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  • · Fachbeitrag · Schuldnerberatung

    Wenn der Schuldner zum Gläubiger wird

    von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz

    | Fälle, in denen eine Sicherheitsleistung des Schuldners erforderlich ist, kommen immer wieder vor. Es stellt sich dann nach Wegfall des Sicherungsbedürfnisses für den Schuldner die Frage, wie er sie zurückerhält. § 109 ZPO sieht hierfür ein vereinfachtes und beschleunigtes Verfahren vor. |

    1. In diesen Fällen erfolgt eine Sicherheitsanordnung für Schuldner

    § 109 ZPO greift in folgenden Fällen:

     

    • § 719 Abs. 1 S. 1 ZPO: Abwendungsbefugnis der Vollstreckung durch den Schuldner in den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 ZPO, wenn nicht der Gläubiger zuvor Sicherheit leistet;
    • § 732 Abs. 2 ZPO: Sicherheitsleistung durch den Schuldner in den Fällen des § 708 ZPO, § 769 ZPO und § 771 Abs. 3 ZPO.

    2. Sicherheitsbedürfnis muss entfallen sein

    Für die Anwendung von § 109 ZPO ist es entscheidend, dass die Veranlassung für die Leistung einer nach § 108 ZPO geleisteten Sicherheit ‒ auch Bürgschaft (BGH NJW 94, 1351) ‒ weggefallen ist. Dies beurteilt sich stets nach dem jeweiligen Zweck der Sicherheitsleistung, mit der letztlich ein Schwebezustand überbrückt werden soll (BGH Rpfleger 06, 205). In folgenden Fällen besteht ein Wegfall des Sicherheitsbedürfnisses:

     

    Checkliste / Wegfall des Sicherheitsbedürfnisses

    • Nachträglicher Wegfall infolge eines Abkommens (OLG Karlsruhe JW 28, 1238) oder wegen einer bekannt gewordenen Befreiung von einer Kostensicherheit (vgl. BGH NJW 94, 1351);
    • gesicherte Ansprüche sind weder entstanden noch können sie fortan entstehen (BGHZ 11, 303); dies ist der Fall, wenn der Gläubiger befriedigt ist oder erfolgreich vollstreckt hat;
    • Verzicht auf Vollstreckung bzw. vorläufige Vollstreckbarkeit (OLG München WM 79, 29; Musielak/Voit/Foerste, ZPO, 18. Aufl., § 109 Rn. 3);
    • bei bloßer Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO (OLG München OLGZ 85, 457);
    • Abschluss eines Vergleichs nach Urteilserlass, wenn die Sicherheitsleistung den nach dem Vergleich geschuldeten Betrag übersteigt (OLG Frankfurt MDR 87, 239);
     

    3. Sicherungsverpflichteter muss Freigabe beantragen

    Die zur Sicherheitsleistung verpflichtete Partei muss einen Antrag auf Freigabe stellen. Dieser kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden (§ 109 Abs. 3 S. 1 ZPO). Es besteht daher kein Anwaltszwang (§ 78 Abs. 3 ZPO). Es entscheidet der Rechtspfleger bei freigestellter mündlicher Verhandlung durch Beschluss (§ 20 Abs. 1 Nr. 3 RpflG).

     

    Damit der Antrag begründet ist, ist darzulegen bzw. zu beweisen, dass die Veranlassung für die Sicherheitsleistung weggefallen ist. Dies geschieht durch ein sog. Rechtskraftzeugnis (§ 706 ZPO). Der Rechtspfleger setzt dem Gegner dann eine angemessene Frist, binnen derer dieser entweder in die Rückgabe der Sicherheit einwilligt oder wegen seiner gesicherten Ansprüche die Erhebung einer Klage nachzuweisen hat. Erlässt der Rechtspfleger einen entsprechenden Beschluss, der die Rückgabe der Sicherheitsleistung anordnet, muss anschließend der Ex-Schuldner als Gläubiger unter Vorlage des rechtskräftigen Beschlusses bei der zuständigen Hinterlegungsstelle die Auszahlung beantragen (maßgeblich sind die Vorschriften der jeweiligen Hinterlegungsgesetze (HintG) der Länder; vgl. z. B. § 18 HintG Rhld. Pfalz).

     

    PRAXISTIPP | Die Tätigkeit des Rechtsanwalts bei der Rückgabe der Sicherheitsleistung bzw. Erlöschen der Bürgschaft gehört zum Rechtszug und ist durch die Regelgebühren der Nr. 3100 ff. VV RVG abgegolten (§ 19 Abs. 1 Nr. 7 RVG).

     

    Musterformulierung / Antrag nach § 109 ZPO

    In der Zivilangelegenheit

     

    Kläger ./. Beklagter

     

    wird gemäß § 109 ZPO beantragt,

     

    • dem Kläger eine angemessene Frist zu setzen, binnen der er gegenüber dem Gericht die Einwilligung in die Rückgabe der in dem Verfahren ... geleisteten Sicherheit erklärt oder die Erhebung der Klage wegen seiner Ansprüche nachweisen muss.
    •  
    • Des Weiteren wird für den Fall, dass nicht rechtzeitig die Erhebung der Klage nachgewiesen wird, beantragt, dass das Erlöschen der dem Kläger mittels Schriftsatzes vom ... zugestellten Bürgschaft angeordnet wird.

     

    Gründe:

     

    Durch Urteil des erkennenden Gerichts vom ... wurde der Beklagte verurteilt. Das Urteil wurde gegen Sicherheitsleistung in Höhe von ... EUR für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte hat die Sicherheitsleistung erbracht durch

     

    • Hinterlegung des geforderten Geldbetrags in Höhe von ... EUR bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts ...
    • Zustellung einer selbstschuldnerischen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft der ...-Bank vom ... in Höhe von ... EUR an den Kläger.

     

    Durch anliegendes Rechtskraftzeugnis des ...gerichts vom ... ist nachgewiesen, dass die Klage rechtskräftig durch Berufungsurteil zurückgewiesen worden ist.

     

    Rechtsanwalt

     
    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 125 | ID 47608109