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  • · Nachricht · Orwell’s „1984“ und Steuern

    Automatischer Informationsaustausch und Steuerprofiling

    | Orwell schildert in seiner bekannten Dystopie „1984“ einen totalitären Überwachungsstaat. Von einem „totalen Fiskalüberwachungsstaat“, wenn nicht die Interessen von Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen gleichermaßen berücksichtigt werden, sprach Prof. Dr. Johanna Hey, wissenschaftliche Direktorin des Instituts Finanzen und Steuern (ifst). Hey trug im Rahmen eines Kolloquiums ihres Hauses am 15.2.16 im Bundesministerium der Finanzen (BMF) vor. |

     

    Für und Wider des Datenaustauschs

    Datenaustausche seitens der Steuerbehörden verschiedener Ländern erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Ungeteilte Freude ist auf Seiten der „Datensubjekte“, der Steuerpflichtigen, allerdings nicht zu verzeichnen. Denn es bestehen eine Reihe von Bedenken wie fehlende Transparenz, unbefriedigte Auskunftsansprüche der Steuerpflichtigen, unzureichender Datenschutz und unvorhersehbare Auswirkungen des sog. Steuerprofiling auf die Geschäftsaktivitäten.

     

    Über die Notwendigkeit des steuerlichen Informationsaustauschs herrscht sowohl bei Befürwortern als auch bei Kritikern generell Einigkeit. Deutschland verfolgt grundsätzlich das Prinzip der Besteuerung des Welteinkommens; die Finanzverwaltung ist jedoch hinsichtlich Erhebung und Vollstreckung territorial auf das Inland beschränkt. Dadurch entsteht die Gefahr eines strukturellen Vollzugsdefizits. Dieses stünde einer gleichmäßigen und gerechten Besteuerung entgegen und würde gleichzeitig unfairen Steuerwettbewerb und Steuerhinterziehung begünstigen. Die ursächliche asymmetrische Informationsverteilung zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden lässt sich durch vermehrten Informationsaustausch überwinden.

     

    In diesem Sinne hoben auch die Teilnehmer des Podiums als Schattenseite von Big Steuer-Data vor allem den Aspekt der Transparenz hervor. Das geschäftliche Risiko, welches aus fehlenden Auskunftsansprüchen resultiert, mahnte der Vertreter des steuerlichen Berufs Prof. Dr. Stephan Eilers, LL.M. (Tax) in der Podiumsdiskussion an. Die Steuerpflichtigen hätten keine Kenntnis darüber, welche Daten von ihnen für welche Zwecke und wohin ausgetauscht werden. Das Geschäftsrisiko bereitete auch Dr. rer. Pol. Wolfgang Salzberger, Konzernsteuerabteilungsleiter bei Linde, Sorge. Er befürchtete in seinen Ausführungen, dass die Vielzahl der erhobenen Daten eine Datenbasis erschaffen, auf welcher Risikoprofile neu eingeschätzt werden. Ein solches Steuerprofiling setze die betroffenen Unternehmen der Willkür des entsprechenden Staates aus. Seinen Erfahrungen nach sei ein „aggressiver“ Steuervollzug beispielsweise in asiatischen Ländern anzutreffen. Die Transparenz schaffende Lösung sah Hey in einer standardmäßig zu gewährenden Akteneinsicht anstelle punktuell vollzogener Anhörungen.

     

    Vielzahl an Rechtsgrundlagen

    Bereits heute ist ein spontaner, anfragegebundener und automatischer Informationsaustausch allgegenwärtig, dessen Grundlagen in einer verwirrenden Vielzahl an Rechtsnormen festgeschrieben sind. „Katalysator“ dieser Entwicklung ist das 2010 in Kraft getretene FATCA-Gesetz in den USA, welches 2012 auf ein bilaterales Abkommen mit u. a. Deutschland ausgeweitet wurde. Der Trend ist ebenfalls geprägt von einer steigenden Anzahl an Staaten, mit denen Deutschland ein Abkommen zum Informationsaustausch geschlossen hat. Rechtsgrundlagen finden sich in völkerrechtlichen Vereinbarungen, im Gemeinschaftsrecht und in nationalen Normen

     

    Auf völkerrechtlicher Ebene enthalten die Doppelbesteuerungsabkommen vom Einkommen und Vermögen gemäß dem OECD-Musterabkommen in Artikel 26 und 27 Ausführungen zum Informationsaustausch. Auf nationaler Ebene garantieren beispielsweise § 117 AO und das FKAuStG (Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen) zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen. Ferner existieren verschiedene Verwaltungsanweisungen (BMF 10.11.15, BStBl I 16, 138; BMF 23.11.15, BStBl I 15, 928; 16.12.15, BStBl I 15, 1047).

     

    Die Pionierrolle im Austausch von Steuerinformationen auf Ebene der Europäischen Union nimmt die Zinsrichtlinie (2003/487EG) ein.

     

    Ein beachtlicher Teil der Abkommen zum Datenaustausch basiert auf der Betätigung der OECD. So stammt das Muster-TIEA (Tax Informationen Exchange Agreement) aus ihrer Feder. Nach dem Multilateral Competent Authority Agreement/Common Reporting Standard (MCAA/CRS), welche den spontanen Austausch von Konteninformationen vorsieht, bringt die BEPS-Initiative weitere Entwicklungen zum Steuerdateninformationsaustausch mit sich. Diese umfassen Vereinbarungen zum Country-by-Country-Reporting (CbCR-MCAA) und zum spontanen Informationsaustausch von Tax Rulings (Vorabbescheiden).

     

    Beachten Sie | Die vollständige Mitteilung finden Sie auf der Homepage des DStV www.dstv.de unter Interessenvertretung/Steuern.

    Quelle: ID 43915021