· Nachricht · Geschwindigkeitsüberschreitung
Elektroauto und Geschwindigkeitsbeschränkung
| Zwei neuere obergerichtliche Entscheidungen zeigen: Neue Technik bringt neue Rechtsprobleme und dann auch neue Entscheidungen. Wir stellen Ihnen dazu zwei Entscheidungen betreffend Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen mit einem Elektrofahrzeug vor. |
1. Geschwindigkeitsbegrenzung zum Lärmschutz gilt auch für Elektroauto
Das KG (13.12.18, 3 Ws (B) 296/18, Abruf-Nr. 206783) musste entscheiden, ob ein mit dem Zusatzzeichen „Lärmschutz“ versehenes Streckenverbot (Zeichen 274) auch vom Führer eines geräuscharmen Elektrofahrzeugs beachtet werden muss. Das KG hat die Frage bejaht. Begründung: Es hängt nicht davon ab, wie viele derartige Fahrzeuge zugelassen sind. Die Wirksamkeit von Verkehrsregelungen muss klar, einfach und deutlich sein. Sie von empirischen Erhebungen abhängig zu machen, würde den Normappell schwächen und die Verkehrssicherheit gefährden. Möchte der Betroffene schneller fahren dürfen als andere Verkehrsteilnehmer, muss er dies dadurch erreichen, dass dem Zeichen 274 ein Zusatzzeichen hinzugefügt wird, das Elektrofahrzeuge vom Streckenverbot ausnimmt. Ein solches Verwaltungsverfahren wäre auch der Ort, an dem die Gefährlichkeit des Mitzieheffekts ‒ hier wäre der Begriff der Normbeachtungserosion passender ‒ erörtert werden könnte. Hier wäre gegebenenfalls auch die aufgestellte Behauptung zu wiederholen, ein Elektrofahrzeug fahre ‒ unabhängig von der Geschwindigkeit ‒ stets „geräuschlos“.
2. Auch im Elektroauto merkt man die hohe Geschwindigkeit
Bei der zweiten Entscheidung verurteilte das OLG Zweibrücken (5.11.18, 1 OWi 2 Ss Bs 75/18, Abruf-Nr. 206786) den Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung, begangen mit einem Elektrofahrzeug. Mit der Rechtsbeschwerde hatte er sich gegen die Vorsatzverurteilung gewendet. Das OLG hat in der Begründung des Amtsrichters für den angenommenen Vorsatz keine Rechtsfehler gefunden. Auch bei einem Elektrofahrzeug steigen mit zunehmender Geschwindigkeit Art und Umfang der Fahr(außen)geräusche sowie die durch das Abrollen der Räder bewirkten Fahrzeugvibrationen. Auch ist für den Fahrer das Maß der gefahrenen Geschwindigkeit anhand der schneller vorbeiziehenden Umgebung erkennbar. Die Tatrichterin musste in ihren Ausführungen zur Begründung des Tatvorsatzes daher ‒ auch mit Blick auf das Ausmaß des Verstoßes (Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit von 100 km/h um 74 km/h auf einer Bundesstraße) ‒ nicht ausdrücklich den Umstand erörtern, dass die antriebsbedingten Fahrgeräusche und Vibrationen bei einem Elektrofahrzeug deutlich geringer sind als bei einem PKW mit Verbrennungsmotor.
FAZIT | Das Elektroauto ist also auch in den bußgeldrechtlichen Entscheidungen angekommen. Fazit aus beiden Entscheidungen. Es gelten keine Besonderheiten, sondern die allgemeinen Regeln. Das heißt: Lärmschutz gilt für alle. Und: Auch mit dem Elektroauto muss man auf die Fahrgeräusche und die vorbeiziehende Umgebung achten, wenn man eine Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verhindern will. |