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05.01.2010 | Prophylaxe

Zahnerosionen rechtzeitig erkennen und vorbeugen: Tipps aus der Praxis

Der Begriff der Erosion stammt ursprünglich aus der Geologie und bezeichnet den Abtrag fester Substanzen durch ständig einwirkende äußere Einflüsse - wie etwa Licht, Wind und Wasser. Dieser Begriff bekommt auch in der Zahnmedizin immer mehr Bedeutung. Von den Folgen des Zahnschmelz- und Dentinverlustes sind inzwischen 30 Prozent unserer Patienten betroffen. Nicht nur Karies kann die Zahnhartsubstanzen zerstören, sondern auch Säuren, die häufig und unverdünnt auf die Zahnoberflächen einwirken.  

Die unterschiedlichen Arten und Stadien von Erosionen

Der irreversible Verlust von Zahnsubstanz liegt zum einen an einer zu säurehaltigen Ernährung, genannt extrinsische Erosion. Zum anderen kann es zu einer häufigen Umspülung mit körpereigenen Säuren aus dem Magen kommen - etwa bei Reflux oder Bulimie. Das wird dann intrinsische Erosion genannt. Bei der extrinsischen Erosion erkennt man den Schmelzverlust hauptsächlich vestibulär, im fortgeschrittenen Stadium auch okklusal. Bei der intrinsischen Erosion liegen die oralen Zahnflächen frei und es schimmert gelblich-bräunlich durch das Dentin hindurch.  

 

Aber auch zu harte Bürsten, eine zu burschikose Zahnputztechnik, eine falsche Putzsystematik sowie zu stark schmirgelnde Pasten tragen dazu bei, dass im Laufe der Zeit immer mehr Schmelz verloren geht, bis schließlich enorme Empfindlichkeiten auftreten, weil die Schmelz-Zement-Grenze überall freiliegt. Man unterscheidet verschiedene Erosionsstadien:  

 

Leichte Erosion: Der Schmelz wirkt seidenmatt bis stumpf. Die Wachstumslinien (Perikymatien) sind nicht mehr zu erkennen. An den Schneidekanten wirken die Zähne durchsichtig, sie sind transluzent.  

 

Mittlere Erosion: Die Zahnkanten runden sich ab, und die Zahnhälse werden empfindlich, da die Schmelz-Zement-Grenze immer mehr freigelegt wird. Die Zähne wirken stumpf.  

 

Starke Erosion: Das Dentin liegt frei - auch okklusal. Die Zahnfüllungen erscheinen erhaben. Die Zähne sind sehr temperaturempfindlich und wirken immer gelber, da der freiliegende Dentinanteil jetzt hoch ist. Nun erst werden die Patienten aufmerksam und wundern sich über die Zahnfarbveränderung. Sie leiden unter zunehmender Empfindlichkeit, da die Dentintubuli an der Zahnoberfläche mittlerweile völlig freiliegen und eine direkte Reizung der Pulpa durch Flüssigkeitsbewegungen in diesen Dentinkanälchen stattfindet.  

 

Hier kann eine gut ausgebildete Prophylaxe-Fachkraft viel tun: Der behandelnde Zahnarzt wird mit ihr zusammen ein Konzept zur weiteren Vorgehensweise entwerfen. Es werden aber mehrere Termine nötig sein, um einen weiteren Verlust von Zahnhartsubstanz zu verhindern und mit dem Patienten zusammen die fortschreitenden Prozesse aufzuhalten sowie die bestehenden Überempfindlichkeiten zu beheben. Meistens sind gerade die Patienten betroffen, die besonders auf ihre Gesundheit und auf ihre Zahnpflege achten und zu viel des Guten tun, zum Beispiel mit Vitamin-Brausetabletten.  

 

Viele Menschen haben sich angewöhnt, zu oft und zu säurehaltig zu essen und zu trinken. Was passiert dabei? Die Substanz zwischen den anorganischen Schmelzprismen - die interprismatische Kittsubstanz - wird angelöst und der Schmelz sozusagen „aufgeweicht“. Wenn nun der Speichel zwischen den ständigen Säure-Impulsen nicht genügend Zeit hat, die Zahnoberfläche zu remineralisieren, oder wenn zu kräftig auf diesem angelösten Zahnschmelz geputzt und geschrubbt wird, gehen die Schmelzprismen unwiderruflich verloren. So löst sich nach und nach die Zahnhartsubstanz auf, immer mehr Schmelz schwindet. Am weicheren Dentin oder an den empfindlichen Wurzeloberflächen und im Zahnhalsbereich schreiten diese destruktiven Prozesse noch schneller voran.  

PZR bei erosionsgeschädigten Zähnen

Gehen Sie ausgesprochen vorsichtig bei der Reinigung der schmerzempfindlichen Zahnoberflächen vor. Vermeiden Sie Ultraschall, starkes Absaugen oder eine Pulverstrahlreinigung. Benutzen Sie Hand-Instrumente, gehen Sie selektiv vor, trocknen Sie - wenn möglich - mit Watterollen und holen Sie sich unter Umständen eine Kollegin als Unterstützung dazu. Jedes unnötige Schaben auf den Zahnoberflächen und am Zahnhalsbereich bedeutet Nervenschmerzen für den Patienten und trägt die Deckschicht noch zusätzlich ab. Nehmen Sie sich Zeit und erklären Sie dem Patienten, dass eventuelle Verfärbungen nur nach und nach verschwinden, wenn die Fluorid-Deckschicht auf den Zahnoberflächen wieder besser aufgebaut ist.  

 

Praxistipp

Polieren Sie nie mit abrasiven Bürsten, sondern nur mit weichen Gummikelchen und nur mit ganz feinen Pasten, zum Beispiel Proxyt® RDA 7, oder mit einer milden Fluorid-Zahncreme - zum Beispiel „pro Schmelz®“, „elmex grün®“ oder „Sensodyne sensitiv®“. In diesen Pasten sind spezielle Fluoride enthalten, die sich gut an die Zahnhälse anlagern. Zwischendurch können diese Pasten wie eine Salbe aufgetragen werden, um die empfindlichen Bereiche zu schützen.  

Diese Zahnpasten sollen, wenn der Patient sie daheim benutzt, im Mund verbleiben. Würden die Fluoride ausgespült, könnten sie sich nicht an- und einlagern und somit auch nicht wirken. Anschließend tragen Sie einen Schutzlack auf. Ob es sich nun um einen niedrig dosierten Fluorid-Silanlack, zum Beispiel Fluor-Protector®, oder um einen CHX-haltigen Lack, zum Beispiel Cervitec®, handeln soll, besprechen Sie am besten mit dem Behandler. Auch Kunststoff-Touchierungen, wie zum Beispiel mit Viva-sens®, können eine sehr gute Wirkung erreichen. Bieten Sie dem Patienten an, das Auftragen des Lacks zu wiederholen. Den nächsten Termin zur PZR planen Sie dann circa acht bis zwölf Wochen später ein. So können Sie nach und nach die Hyperempfindlichkeiten lindern und ganz abbauen. Es gibt neuerdings auch spezielle Zahnpflegeprodukte gegen Zahnerosionen, zum Beispiel von der Firma elmex.  

Was bei der häuslichen Zahnpflege zu beachten ist

Die Putzsystematik sollte immer an den oralen Flächen beginnen. So werden diese oft vernachlässigten Bereiche gründlicher geputzt, und die Kraft der zur Schrubbtechnik neigenden Patienten wird schon abgebaut, bevor sie die Außenflächen erreichen. Viele Patienten schrubben gedankenlos horizontal auf den Außenflächen der Prämolaren herum. Motivieren Sie Ihre Patienten, ihre Technik zu ändern. Die Putztechnik - hier ist nur die Stillmann-Technik geeignet - soll gleichmäßig intensiv in allen Putzabschnitten durchgeführt werden.  

 

Die Zahncreme wird am besten erst zum Schluss - beim Reinigen der Kauflächen - erbsengroß mit einpoliert. Danach verbleibt die Paste im Mund. Nur so können die Fluorid-Ionen in die Zahnoberflächen eindiffundieren und sie härten. Die Zahnbürstenborsten sollten fein - also multitufted - und weich sein. Zusätzlich können niedrigdosierte fluoridierte Spezialspülungen hilfreich sein.  

Eine Ernährungsumstellung kann angebracht sein

Klären Sie Ihre Patienten über die Problematik von säurehaltiger Ernährung auf - zum Beispiel über das ständige Trinken von Softdrinks, die alle neben Zucker noch aggressive Säuren enthalten. Auch „zero“ Produkte besitzen Säuren, ein sehr beliebtes Getränk sogar Orthophosphorsäure. Über den ganzen Tag verteilt sollten Wasser oder ungesüsster Kräutertee getrunken werden. Übrigens: Auch Wein ist sauer, ebenso wie Fruchtsäfte, Salatdressings oder Multivitaminpräparate. Frisches Obst dagegen ist zu bevorzugen. Hier wird die Speichelproduktion angeregt, der Zahnschmelz wird umspült und remineralisiert. Sehr gut für die Zähne sind auch Milch und Käse. Sie enthalten Kalzium, wodurch der Zahnschmelz gestärkt wird.  

 

Es kann sinnvoll sein, einen Speicheltest durchzuführen. Dadurch erhält man nicht nur Aufschluss über die Anzahl pathogener karieserregender Bakterien, sondern auch darüber, ob die Speichelmenge überhaupt ausreicht und ob die Pufferkapazität des Speichels - also die Eigenschaft, Säuren zu neutralisieren - verbessert werden sollte. Mehr zur Durchführung von Speicheltests erfahren Sie in der Februar-Ausgabe.  

Quelle: Ausgabe 01 / 2010 | Seite 18 | ID 132608