· Fachbeitrag · Werbungskosten
Fahrtkostenabzug bei Sammelpunkt: Urteil des FG Nürnberg forciert Gestaltungsüberlegungen
| Selbst wenn Sie keine erste Tätigkeitsstätte haben, kann es passieren, dass Ihnen das Finanzamt für die Fahrten zum Betriebssitz nur die Entfernungspauschale als Werbungskosten gewährt. Dann nämlich, wenn der Betriebssitz ein vom Arbeitgeber festgelegter Sammelpunkt ist, den Sie typischerweise täglich aufsuchen müssen. Das FG Nürnberg hat diese arbeitnehmerungünstige Sammelpunkt-Regelung jetzt abgesegnet - und damit die Dringlichkeit steuerlicher Gestaltungsüberlegungen bestätigt. |
Prüfungsreihenfolge beim Fahrtkostenabzug
Fahren Sie mit Ihrem privaten Pkw täglich zum Betriebssitz, prüft das Finanzamt den Werbungskostenabzug für Fahrtkosten in drei Schritten:
Im Fall vor dem FG Nürnberg musste ein Lkw-Fahrer seinen Lkw auf Anweisung des Arbeitgebers arbeitstäglich am Firmensitz abholen und wieder zurückbringen. Das FG bestätigte die Grundsätze zur Sammelpunktmethode, wonach die Fahrtkosten zwischen Wohnung und diesem Sammelpunkt nur mit der Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehbar sind (FG Nürnberg, Urteil vom 13.05.2016, Az. 4 K 1536/15, Abruf-Nr. 188512).
PRAXISHINWEIS | Haben Sie nach den Prüfungsschritten 1 und 2 keine erste Tätigkeitsstätte, dafür aber einen Sammelpunkt, handelt es sich bei dem Sammelpunkt nicht um eine erste Tätigkeitsstätte. Sie können deshalb an jedem Tag, an dem Sie von Ihrer Wohnung mehr als acht Stunden abwesend sind, eine Verpflegungspauschale von 12 Euro als Werbungskosten geltend machen (BMF, Schreiben vom 24.10.2014, Az. IV C 5 - S 2353/14/10002, Abruf-Nr. 143138). |
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Sie sind Lkw-Fahrer und müssen den Lkw jeden Tag am Dienstsitz abholen(= Sammelpunkt). Sie fahren zu Hause an 230 Arbeitstagen um 6:30 Uhr los und kommen um 17:00 Uhr wieder nach Hause. Die Entfernung zwischen Ihrer Wohnung und dem Betriebssitz beträgt einfach 15 km.
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Gestaltungsüberlegungen zur Sammelpunktvermeidung
Damit Sie mehr Werbungskosten für Ihre Fahrten zum Betrieb geltend machen können, empfehlen sich folgende Gestaltungsmöglichkeiten:
Das Fahrzeug muss nicht arbeitstäglich in der Firma abgeholt werden
Das Fahrzeug (Lkw/Bus) muss nicht arbeitstäglich in der Firma abgeholt werden, sodass kein Sammelpunkt vorliegt. Einmal pro Woche können Sie Ihr Fahrzeug mit nach Hause nehmen, dort abstellen und erst am übernächsten Tag in die Firma bzw. ins Depot bringen.
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Sie müssen Ihren Lkw an drei Tagen in der Woche am Dienstsitz abholen (138 Tage). Einmal in der Woche - meistens Mittwoch - dürfen Sie den Lkw mit nach Hause nehmen und müssen ihn erst am Freitag wieder in der Firma abgeben (35 Tage). Donnerstag und Freitag starten Sie Ihre Touren also von zu Hause aus. Weil Sie Ihren privaten Pkw zu Haus brauchen, nutzen Sie am Mittwochmorgen und Freitagabend öffentliche Verkehrsmittel (Kosten je Fahrt 2,30 Euro). Sie fahren zu Hause um 6:30 Uhr los und kommen um 17:00 Uhr wieder nach Hause. Die Entfernung zwischen Ihrer Wohnung und dem Betriebssitz beträgt einfach 15 km. |
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Sie sind einer anderen Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte zugeordnet
Sie müssen Ihr Fahrzeug zwar immer am Betriebssitz abholen. Ihr Arbeitgeber ordnet Sie aber einer anderen Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte zu. Dort sollen Sie alle drei Monate für einen Tag beruflich tätig werden (Tagebuch schreiben, an Besprechung oder Schulung teilnehmen, etc.).
PRAXISHINWEIS | Eine zeitliche Vorgabe, wie häufig ein Arbeitnehmer an der zugeordneten ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig werden soll, gibt es nicht. Deshalb reicht es, wenn er alle drei Monate dort einen Tag verbringen muss. |
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Sie sind Busfahrer und müssen den Bus täglich im Busdepot abholen (Entfernung zur Wohnung 25 km). Ihr Arbeitgeber ordnet Ihnen den Verwaltungssitz des Unternehmens als erste Tätigkeitsstätte zu. Dort müssen Sie alle drei Monate einen Tag lang Arbeiten verrichten (einfache Entfernung zur Wohnung 40 km). Das Busdepot fahren Sie an 226 Tagen an, die erste Tätigkeitsstätte an vier Tagen im Jahr.
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Beweisvorsorge wegen Zweifel des Finanzamts treffen
Damit das Finanzamt bei den Gestaltungsüberlegungen mitspielt und den Sammelpunkt plausibel ausschließen kann, müssen Sie Nachweise sammeln, dass es sich so abgespielt hat, wie in den Beispielen erläutert wurde.
PRAXISHINWEIS | Sie müssen also nachweisen können, dass Sie tatsächlich einmal in der Woche das Fahrzeug mitnehmen dürfen oder nur an vier Tagen im Jahr an der ersten Tätigkeitsstätte aktiv geworden sind, der Sie Ihr Arbeitgeber zugeordnet hat. Plausible Nachweise, die dazu aufbewahrt werden sollen sind: Zeiterfassung, Teilnahmeprotokolle an Besprechungen oder Schulungen, Zeugenaussagen, eindeutige Anweisungen des Arbeitgebers und Aufzeichnungen aus einem ordnungsgemäßen Fahrtenbuch. |