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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Vorsteuerabzug wird auch bei Angabe einer Briefkastenanschrift in der Rechnung gewährt

    von Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg

    | Es ist für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht erforderlich, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten des leistenden Unternehmers unter der Anschrift ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Ist der Unternehmer postalisch unter der Adresse erreichbar, stellt dies eine ordnungsgemäße Angabe i. S. d. Umsatzsteuerrechts dar und rechtfertigt keine Versagung des Vorsteuerabzugs. Das hat jetzt der EuGH entschieden ( EuGH 15.11.17, C-374/16 und C-375/16). |

     

    Sachverhalte

    Im Verfahren C-374/16 erkannte das FA bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung einer GmbH den Vorsteuerabzug aus Rechnungen einer Firma nicht an: Es handele sich um eine Scheinfirma, die unter ihrer Rechnungsanschrift keinen Sitz gehabt habe. Hiergegen wandte sich die GmbH: Die „Anschrift“ i. S. d. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG diene der Identifikation des Rechnungsstellers und setze nur eine postalische Erreichbarkeit voraus. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren stellte das FG Düsseldorf (14.3.14, I K 4566/10 U, EFG 14, 1526) fest, dass es sich bei dem Sitz der Firma um einen Briefkastensitz gehandelt habe. Die Gesellschaft habe unter dieser Anschrift keine geschäftliche Tätigkeit ausgeübt. Ein Vorsteuerabzug könne nur im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme nach den §§ 163, 227 AO in Betracht kommen. Im Revisionsverfahren hat der BFH (6.4.16, XI R 20/14, DStR 16, 1532) dem EuGH die Streitsache zur Vorabentscheidung und Klärung des Merkmals der „vollständigen Anschrift“ i. S. v. Art. 26 MwStSystRL vorgelegt.

     

    In der Rechtssache C-375/16 kaufte ein Kfz-Händler Fahrzeuge vom Unternehmer Z, um diese weiter zu verkaufen. Die Fahrzeuge wurden vom Kfz-Händler am Gesellschaftssitz des Unternehmers Z abgeholt, auch wenn Z unter dieser Anschrift keinen Handel betrieb. Das FA erkannte den Vorsteuerabzug nicht an, weil die in den Rechnungen von Z ausgewiesene Anschrift des leistenden Unternehmers unrichtig sei. Diese Anschrift diene nur als „Briefkastenadresse“. Z habe in Wahrheit im Inland keine Betriebsstätte. Nach dem Vorverfahren gab das FG Köln (28.4.15, 10 K 3803/13, EFG 15, 1655) der Klage statt. Es ging davon aus, dass die „Anschrift“ i. S. d. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG nicht voraussetze, dass dort „geschäftliche Aktivitäten“ stattfänden. Im nachfolgenden Revisionsverfahren hat der BFH (6.4.16, V R 25/15, DStR 16, 1527) die Streitfrage der „vollständigen Anschrift“ ebenfalls dem EuGH vorgelegt.