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  • · Nachricht · Vertragsgestaltung

    Wichtige Regelungspunkte bei Praxisgemeinschaften

    von RAin Janine Schmitt, Nürnberg, www.roedl.de  

    |t Bei Praxisgemeinschaften steht die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen und -einrichtungen sowie die gemeinschaftliche Beschäftigung von Personal im Vordergrund. Die sachlichen und personellen Mittel sollen effektiver genutzt werden, um Kosten zu sparen. Oft entsteht der Eindruck, dass an den Gesellschaftsvertrag einer Praxisgemeinschaft - im Gegensatz zu einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) - geringere Anforderungen zu stellen seien. Dabei sind gerade bei der Praxisgemeinschaft einige Besonderheiten bei der Abfassung gesellschaftsvertraglicher Regelungen zu beachten.  |

     

    Risiken eines gemeinsamen Patientenstammes

    Eine Praxisgemeinschaft hat keinen gemeinsamen Patientenstamm. Aus diesem Grund sind tatsächlich auch verschiedene und streng getrennte Patientenkarteien in der Praxis zu führen.

     

    Haben Ärzte in einer Praxisgemeinschaft zum Teil gemeinsame Patienten, so birgt dies die Gefahr in sich, dass es zu Honorarberichtigungen kommt: Abrechnungsauffälligkeiten werden bei versorgungsbereichsgleichen Praxisgemeinschaften vermutet, wenn eine Übereinstimmungsquote von 20 Prozent (bei versorgungsbereichsübergreifenden von 30 Prozent) überschritten wird. In der Folge kann es zu Abrechnungsschwierigkeiten kommen, es sei denn, die Notwendigkeit einer medizinisch notwendigen „Doppelbehandlung“ kann nachgewiesen werden, wobei dieser Nachweis nur in Einzelfällen gelingen wird. Bestätigen sich die Abrechnungsauffälligkeiten, wird ein sogenannter Gestaltungsmissbrauch angenommen, das heißt: Faktisch liegt eine nicht genehmigte Berufsausübungsgemeinschaft vor. Mögliche Folgen hieraus können, neben den Honorarberichtigungen, auch disziplinarrechtliche Konsequenzen sein (vgl. § 81 V SGB V).

     

    Umstrittene Zulässigkeit eines Wettberwerbsverbot

    In Gesellschaftsverträgen wird häufig vereinbart, dass sich ein Gesellschafter nach seinem Ausscheiden aus der Praxis für eine bestimmte Zeit in einem bestimmten Umkreis um die bisherige Praxis nicht niederlassen darf. Grundsätzlich ist die Vereinbarung eines nachvertraglichen Niederlassungsverbotes - jedenfalls in Verträgen zur Gründung einer BAG - möglich und unter bestimmten Bedingungen und Grenzen auch zulässig.

     

    Ob derartige Klauseln auch in Praxisgemeinschaftsverträgen zulässig sind, ist rechtlich strittig. Überwiegend wird angenommen, dass Wettbewerbsverbote zu Lasten des aus einer Praxisgemeinschaft ausscheidenden Arztes unzulässig sind. Begründung:

     

    • Nachvertragliche Wettbewerbsverbote resultieren aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Da in der Praxisgemeinschaft jeder Gesellschafter seinen Beruf eigenständig ausübt, fehlt es insoweit an einem schutzwürdigen Interesse. Ein Wettbewerbsverbot kann sogar als unwirksamer Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Patienten, eingeordnet werden (vgl. Ratzel, in: Spickhoff, MedR, 70, § 705, Rn. 15).

     

    • Da die Praxisgemeinschaft lediglich Organisationsgemeinschaft ist, kommen die Behandlungsverträge stets mit dem einzelnen Arzt zu Stande, so dass eine Praxisgemeinschaft gerade nicht über einen gemeinsamen Patientenstamm verfügt. Das typische Risiko, dass der ausscheidende Arzt dem verbleibenden Arzt Patienten „wegnimmt“, könne somit schon gar nicht bestehen, sodass bereits Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbotes leer liefen. Selbst wenn zum Ausgleich für das Niederlassungsverbot im Vertrag eine Abfindung für den ideellen Wert vorgesehen ist, kann das Wettbewerbsverbot unwirksam sein, weil der Goodwill bei der Praxisgemeinschaft gerade nicht zum Gesellschaftvermögen gehören kann - schließlich liegen bei der Praxisgemeinschaft zwei oder mehrere einzelne und voneinander getrennte Arztpraxen vor.

     

    FAZIT | Bei Neugründung von Praxisgemeinschaften können kritische Aspekte von Beginn an vertraglich festgelegt werden - müssen in der Realität aber auch entsprechend gelebt werden.

     

    Praxisgemeinschaften müssen den Aspekt des (teilweise) gemeinsamen Patientenstammes im Auge behalten, da stets die Gefahr besteht, dass die KVen die Berechtigung zur getrennten Abrechnung überprüfen.

     

    Auf die Aufnahme nachvertraglicher Wettbewerbsverbote in Praxisgemeinschaftsverträgen sollte aufgrund der Unsicherheit bzgl. der Wirksamkeit der Klauseln eher verzichtet werden.

    Quelle: ID 42290127

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