· Fachbeitrag · Pflegeheimvertrag
Pflegeheim darf keine Reservierungsgebühr verlangen
| Auch ein Vertrag mit privat versicherten Heimbewohnern darf keine Platzgebühr für ein reserviertes Heimzimmer enthalten. Gilt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, sind weitere SGB-XI-Vorschriften zwingend einzuhalten, sodass ein Heim bis zum tatsächlichen Einzug keine Gebühren berechnen darf, sagt der BGH. |
Sachverhalt
Der Kläger war Bevollmächtigter seiner inzwischen verstorbenen Mutter. Seine Vollmacht galt über ihren Tod hinaus. Die Mutter war bei der Postbeamtenkrankenkasse privat pflegeversichert und bewohnte ein Pflegeheim. Am 12.2.16 schloss der Kläger mit einer anderen Einrichtung einen Pflegevertrag mit Wirkung zum 15.2.16, den er nach Rückkehr aus dem Urlaub am 22.2.16 unterschrieb. Seine Mutter zog am 29.2.16 dorthin um. Zusätzlich wurde vereinbart, dass die Bewohnerin „vom Vertragsbeginn bis zum Einzugstermin“ eine Platzgebühr zahlt. Später berechnete die Beklagte für die Reservierung des Zimmers für die Zeit vom 15. bis 28.2.16 einen Betrag von 1.127,84 EUR (jeweils 75 Prozent der Pflegevergütung, Entgelte für Unterkunft und Verpflegung, Ausbildungsumlage sowie gesondert berechenbare Investitionskosten).
Der Kläger zahlte zunächst, verlangte den Betrag aber später von der Beklagten zurück. Denn gem. § 87a SGB XI hätte erst ab dem tatsächlichen Einzugstag gezahlt werden müssen. Das AG gab dem Kläger recht. Auf die Berufung der Beklagten reduzierte das LG die Zahlungspflicht der Beklagten auf nur 209,30 EUR. Der BGH wiederum hob dieses Urteil auf. Die Beklagte müsse die Reservierungskosten vollständig erstatten (15.7.21, III ZR 225/20, Abruf-Nr. 223906).
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Entscheidungsgründe
Auf den hier vorliegenden „Vertrag für vollstationäre Pflegeeinrichtungen“ ist das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) anzuwenden, da ein Zimmer überlassen wird und Pflege- und Betreuungsleistungen erbracht werden. Eine vertragliche Platz-/Reservierungsgebühr ist nach dem BGH mit § 15 Abs. 1 S. 1 WBVG i. V. m. § 87a Abs. 1 S. 4 SGB XI unvereinbar und daher unwirksam.
MERKE | Der § 15 Abs. 1 WBVG hat eine Vorrangfunktion gegenüber heimvertraglichen Vorschriften. Ein Vertrag mit Verbrauchern, die SGB-XI-Leistungen beanspruchen, muss den Regelungen der Kapitel 7 und 8 des SGB XI entsprechen. |
Der Wortlaut des § 15 WBVG schließt nicht aus, ihn auch auf Personen anzuwenden, die Leistungen von privaten Pflegeversicherungen auf der Grundlage des SGB XI mittelbar (im Wege der Kostenerstattung) erhalten. Als Mitglied der Postbeamtenkrankenkasse gehörte die Mutter des Klägers dieser Gruppe an. Sie erhielt Sozialleistungen, die nach Art und Umfang den Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XI entsprachen (vollstationäre Pflege gem. § 28 Abs. 1 Nr. 8 SGB XI). Daher war auch das Achte Kapitel des SGB XI über die Pflegevergütung zu berücksichtigen. Ein Leistungsentgelt durfte daher erst ab dem Tag berechnet werden, an dem die Bewohnerin tatsächlich einzog.
Weiterführende Hinweise
- Der pflegebedürftige Mieter ‒ Wohnung (teilweise) an Dritte überlassen?, SR 21, 86
- Die Bedeutung von Kündigungsfristen in Heimverträgen, SR 20, 106