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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in § 24b EStG: Diese Neuerungen sollten Sie kennen

    von Dipl.-Fw. und Dipl.-Kfm. André Reineke, Bielefeld

    | Alleinerziehende werden bei der Lohn- oder Einkommensteuer mit einem Freibetrag entlastet. Dieser Freibetrag in § 24b EStG ist zuletzt am 01.01.2023 erhöht worden. Er beträgt jetzt 4.260 Euro für das erste und 240 Euro für jedes weitere Kind. Auch ein BMF-Schreiben und ein Erlass der OFD Nordrhein-Westfalen haben Neuerungen zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gebracht. SSP nimmt das zum Anlass, Ihnen die Neuerungen in kompakter Form vorzustellen. |

    Die Grundsätze zum Entlastungsbetrag

    Einen Anspruch auf den Entlastungsbetrag haben Alleinstehende, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht. Unter allein stehen versteht das Gesetz Steuerzahler, die nicht die Voraussetzungen des Splittingverfahrens erfüllen oder verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden. Der Freibetrag wird bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen und wird beim Lohnsteuerabzug durch die Steuerklasse II berücksichtigt.

    Schädliche Haushaltsgemeinschaft mit anderer Person

    Eine schädliche Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person liegt vor, wenn der Steuerzahler und die andere Person gemeinsam wirtschaften (§ 24b Abs. 3 S. 2 EStG). Dies kann sowohl darin bestehen, dass beide zu den Kosten des gemeinsamen Haushalts beitragen als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe. Auf den Umfang kommt es nicht an. Als Kriterium für eine Haushaltsgemeinschaft können deren Zweck und Dauer herangezogen werden (BMF, Schreiben vom 23.11.2022, Az. IV C 8 ‒ S 2265-a/22/10001 :001, Abruf-Nr. 232553, Rz. 10).

     

    Nicht jedes Zusammenleben mit einer volljährigen Person begründet eine steuerschädliche Haushaltsgemeinschaft. Anwesenheiten zu Besuchszwecken oder aus Krankheitsgründen sind unschädlich.

     

    Die Voraussetzungen für den Freibetrag liegen auch vor, wenn sich die Person tatsächlich und finanziell nicht an der Haushaltsführung beteiligen kann. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn sie einen vollständig getrennten Haushalt führt oder eine Unterstützung von einer einkommenslosen pflegebedürftigen Person ausgeschlossen ist. Das BMF versteht darunter Personen, die blind, hilflos oder pflegebedürftig im Sinne des SGB XI sind (Pflegegrade 1 bis 5) und sich auch finanziell nicht an der Haushaltsführung beteiligen können (kein oder geringes Vermögen und Einkünfte und Bezüge im Rahmen des Unterhaltshöchstbetrags nach § 33a Abs. 1 S. 1 EStG.

     

    Wichtig | Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person ist z. B. dann unschädlich, wenn diese einen eigenen Hausstand unterhält oder es sich um eine pflegebedürftige Person mit einem nur geringen Einkommen handelt. Auch wenn diese Personen aufgrund zu niedriger Einkünfte nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden, lohnt sich ein genauerer Blick, ob nicht trotzdem steuerliche Gestaltungsspielräume genutzt werden können, um unter den Grenzen des § 33a Abs. 1 EStG zu verbleiben.

     

    • Beispiel

    Die alleinerziehende A lebt mit ihrem neuen Lebensgefährten B und ihrer minderjährigen Tochter C in einem gemeinsamen Haushalt. B hat das Merkzeichen Bl in seinem Schwerbehindertenausweis vermerkt und kein eigenes Vermögen. B erzielt eigene gewerbliche Einkünfte in Höhe von 14.000 Euro, erfüllt jedoch die Voraussetzungen für die Gewährung eines Investitionsabzugsbetrags nach § 7g EStG in Höhe von 4.000 Euro. Auch wenn aufgrund persönlicher Freibeträge (Grundfreibetrag, Behinderten-Pauschbetrag) für B keine Einkommensteuerzahlung zu erwarten ist, sollte die Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags in Erwägung gezogen werden, da B dann mit seinen Einkünften unterhalb des Unterhaltshöchstbetrags (für 2023: 10.908 Euro) verbleibt. So erfüllt A die Voraussetzungen für die Gewährung des Freibetrags für Alleinerziehende, da B pflegebedürftig und vermögenslos im Sinne des BMF-Schreibens ist.

     

    Haushaltszugehörigkeit eines Kindes

    Ein Kind gehört dann zum Haushalt, wenn es in der Wohnung des Steuerzahlers gemeldet ist, dauerhaft in dessen Wohnung lebt oder mit dessen Einwilligung vorübergehend auswärtig untergebracht ist. Auch eine Heimunterbringung ist unschädlich, wenn in der Familienwohnung die Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt werden und es sich dort regelmäßig aufhält.

     

    Ist ein Kind gleichwertig in beiden Haushalten der alleinerziehenden Eltern aufgenommen worden, können die Eltern untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll, es sei denn einer der beiden hat im Steuerabzugsverfahren bereits die Steuerklasse II in Anspruch genommen. Die Auszahlung des Kindergelds ist hierbei unerheblich. Allerdings müssen beide Elternteile die Voraussetzungen des § 24b Abs. 1 EStG erfüllen.

     

    PRAXISTIPPS |

    • Verdient ein Elternteil deutlich mehr und hat aus diesem Grund einen höheren Steuersatz, kann überlegt werden, ob der Freibetrag nicht diesem Elternteil zugerechnet werden sollte. Ein finanzieller Ausgleich zwischen beiden Elternteilen kann anschließend außerhalb der Steuerfestsetzungen hergestellt werden.
    • Wenn man das Kind beim Einwohnermeldeamt anmeldet (z. B. als Zweitwohnsitz), kann der Freibetrag für Alleinerziehende auch dann in Anspruch genommen werden, wenn das Kind eine eigene Wohnung unterhält (BMF-Schreiben vom 23.11.2022, Rz. 18).
     

    Entlastungsbetrag im Ehe- und Trennungsjahr

    Die Finanzverwaltung hatte den Freibetrag im Jahr der Eheschließung und der Trennung lange nicht gewährt, weil in diesen Fällen die Möglichkeit bestand, den Splittingtarif in Anspruch zu nehmen. Erst die BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 28.10.2021, Az. III R 57/20, Abruf-Nr. 228124 und Az. III R 17/20, Abruf-Nr. 228123) hat sie veranlasst, ihre Auffassung zu ändern. In allen offenen Fällen kann der Freibetrag jetzt (anteilig) berücksichtigt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG vorliegen (BMF, Schreiben vom 23.11.2022). Dies ist z. B. im Jahr der Eheschließung dann der Fall, wenn die Ehegatten nicht bereits in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt haben.

     

    Der BFH gab in seiner Urteilsbegründung jedoch darüber hinaus zu verstehen, dass der Freibetrag unabhängig davon zu gewähren ist, ob der Steuerzahler tatsächlich den Splittingtarif in Anspruch nimmt oder nicht. Denn die Anwendung des Splittingverfahrens kompensiere den Nachteil der Versagung der Berücksichtigung des Entlastungsbetrags nicht. Dies beträfe insbesondere Steuerpflichtige, die beide erwerbstätig sind und in etwa Einkünfte in gleicher Höhe erzielen.

     

    Die OFD NRW hat sich dieser Argumentation angeschlossen. Eine zeitanteilige Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende im Jahr der Eheschließung und der Trennung kommt danach unabhängig von der Veranlagungsart in Frage, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 24b EStG vorliegen (OFD NRW Kurzinfo vom 23.01.2023, Az. S 2265A ‒ 2015/0001 ‒ St 211).

     

    PRAXISTIPP | Diese „entlastungsbetragsfreundliche“ BFH-Rechtsprechung dürfte auch auf solche Fälle anwendbar sein, in denen Ehegatten zeitweilig getrennte Wege gehen und anschließend wieder zueinander finden.

     

    Auch ein verwitweter Steuerzahler kann ab dem Monat des Todes des Ehegatten den Entlastungsbetrag in Anspruch nehmen. Daran ändert die Tatsache nichts, dass er für dieses Jahr und ggf. auch für das Folgejahr (Witwen-splitting) den Splittingtarif in Anspruch nehmen kann.

    Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine

    Das BMF weist auf seiner Internetseite (FAQ zu den steuerlichen Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine-Geflüchteten) ferner darauf hin, dass keine steuerschädliche Haushaltsgemeinschaft entsteht, wenn Alleinstehende in den Jahren 2022 und 2023 volljährige Personen in ihren Haushalt aufnehmen, die aus der Ukraine geflüchtet sind.

     

    FAZIT | Der BFH hat mit o. g. Urteilen einen weiteren Schritt zur Entlastung alleinerziehender Steuerzahler gemacht. Da sich der Freibetrag gemäß § 24b EStG in den letzten Jahren deutlich erhöht hat, lohnt sich ein genauerer Blick, ob sich durch einfache Gestaltungen eine steueroptimierende Berücksichtigung des Freibetrags für Alleinerziehende erreichen lässt.

     

    Quelle: Ausgabe 04 / 2023 | Seite 18 | ID 49249475

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