· Fachbeitrag · Lohnsteuer/Dienstwagen
Dienstwagen: 0,002-Prozent-Methode ansetzen und einiges an Lohnsteuer sparen
von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburgund Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de
| Dürfen Sie als Arbeitnehmer einen Dienstwagen auch privat nutzen, sollten Sie prüfen, ob Sie den geldwerten Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb nicht nach der 0,03-Prozent-Regelung lohnversteuern müssen, sondern die 0,002-Prozent-Regelung nutzen dürfen. Diese Option ist gerade in der aktuellen Situation (angeordnetes Homeoffice, Kurzarbeit, etc.) besonders attraktiv. SSP zeigt Ihnen, wie dies möglich ist und wie Sie damit bares Geld sparen können. |
Beispiel zeigt Praxisrelevanz
Das folgende Beispiel zeigt, welche Praxis- und Lohnsteuer-Relevanz das Thema hat.
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Sie haben vom Arbeitgeber einen Dienstwagen bekommen, den Sie auch privat nutzen dürfen. Der Bruttolistenpreis zzgl. Sonderausstattung beträgt 50.000 Euro. Die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb beträgt 35 Kilometer. Vom 30.03.2020 bis zum 03.05.2020 waren Sie krankgeschrieben. Weitere Gründe (Kurzarbeit, zeitweise Tätigkeit im Homeoffice) führen dazu, dass Sie im Jahr 2020 nur 105 Mal zu Ihrem Betrieb fahren. Im April 2020 haben Sie keine einzige Fahrt durchgeführt. Die insgesamt im Jahr 2020 angefallenen Kfz-Kosten inkl. Abschreibung hat Ihr Arbeitgeber mit 11.000 Euro errechnet. Ein Fahrtenbuch haben Sie nicht geführt. Der geldwerte Vorteil ermittelt sich wie folgt:
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Wie können Sie den geldwerten Vorteil verringern?
Die Gretchenfrage lautet also: Wie können Sie den hohen Betrag (von hier 12.300 Euro) verringern ‒ und Lohnsteuer sparen?
Generell gilt: Der geldwerte Vorteil kann nicht reduziert werden, wenn z. B. Urlaub, Krankheit oder Kurzarbeit der Grund dafür werden, dass Sie nur wenige Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchgeführt haben. Zumindest dann nicht, wenn Ihnen in diesen Kalendermonaten das Kfz zur Nutzung zur Verfügung stand. Denn derartige Nutzungsausfälle sind im pauschalen Nutzungswert nach der 0,03-Prozent-Methode bereits berücksichtigt (BMF, Schreiben vom 04.04.2018, Az. IV C 5 ‒ S 2334/18/10001, Tz. 9, Abruf-Nr. 200661). Sie müssen also nach Alternativen suchen.
Option 1: Verzicht auf Lohnsteuer im April
Eine Möglichkeit, die die Finanzverwaltung auch oft akzeptiert, besteht im Beispielsfall darin, dass für den Monat April ein Ansatz des Zuschlags für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unterbleibt. Denn in diesem Monat haben Sie wegen Ihrer Krankheit nachweislich keine einzige Fahrt zwischen Wohnung und Betrieb unternommen. Der geldwerte Vorteil für diese Fahrten kann um 525 Euro (1/12 von 6.300 Euro) reduziert werden. Bei einem Steuersatz von 35 Prozent beträgt die Ersparnis 184 Euro.
Wichtig | Die Ein-Prozent-Regelung, die Ihre Privatfahrten abdeckt, bliebe für April aber bestehen. Denn für Privatfahrten stand Ihnen der Dienstwagen auch im April 2020 zur Verfügung.
PRAXISTIPP | Diesen Ansatz können Sie umgehen, wenn Ihnen für volle Kalendermonate kein Dienstwagen zur Nutzung überlassen wurde. Treffen Sie für solche Fälle eine Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber. Stellen Sie den Dienstwagen auf dem Firmengelände ab und übergeben Sie ihm die Fahrzeugschlüssel. Dann kann für diesen Monat auf den kompletten geldwerten Vorteil verzichtet werden. |
Option 2: Fahrtenbuch führen
Der Gesetzgeber sieht in § 8 Abs. 2 S. 4 EStG die Möglichkeit vor, den geldwerten Vorteil anhand eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs zu ermitteln. In dem Fall werden die tatsächlichen Kosten je Kilometer als geldwerter Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte angesetzt.
Im Beispielsfall steht Ihnen diese Option aber nicht offen, weil Sie ja kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt haben.
Option 3: Kostendeckelung prüfen
Der geldwerte Vorteil darf die insgesamt angefallenen Kfz-Kosten (u. a. Abschreibung, Reparaturen, Steuern, Versicherungen, Treibstoff) nicht übersteigen (BMF, Schreiben vom 04.04.2018, Az. IV C 5 ‒ S 2334/18/10001, Tz. 4, Abruf-Nr. 200661). Diese Regelung kommt Ihnen hier zupass. Denn die Gesamtkosten haben sich auf 11.000 Euro belaufen, sodass diese Kostendeckelung greift.
Der geldwerte Vorteil von zuvor 12.300 Euro kann auf 11.000 Euro reduziert werden. Bei einem unterstellten Steuersatz von 35 Prozent ergibt sich eine Steuerersparnis von 455 Euro.
Option 4: Einzelbewertung nach der 0,002-Prozent-Regelung
Am meisten brächte Ihnen Option 4 ‒ die Einzelbewertung nach der 0,002-Prozent-Regelung. Hier müssen Sie wissen: Die 0,03-Prozent-Regelung, die der Gesetzgeber vorsieht, geht pauschal davon aus, dass Sie in jedem Monat 15 Mal zum Betrieb fahren (= 180 Fahrten je Kalenderjahr). Diese Pauschalierung ist für Sie nachteilig, wenn Sie seltener fahren.
Das BMF hat Ihnen mit Schreiben vom 04.04.2018 (Az. IV C 5 ‒ S 2334/18/10001, Abruf-Nr. 200661) in Rz. 10 die Möglichkeit eröffnet, eine Einzelbewertung für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte vorzunehmen. Danach wird für die tatsächlich durchgeführte Anzahl von Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte der Nutzungsvorteil mit 0,002 Prozent des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer bemessen.
Die Auswirkungen im Beispiel
Im Beispiel würde sich der geldwerte Vorteil dadurch wie folgt verändern bzw. verringern:
1. Private Nutzungsmöglichkeit (wie bisher) | |
50.000 Euro x 1% x 12 Monate | 6.000 Euro |
2. Zuschlag für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte | |
50.000 Euro x 0,002% x 35 Kilometer x 105 Fahrten | 3.675 Euro |
9.675 Euro | |
Folge: Der geldwerte Vorteil könnte um 2.625 Euro reduziert werden. Bei einem Steuersatz von 35 Prozent sparen Sie damit 919 Euro. |
Die Voraussetzungen für die günstige 0,002-Prozent-Regelung
Um die 0,002-Prozent-Regelung anwenden zu können, müssen Sie laut BMF-Schreiben jeden einzelnen Kalendertag benennen, an dem Sie eine Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte durchgeführt haben. Es reicht nicht, z. B. pauschal 105 Fahrten im Jahr 2020 anzugeben. Bedenken Sie auch, dass Sie im Laufe eines Kalenderjahrs nicht zwischen der 0,03-Prozent- und der 0,002-Prozent-Regelung wechseln dürfen (Ausnahme: Unterjähriger Wechsel nur bei Austausch des Dienstwagens). Sie müssen sich einheitlich für das gesamte Kalenderjahr entscheiden.
PRAXISTIPP | Die Forderung der Finanzverwaltung nach Benennung jeden Tages ist nicht in Stein gemeißelt. Dem FG Nürnberg reichten jüngst die Taschenkalendereinträge eines Bauleiters als Beleg, dass er das Büro wirklich so selten wie angegeben aufgesucht hatte. Für die nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG mögliche Einzelbewertung der Fahrten sei eine datumsmäßige Angabe nicht zwingend erforderlich; vielmehr sei das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend (FG Nürnberg, Urteil vom 23.01.2020, Az. 4 K 1789/18, Abruf-Nr. 215859). |
Die Umsetzung im Lohnsteuerabzugsverfahren
Letztlich stellt sich die Frage, wie und wo Sie die Reduzierung (z. B. aufgrund der Einzelbewertung nach der 0,002-Prozent-Methode) geltend machen. Es gibt zwei Möglichkeiten:
- 1. Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber
- Erklären Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber für jeden Kalendermonat des Jahres schriftlich, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) Sie den Dienstwagen für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb genutzt haben. Diese Aufzeichnungen muss Ihr Arbeitgeber zum Lohnkonto nehmen. Er kann dann die Einzelbewertung anwenden. Dabei hat Ihr Arbeitgeber zwar keine Begrenzung auf 15 Fahrten je Kalendermonat, allerdings eine Begrenzung auf 180 Fahrten je Kalenderjahr zu beachten. Vorteil für Sie: In den Monaten, in denen Sie weniger als 15 Fahrten durchführen, erhalten Sie bereits im laufenden Kalendermonat einen höheren Nettolohn.
- Wichtig | Es sind keine Angaben erforderlich, wie Sie an den anderen Arbeitstagen zur Arbeit gelangt sind. Ebenfalls zählen Arbeitstage, an denen Sie mehrmals zur Arbeit gefahren sind (z. B. Heimfahrt während der Mittagspause) als ein einzelner Arbeitstag und verdoppeln den geldwerten Vorteil nicht. Zudem ist Ihr Arbeitgeber auf Ihr Verlangen hin zur Einzelbewertung der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte verpflichtet, sofern sich aus arbeitsvertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nicht etwas anderes ergibt.
- 2. Übergang von Pauschal- zur Einzelbesteuerung
- Hat Ihr Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren die 0,03-Prozent-Regelung angewandt, sind Sie daran nicht gebunden. Sie können in Ihrer Einkommensteuererklärung für das gesamte Jahr zur 0,002-Prozent-Regelung wechseln. Sie müssen darlegen, an welchen Tagen (mit Datumsangabe) Sie den Dienstwagen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt haben (Ausnahme: FG Nürnberg). Daneben müssen Sie glaubhaft machen, dass Ihr Arbeitgeber bisher die 0,03-Prozent-Regelung angewandt hat (z. B. durch Vorlage von Gehaltsabrechnungen). Ist dies erfolgt, wird der geldwerte Vorteil nach der Einzelbewertung bemessen. Ihr Bruttoarbeitslohn im Steuerbescheid reduziert sich, und Ihnen werden die zu viel entrichteten Steuern erstattet.
Auswirkungen auf die Sozialversicherung
Die Überlassung des Dienstwagens unterliegt der Sozialversicherung. Dabei verweist § 3 Abs. 1 S. 3 SvEV ausdrücklich auf die Regelungen des Steuerrechts zwecks Bewertung des Sachbezugs. Eine Reduzierung des Sachbezugs (z. B. durch Anwendung der Einzelbewertung nach der 0,002-Prozent-Regelung) minimiert folglich auch die Beiträge zur Sozialversicherung.
Dies gilt allerdings nur, wenn die Minderung des geldwerten Vorteils durch den Arbeitgeber in den monatlichen Lohnabrechnungen erfolgt oder dieser spätestens bis zur Erstellung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung bis Ende Februar des Folgejahres eine entsprechende Korrektur vornimmt.
Wird die Minderung des geldwerten Vorteils hingegen erst von Ihnen im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemacht, hat dies keine Auswirkungen auf die Beiträge zu den Sozialversicherungen.