· Fachbeitrag · Einkommensteuer
Einzelveranlagung: Musterprozess beim BFH birgt Chance auf höheren Sonderausgabenabzug
| Beantragen Ehegatten, dass jeder einzeln veranlagt wird, dürfen sie die gemeinsamen Aufwendungen für Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Handwerker- bzw. haushaltsnahe Dienstleistungen jedem zur Hälfte zurechnen. In einem Musterprozess vor dem BFH geht es jetzt darum, ob die Finanzämter bei der hälftigen Aufteilung falsch rechnen, nämlich zum Nachteil der Steuerzahler. |
Die Grundsätze zur Einzelveranlagung
Ehegatten können zwischen der Zusammenveranlagung (§ 26 Abs. 1 EStG) und der Einzelveranlagung (§ 26a Abs. 1 EStG) wählen. Entscheiden sie sich für die Einzelveranlagung, gelten bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens folgende Regeln:
- Jedem Ehegatten sind die Einkünfte zuzurechnen, die er erwirtschaftet hat.
- Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen etc. werden dem zugerechnet, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat.
- Auf Antrag werden Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und die Steueranrechnung nach § 35a EStG bei jedem zu Hälfte abgezogen.
FG Baden-Württemberg: Fiskus rechnet bei Hälfte-Aufteilung falsch
In der Praxis rechnet das Finanzamt Aufwendungen für Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen etc. im ersten Schritt demjenigen Ehegatten zu, der sie wirtschaftlich getragen hat. Dabei ermittelt es die abziehbaren Höchstbeträge. Und nur die verbleibenden Höchstbeträge werden im zweiten Schritt jeweils zu 50 Prozent auf beide Ehegatten verteilt.
Dieses Vorgehen hat das FG Baden-Württemberg beanstandet. Nicht die bei jedem Ehegatten individuell ermittelten Höchstbeträge sind auf beide Ehegatten hälftig aufzuteilen, sondern die tatsächlichen „Aufwendungen“. Im Klartext bedeutet das: Schritt 1 des Finanzamts ist unzulässig (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.11.2017, Az. 2 K 1032/16, Abruf-Nr. 201146).
Finanzverwaltung hat Revision beim BFH eingelegt
Das unterlegene Finanzamt hat Revision beim BFH eingelegt. Das Verfahren trägt das Az. III R 11/18. Um in vergleichbaren Fällen die Chance auf den maximalen Sonderausgabenabzug zu wahren, müssen Ehegatten beantragen, dass für sie die Grundsätze des FG Baden-Württemberg angewendet werden. Legen Sie Einspruch ein, wenn das Finanzamt „herkömmlich“ rechnet und das zu einem geringeren Sonderausgabenabzug führt. Beantragen Sie, dass Ihr Einspruchsverfahren ruht, bis der BFH entschieden hat.
Weiterführender Hinweis
- Was die Berechnungsmethode des FG Baden-Württemberg an konkreter Steuerersparnis bringt, lesen Sie in SSP 6/2018, Seite 10 → Abruf-Nr. 45298902.