· Nachricht · EuGH-Vorlage
Verstößt die Kapitalertragsteuerbelastung beschränkt steuerpflichtiger Pensionsfonds gegen Unionsrecht?
| Das FG München hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die deutsche Dividendenbesteuerung bei beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Pensionsfonds gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt (FG München 23.10.17, 7 K 1435/15; beim EuGH unter der Rechtssache C-641/17, College Pension Plan of British Columbia). |
Sachverhalt
Ein kanadischer Pensionsfonds in der Rechtsform eines Common Law Trusts ist wirtschaftlicher Eigentümer von Aktien an deutschen Gesellschaften. Nach Auffassung des FG ist der Trust eine beschränkt steuerpflichtige Vermögensmasse gemäß § 2 Nr. 2 KStG. In den Jahren 2007 - 2010 erhielt der Trust Dividendenausschüttungen der deutschen Aktiengesellschaften, die ‒ nach DBA-Erstattung ‒ mit 15 % Kapitalertragsteuer belastet sind (die Mindestbeteiligungsquote für das Schachtelprivileg nach dem DBA-Kanada 2002 ist nicht erfüllt).
Anmerkungen
Der Pensionsffonds begründete seine Klage damit, dass sie durch die Belastung der ausgeschütteten Dividenden mit deutscher KapESt gegenüber einem deutschen Pensionsfonds benachteiligt werde, da deutsche Pensionsfonds Dividenden faktisch steuerfrei vereinnahmen könnten. Eine Anrechnung bzw. Erstattung der 15 %-igen deutschen KapESt sei für sie nach deutschem Steuerrecht nicht möglich. Als beschränkt steuerpflichtige Körperschaft sei bei ihr die Körperschaftsteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug unterliegen, nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den Steuerabzug abgegolten, so dass bei ihr eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer (mit der Möglichkeit einer Anrechnung der Quellensteuer) nicht stattfinde. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer stelle für sie eine definitive Steuerbelastung dar.
Das FG München hält den ausländischen Pensionsfonds für vergleichbar mit einem deutschen Pensionsfonds. Es geht außerdem davon aus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Dividendeneinnahmen und den Rückstellungen für Pensionszahlungsverpflichtungen besteht. Dieser unmittelbare Zusammenhang ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH eine Voraussetzung dafür, dass der Quellenstaat einem beschränkt Steuerpflichtigen die Geltendmachung von Aufwendungen bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage erlauben muss, sofern auch ein unbeschränkt Steuerpflichtiger derartige Aufwendungen abziehen kann (EuGH 12.6.03, C-234/01; EuGH 3.10.06, C-290/04 und EuGH 15.2.07, C-345/04). Das FG bejaht daher eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit des ausländischen Pensionsfonds.
Beachten Sie | Der kanadische Pensionsfond ist aber nur dann durch die Kapitalverkehrsfreiheit geschützt, wenn nicht die Stillhalteklausel gemäß Art. 64 Buchst. a) AEUV zur Anwendung kommt. Nach dieser Regelung kann die Kapitalverkehrsfreiheit gegenüber Drittstaaten unter der Voraussetzung beschränkt werden, dass die beschränkende Rechtsvorschrift bereits am 31.12.93 bestanden hat und die Beschränkung darüber hinaus u. a. im Zusammenhang mit der „Erbringung von Finanzdienstleistungen“ steht. Beides trifft hier zu.