21.05.2021 · IWW-Abrufnummer 222509
Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 01.04.2021 – 8 Sa 798/20
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.08.2020 - 19 Ca 6950/19 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung wegen sexueller Belästigung.
Der am 1976 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei unterhaltspflichtige Kinder. Er wird seit dem 01.11.1996 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als sog. EDI-Manager (EDI = Electronic Data Interchange) im Team S in der Filiale der Beklagten in der S Straße zu einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von 4.180,00 Euro. Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer.
Die Zeugin Frau K L ist bei der Beklagten zum 16.09.2019 eingestellt worden. Sie war zuvor bereits als Werksstudentin beschäftigt. Während des Werksstudiums fasste der Kläger die Zeugin L jedenfalls einmal - während diese auf einem Stuhl saß - von hinten an die Schultern. Die Zeugin sagte dem Kläger, dass er das lassen soll.
Am 26. und 27.09.2019 fand eine Teamklausur des Teams, dem der Kläger und Frau L angehören, im W in H statt. An der Klausur nahmen acht Teilnehmer statt. Die Klausur wurde vom Zeugen Herrn D J als Teamleiter geleitet. Am Abend des 26.09.2019 nahmen die Teilnehmer an einem gemeinsamen Kochevent teil, bei dem auch Alkohol konsumiert wurde. Nach dem Kochevent fanden sich die Teilnehmer der Klausur, darunter auch der Kläger sowie die Zeugin L und die Zeugin Frau Ka B in der Hotelbar ein. Gegen 03:45 Uhr waren der Kläger, die Zeugin L und die Zeugin B die letzten Teilnehmer der Klausur, die noch in der Hotelbar waren. Während des Aufenthalts in der Hotelbar gingen alle Teilnehmer immer wieder nach draußen, um dort zu rauchen und sich zu unterhalten.
Die Zeugin B hatte ihr Zimmer in dem Gebäude, in dem die Hotelbar lag. Der Kläger und die Zeugin L hatten ihre Zimmer im gegenüberliegenden Gebäude, die Zeugin L. im 1. Stock, der Kläger im 2. Stock.
Der Ablauf des Abends ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.
Ab ca. 03:57 Uhr fand folgende WhatsApp Kommunikation zwischen dem Kläger und der Zeugin L statt:
Der Kläger schrieb: "Ich hoffe du bist mir nicht böse". Die Zeugin antwortete darauf nicht. Der Kläger schrieb sodann "Wenn Du döse auf mich bist, dann Zimmer 308". Die Zeugin antwortete darauf nicht. Der Kläger schrieb weiter "Oder kann ich runter? 201 war Dein Zimmer?" und "Ich habs nicht böse gemeint, glaubs mir." Die Zeugin L schrieb daraufhin zurück: "Also ich fand den Ablauf nicht cool." Der Kläger erwiderte "Sorry... Ganz ehrlich". Etwas später schrieb er dann: "Muss ich jetzt bei dir vorbeikommen?" Der Kläger rief die Zeugin dann noch auf dem Handy an. Die Zeugin reagierte allerdings nicht.
Am nächsten Tag trafen sich die Zeugin L und der Kläger morgens zufällig. Des Weiteren versandte der Kläger im Nachgang weitere Nachrichten mit entschuldigendem Inhalt.
Nach dem Seminar fuhren der Kläger und die Zeugin - wie ursprünglich geplant - im Auto einer Kollegin gemeinsam zurück. Beim Aussteigen umarmte der Kläger die Zeugin noch einmal.
In der Folge wandte sich die Zeugin L an den Vorgesetzten der beiden, den Zeugen Herrn J und berichtete diesem von einem Vorfall auf der Klausur. Daraufhin lud dieser den Kläger für den 04.10.2019 zu einem Personalgespräch gemeinsam mit dem Zeugen Herrn W K Ba ein. Im Gespräch wurden dem Kläger Auszüge der WhatsApp Kommunikation aus der Nacht vom 26. auf den 27.09.2019 mit der Zeugin L vorgelegt und der Kläger wurde hierzu befragt. Die weiteren Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.
Ca. eine Woche nach dem Seminar traf sich der Kläger mit dem Zeugen Herrn S E und besprach mit diesem den Vorfall. Die Details des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 09.10.2019 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung an. Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.
Mit Schreiben vom 15.10.2019, am selben Tag beim Kläger eingegangen, kündigte die Beklagte das zwischen Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit weiterem Schreiben vom 21.10.2019 nochmals ordentlich zum 31.05.2020.
Mit der am 22.10.2019 erhobenen Kündigungsschutzklage wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit dieser beiden Kündigungen.
Der Kläger hat behauptet, bereits während des gemeinsamen Kochevents hätten die Teilnehmer viel Alkohol getrunken. Insgesamt seien an dem Abend ca. 15 Flaschen Wein von den acht Teilnehmern konsumiert worden. Auf den Kläger übe Alkohol aber eher eine sedierende Wirkung aus.
Der Kläger pflege im Betrieb einen lockeren und teilweise überschwänglichen Umgang mit seinen Kollegen. So spreche er Kollegen beispielsweise mit "Liebelein" an oder sage "Ich hab Dich lieb." oder "Ich liebe Dich". Am Abend des 26.09.2019 habe er - außer Herrn J - allen Kollegen nacheinander die Hände auf die Schultern gelegt.
Während des Abends habe der Kläger mit der Zeugin L deren künftigen Beschäftigungsort besprochen. Dann sei es zu einer einverständlichen Umarmung der Zeugin L mit dem Kläger gekommen. Dabei habe der Kläger unbeabsichtigt beim Vorbeistreifen mit den Lippen den Mundwinkel der Zeugin berührt. Die Zeugin L sei dann allein auf ihr Zimmer gefahren. Der Kläger habe sie nicht begleitet. Wegen des versehentlichen Fast-Kusses habe sich der Kläger mittels der WhatsApp Kommunikation entschuldigen wollen.
Am nächsten Morgen hätten sich der Kläger und die Zeugin L an der Kaffeemaschine vor dem Seminarraum getroffen. Er habe gesagt "Sorry wegen gestern Abend; ich liebe Dich als Mensch".
Im Personalgespräch am 04.10.2019 sei nur über die WhatsApp Kommunikation gesprochen worden. Von unerwünschten Körperkontakten o.Ä. sei nicht die Rede gewesen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
Sie hat behauptet, der Alkoholkonsum der Teilnehmer der Klausur sei am Abend des 26.09.2019 nicht übermäßig gewesen. Bereits während des gemeinsamen Aufenthalts vor der Hotelbar am späten Abend des 26.09.2019 habe der Kläger erste Annäherungsversuche bei der Zeugin L gemacht. So habe er versucht, das Gesicht der Zeugin an seins zu ziehen; er habe gegenüber den Kollegen geäußert, dass er die Zeugin L geheiratet hätte, wenn er sie früher kennengelernt hätte; der Kläger habe die Zeugin L in den Arm genommen und auf die Wange geküsst; spätere Umarmungen durch den Kläger seien der Zeugin unangenehm gewesen. Der Kläger habe der Zeugin die Jacke umlegen wollen und sie habe dies abwehrt; die Zeugin B habe dem Kläger gesagt, dass er aufhören solle.
Der Kläger, die Zeugin L und die Zeugin B hätten sich dann verabschiedet. Die Zeugin B sei in ihr Zimmer gegangen. Die Zeugin L und der Kläger seien gemeinsam zu ihrem Gebäudekomplex gegangen und gemeinsam hineingegangen. Beide hätten dann den Aufzug nach oben genommen. Im Aufzug habe der Kläger gesagt, dass er noch mit zur Zeugin L kommen wolle. Die Zeugin habe gesagt, dass sie das nicht wolle. Trotzdem sei der Kläger in der ersten Etage mit der Zeugin ausgestiegen und sei ihr zu ihrer Zimmertür gefolgt. Vor der Zimmertür habe der Kläger die Zeugin zu sich herangezogen und versucht, die Zeugin zu küssen. Die Zeugin habe den Kläger weggedrückt. Der Kläger habe die Zeugin erneut zu sich herangezogen und nun sei es ihm gelungen, sie zu küssen. Die Zeugin habe den Kläger erneut weggedrückt und klar "Nein!" gesagt. Es sei ihr dann gelungen, die Zimmertür zu öffnen und schnell hineinzugehen und die Tür von innen zu verschließen. Am nächsten Morgen hätten sich der Kläger und die Zeugin L zufällig auf dem Weg zur Rezeption getroffen. Der Kläger habe der Zeugin gesagt, dass er sie liebe und habe erneut versucht, sie zu umarmen.
Im Personalgespräch am 04.11.2019 habe der Kläger den Sachverhalt gegenüber den Zeugen Ba und J sowie von der Zeugin L dargestellt umfänglich eingeräumt, einschl. der Umarmungen, der ungewollten Begleitung bis vor das Zimmer der Zeugin und der Küsse. Der Kläger habe dann versucht, den Vorfall zu relativieren. Er habe gesagt, er habe die Zeugin ja schließlich nicht vergewaltigt und dass zu so etwas immer zwei Personen gehören würden. Außerdem sei er sauer, dass die Zeugin L ihn ans Messer geliefert habe. Dem Kläger sei dann mehrfach verdeutlicht worden, dass das "Nein" einer Frau zu akzeptieren sei. Ca. eine Woche nach dem Seminar habe der Kläger gegenüber seinem Kollegen, dem Zeugen Herrn E den Vorfall in einem persönlichen Gespräch eingeräumt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme abgewiesen. Auf das Urteil (Bl. 129 - 142 d.A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der weiter unter Wiederholung und Vertiefung der Auffassung ist sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung seien unwirksam. Der Kläger bestreitet weiter, die Zeugin sexuell belästigt zu haben. Die Zeugin L habe die Vorfälle zumindest übertrieben dargestellt. Dazu behauptet der Kläger, er habe von seiner Ehefrau nach Abschluss der Beweisaufnahme erfahren, diese habe auf dem Gerichtsflur gehört, die Zeugin L habe zur Zeugin B gesagt, dass sie "ein wenig auf die Tränendrüse gedrückt" habe. Es bestünden außerdem Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Anhörung des Klägers. Die Aussagen der Zeugen Ba und J wichen - was dem Arbeitsgericht nicht verborgen geblieben sei, in einem entscheidenden Punkt voneinander ab. Unstreitig sei der Kläger auch unter einem Vorwand zu dem Personalgespräch bestellt worden.
Der Kläger ist weiter der Auffassung, da es sich - den Vortrag der Beklagten unterstellt - um einen einmaligen Vorfall ohne Wiederholungsgefahr gehandelt habe, hätte auch im Hinblick auf sein 23jähriges Arbeitsverhältnis eine Abmahnung statt einer Kündigung ausgesprochen werden müssen.
Mit Schriftsatz vom 30.03.2021 behauptet der Kläger, die Beklagte hätte schon am 30.09.2019 von den streitgegenständlichen Vorwürfen erfahren.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Die dem Kläger vorgeworfene sexuelle Belästigung der Zeugin L sei bewiesen. Dabei handele es sich um eine so schwerwiegende Pflichtverletzung, dass eine fristlose Kündigung auch unter Berücksichtigung der langjährigen Beschäftigung des Klägers gerechtfertigt sei. Der Kläger sei der Zeugin L nicht nur körperlich überlegen gewesen, sondern habe auch gewusst, dass diese erst vor ca. zwei Wochen ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Beklagten begründet habe, sich also noch in der Probezeit befunden habe. Er habe damit seine in jeder Hinsicht stärkere Position ausgenutzt. In dem Personalgespräch am 04.10.2019 habe der Kläger wenig Reue gezeigt. Zwar habe er sein Verhalten zunächst eingeräumt, allerdings im weiteren Verlauf des Gesprächs deutlich relativiert, indem er erklärt habe, dass dazu immer zwei gehörten und er die Zeugin L schließlich nicht vergewaltigt hätte. Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht habe er den von der Beklagten geschilderten Geschehensablauf dann rundweg als frei erfunden bestritten und sei bei diesem Bestreiten weiter geblieben.
Die vom Kläger behauptete Äußerung der Zeugin L auf dem Gerichtsflur sei falsch. Die Zeugin L sei vielmehr als sie den Geschehensablauf im Rahmen ihrer Vernehmung erneut geschildert habe, von der Schilderung emotional so berührt gewesen, dass sie habe mit den Tränen kämpfen müssen. Der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch unmittelbar neben der Zeugin saß, habe dies mit entsprechenden Blicken und Grimassen quittiert. Die Kammer habe deshalb - wie sich auch aus dem Sitzungsprotokoll ergibt - die Sitzung noch während der Vernehmung der Zeugin L unterbrochen und nach Wiederaufnahme der Verhandlung den Kläger aufgefordert, die Plätze zu tauschen und darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung bestehe, sich während der Zeugenvernehmung neutral zu verhalten. Als die Zeugin L sich in der Sitzungsunterbrechung auf den Gerichtsflur begeben hätte, habe die Zeugin B , die dort wartete, bemerkt, dass die Zeugin L emotional aufgewühlt gewesen sei. Dies habe die Zeugin L auf Nachfrage der Zeugin B lediglich bestätigt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.10.2019 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am selben Tag aufgelöst. Das Berufungsgericht schließt sich der zutreffenden und überzeugenden Begründung des Arbeitsgerichts an. Die Berufung des Klägers enthält keine neuen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.
1. Es liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB vor. Der Kläger hat eine Mitarbeiterin, die Zeugin L am Abend des 26./27.09.2019 sexuell belästigt. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ist der Beklagten unzumutbar.
a. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - von der auch das Arbeitsgericht ausgegangen ist - in zwei Stufen zu erfolgen: Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt an sich, d.h. generell ohne Berücksichtigung der besonderen Einzelfallumstände geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (vgl. etwa BAG 28.08.2008 - 2 AZR 15/07-mwN).
Dabei hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, lassen sich dabei nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein "schonenderes" Gestaltungsmittel - etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung - gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen. Der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers ist im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere hinsichtlich einer möglichen Wiederholungsgefahr von Bedeutung. Je höher er ist, desto größer ist diese (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13.12.2018 -2 AZR 370/18-mwN).
Beruht die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigungen wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13.12.2018 -2 AZR 370/18-mwN).
Darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände, die einen wichtigen Grund ausmachen, ist derjenige, der die fristlose Kündigung ausgesprochen hat (vgl. etwa BAG 06.08.1987-2 AZR 226/87-mwN), hier also die Beklagte.
b. Nach diesen Grundsätzen liegt hier ein wichtiger Grund für die ausgesprochene Kündigung vor. Dies hat das Arbeitsgericht zu Recht unter zutreffender Würdigung des gesamten Sachverhalts, insbesondere des Ergebnisses der Beweisaufnahme festgestellt. Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung. Das Berufungsgericht schließt sich vollinhaltlich der überzeugenden Begründung des Arbeitsgerichts an.
aa. Wer auf einer dienstlich veranlassten Reise eine Arbeitskollegin gegen ihren Willen zu küssen versucht und küsst, verletzt - unabhängig von der Strafbarkeit der Tat wegen sexueller Belästigung - seine Pflicht, auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen (§ 241 Absatz 2 BGB), in erheblicher Weise. Ein solches Verhalten ist "an sich" geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
Der Kläger hat seine Kollegin, die Zeugin L auf dem Teamevent vom 26.09.2019 auf den 27.09.2019 gegen deren Willen zu küssen versucht und geküsst und damit eine so schwere Pflichtverletzung begangen, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Kläger selbst erkennbar - ausgeschlossen ist.
bb. Dies steht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
(1) Im Anschluss an das Arbeitsgericht steht für das Berufungsgericht zunächst fest, dass der Kläger jedenfalls gegenüber der Zeugin L nicht einvernehmlich ein "lockeres und überschwängliches" Verhältnis hatte. Denn unstreitig hatte die Zeugin sich bereits im Werksstudium dagegen gewehrt, dass der Kläger ihr ungebeten von hinten die Hände auf die Schulter legt. Dass sich das Verhältnis gegenüber der Zeugin irgendwann einmal geändert hätte, ist auch von keinem der Parteien behauptet worden. Dass der Kläger - wie er selbst behauptet - gegenüber allen anderen Kollegen ein lockeres und überschwängliches Verhältnis habe, wäre - sofern es unstreitig wäre - für den vorliegenden Fall irrelevant. Denn der Kläger wird kaum die Ansicht vertreten, dass eine sexuelle Belästigung eher zu rechtfertigen sei, nur weil alle anderen Kollegen - außer der oder dem Betroffenem - offensivere Handlungen des Klägers dulden oder dass die Einwilligung der übrigen Kollegen in offensivere Handlungen des Klägers eine irgendwie geartete Rechtfertigung für ein solches gegenüber der Zeugin darstellen würde.
(2) Im Anschluss an das Arbeitsgericht steht für das Berufungsgericht weiterhin fest, dass der Kläger bereits vor der Hotelbar erste Annäherungsversuche gegenüber der Zeugin L gemacht hat, indem ihr sie auf die Wange geküsste und seine Jacke angeboten hat. Für den Kläger war auch erkennbar, dass die Zeugin L die Annäherung abgelehnt hat. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest. Die Zeugin L hat glaubhaft und glaubwürdig geschildert, dass der Kläger ihr seine Jacke angeboten habe und sie diese abgelehnt habe. Dabei hat die Zeugin bei ihrer Erinnerung aktiv eine Erinnerungslücke angegeben, die später durch ein Gespräch mit der Zeugin B zurückgegangen sei. Die Zeugin B hat den Vorgang ebenfalls glaubhaft und detailreicher bestätigt. Dabei haben beide Zeuginnen keinerlei Belastungstendenz. Die Zeugin B pflegt nach eigener Aussage im Gegenteil selbst eher einen freundschaftlichen und lockeren Umgang mit dem Kläger. Aber selbst die Zeugin empfand das Angebot der Jacke an die Zeugin L als bedrängend. Denn die Zeugin hat - nach eigener und glaubhafter Aussage - den Kläger aufgefordert, er solle aufhören. Die Zeugin hat demnach wahrgenommen, dass die Zeugin L das Angebot des Klägers ablehnte, der Kläger sich aber darüber hinwegsetzte, auch wenn die Zeugin sich im Übrigen mit einer Bewertung der sozialen Beziehungen im Team mangels Kenntnis ausdrücklich zurückhält.
(3) Im Anschluss an das Arbeitsgericht steht für das Berufungsgericht nach der Beweisaufnahme weiterhin fest, dass der Kläger und die Zeugin L e gemeinsam mit dem Aufzug zum 1. Stock gefahren sind, der Kläger gegen den ausdrücklichen Willen der Zeugin diese bis vor ihr Zimmer begleitet hat und dass der Kläger die Zeugin dort gegen ihren Willen zu küssen versucht hat und geküsst hat. Die Zeugin L hat die Situation glaubhaft geschildert. Sie hat zunächst das Gespräch mit dem Kläger im Aufzug als auch die nachfolgende Situation im Gang vor ihrem Zimmer detailreich geschildert und die eigenen psychische Vorgänge dabei nachvollziehbar dargelegt. Die Interaktionsschilderung entspricht der Darstellung der Beklagten. Auch die subjektiven Beweggründe der Zeugin für ihr jeweiliges Verhalten - vor der Hotelbar wie vor der Zimmertür - sind logisch nachvollziehbar und schlüssig geschildert worden.
Die Zeugin ist auch glaubwürdig. Es ist keinerlei Belastungstendenz erkennbar. Die Zeugin war - anders als der Kläger - erst seit ca. zehn Tagen im Unternehmen angestellt und befand sich selbst noch in der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes. Eine unberechtigte Belastung eines langjährigen Angestellten hätte ihr Arbeitsverhältnis ohne weiteres gefährden können.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Berufungsvortrag des Klägers, die Zeugin L habe die Vorfälle zumindest übertrieben dargestellt. Dazu behauptet der Kläger, er habe von seiner Ehefrau nach Abschluss der Beweisaufnahme erfahren, diese habe auf dem Gerichtsflur gehört, die Zeugin L habe zur Zeugin B gesagt, dass sie "ein wenig auf die Tränendrüse gedrückt" habe.
Dieser Vortrag des Klägers ist nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Zeugin L zu erschüttern. Selbst wenn man unterstellt, dass die Zeugin L sich entsprechend geäußert hat, ergibt sich daraus nicht, dass ihre Aussage wahrheitswidrig war. Einer Vernehmung der Ehefrau des Klägers als Zeugin bedurfte es daher nicht. Dies gilt erst recht unter Berücksichtigung des Beklagtenvortrags, dem der Kläger nicht entgegengetreten ist: Die Zeugin L sei als sie den Geschehensablauf im Rahmen ihrer Vernehmung erneut geschildert habe, von der Schilderung emotional so berührt gewesen, dass sie habe mit den Tränen kämpfen müssen. Der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt noch unmittelbar neben der Zeugin saß, habe dies mit entsprechenden Blicken und Grimassen quittiert. Die Kammer habe deshalb - wie sich auch aus dem Sitzungsprotokoll ergibt - die Sitzung noch während der Vernehmung der Zeugin L unterbrochen und nach Wiederaufnahme der Verhandlung den Kläger aufgefordert, die Plätze zu tauschen und darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung bestehe, sich während der Zeugenvernehmung neutral zu verhalten. Als die Zeugin L sich in der Sitzungsunterbrechung auf den Gerichtsflur begeben hätte, habe die Zeugin B , die dort wartete, bemerkt, dass die Zeugin L emotional aufgewühlt gewesen sei. Dies habe die Zeugin L auf Nachfrage der Zeugin B lediglich bestätigt.
(4) Die Überzeugung des Berufungsgerichts ist - im Anschluss an das Arbeitsgericht - von der mangelnden Einvernehmlichkeit des Geschehenen ist auch nicht dadurch erschüttert worden, dass die Zeugin sich von dem Kläger am Abend des 26.09. und am Morgen des 27.09.2019 beim Verabschieden umarmen ließ, ohne ihren Widerstand laut oder sonst deutlich zu äußern. Es ist psychologisch nachvollziehbar, wenn Opfer von Belästigungen aus bestimmen subjektiven Beweggründen ihre Ablehnung nicht sofort und unmittelbar kundtun. Dazu hat die Zeugin nachvollziehbar ausgesagt, dass sie in der akuten Situation daran gedacht habe, ihr Arbeitsverhältnis und das Verhältnis zu den Arbeitskollegen nicht zu belasten. Außerdem ist die Zeugin wegen des Vorfalls im Werksstudium davon ausgegangen, dass dem Kläger klar sein müsse, dass sie Zudringlichkeiten ablehne. Abgesehen davon kann der Kläger für sich nicht in Anspruch nehmen, dass eine mangelnde lautstarke Ablehnung seines Verhaltens eine Zustimmung darstelle.
(5) Die Überzeugung des Berufungsgerichts - im Anschluss an das Arbeitsgericht - von der Tat in der Schilderung der Zeugin ist auch nicht infolge der Aussage des Zeugen E erschüttert worden. Zwar hat sich der Zeuge E bei der Schilderung des Gesprächs mit dem Kläger, welches ca. eine Woche nach dem Seminar stattgefunden haben soll, widersprüchlich geäußert. Allerdings war hier zu berücksichtigen, dass der Zeuge E sowohl als Vertrauter des Klägers wie auch als Beschäftigter der Beklagten ein Interesse daran haben könnte, beiden Parteien nicht zu schaden und sich nicht eindeutig einzulassen. Desweiteren hätte es sich - selbst bei einer Aussage, die die Darstellung des Klägers belegt hätte - lediglich um die Wiedergabe einer Erklärung des Klägers nach der mutmaßlichen Tat gehandelt und damit um ein äußerst schwaches und stark vorbelastetes Indiz.
(6) Im Anschluss an das Arbeitsgericht steht für das Berufungsgericht weiterhin fest, dass die Beklagte den Kläger zu den Vorwürfen angehört hat und dass der Kläger im Personalgespräch am 04.10.2019 den von der Zeugin L geschilderten Vorgang eingestanden hat. Zwar haben sich die Zeugen Ba und J an einer Stelle der Aussage widersprochen, indem der Zeuge J aussagte, der Kläger habe die Vorgänge selbst geschildert. Der Zeuge Ba sagte aus, der Kläger habe die Vorgänge nicht selbst geschildert; er habe der Wiedergabe der Beschreibung durch Herrn Ba lediglich zugestimmt. Allerdings haben beide Zeugen unabhängig voneinander detailreich das Gespräch und seinen wesentlichen Inhalt widergegeben. Nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen wurde dem Kläger nicht nur die WhatsApp Kommunikation mit der Zeugin L vorgelegt. Es wurde auch ausdrücklich das Geschehen im Aufzug und im Hotelflur angesprochen. Nach beiden Zeugenaussagen hat der Kläger den Vorgang ohne weiteres zugestanden. Darüber hinaus erinnern sich beide Zeugen daran, dass der Kläger im Nachgang versucht habe, den Vorgang zu relativieren. Beide Zeugen schilderten die Details dieses Vorgangs, nämlich dass der Kläger gesagt habe, er habe die Zeugin "ja schließlich nicht vergewaltigt" und dass "dazu immer zwei" gehören würden und dass deshalb das Gespräch lauter und aufgeregter geendet habe. Dies war für die Kammer ein eindeutiger Hinweis darauf, dass zuvor nicht nur über die WhatsApp Kommunikation, sondern über das Geschehen im Aufzug und im Hotelflur gesprochen worden sein muss.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Berufungsvorbringen des Klägers. Soweit dieser vorträgt, es bestünden Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Anhörung des Klägers, er sei unter einem Vorwand zu dem Personalgespräch bestellt worden, ist zunächst festzustellen, dass es sich hier um eine Tatkündigung handelt, bei der die Anhörung des Arbeitnehmers - im Unterschied zur Verdachtskündigung - keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist. Soweit der Kläger rügt, die Aussagen der Zeugen Ba und J wichen - was dem Arbeitsgericht nicht verborgen geblieben sei, in einem entscheidenden Punkt voneinander ab, schließt sich das Berufungsgericht der überzeugenden Würdigung der Aussagen dieser Zeugen durch das Arbeitsgericht an, mit der sich der Kläger nicht im Einzelnen auseinandergesetzt hat.
cc. Die Beklagte hätte hier auch nicht nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes statt einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung oder ordentliche Kündigung aussprechen müssen. Die durchzuführende Interessenabwägung geht zu Lasten des Klägers
(1) Einer Abmahnung bedurfte es nicht, da es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist. Davon ist das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen. Wie bereits in der Berufungsverhandlung von der Vorsitzenden Richterin ausgeführt, hat der Kläger mit der aufgrund der Beweisaufnahme nachgewiesenen sexuellen Belästigung der Zeugin L eine "rote Linie" überschritten, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagte, deren Verpflichtung es ist, ihre überwiegend weiblichen Mitarbeiter vor sexuellen Belästigungen gegenüber Kollegen zu schützen, auch für den Kläger erkennbar - unzumutbar macht. Hierbei geht es vor allem um sein Verhalten des Klägers vor der Hotelzimmertür der Zeugin L : Der Kläger hat die Zeugin L bis zu ihrem Hotelzimmer verfolgt, sie gegen ihren ausdrücklich bekundeten Willen bedrängt und geküsst. Die Zeugin L konnte sich dem Kläger nur durch eine "Flucht" in ihr Hotelzimmer verwehren. Dort belästigte der Kläger die Zeugin L weiter durch zudringliche Apps: "Ich hoffe du bist mir nicht böse". Die Zeugin antwortete darauf nicht. Der Kläger schrieb sodann "Wenn Du döse auf mich bist, dann Zimmer 308". Die Zeugin antwortete darauf nicht. Der Kläger schrieb weiter "Oder kann ich runter? 201 war Dein Zimmer?" und "Ich habs nicht böse gemeint, glaubs mir." Die Zeugin L schrieb daraufhin zurück: "Also ich fand den Ablauf nicht cool." Der Kläger erwiderte "Sorry... Ganz ehrlich". Etwas später schrieb er dann: "Muss ich jetzt bei dir vorbeikommen?" Der Kläger rief die Zeugin dann noch auf dem Handy an. Die Zeugin reagierte allerdings nicht.
Die sexuelle Belästigung der Zeugin L fand im Rahmen einer dienstlichen Fortbildung statt. Der Kläger hat dabei gegenüber der Zeugin L seine stärkere Position ausgenutzt. Er war der Zeugin L nicht nur körperlich überlegen, sondern hat auch gewusst, dass diese erst vor ca. zwei Wochen ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Beklagten begründet hat, sich also noch in der Probezeit befunden hat. Die vom Kläger nachträglich gegenüber der Zeugin L ausgesprochenen Entschuldigungen sind nicht geeignet, die vorher begangene schwere Pflichtverletzung ungeschehen zu machen.
(2) Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass auch die unter Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Umstände durchzuführende Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis kommt. Dabei hat das Berufungsgericht - wie das Arbeitsgericht - insbesondere die lange Dauer des Arbeitsverhältnisses des Klägers und dessen familiäre Situation zu seinen Gunsten berücksichtigt. Dennoch ist der Beklagten in Anbetracht der Schwere der Pflichtverletzung des Klägers ein Festhalten am Arbeitsverhältnis selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen. Dies gilt auch ohne die Tatsache, dass der Kläger im Personalgespräch am 04.10.2019 wenig Reue gezeigt hat und nicht erkennbar war, dass der Kläger in der Zukunft Bedrängungen von Arbeitskolleginnen unterlassen würde.
2. Die Kündigungserklärungsfrist nach § 626 Absatz 2 BGB ist gewahrt. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffende festgestellt. Der Kläger durfte und musste zu den Vorwürfen der Zeugin L zeitnah angehört werden, um entweder der Anhörungspflicht bei einer Verdachtskündigung gerecht zu werden oder - wie hier - nach Bestätigung der Vorwürfe eine Tatkündigung aussprechen zu können. Dies ist am 04.10.2019 rechtzeitig geschehen. Die Kündigung ist sodann elf Tage später am 15.10.2019 und damit innerhalb der Frist ausgesprochen worden.
Soweit das Vorbringen des Klägers mit Schriftsatz vom 30.03.2021 - nach Schluss der mündlichen Verhandlung - überhaupt zu berücksichtigen ist, ist seine Behauptung, die Beklagte hätte am 30.09.2019 von den streitgegenständlichen Vorwürfen erfahren, jedenfalls im Hinblick auf die genannten erforderlichen und nicht zögerlich durchgeführten Aufklärungsmaßnahmen der Beklagten unerheblich.
3. Da die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis mit ihrem Zugang am 15.10.2019 beendet hat, fällt der Kündigungsschutzantrag hinsichtlich der ordentlichen Kündigung vom 21.10.2019 nicht mehr zur Entscheidung an.
II. Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen(§ 97 Abs. 1 ZPO).
III. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.