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  • · Fachbeitrag · Sonderausgaben

    Versicherungsbeiträge der Kinder: Finanzämter kassieren Steuervorteil der Eltern wieder

    | Seit 2010 dürfen Eltern auch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ihrer Kinder, für die sie noch Kindergeld beziehen, als Sonderausgaben abziehen. Diesem Steuersparmodell hat die OFD Münster jetzt Grenzen gesetzt, sodass Eltern und Kinder neu rechnen müssen. |

    Die steuerlichen Grundregeln

    Eltern dürfen auch die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (KV-, PV-Beiträge) ihrer Kinder als Sonderausgaben in ihrer Steuererklärung geltend machen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG), wenn

    • sie für das Kind noch Anspruch auf Kindergeld oder -freibetrag haben,
    • sie ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind nachkommen, und
    • es sich bei den Beiträgen nur um Beiträge zur Basis-Versicherung handelt (also ohne Wahltarife).

     

    PRAXISHINWEIS | Für den Sonderausgabenabzug genügt es, wenn die Eltern ihrer Unterhaltsverpflichtung nachkommen. Es kommt nicht darauf an, dass sie die Beiträge tatsächlich gezahlt oder an die Kinder erstattet haben (OFD Münster, Kurzinfo Nr. 14/1011 vom 25.5.2011, aktualisiert am 6.6.2013; Abruf-Nr. 132109)

     

    Finanzverwaltung will Doppelvergünstigung vermeiden

    Die KV- und PV-Beiträge eines Kindes dürfen natürlich nur einmal steuerlich geltend gemacht werden. Die OFD Münster weist die Sachbearbeiter ihrer Finanzämter nun auf eine Besonderheit hin, bei der es zu einer Doppelvergünstigung kommt, obwohl nur die Eltern eine Steuererklärung beim Finanzamt einreichen und nur die Eltern die Sonderausgaben für ihr Kind geltend machen.

     

    Befindet sich das Kind etwa in Ausbildung oder jobbt neben dem Studium, berücksichtigt der Arbeitgeber für die KV und PV eine Vorsorgepauschale (§ 39 Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Satz 2 EStG). Folge: Er behält weniger Lohnsteuer ein. Beantragen die Eltern noch einen Sonderausgabenabzug für die Beiträge ihres Kindes, ist die Doppelvergünstigung perfekt.

     

    Wichtig | Deshalb sollen die Finanzämter die Kinder in solchen Fällen ab 2012 zur Abgabe einer eigenen Einkommensteuererklärung nach § 46 Abs. 3 Nr. 3 EStG auffordern. Das passiert dann, wenn der Arbeitslohn des Kindes folgende Grenzbeträge überschritten hat:

     

    • Jahr 2012: 10.200 Euro
    • Jahr 2013: 10.500 Euro
    • Jahr 2014: 10.700 Euro

    Steuerliche Folge der Besteuerung des Kindes

    Hintergrund für die Aufforderung des Kindes zur Abgabe einer eigenen Steuerklärung ist die Tatsache, dass bei der Besteuerung im Veranlagungsverfahren das Kind keine Vorsorgepauschale mehr als Sonderausgabe abziehen darf, sondern nur noch die tatsächlichen KV- und PV-Beiträge.

     

    • Beispiel

    Das Kind hat als Beamtenanwärter im Jahr 2012 einen Arbeitslohn von 12.000 Euro bezogen. Bei der Lohnermittlung zog der Dienstherr eine Vorsorgepauschale von 1.440 Euro ab. Die Eltern haben die Beiträge des Kindes zur Basis-Kranken- und Pflegeversicherung von 1.100 Euro bei sich abgezogen. Die Beiträge für Wahltarife betrugen 300 Euro.

     

    Ermittlung der Lohnsteuer bei Kind

    Ermittlung der Einkommen-
steuer bei Eltern

    Sonderausgaben

    Vorsorgepauschale 1.440 Euro

    Basis-KV- und PV-Beiträge 1.100 Euro

    Folge

    Weniger Lohnsteuer

    Weniger Einkommensteuer

     

     

    Das Beispiel zeigt, dass hier eine Doppelvergünstigung vorliegt. Die Folge ist, dass das Kind vom Finanzamt zur Abgabe einer eigenen Steuererklärung aufgefordert wird.

     

    Ermittlung der Lohnsteuer bei Kind

    Sonderausgaben

    Nur in Höhe der bei den Eltern noch nicht abziehbaren Vorsorgeaufwendungen (Beiträge für Wahltarife),

    also in Höhe von 300 Euro

    Folge

    Steuernachzahlungen, weil beim Lohnabzug die Vorsorgepauschale abgezogen wurde.

     

    Lohnt sich der Sonderausgabenabzug für Eltern noch?

    Die neue Rechtslage muss nicht zwingend dazu führen, dass sich der Sonderausgabenabzug bei den Eltern nicht mehr lohnt. In folgenden Fällen sollten Eltern die KV- und PV-Beiträge ihrer Kinder weiterhin in der eigenen Steuererklärung geltend machen.

     

    1. Einkommen des Kindes liegt unter dem Grundfreibetrag

    Selbst wenn der Arbeitslohn eines Kindes im Jahr 2012 über 10.200 Euro lag und das Finanzamt das Kind zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert, bedeutet das nicht automatisch, dass Steuernachzahlungen fällig werden. Ergibt sich vielmehr beim Kind nach Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ein zu versteuerndes Einkommen von weniger als 8.004 Euro (ab 2013: 8.130 Euro), fallen bei ihm keine Steuern an.

     

    2. Kürzung der Sonderausgaben würde drohen

    Betragen die Basis-Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Kindes wie im Beispielsfall 1.100 Euro und hat das Kind weitere Vorsorgeaufwendungen von mehr als 800 Euro, lohnt sich der Ansatz der Beiträge bei den Eltern. Denn mehr als 1.900 Euro hätte das Kind sowieso nicht abziehen dürfen.

     

    • Beispiel

    Die Beiträge in die private KV- und PV-Versicherung des Kindes betragen 1.100 Euro. Daneben fallen für den Wahltarif zur KV-Versicherung, Autohaftpflicht, Privathaftpflicht, Unfallversicherung und für eine vor 2005 abgeschlossene Lebensversicherung weitere 1.800 Euro an.

     

    Folge: In einer eigenen Steuererklärung des Kindes dürften insgesamt nur 1.900 Euro als Sonderausgaben zum Abzug kommen. Von den 2.900 Euro würden also 1.000 Euro steuerlich ungenutzt unter den Tisch fallen. Beantragen die Eltern den Sonderausgabenabzug von 1.100 Euro für die Basis-Beiträge zur KV und PV, kann das Kind immer noch 1.800 Euro Vorsorgeaufwendungen geltend machen.

     

    3. Eltern mit hohem Steuersatz und Kind mit Niedrigsteuersatz

    Der Ansatz der Beiträge des Kindes zur KV und PV lohnt sich immer, wenn die Eltern ihr zu versteuerndes Einkommen mit einem deutlich höheren Steuersatz versteuern müssen und das Kind nahe am Grundfreibetrag liegt - und damit nur mit dem „Minimalsteuersatz“ belastet wird.

    Greift diese Verschärfung auch für Jahre vor 2012?

    Nein, die Verschärfung greift nicht für Jahre vor 2012. Denn lagen die Einkünfte und Bezüge eines sich noch in Ausbildung befindlichen Kindes über dem Höchstbetrag von 8.004 Euro, verloren die Eltern bis Ende 2011 den Anspruch auf Kindergeld. Und ohne Anspruch auf Kindergeld kommt die Sonderregelung nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG zum Sonderausgabenabzug der Eltern für Beiträge zur KV und PV nicht mehr in Betracht.

    Die Konsequenz für Eltern 

    Sind Eltern unsicher, ob es sich überhaupt noch lohnt, Sonderausgaben des Kindes in ihrer eigenen Steuererklärung geltend zu machen, sollten sie selbst, ihr Steuerberater oder ihr Lohnsteuerhilfeverein Vergleichsrechnungen durchführen. Rechnen Sie aus, wie hoch die noch verbleibenden Steuervorteile sind, wenn das Kind tatsächlich eine Steuererklärung abgeben muss. Nur so lassen sich steuerliche Nachteile vermeiden und höchstmögliche Steuervorteile erzielen.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 6 | ID 42211855