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· Fachbeitrag · Prozesskostenhilfe

„Hinreichende Erfolgsaussicht“ ‒ was heißt das?

| Viele Leserfragen zeigen: Anwälte haben Probleme mit dem Begriff der Erfolgsaussicht, wenn PKH beantragt wird (§ 114 Abs. 1 ZPO). Der Erfolg einer Klage muss eben nicht auf der Hand liegen. Aber wann ist eine Aussicht auf Erfolg „hinreichend“ und wann nicht? |

1. LG klärt: Hier liegt eine Erfolgsaussicht vor

Das LG Stuttgart hat dies jüngst noch einmal präzisiert (9.1.18, 19 T 434/17, Abruf-Nr. 200857). Das Gericht muss den Standpunkt der Partei für vertretbar halten und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt sein (so auch OVG Saarland 23.11.17, 2 D 698/17, Abruf-Nr. 199582). Der Klageanspruch hat in der Regel schon dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung davon abhängt, dass schwierige Rechts- und Tatfragen beantwortet werden müssen. Gibt es für die PKH-Bewilligung entscheidungserhebliche Fragen, die nur geklärt werden können, indem ein Gutachten eingeholt wird (hier: Frage, ob die Zwangsräumung für die PKH-Antragstellerin erhebliche Gesundheitsgefahren birgt oder nicht), ist PKH zu gewähren.

 

 

PRAXISTIPP | Es ist Sache des Gerichts, im ablehnenden Beschluss darzulegen, warum der Mandant mit seiner Klage sehr wahrscheinlich und nicht nur möglicherweise scheitern würde. Das heißt: Bereits kleinere, aber eben konkret benennbare Erfolgsaussichten können ausreichen. Diese muss der Bevollmächtigte aber auch vorbringen (auch ggf. Rechtsprechung und Parallelverfahren nennen, in denen PKH in ähnlich gelagerten Fällen bewilligt wurde) oder aber vortragen, welche schwierigen Rechtsfragen zu klären sind.

 

Das Gericht darf, während es die PKH-Voraussetzungen untersucht, lediglich summarisch prüfen (vgl. Grafik). Es darf den Rechtsstreit aber nicht c„vorwegnehmen“, indem es den Streitgegenstand weitgehend rechtlich vorausbeurteilt.

2. Späterer Wegfall der Erfolgsaussicht

Fällt die Erfolgsaussicht einer Klage später weg, kann eine bewilligte PKH nicht allein deshalb aufgehoben werden. Das Gericht kann die Bewilligung nur aufheben, wenn einer der in § 124 ZPO abschließend aufgezählten Aufhebungsgründe vorliegt (LAG Schleswig-Holstein 15.1.16, 6 Ta 208/15, Abruf-Nr. 184891).

3. Im Speziellen: Die Erfolgsaussicht in Asylverfahren

In Asylverfahren trifft das Gericht bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO eine eigene Ermessensentscheidung. Dabei muss es zwischen folgenden Interessen abwägen:

 

  • dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs und
  • dem öffentlichen Interesse (aus § 75 AsylG) an sofortiger Vollziehung.

 

Hier sind vor allem die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO). Wenn die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung ergibt, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück (VG Minden 13.1.18, 12 L 2405/17.A). Ist der angefochtene Bescheid (keine Anerkennung als Asylberechtigter) rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse, dass dieser sofort vollzogen wird. Ist der Ausgang des Verfahrens nicht hinreichend absehbar, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

 

PKH für ein Eil- und das Klageverfahren wird auch abgelehnt, wenn sich bei summarischer Prüfung keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Antragsteller die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG beanspruchen kann und kein rechtliches Ausreisehindernis vorliegt (OVG Berlin-Brandenburg 9.1.18, 6 S 47.17, Abruf-Nr. 200858).

Quelle: Ausgabe 09 / 2018 | Seite 150 | ID 45462393