· Fachbeitrag · Steuererklärung
Abzug von Vorsorgeaufwendungen: So bewahren Sie den Durchblick und verschenken keinen Euro
| Die steuerliche Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen ist eines der schwierigsten Kapitel im deutschen Einkommensteuerrecht. Selbst Fachleute scheitern regelmäßig. Lernen Sie deshalb die Grundsätze kennen und profitieren Sie von dem berühmten Aha-Erlebnis. |
Das Grundprinzip: Zwei Vorsorgehöchstbeträge
Bei den Vorsorgeaufwendungen werden zwei Höchstbeträge unterschieden.
- Höchstbetrag 2.800 Euro: Für Steuerzahler, die keine unmittelbaren Zuschüsse zu ihren Krankheitskosten oder steuerfreie Zuschüsse zur Krankenversicherung erhalten, beträgt der Höchstbetrag 2.800 Euro. Der Kandidatenkreis sind Selbstständige, nicht sozialversicherungspflichtige Vorstände oder Geschäftsführer.
- Höchstbetrag 1.900 Euro: Steuerzahlern, die einen unmittelbaren Zuschuss zu den Krankheitskosten erhalten oder steuerfreie Zuschüsse zur Krankenversicherung, steht ein Höchstbetrag von 1.900 Euro zu. Darunter fallen sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer, Beamte, Rentner, Soldaten oder familienversicherte Ehepartner.
Wirkungsweise der Höchstbeträge
Die Höchstbeträge nach § 10 Abs. 3 Satz 4 EStG wirken sich im Zusammenspiel mit sonstigen Vorsorgeaufwendungen wie folgt als Sonderausgaben aus:
- Grundsatz 1: Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung sind in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar, selbst wenn die Höchstbeträge von 1.900 Euro bzw. 2.800 Euro überschritten werden. Basiskrankenversicherung bedeutet, dass nur die Beitragszahlungen ohne Zusatztarife (Zahnzusatztarif, Chefarztbehandlung) in voller Höhe abziehbar sind.
- Grundsatz 2: Übersteigen die Beitragszahlungen zur Basiskranken- und zur Pflegeversicherung die Höchstbeträge von 1.900 Euro bzw. 2.800 Euro, dürfen andere Vorsorgeaufwendungen (zum Beispiel Beiträge zur Arbeitslosen-, Haftpflicht- und Unfallversicherung) nicht mehr als Sonderausgaben abgezogen werden.
- Grundsatz 3: Der Umkehrschluss zu Grundsatz 2 bedeutet, dass sonstige Vorsorgeaufwendungen abziehbar sind, sofern die Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung unter 1.900 Euro bzw. 2.800 Euro liegen. Die Grenze für den Abzug der sonstigen Vorsorgeaufwendungen bilden dann die Höchstbeträge von 1.900 bzw. 2.800 Euro.
| ||||||||||||
Fall 1: Herr Huber, ledig, ist sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer. Seine Beitragszahlungen zur Basiskranken- und Pflegeversicherung betragen 2.100 Euro, die Beiträge zur Unfall- und Arbeitslosenversicherung 1.400 Euro. Abziehbar sind folgende Sonderausgaben:
Folge: Die Beiträge zur Unfall- und Arbeitslosenversicherung wirken sich steuerlich nicht mehr aus, weil der Höchstbetrag von 1.900 Euro überschritten wurde.
Fall 2: Die Beitragszahlungen des Herrn Huber zur Basiskranken- und Pflegeversicherung betragen 1.300 Euro, die Beiträge zur Unfall- und Arbeitslosenversicherung 1.400 Euro. Abziehbar sind folgende Sonderausgaben:
|
Vorauszahlung von Krankenversicherungsbeiträgen
Um zu erreichen, dass ein größerer Anteil der Beiträge zur Unfall- oder Arbeitslosenversicherung abziehbar sind, ist es zulässig, Vorauszahlungen zu den Beiträgen zur Basiskrankenversicherung zu leisten. Die Vorauszahlungen sind abziehbar, sofern sie das 2,5-fache der für das Zahlungsjahr vertraglich geschuldeten Beiträge nicht übersteigen.
| ||||||||||||
Herr Huber leistet im Jahr 2013 Beiträge zur Basiskrankenversicherung in Höhe von 2.000 Euro. Erlaubt seine Krankenversicherung eine Vorauszahlung, dürfen zusätzlich 5.000 Euro als Sonderausgaben abgezogen werden. Seine Beiträge zur Unfall- und Arbeitslosenversicherung betragen jährlich 1.700 Euro.
Sonderausgabenabzug 2013:
Sonderausgabenabzug 2014:
|
Wichtig | Die Vorauszahlungen zur Krankenversicherung werden im Jahr 2013 nur dann als Sonderausgaben anerkannt, wenn die Zahlung bis spätestens 21. Dezember 2013 erfolgt (BMF, Schreiben vom 19.8.2013, Az. IV C 3 - S 2221/12/10010:004; Abruf-Nr. 132755; Rz. 126-141). Wird die Vorauszahlung erst am 22. Dezember 2013 geleistet, sind die Beiträge erst in den Jahren als Sonderausgaben abziehbar, zu denen sie wirtschaftlich gehören.
Abziehbare Höchstbeträge bei Ehegatten
Bei zusammenveranlagten Ehegatten bestimmt sich der Höchstbetrag für die sonstigen Vorsorgeaufwendungen aus der Summe der Höchstbeträge, die jedem Ehegatten zustehen (§ 10 Abs. 4 Satz 3 EStG). Die Faustformel lautet: Ist nur ein Ehegatte erwerbstätig, verdoppelt sich in aller Regel sein Höchstbetrag.
|
Ein Ehepaar wird zusammenveranlagt. Der Ehemann, sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer, ist Alleinverdiener. Die Ehefrau ist Hausfrau und kümmert sich um die gemeinsamen Kinder. Folge: Die Höchstbeträge zu den Vorsorgeaufwendungen betragen hier 3.800 Euro (1.900 Euro je Ehegatte).
Ein Ehepaar wird zusammenveranlagt. Der Ehemann ist sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer, die Ehefrau ist selbstständig. Folge: Der gemeinsame Höchstbetrag für die Vorsorgeaufwendungen beträgt hier 4.700 Euro (Ehemann 1.900 Euro, Ehefrau 2.800 Euro). |
PRAXISHINWEIS | Liegt Ihnen ein Steuerbescheid zur Prüfung vor, können Sie für die Ermittlung der Höchstbeträge für zusammenveranlagte Ehegatten auf ein effektives Hilfsmittel zurückgreifen. Die OFD Frankfurt am Main hat in einer Verfügung 77 (!) denkbare Kombinationen von Höchstbeträgen für Vorsorgeaufwendungen tabellarisch zusammengestellt (OFD Frankfurt am Main, Verfügung vom 23.9.2013, Az. S 2221 A - 78 - St 218; Abruf-Nr. 133614). |
Musterprozesse zum Sonderausgabenabzug für KV-Beiträge
Erhält ein privat krankenversicherter Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einen Zuschuss zur Krankenversicherung, zieht das Finanzamt diesen Zuschuss in voller Höhe von den Beiträgen zur Basiskrankenversicherung ab, obwohl der Zuschuss ja auch die Wahltarife betrifft. Gegen diese Ungleichbehandlung sollten betroffene Arbeitnehmer mit einem Einspruch vorgehen.
PRAXISHINWEIS | Beim FG Hessen (Az. 1 K 1878/11) und beim FG Münster (Az. 7 K 2712/11) sind zwei Musterprozesse zu der Frage anhängig. Legen Sie also gegen die volle Kürzung des Sonderausgabenabzugs für Zuschüsse des Arbeitgebers Einspruch ein und verweisen Sie auf die beiden Verfahren. Bitten Sie das Finanzamt darum, von der Bearbeitung des Einspruchs bis zum Ergehen der Urteile abzusehen. Denn bei Musterprozessen, die bei FG anhängig sind, haben Sie keinen Anspruch auf ein Ruhen Ihres Verfahrens. |