu beraten.
PRAXISHINWEIS | Wir erinnern uns an die Limited: Sie ist gefloppt. Viele 1-EUR-Gründer waren entweder nicht oder schlecht beraten und scheiterten bereits auf den ersten Metern. Von der Durchgriffshaftung erfuhren etliche Geschäftsführer erst, als es zu spät war. Zu befürchten ist, dass sich dies bei der SUP wiederholen wird. Und es gibt noch eine zweite Parallele zwischen Limited und SUP: Die Gefahr von Geldwäsche und Briefkastenfirmen als Begleiterscheinung. |
2.2 Mangelndes Vertrauen des Rechtsverkehrs befürchtet
Das Image der Rechtsform Limited befindet sich auf dem Gefrierpunkt. Das Vertrauen des Rechtsverkehrs ebenso. Schließlich bildet sich Vertrauen doch gerade über die Zuversicht, dass die Rechtsform verlässlich ist. Die berechtigte Hoffnung, dass es die Gesellschaft, mit der wir Verträge schließen, auch in absehbarer Zeit noch gibt, ist ein wichtiges Pfund. Fraglich ist, weshalb das bei der SUP anders sein sollte. Bei der Gründung einer Limited ist für die deutsche Zweigstelle ein Notar erforderlich. Die SUP soll gänzlich ohne auskommen. Zu befürchten ist, dass sich die Negativpunkte schlechtes Image und mangelndes Vertrauen des Rechtsverkehrs bei der SUP noch potenzieren werden. Negativimage und mangelndes Vertrauen des Rechtsverkehrs sind deutliche Argumente gegen die SUP.
Die vorgesehene Mindestkapitalausstattung von 1 EUR - ohne verpflichtende Rücklagenbildung wie bei der Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt (UG) stärkt auch nicht gerade die Seriosität der SUP. Daran werden voraussichtlich auch Bilanztest und Solvenzbescheinigung nichts ändern können.
2.3 Keine Vorteile gegenüber der UG
Für die vereinfachte Gründung einer Kapitalgesellschaft mit nur 1 EUR Stammkapital haben wir bereits die UG. Wenn es besonders unkompliziert laufen soll, gern per Mustersatzung. Erläuternde - und zu Recht warnende - Hinweise eines Notars, die es bei der UG-Gründung dazu gibt, haben noch niemandem geschadet. Die UG ist die kleine Schwester der GmbH. Dementsprechend ist sie im GmbH-Gesetz geregelt. Ein späterer Wechsel von der UG auf die GmbH - anerkanntermaßen die profilierteste Kapitalgesellschaftsform in Deutschland - ist auf Basis eines Gesellschafterbeschlusses möglich.
PRAXISHINWEIS | Wem das Stammkapital für die GmbH fehlt, startet mit der UG und wechselt dann problemlos auf die GmbH. Auch die UG war bei ihrer Einführung nicht unumstritten. Inzwischen weiß jeder, der mit Inkubatoren und Venture Capital zu tun hat, dass die UG aus der deutschen Rechtsformenlandschaft nicht mehr wegzudenken ist. |
2.4 Schwacher Trost - europaweit einheitlich
Ein Grund, eher auf die SUP als auf die UG zu setzen, könnte allenfalls sein, dass die SUP vom Start weg die Gründung von Tochterunternehmen im europäischen Ausland ermöglicht. Fragt sich bloß: Muss es von Null auf Hundert sein? Wenn sich das Unternehmen solide entwickelt, lässt sich möglichst organisch immer noch ein europaweites Netz von Tochterunternehmen spinnen. Problematisch ist ferner, dass zwar Haftung und Gründung EU-weit vereinheitlicht werden. Jenseits davon gelten aber weiter die Regeln des jeweiligen nationalen Rechts. Der Gründer muss weiterhin ausländischen Rechtsrat in jedem Mitgliedstaat einholen, in dem er eine solche Tochtergesellschaft unterhält.
3. Fazit
Freiberufler, die die Gründung einer Kapitalgesellschaft erwägen, müssen nicht auf die SUP warten. Das Phänomen SUP wird sich bald erledigt haben. So es denn überhaupt zu ihrer Einführung kommt. Wünschen wir dem Europäischen Parlament Weitsicht bei den anstehenden Entscheidungen.
Weiterführende Hinweise
- Einpersonengesellschaft/Societas Unius Personae - Vom europäischen Geiste beseelt oder benebelt? (Laschet, LTO vom 22.5.15)
- EU-Richtlinie - Societas Unius Personae (Centrum für europäische Politik, cepAnalyse Nr. 31/2014, zuletzt abgerufen am 5.8.15)
- Rechtsformenwahl - LLP oder PartG mbB - eine Gegenüberstellung vor allem zu Haftung und Versicherung (George, PFB 15, 115)
- Rechtsformenwahl - Die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung - Allheilmittel für Freiberufler? (George/Schmolinske/Wiedenhaupt, PFB 13, 342)
- Rechtsformenwahl - Eignet sich die Unternehmergesellschaft für Heilberufler? (David, PFB 10, 212)
- Existenzgründung - Rechtsformenwahl für Angehörige der Freien Berufe (Stockhausen, PFB 14, 213)