· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
BFH stellt klar: Privater Schwimmunterricht auch für Kleinkinder ab drei Jahren steuerpflichtig
| Die Umsatzsteuerpflicht für Schwimmunterricht von privaten Anbietern gilt unabhängig davon, ob sich das Kursangebot an Säuglinge (bis zwölf Monate) oder Kleinkinder (12 bis 36 Monate) richtet. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einer Ergänzungsentscheidung zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH; vgl. Beitrag in PP 01/2022, Seite 14 ) klargestellt und damit den von einer privaten Anbieterin erteilten Schwimmkursen die Steuerbefreiung verweigert (BFH, Urteil vom 15.03.2022, Az. V R 35/21 [V R 35/19], Abruf-Nr. 231154 ). |
Schwimmlehrerin hatte Umsatzsteuerfreiheit beantragt ...
Im konkreten Fall hatte eine Schwimmlehrerin nach einem von ihr entwickelten Programm Schwimmkurse für Kinder durchgeführt. Die Schwimmkurse teilte sie nach dem Alter der Kinder ein:
- Säuglinge (drei bis zwölf Monate)
- Kleinkinder (erstes bis drittes Lebensjahr)
- Kinder ab dem dritten Lebensjahr
Die Schwimmkurse fanden in angemieteten Schwimmhallen statt. In den Schwimmkursen für Säuglinge wurden diese von den Eltern gehalten und bewegt. Die Kinder im Alter vom ersten bis zum dritten Lebensjahr bewegten sich zunächst mit Hilfestellung durch die Eltern, die ihre Unterstützung aber schrittweise zurücknahmen. Die Lehrerin hatte sämtliche Schwimmkurse als umsatzsteuerfreie Leistungen beantragt. Die Finanzverwaltung hatte die Steuerbefreiung ablehnt. Daraufhin hatte die Schwimmlehrerin geklagt.
... und diese zumindest bei Kursen für Kinder ab drei Jahren bekommen!
Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hatte immerhin die Kurse für Kinder ab drei Jahren als steuerfrei betrachtet. Die Lehrerin könne sich auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) der EU berufen. Danach sei der von der qualifizierten Privatlehrerin erteilte Schwimmunterricht als Schulunterricht einzustufen. Und dieser sei nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL steuerfrei (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.06.2018, Az. 1 K 3226/15, Abruf-Nr. 202807).
BFH kassiert Urteil des FG Baden-Württemberg und beruft sich auf EuGH
Das sieht der BFH anders. Er verweist auf eine EuGH-Entscheidung (Urteil vom 21.10.2021, Dubrovin & Tröger ‒ Aquatics, Rs. C-373/19), wonach der von Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL vorausgesetzte Schul- und Hochschulunterricht nicht den von einer Schwimmschule erteilten Schwimmunterricht umfasse. Daher hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben (Urteil vom 16.12.2021, Az. V R 31/21 (V R 32/18). Auch für den hier behandelten Fall stehe fest, dass Schwimmunterricht nicht unter die unionsrechtlich zu gewährende Steuerfreiheit für Unterricht falle.