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· Fachbeitrag · Auskunftspflicht

In diesen Fällen müssen Therapeuten dem rechtlichen Betreuer des Patienten Auskunft geben

von RA Ralph Jürgen Bährle, Nothweiler, baehrle-partner.de

| Bei einer rechtlichen Betreuung stellt sich die Frage, ob ein Auskunftsrecht gegenüber Physiotherapeuten besteht. Grundsätzlich unterliegen Physiotherapeuten der Verschwiegenheitspflicht, d. h., sie dürfen Dritten keine Auskunft über die Behandlung ihrer Patienten geben. Patienten unter rechtlicher Betreuung können eine Ausnahme sein, sodass der Therapeut gegenüber einem gerichtlich bestellten Betreuer auskunftspflichtig ist. Wann das der Fall ist, erklärt dieser Beitrag. |

1. Voraussetzungen für die rechtliche Betreuung

Wer seine persönlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann, kann unter rechtliche Betreuung gestellt werden. Diese ist keine Entmündigung des Betreuten; er bleibt i. d. R. trotz Betreuung geschäftsfähig. Die Betreuung erfasst nur die Bereiche, in denen der Betroffene tatsächlich nicht mehr selbst handeln kann.

2. Gerichtliche Prüfung und Umfang der Betreuung

Die rechtliche Betreuung wird gerichtlich angeordnet, entweder auf Antrag des Betroffenen oder ‒ bei Vorliegen entsprechender Hinweise durch Dritte, (z. B. Krankenhaus oder Seniorenheim) ‒ von Amts wegen. Das Gericht soll eine Betreuung i. d. R. nur anordnen, wenn alle anderen möglichen Hilfen und Hilfsangebote, die ein Leben ohne gesetzlichen Betreuer ermöglichen können, ausgeschöpft sind und weiterhin ein Fürsorgebedürfnis für den Betroffenen besteht. Solange er noch einen freien Willen bilden und äußern kann, darf gegen seinen Willen kein gesetzlicher Betreuer bestellt werden.

 

Das Gericht trifft die Entscheidung zur Betreuung nach einer persönlichen Anhörung des Betroffenen und meist auch auf der Basis von zusätzlich eingeholten medizinischen Gutachten. Die Betreuung kann für einzelne Bereiche oder sämtliche Lebensbereiche des Betroffenen angeordnet werden. Jede gerichtliche Betreuungsentscheidung ist eine Einzelfallentscheidung und legt im Einzelnen fest, welche Aufgaben der Betreuer hat.

 

MERKE | Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betroffenen in rechtlicher Hinsicht zu betreuen und zu erledigen ‒ und nicht in praktischer Hinsicht oder als persönliche „Hilfskraft“ des Betreuten. Das bedeutet z. B., dass der Betroffene trotz Betreuung seine Behandlungstermine mit dem Therapeuten selbst vereinbaren kann und diese nicht vom Betreuer vereinbart werden müssen.

 

3. Aufgabenkreis des Betreuers bestimmt Auskunftsrecht

Ob und in welchem Umfang Therapeuten einem gesetzlichen Betreuer eines Patienten Auskunft über die Therapie geben müssen, hängt davon ab, ob die gesetzliche Betreuung die Gesundheitsfürsorge umfasst. Jeder vom Gericht bestellte Betreuer erhält vom Gericht eine Betreuungsurkunde, die ihn nicht nur als amtlich bestellten Betreuer legitimiert, sondern auch die Aufgabenkreise benennt, für die Betreuung angeordnet ist. Diese können sein: Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge sowie Entgegennahme und Öffnen der Post.

 

Maßgeblich für das Auskunftsrecht des Betreuers bzw. die Auskunftspflicht des Therapeuten ist der Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge (siehe Tabelle). Erhält der Therapeut Kenntnis davon, dass der Patient unter Betreuung steht, lässt er sich vom Betreuer die Betreuungsurkunde vorlegen (und macht hiervon ggf. eine Kopie für die Patientenakte).

 

  • Zuständigkeit des Betreuers und Folgen für die Auskunftspflicht von Therapeuten
Gesundheitsfürsorge gehört zum Aufgabenkreis des Betreuers
Gesundheitsfürsorge gehört nicht zum Aufgabenkreis des Betreuers
  • Der Betreuer ist grundsätzlich berechtigt, vom Therapeuten Auskünfte über die laufende Therapie zu verlangen. In diesem Fall muss der Therapeut dem Betreuer Auskunft geben.

 

  • Der Betreuer kann sogar verpflichtet sein, derartige Auskünfte einzuholen, damit er notwendige Entscheidungen für die Gesundheit des Betroffenen treffen kann.

 

  • Ob er Auskunft über Therapien verlangen kann, die vor Beginn der Betreuung erfolgten, hängt vom Einzelfall und auch vom konkreten Auskunftsverlangen ab. Ist dieses nicht präzise formuliert, geht der Therapeut zunächst davon aus, dass es sich nur auf die laufende, in die Betreuungszeit fallende Therapie bezieht.
  • Der Therapeut darf die Erteilung einer Auskunft ablehnen.

 

  • Will der Betreute, dass der Therapeut seinem Betreuer Auskunft über die Therapie erteilt, lässt sich der Therapeut vom Patienten schriftlich von der Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Betreuer entbinden. Hat der Patient den Therapeuten von der Verschwiegenheitspflicht entbunden, darf dieser dem Betreuer Auskunft erteilen.

 

  • Praxistipp | Der Therapeut wird i. d. R. im Rahmen der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht mit dem Patienten klären,
    • wie lange die Entbindung gelten soll ‒ nur für die Dauer der angeordneten Betreuung oder auch darüber hinaus?
    • ob sich die Entbindung nur auf die aktuell laufende oder auch auf zurückliegende Therapien bezieht.
 

4. Sonderfall: Selbstzahlerleistungen

Ein Sonderfall kann auch vorliegen, wenn

  • es sich bei dem Betreuten um einen Privatpatienten oder bei gesetzlich Versicherten um Selbstzahlerleistungen handelt,
  • der Betreuer für den Aufgabenkreis Vermögenssorge bestellt ist und
  • das Gericht einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat.

 

In diesem Fall wird ein Behandlungsvertrag rechtlich nur wirksam, wenn der Betreuer seine Einwilligung erteilt. Damit er prüfen kann, ob er diese erteilen muss oder kann, benötigt er vom Therapeuten Auskunft über die beabsichtigte Therapie oder die beabsichtigte sonstige Selbstzahlerleistung.

Quelle: Ausgabe 04 / 2021 | Seite 68 | ID 47284493