· Fachbeitrag · Steueroptimierter Anteilserwerb
Debt Push Down in Zeiten von BEPS: vier Gestaltungsvarianten in der Praxis
von StB Marc Oppermann und RA FAStR Christian Gaßmann, Düsseldorf
| Im Rahmen eines Share Deals wird in der Regel ein Großteil der Anschaffungskosten durch die Aufnahme von Fremdkapital finanziert. Über einen sog. Debt Push Down im Sinne einer Zusammenführung der Zinsaufwendungen des Erwerbers mit den operativen Ergebnissen der Zielgesellschaft lässt sich ein (positiver) Leverage-Effekt erzielen. In dieser Situation kauft sich das zu erwerbende Unternehmen quasi selbst. Um letztlich einen steueroptimierten Erwerb zu gewährleisten, sind neben einer abzugsfähigen Akquisitionsfinanzierung einige weitere Aspekte zu beachten. Unter Beachtung der neuesten gesetzgeberischen Entwicklungen zu GrEStG-Verschärfungen bei Share Deals, der Anti-Hybrid-Regelung des § 4k EStG sowie dem AbzStEntMoG werden vier mögliche Gestaltungen aus der Praxis vorgestellt. Abgerundet wird der Beitrag durch den Vorschlag einer Debt-Push-Down-Gestaltung in bereits bestehenden Strukturen. |
1. Der Praxisfall
Ein börsennotierter US-Konzern beabsichtigt den Erwerb einer deutschen Tochtergesellschaft. Im engeren Fokus stehen die Target 1 GmbH und die Target 2 GmbH. Die Target 1 GmbH verfügt über hohe Verlustvorträge für Zwecke der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, die Target 2 GmbH besitzt in Deutschland belegenes Grundvermögen. Beide deutschen Gesellschaften sollen aus US-Sicht nach der dort geltenden Check-the-Box-Regelung bereits als sog. Disregarded Entity (also als Zweigniederlassung des alleinigen Anteilseigners) qualifizieren.
Um die Akquisitionsfinanzierungkosten mit dem operativen Ergebnis der Zielgesellschaften verrechnen zu können (sog. Debt Push Down), wird bei solchen Inbound-Fällen regelmäßig kein direkter Erwerb durch den Steuerausländer erfolgen. Vielmehr bedient man sich einer neu gegründeten oder erworbenen Akquisitions-GmbH, welche annahmegemäß aus US-Sicht auch als Disregarded Entity (DRE) eingestuft wird.
2. Gestaltungsmöglichkeiten bei Erwerb
In der Praxis haben sich vier Gestaltungsvarianten etabliert, die nachfolgend beleuchtet werden. Die jeweiligen Ausführungen sind dabei nicht auf US-Inbound-Strukturen beschränkt.
2.1 Organschaft
Eine in der Praxis häufig genutzte Gestaltung ist die Begründung eines ertragsteuerlichen Organschaftsverhältnisses. Hierdurch findet zwar tatsächlich kein „Runterdrücken“(Push Down) der Verbindlichkeiten in die Zielgesellschaft statt. Gleichwohl kann auf Ebene der Akquisitionsgesellschaft als Organträger eine Verrechnung des Zinsaufwands gegen das zuzurechnende Einkommen sowie den zugerechneten Gewerbeertrag aus der Organgesellschaft im Rahmen der allgemeinen Regelungen (insbesondere unter Beachtung der Zinsschrankenregelung des § 4h EStG) erfolgen. Daher wird auch diese Gestaltung als Debt Push Down bezeichnet wird.
Zu beachten ist bei dieser Gestaltung insbesondere Folgendes:
- Eine direkte unterjährige Begründung des Organschaftsverhältnisses zwecks sofortiger Verrechnung der Zinsaufwendungen erfordert die Umstellung des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft, um dem Erfordernis der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft „vom Beginn ihres Wirtschaftsjahres“ zu genügen (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 KStG). Glücklicherweise bestehen für die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum zwecks Begründung einer Organschaft keine großen Hürden. Vielmehr vertritt die Finanzverwaltung hierzu die Auffassung, dass die erforderliche Zustimmung des Finanzamtes nach § 7 Abs. 4 S. 3 KStG zu erteilen ist (vgl. R 14.4 Zeitliche Voraussetzungen unter Abs. 3). Ein Ermessensspielraum der Steuerbehörde ‒ und eine damit verbundene Unsicherheit ‒ besteht demnach nicht.
MERKE | Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der zivilrechtliche Begriff „Zustimmung“ sowohl die (vorherige) Einwilligung nach § 183 BGB als auch die (nachträgliche) Genehmigung (§ 184 BGB) erfasst. Damit kann die Zustimmung des Finanzamtes in Form der Genehmigung auch noch nach der erfolgten Umstellung des Wirtschaftsjahres erfolgen. Ebenfalls unschädlich ist, wenn das Wirtschaftsjahr der neuen Organgesellschaft direkt wieder zurück auf das Kalenderjahr umgestellt wird.
- Positiv zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Begründung eines Organschaftsverhältnisses grundsätzlich keine negativen sonstigen Steuerfolgen auslöst. Für die Target 2 GmbH wird kein „weiterer“ grunderwerbsteuerbarer Vorgang nach dem Erwerb von 100 % der Anteile ausgelöst.
- Für die Target 1 GmbH ist allerdings § 15 Abs. 1 Nr. 1 KStG zu beachten. Für den Fall, dass aufgrund der Stillen-Reserven-Klausel des § 8c KStG die Verluste beim Erwerb durch die Akquisitions-GmbH nicht untergegangen sein sollten, sind diese sog. vororganschaftlichen Verlustvorträge nicht mehr nutzbar bzw. bis zur Beendigung des Organschaftsverhältnisses schlicht „eingefroren“.
- Für den Zinsabzug ist die steuerliche Anti-Hybrid Regelung des § 4k EStG von Bedeutung, die durch das ATAD-Umsetzungsgesetz vor Kurzem wie erwartet mit steuerlicher Rückwirkung zum 1.1.20 umgesetzt wurde. Das Gesellschafterdarlehen an die AcquiCo GmbH, welche aufgrund des DRE-Status als Betriebsstätte des Gesellschafters anzusehen ist, fällt „klassisch“ unter § 4k Abs. 2 EStG. Schließlich liegt eine „Deduction“ in Deutschland aber keine „Inclusion“ in den USA vor, da aus US-Sicht das Darlehensverhältnis gar nicht existiert (Disregarded Payment). Diese Besteuerungsinkongruenz in Form der „Deduction/Non Inclusion“ führt zu einem Betriebsausgabenabzugsverbot in Deutschland (zu Details der höchst komplexen Neuregelung vgl. Loose, PIStB 20, 73 ff.).
- Daher ist für den vorliegenden Fall aus Gruppensicht eine Übertragung der Darlehensforderung des US-Gesellschafters in eine Finanzierungsgesellschaft sinnvoll, bei der die Zinserträge einer geringeren effektiven Steuerlast als der deutschen Steuerbelastung von ca. 26,25 % (15 % KSt + 0,75 × 15 % GewSt wegen der 25%igen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG) unterliegen. Übertragungen müssen mit Blick auf die Imported-Mismatch-Regelung des § 4k Abs. 5 EStG sorgfältig strukturiert werden, um letztlich den Betriebsausgabenabzug in Deutschland zu gewährleisten.
MERKE | Bei hohen (vororganschaftlichen) Verlustvorträgen der Zielgesellschaft scheidet diese Gestaltungsidee regelmäßig aus. |
2.2 Downstream Merger
Eine weitere in der Praxis häufig genutzte Gestaltung ist die Durchführung einer Abwärtsverschmelzung der Akquisitions-GmbH auf die Zielgesellschaft. Hierdurch kommt es technisch zur Übertragung der Verbindlichkeit der Akquisitionsgesellschaft auf die Tochtergesellschaft.
Zu beachten ist bei dieser Gestaltung insbesondere Folgendes:
- Das im Jahre 2018 durch den BFH bestätigte Problem der möglichen Steuerentstrickung bei Abwärtsverschmelzung mit ausländischen Anteilseignern (vgl. hierzu ausführlich Kahlenberg PIStB 19, 33) sollte vorliegend ‒ bei kurzfristig erfolgender Verschmelzung bzw. auf einen nahe dem Erwerbszeitpunkt zurückbezogenen Verschmelzungsstichtag ‒ keine Schwierigkeit darstellen. Der BFH hat klargestellt, dass das in § 11 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 UmwStG aufgeführte Tatbestandsmerkmal „übergehende Wirtschaftsgüter“ auch die Beteiligung an der Tochtergesellschaft ‒ welche vorliegend an die Muttergesellschaft der Akquisitions-GmbH ausgekehrt wird ‒ umfasst. Vor der Verschmelzung sind die Anteile an den Zielgesellschaften in Deutschland steuerverstrickt, auch wenn letztlich nur 5 % bei einer Veräußerung nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG besteuert würden. Nach der Verschmelzung wird regelmäßig Art. 13 OECD-MA dem Ansässigkeitsstaat des neuen unmittelbaren ausländischen Anteilseigners das Besteuerungsrecht zuweisen, sodass das deutsche Besteuerungsrecht an den in der Tochtergesellschaft ruhenden stillen Reserven ausgeschlossen wird.
- Beachten Sie | Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass die Beteiligung zwar als „übergehende Wirtschaftsgüter“ qualifiziert und folglich aufgrund des Verlusts des Besteuerungsrechts insoweit kein Buchwertantrag „formal“ möglich ist. Allerdings entspricht der Verkehrswert (gemeine Wert) in dem vorliegenden Erwerberfall dem Buchwert, sodass keine Steuerfolgen eintreten. Vielmehr kann die Abwärtsverschmelzung insgesamt steuerneutral (zu Buchwerten) erfolgen.
- Positiv ist auch, dass steuerliche Verlustvorträge der Zielgesellschaft ‒ wenn Sie aufgrund der Stillen-Reserven-Klausel des § 8c KStG nicht durch den Erwerb durch die Akquisitions-GmbH untergegangen sind ‒ anders als bei der Organschaftsgestaltung weiterhin genutzt werden können; der Downstream Merger führt nicht zum Untergang der Verluste der Zielgesellschaft aufgrund der sog. „Konzernklausel“ im § 8c KStG.
- Vorsicht ist beim Downstream Merger jedoch geboten, wenn die Rücklagen der Zielgesellschaft nicht ausreichen, dass negative Reinvermögen ‒ d. h. die Akquisitionsverbindlichkeit ‒ zu decken. Hierin wird gesellschaftsrechtlich eine unzulässige Entnahme gesehen, die als verbotene Auszahlung von Stammkapital qualifiziert (vgl. hierzu Lüdenbach, StuB 14, 70). Die Nichtdurchsetzung eines Ausgleichsanspruchs nach den §§ 30, 31 GmbHG gegenüber dem ausländischen Anteilseigner wird von der Finanzverwaltung als vGA behandelt.
- Vorsicht ist auch bei „werthaltigem“ Grundbesitz geboten. Ab dem 1.7.21 ist die Vorschrift des § 1 Abs. 2b GrEStG für Kapitalgesellschaften zu beachten, die der weiterhin nur für Personengesellschaften geltenden Regelung des § 1 Abs. 2a GrEStG nachgebildet ist. Die Abwärtsverschmelzung führt nach dieser Vorschrift (wohl) zu einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang auf Ebene der Target 2 GmbH, da ‒ der Finanzverwaltungsauffassung mit Blick auf § 1 Abs. 2a GrEStG folgend ‒ nur die Akquisitions-GmbH selbst als Altgesellschafter gilt und nicht die dahinterstehenden Kapitalgesellschaften. Eine Befreiung nach § 6a GrEStG kommt nicht in Betracht, da die fünfjährige Vorbehaltensfrist nicht erfüllt ist.
- Die Ausführungen zur Anti-Hybrid-Regelung des § 4k Abs. 2 EStG unter 2.1 Organschaft gelten hier entsprechend.
MERKE | Bei hohen Verlustvorträgen (sowie keinem Grundbesitz) der Zielgesellschaft ist diese Gestaltung empfehlenswert. |
2.3 Upstream Merger
Eine weitere, aber weniger genutzte Gestaltung ist der Upstream Merger.
Im Vergleich zum Downstream Merger war hier bereits nach altem Recht nachteilig, dass diese Gestaltung Grunderwerbsteuer (bei Vorliegen von Grundbesitz in der Zielgesellschaft) nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG ausgelöst hat. Zudem besteht nach wie vor der Nachteil, dass Verluste der Zielgesellschaft im Rahmen des Upstream Mergers nicht auf die Akquisitions-GmbH übertragen werden können. Diese könnten lediglich bei Durchführung der Verschmelzung zu Zwischenwerten oder gemeinen Werten bei der Ermittlung des steuerlichen Übertragungsgewinns der untergehenden Zielgesellschaft unter Berücksichtigung der Regelungen zur Mindestbesteuerung berücksichtigt werden.
Auch hier sei angemerkt, dass die Ausführungen zur Anti-Hybrid-Regelung des § 4k Abs. 2 EStG unter 2.1 Organschaft entsprechend gelten.
MERKE | Bei niedrigen Verlustvorträgen (sowie keinem Grundbesitz) der Zielgesellschaft ist diese Gestaltung grundsätzlich empfehlenswert. Im Vergleich zum Downstream Merger kann auch kein „Kapitalerhaltungs-vGA-Problem“ nach §§ 30, 31 GmbHG entstehen. |
2.4 Fremdfinanzierte Dividende
Als weitere Gestaltungsvariante kann der gewünschte Debt Push Down auch durch eine fremdfinanzierte Ausschüttung bewirkt werden, vorausgesetzt, das ausreichend Kapitalrücklagen in der Zielgesellschaft vorhanden sind. Eine deutsche Akquisitionsgesellschaft ist nicht zwingend Voraussetzung, vielmehr kann auch eine ausländische AcquiCo-Gesellschaft verwendet werden.
In Abhängigkeit vom Stand des steuerlichen Einlagekontos sowie des ausschüttbaren Gewinns zum maßgeblichen Vorjahresstichtag lässt sich diese Gestaltung steuerlich optimiert sofort nach Anteilserwerb oder aber erst nach einiger Zeit wie folgt implementieren:
- Im Idealfall ‒ in dem die Zielgesellschaft nur über ein steuerliches Einlagekonto und keinen ausschüttbaren Gewinn i. S. d. § 27 KStG verfügt ‒ kann sofort nach Erwerb in einem ersten Schritt eine Ausschüttung beschlossen werden. Anschließend erfolgt in einem zweiten Schritt eine (teilweise) Übernahme der Akquisitionsverbindlichkeit zwecks Erfüllung ihrer Ausschüttungsverbindlichkeit. Mangels ausschüttbaren Gewinns erfolgt die Ausschüttung in voller Höhe aus dem steuerlichen Einlagekonto und wird als Kapitalrückzahlung gegen den Beteiligungsbuchwert verrechnet („Bank an Beteiligung“).
- In einem praxisnäheren Fall ‒ in dem die Zielgesellschaft über einen hohen ausschüttbaren Gewinn verfügt ‒ „müssen“ Haltefristen beachtet werden. Schließlich würde der Beschluss der Ausschüttung aufgrund der Verwendungsreihenfolge des § 27 KStG, wonach erst der ausschüttbare Gewinn als ausgekehrt gilt, zu einer steuerpflichtigen Dividende führen. Dies bringt unterschiedliche nachteilige Folgen für einen inländischen oder ausländischen Dividendenempfänger mit sich:
- Bei einer inländischen Akquisitions-GmbH würde diese Ausschüttung für Körperschaftsteuerzwecke wegen § 8b Abs. 1 und Abs. 5 KStG nur zu 0,75 % (5 % × 15 % KSt) besteuert, wohingegen für Gewerbesteuerzwecke eine volle Steuerpflicht von ca. 15 % eingreift. Schließlich liegen die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG (… zu Beginn des Wirtschaftsjahres …) nicht vor, sodass nach § 8 Nr. 5 GewStG 95 % der freigestellten Dividende dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind.
- Bei einer ausländischen Akquisitions-Gesellschaft oder aber bei Direkterwerb eines Ausländers ist der inländische Kapitalertragsteuerabzug von 26,375 % problematisch. Vielfach sehen DBA wie auch die Mutter-Tochter-Richtlinie in § 43b Abs. 2 S. 4 EStG nämlich bestimmte Haltefristen vor. Erst nach deren Erreichen wird der Quellensteuersatz reduziert. Für den hier vorliegenden US-Fall kann somit erst nach zwölf Monaten eine Reduzierung der Quellensteuer im Erstattungs- oder Freistellungsweg auf 0 % unter den Voraussetzungen der sog. „Super-Limitation-on-Benefits-Klausel“ für Dividendenausschüttungen erfolgen (vgl. hierzu Loose in IWB 15, 750), wohingegen in den ersten zwölf Monaten 5 % Quellensteuer als definitive Kosten verbleiben.
Mit Blick auf das am 8.6.21 verkündete AbzStEntModG (BGBl I, 1259) gibt es für das hier vorgeschlagene Modell gute Neuigkeiten. Die Sonderregelungen zu Konzernfinanzierungstransaktionen (insbesondere mit Blick auf Darlehensvergaben), die noch in den beiden Referentenentwürfen des ATAD-UmsG in § 1a AStG-E enthalten waren und letztlich zu einem internationalen Alleingang Deutschlands geführt hätten, wurden nicht im AbzStEntModG umgesetzt. Die Streichung des in den Referentenentwürfen vorgesehenen Dreifachtests (Schuldentragfähigkeitstest, Mittelverwendungstest, Konzernrefinanzierungstest) sollte die Position von Steuerpflichtigen in Betriebsprüfungen stärken. Teilweise wurde bislang nämlich mit Verweis auf den Fremdvergleichsgrundsatz die tatsächliche Mittelverwendung seitens der Betriebsprüfung hinterfragt, um so eine Umqualifizierung von Fremdkapital in Eigenkapital zu erreichen. Im Rahmen der immer noch geltenden Finanzierungsfreiheit kann ‒ wie in diesem Modell ‒ eine Mittelverwendung für die Finanzierung einer Dividende nicht schädlich sein. Andernfalls hätte es der Initiative des Gesetzgebers nicht bedurft (so auch Deloitte Tax-news: www.iww.de/s5102).
Die Ausführungen zur Anti-Hybrid-Regelung des § 4k Abs. 2 EStG unter 2.1 Organschaft gelten entsprechend.
MERKE | Diese Gestaltung ist insbesondere bei werthaltigem Grundbesitz sowie hohen Verlustvorträgen der Zielgesellschaft empfehlenswert. |
3. Exkurs: Debt-Push-Down-Gestaltung in bestehenden Strukturen
Für die unter 2.4 vorgestellte Gestaltung der fremdfinanzierten Dividende wird wie erläutert ausreichend ausschüttbares Eigenkapital benötigt. Was kann man aber tun, wenn die deutsche Gesellschaft nicht über Cash sowie über freie Kapitalrücklagen aber über stille Reserven verfügt? Aus deutscher Sicht bietet sich u. E. folgende Strukturierung an, die an dem nachfolgenden Beispiel verdeutlicht werden soll:
- 1. Die ausländische Zwischenholding bringt sämtliche C-GmbH-Anteile gegen Gewährung neuer Anteile (sog. Anteilstausch) im Rahmen einer Neugründung in die NewCo GmbH ein.
- 2. Die NewCo GmbH kann die im ersten Schritt handelsbilanziell geschaffenen Kapitalrücklagen im Rahmen eines Equity to Debt Swaps in Verbindlichkeiten gegenüber dem direkten Anteilseigner (Zwischenholding) umwandeln. Steuerlich qualifiziert dieser Equity to Debt Swap wie eine fremdfinanzierte Ausschüttung.
- Beachten Sie | Durch Verwendung einer NewCo kann diese Ausschüttung ‒ anders als bei Verwendung einer Vorratsgesellschaft ‒ auch sofort als steuerliche „kapitalertragsteuerfreie“ Kapitalrückzahlung nach § 27 KStG durchgeführt werden. Schließlich ist hier die Fiktion des § 27 Abs. 2 S. 3 KStG für den Neugründungsfall einschlägig, sodass die unterjährige Einbringung/Einlage ins steuerliche Einlagekonto in Höhe des steuerbilanziellen Eigenkapitals (abzüglich des Stammkapitals) als zum Ende des maßgeblichen (Vorjahres-)Stichtags erbracht gilt und damit im laufenden Wirtschaftsjahr direkt verwendet werden kann.
- 3. Die NewCo GmbH sowie die bisherige operative C-GmbH begründen ein Organschaftsverhältnis, um eine Verrechnung mit den Zinsaufwendungen der NewCo zu ermöglichen.
Vollständigkeitshalber ist Folgendes anzumerken: Es wird befürchtet, dass die Finanzverwaltung für die im Rahmen der Einbringung entstehende Grunderwerbsteuer die Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG (auch bei Vorliegen der fünfjährigen Vorbehaltensfrist) nicht gewähren wird, wenn es sich bei der Zwischenholding um eine reine Holding ohne eigene Wirtschaftstätigkeit handelt. Mit Blick auf den neuen Erlass zu § 6a GrEStG ist es fraglich, ob wirklich nur über die am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft eine wirtschaftliche Tätigkeit vermittelt werden kann. Schließlich wird die C-GmbH nicht als Beteiligte des Umwandlungsvorgangs, sondern nur als Einbringungsgegenstand angesehen (vgl. hierzu ausführlich Wischott und Graessner, NWB 21, 18 ff.).
Auch hier gelten die Ausführungen zur Anti-Hybrid-Regelung des § 4k Abs. 2 EStG unter 2.1 Organschaft entsprechend.
4. Schlussbemerkung
Die dargestellten Gestaltungsvarianten machen deutlich, dass die steuerliche Nutzung von Finanzierungsaufwendungen aus einem Share Deal an einer deutschen Zielgesellschaft einen ganz wesentlichen Aspekt darstellen kann. Gleichwohl sind ggf. auch ‒ je nach Einzelfall ‒ gewichtige andere Aspekte zu beachten, die unerwünschte Steuerfolgen auslösen können. Andernfalls könnte das Ziel eines steueroptimierten Erwerbs verfehlt werden. Letztlich bedarf es einer gewissenhaften Analyse eines jeden Einzelfalls, um die steuerlichen Folgen in Abhängigkeit der teils komplexen Gestaltungsvarianten herauszuarbeiten, um so das Ziel eines steueroptimierten Erwerbs sicherzustellen.