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· Fachbeitrag · Aufgabenverteilung

Nicht nur der Zahnarzt sollte delegieren können - so delegiert die Praxismitarbeiterin richtig

von Stephanie Jerke, ZMV, Oldenburg

| Kennen Sie das auch? Sie sind im Urlaub, doch die Praxis ruft ständig an und hat Fragen, da Sie die Spezialistin in einem bestimmten Bereich sind? Oder umgekehrt: Wenn eine bestimmte Kollegin nicht da ist, herrscht das Chaos? Der autoritäre Führungsstil ist nicht mehr zeitgemäß - weder für die Praxischefs noch für die Mitarbeiterinnen. Die Anmeldungschefin, die alles alleine macht, gibt es nicht mehr, ebensowenig die Chefhelferin, die keinen anderen an ihre Aufgaben lässt. Wer heute nicht delegiert, bremst die eigene Weiterentwicklung sowie die des Teams und der Praxis. |

Delegieren und feste Struktur in die Praxis bringen

Vielen Mitarbeiterinnen fällt das Delegieren schwer. Sie glauben, einer Kollegin etwas aufzubürden oder daran, dass sie die Dinge selbst am schnellsten und am besten erledigen können. Die Folge ist, dass sich diese Mitarbeiterinnen zu viel zumuten. Im schlimmsten Fall kann ein solches Verhalten im Burnout enden. Die Vorteile des Delegierens liegen hingegen klar auf der Hand: Man entlastet sich und hat mehr Zeit für andere Aufgaben, es steigert die Motivation sowie Selbstzufriedenheit und fördert außerdem die Selbstständigkeit, die Initiative und die Kompetenz der Kollegin. Aber wie delegiert man richtig?

 

Der moderne Führungsstil, das Qualitätsmanagement (QM) und das Delegieren gehören zusammen. Bevor man damit beginnt, Aufgaben zu delegieren, ist es zu empfehlen, im Rahmen des QM ein Organigramm und eine Stellenbeschreibung für jeden Aufgabenbereich zu erstellen. Beispiele für Stellenbeschreibungen für eine ZMF, eine Hygienebeauftragte, eine Praxismanagerin etc. finden Sie auf ppz.iww.de in der Rubrik „Downloads“.

 

Wichtige Aufgaben sollten nicht auf mehrere Mitarbeiterinnen aufgeteilt werden - „zu viele Köche verderben den Brei“. Trotzdem empfiehlt es sich, dass immer mindestens zwei Mitarbeiterinnen einen Aufgabenbereich beherrschen. Selbstverständlich sollten die verschiedenen Bereiche eingehalten werden, sie dürfen sich aber überschneiden. So kann die ZMV das Mahnwesen durchaus an die ZMP delegieren, wenn diese das möchte. Das sind die Grundvoraussetzungen für das Delegieren: vorherige Absprache und kein Zwang.

Delegationsformen im Überblick

Es kann zwischen drei Delegationsarten unterschieden werden:

 

Kurzfristiges Delegieren

Kurzfristig delegiert wird zum Beispiel bei Stress oder wenn das Wartezimmer voll ist. Natürlich wird in einer solchen Situation nicht nach einem Einverständnis gefragt, hier wird schnell delegiert: Könntest Du bitte das Zimmer reinigen, einen Termin machen, Röntgen etc. In diesen Fällen ist das Einverständnis selbstverständlich und sollte zum Verständnis aller Tagesordnungspunkt in der Teambesprechung sein.

 

Mittelfristiges Delegieren

Für Fälle von Urlaub, Krankheit etc. werden Arbeitsanweisungen und Checklisten für alle wichtigen Bereiche erstellt. Zusätzlich sollte eine funktionierende Vertretungsregelung bestehen. Auch diese Abstimmung kann in der Teambesprechung erfolgen.

 

Langfristiges Delegieren

Ein Beispiel für langfristiges Delegieren ist das Mahnwesen. Der Verwaltungsaufwand in einer Zahnarztpraxis ist trotz Online-Abrechnung und papierloser Kartei leider enorm. Vor der Übertragung eines Aufgabenbereichs sollten sich folgende Fragen gestellt werden: Was bremst mich, liegt mir einfach nicht, mache ich nur, weil es getan werden muss? Wer kommt an meiner Stelle dafür infrage? Häufig blühen eher zurückhaltende Kolleginnen, die die große Verantwortung scheuen, auf, wenn sie eine größere eigene Aufgabe bekommen. Wenn die Aufgabe dann einmal abgegeben ist, befasst sich die abgebende Kollegin auch nicht mehr weiter damit.

 

Vor dem Delegieren wird ein Motivationsgespräch geführt und die Kollegin eingewiesen:

 

  • Vorbereitung der Delegation und Einarbeitung

Die sechs Phasen des Motivationsgesprächs

Die Sechs-Stufen-Methode der Unterweisung

1. Zielkonzept - Gesprächstermin

1. Vorbereitendes Gespräch mit der Kollegin 
(Motivationsgespräch)

2. Eröffnungsphase - Positiver Einstieg

2. Erklären der Arbeitsaufgabe

3. Informationsaustausch - „Hättest du Lust ...?“

3. Demonstrieren der Arbeit

4. Motivationsphase - „Ich könnte mir gut vorstellen, dass Du ...“

4. Arbeit einmal durchführen lassen und korrigieren

5. Abschlussphase - „Schön, dann machen wir das so.“

5. Delegieren der Arbeit

6. Nachbereitungsphase - Unterweisung nach der Sechs-Stufen-Methode

6. Kontrolle

 

 

  • Beispiel

Janne ist Verwaltungsangestellte und Anmeldungschefin in der Praxis Dr. Zahn. Sie hat immer sehr viel zu tun: Dauernd klingelt das Telefon, das Wartezimmer ist voll und sie schreibt und rechnet einen Plan nach dem anderen ab. Trotz Jannes gutem Zeitmanagement bleibt das Mahnwesen immer etwas auf der Strecke. Die ZMP Rita hat ebenfalls gut zu tun, aber gelegentliche Ausfallzeiten. Nachdem Janne mit Dr. Zahn gesprochen und ihm die Möglichkeit dargelegt hat, dass Rita in Ausfallzeiten oder in einer fest eingerichteten Freistunde das Mahnwesen übernehmen könnte, führt Janne mit Rita ein Motivationsgespräch. Sie erklärt Rita, dass diese ihr wertvolle Arbeit abnehmen würde und sie schon länger das Gefühl habe, dass Rita sich gerne mehr einbringen möchte. Außerdem sei sie der Meinung, dass das Mahnwesen aufgrund Ritas freundlicher Art besser bei ihr aufgehoben sei. Nach der Unterweisung übernimmt Rita das Mahnwesen.

 
Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 13 | ID 40008610