· Fachbeitrag · Außergewöhnliche Belastung
Doppelte Haushaltsersparnis bei Heimkosten: SSP-Leser klagt vor dem BFH
| Darf das Finanzamt als außergewöhnliche Belastung abzugsfähige, selbst getragene Pflegekosten um eine doppelte Haushaltsersparnis kürzen, wenn ein Ehepaar in ein Pflegeheim umgezogen ist? Oder ist der Abzug einer doppelten Haushaltsersparnis zu hoch? Diese Fragen lässt ein SSP-Leser vom BFH klären. Unterstützung bekommt er vom Bund der Steuerzahler. |
Der steuerliche Hintergrund
Wird bei einer Heimunterbringung wegen Pflegebedürftigkeit der private Haushalt aufgelöst, werden die als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen - selbst getragenen Pflegekosten - um eine Haushaltsersparnis gekürzt. Die Haushaltsersparnis soll ausgleichen, dass sich das Ehepaar durch den Umzug ins Pflegeheim Verpflegungs- und Unterbringungskosten erspart, die es sonst zu Hause gehabt hätte. Sie ist mit dem in § 33a Abs. 1 S. 1 EStG genannten Höchstbetrag (= Grundfreibetrag) anzusetzen. Liegen die Voraussetzungen nur während eines Teils des Kalenderjahrs vor, sind die anteiligen Beträge anzusetzen (1/360 pro Tag, 1/12 pro Monat).
SSP-Leser zieht vor dem FG Nürnberg den Kürzeren
Der Abzug der doppelten Haushaltsersparnis kann weder einer gesetzlichen Fundstelle noch einer Anweisung aus der Finanzverwaltung entnommen werden. Der SSP-Leser, Diplom-Finanzwirt Jürgen Kreile, Steuerberater aus Königsbrunn, hat das FG Nürnberg aber nicht davon überzeugen können, dass der doppelte Abzug einer Haushaltsersparnis bei Ehegatten gegen die Besteuerung nach dem individuellen Leistungsprinzip verstößt.
FG begründet Urteil mit Rechnungsausweis des Pflegeheims
Im konkreten Fall wurde der doppelte Abzug der Haushaltsersparnis damit begründet, dass von den Heimkosten folgende Kosten pro Person und Monat auf Unterkunft und Verpflegung entfallen (FG Nürnberg, Urteil vom 4.5.2016, Az. 3 K 915/15, Abruf-Nr. 187344):
Verpflegung | 307,52 Euro |
Unterkunftskosten | 272,18 Euro |
Doppelzimmerzuschlag | 334,18 Euro |
Die fragwürdige Schlussfolgerung der Richter: Wenn schon die monatlichen Aufwendungen im Pflegeheim nur für Kost und Logis einen Betrag von 913,88 Euro pro Ehegatten ausmachen, würde es zum medizinisch indizierten Aufwand zu einem offensichtlichen Missverständnis stehen, wenn nicht für jeden Ehegatten ein Betrag für die Haushaltsersparnis angesetzt würde. Fragwürdig ist diese Begründung deshalb, weil diese 913,88 Euro offensichtlich nicht die Aufwendungen widerspiegeln, die sich das Ehepaar tatsächlich erspart hat. Denn zumindest ein Teil der vom Pflegeheim in Rechnung gestellten Leistungen (Zubereitung von Mahlzeiten, Zimmerreinigung etc.) und Margen wäre den Eheleuten zu Hause nicht entstanden.
Urteilsbegründung bietet Anlass für erfolgreiche Gegenwehr
Liest man die Urteilsbegründung genau, wird klar, dass es Fälle geben muss, bei denen der Abzug einer doppelten Haushaltsersparnis für Eheleute, die beide im Pflegeheim untergebracht sind, zu hoch ist. Das lässt sich aus folgenden Formulierungen des FG ableiten:
- Der doppelte Abzug der Haushaltsersparnis für Eheleute ist nicht zu beanstanden. Das gilt „jedenfalls dann“, wenn von den monatlichen Heimkosten ein Betrag von 913,88 Euro allein auf den Verpflegungs- und Unterkunftsanteil jedes der beiden Ehegatten entfällt.
- Wichtig | Das müsste im Umkehrschluss bedeuten, dass bei Steuerzahlern, bei denen die Heimkosten für Verpflegung und Unterkunft deutlich niedriger sind, der doppelte Abzug einer Haushaltsersparnis zu einer fehlerhaften Besteuerung führen muss.
- Bemerkenswert ist der Hinweis des FG, dass sich keine Anhaltspunkte dafür gefunden haben und auch vom Kläger nicht vorgetragen wurden, dass die tatsächliche Haushaltsersparnis geringer gewesen ist als die vom Finanzamt vorgenommene.
PRAXISHINWEISE |
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Weiterführender Hinweis
- Beitrag „Ehepaar im Pflegeheim: Darf das Finanzamt eine Haushaltsersparnis zweimal abziehen?“, SSP 11/2015, Seite 6 → Abruf-Nr. 43665594