· Fachbeitrag · Werbungskosten
Reisekosten: So minimieren Piloten, Flugbegleiter, Müllfahrer und Bauarbeiter ihre Steuerlast
| Die Reisekosten haben sich für Arbeitnehmer zu einem der wichtigsten Steuersparmodelle entwickelt. Das gilt nicht nur für die Reisekostenreform 2014, die sich erst in der Steuererklärung des nächsten Jahres niederschlagen wird, sondern auch für aktuelle Erklärungen. Hier bieten zahlreiche Urteile Chancen auf deutlich höhere Werbungskosten. Erfahren Sie nachfolgend alles zu den Berufsgruppen Piloten, Flugbegleiter, Müllfahrer und Bauarbeiter für die Steuerjahre bis 2013 und ab 2014. |
Flugbegleiter und Piloten
Gute Nachrichten gibt es für Flugbegleiter und Piloten. Sie resultieren aus den mündlichen Verhandlungen beim Bundesfinanzhof (BFH) zu den beiden Revisionsverfahren mit den Aktenzeichen VI R 54/13 und VI R 68/12. In beiden Fällen wurde die Auffassung vertreten, dass eine Flugbegleiterin und ein Pilot schwerpunktmäßig im Flugzeug tätig sind. Folglich haben sie am Flughafen keine regelmäßige Arbeitsstätte.
PRAXISHINWEIS | Das unterlegene Finanzamt hat im Fall der Stewardess (Az. VI R 54/13) noch versucht, die Revision zurückzunehmen, um ein Grundsatzurteil des BFH zu verhindern. Die Klägerin und der Prozessbevollmächtigte haben sich darauf aber nicht eingelassen. Deshalb ist in Kürze mit der Urteilsveröffentlichung durch den BFH zu rechnen. |
Die steuerlichen Folgen für Flugbegleiter und Piloten bis 2013
Haben Flugbegleiter und Piloten am jeweiligen Einsatzflughafen keine regelmäßige Arbeitsstätte, hat das für die Steuerjahre bis einschließlich 2013 folgende Konsequenzen:
- Die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Flughafen sind nach Reisekostengrundsätzen als Werbungskosten abziehbar; bei Benutzung eines Pkw mit 30 Cent je Kilometer für die Hin- und Rückfahrt oder mit den tatsächlichen Fahrtkosten.
- Da jeder Flug eine neue Auswärtstätigkeit darstellt, müssten für jeden Tag Verpflegungspauschalen als Werbungskosten angesetzt werden können.
Steuerliche Wirkung dieser BFH-Ansicht auch für 2014?
Im Fall der Stewardess ließ der Berichterstatter des BFH nach unseren Informationen sogar durchblicken, dass die Urteilsgrundsätze auch für das ab 2014 geltende - neue - Reisekostenrecht anzuwenden sind. Eigentlich sollte man meinen, dass bei den Fahrtkosten zum Einsatzflughafen ab 2014 die Spezialvorschrift nach § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zur Anwendung kommt. Danach gilt der gleichbleibende Ort, den der Arbeitnehmer auf Weisung seines Arbeitgebers täglich aufsuchen soll, als erste Tätigkeitsstätte. Für Piloten müsste ab 2014 also Folgendes gelten:
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Ein Pilot wird 2014 nur noch für Linienflüge innerhalb Deutschlands eingesetzt und kehrt jeden Tag nach Hause zurück. Er muss sich auf Weisung seines Arbeitgebers jeden Tag am selben Flughafen einfinden. |
Folge: In diesem Fall dürfte die Spezialvorschrift zu § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG zur Anwendung kommen. Für die Fahrtkosten zum Flughafen (gleichbleibender Ort) kommt nur die Entfernungspauschale zum Abzug. Die Verpflegungspauschale ist dagegen abziehbar (BMF, Schreiben vom 30.9.2013, Az. IV C 5 - S 2353/13/10004, Tz. 39; Abruf-Nr. 133156).
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Ein Pilot muss sich im Jahr 2014 an verschiedenen Tagen an verschiedenen Startflughäfen einfinden, um Passagiere zu befördern. |
Folge: Da der Pilot sich auf Weisung seines Arbeitgebers nicht täglich an einem gleichbleibenden Ort einfinden muss, dürfte die Spezialvorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG hier nicht greifen.
Wichtig | Die in Kürze anstehenden BFH-Urteile beziehen sich nur auf die Zeiträume bis einschließlich 2013. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob das Bundesfinanzministerium die Urteilsgrundsätze auch ab dem 1. Januar 2014 anerkennt oder ob es ab diesem Zeitpunkt mit einem Nichtanwendungserlass reagiert und eine erneute Klage notwendig wird.
Fahrer und Beifahrer von Müllfahrzeugen
Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit auf einem Fahrzeug ausüben, haben dort nach der Rechtslage bis einschließlich 2013 keine regelmäßige Arbeitsstätte. Weil das Busdepot bei Linienbusfahrern oder der Lkw-Wechselplatz bei Fernfahrern nicht der „ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers“ ist und das Fahrzeug keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers darstellt, befinden sich die Bus- und Lkw-Fahrer andauernd auf einer beruflichen Auswärtstätigkeit (WISO 5/2014, Seite 13).
Diese Grundsätze gelten - zumindest für die Veranlagungszeiträume bis 2013 - auch für Fahrer und Beifahrer von Müllfahrzeugen. Der Betriebshof, an dem die Fahrer am Morgen ihr Fahrzeug übernehmen, ist mangels Ortsfestigkeit keine regelmäßige Arbeitsstätte. Beim Werbungskostenabzug gelten deshalb die Reisekostengrundsätze (BFH, Urteil vom 6.2.2014, Az. VI R 34/13; Abruf-Nr. 141317).
Steuerliche Folgen für Fahrer und Beifahrer von Müllfahrzeugen bis 2013
Ist der Betriebshof, an dem die Müllfahrer sich täglich zur Fahrzeugübernahme einfinden müssen, für die Jahre bis einschließlich 2013 keine regelmäßige Arbeitsstätte, gelten durchgehend die Dienstreisegrundsätze. Für die Fahrten zum Betriebshof mit einem Pkw dürfen pauschal 30 Cent je Kilometer für die Hin- und Rückfahrt oder die tatsächlichen Kosten sowie Verpflegungspauschalen als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Steuerliche Folgen für Fahrer und Beifahrer von Müllfahrzeugen ab 2014
Ab 2014 wird der Betriebshof zur ersten Tätigkeitsstätte, wenn sich Fahrer und Mitfahrer des Müllfahrzeugs auf Weisung des Arbeitgebers täglich an einem gleichbleibenden Ort (hier Betriebshof) einfinden müssen, um von dort ihre Arbeit aufnehmen zu können (§ 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG).
PRAXISHINWEIS | Diese Fiktion einer ersten Tätigkeitsstätte gilt jedoch nur für die Ermittlung der Fahrtkosten zwischen der Wohnung und dem Betriebshof. Hier ist ab 2014 nur noch die Entfernungspauschale absetzbar. Verpflegungspauschbeträge bleiben aber abziehbar (Bundesfinanzministerium [BMF], Schreiben vom 30.9.2013, Az. IV C 5 - S 2353/13/10004, Tz. 39; Abruf-Nr. 133156). |
Überlegungen zu Reisekosten von Bauarbeitern ab 2014
Bei Bauarbeitern, die auf Baustellen eingesetzt sind, muss seit dem 1. Januar 2014 einzelfallbezogen geprüft werden, was „werbungskostentechnisch“ günstiger ist. Soll sie der Arbeitgeber einer bestimmten Baustelle oder dem Betriebssitz als erste Tätigkeitsstätte zuordnen? Nachfolgend erhalten Sie einige gestalterische Überlegungen.
Die erste Tätigkeitsstätte auf dem Bau
Seit dem 1. Januar 2014 kommt als erste Tätigkeitsstätte jede ortsfeste Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines Kunden in Betracht. Baustellen gehören nach Ansicht des BMF dann zu ortsfesten Einrichtungen, soweit Arbeiten in oder an Gebäuden durchgeführt werden. Eine erste Tätigkeitsstätte setzt aber zudem voraus, dass die Tätigkeit von Dauer sein muss. Davon ist bei einer voraussichtlichen Tätigkeit von mehr als 48 Monaten auszugehen.
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Ein Arbeitnehmer ist einmal im Monat am Betriebssitz tätig und ansonsten auf Baustellen eingesetzt, die länger als 48 Monate dauern. |
Folge: In diesem Fall sollte der Arbeitgeber den Bauarbeiter dem Betriebssitz als erste Tätigkeitsstätte zuordnen. Dadurch wird erreicht, dass die Tätigkeit auf der Baustelle trotz Überschreitung der 48-Monats-Grenze im Rahmen einer Auswärtstätigkeit stattfindet.
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Ein Bauarbeiter sucht einmal in der Woche den Betriebssitz des Arbeitgebers auf. Die restliche Zeit ist er auf verschiedenen Baustellen eingesetzt, die für sich weniger als 48 Monate dauern. |
Folge: Hier empfiehlt es sich, dass der Arbeitgeber den Bauarbeiter keiner ersten Tätigkeitsstätte zuordnet. Dann finden sämtliche Tätigkeiten im Rahmen einer beruflichen Auswärtstätigkeit statt.
Arbeitnehmer treffen sich an Sammelpunkt
Hat der Arbeitgeber für einen Bauarbeiter keine erste Tätigkeitsstätte festgelegt, wird ein von ihm festgelegter Sammelpunkt, an dem sich der Arbeitnehmer täglich einfinden soll, um von dort zu den Einsatzorten gebracht zu werden, zur ersten Tätigkeitsstätte. Für die Fahrten zu diesem Sammelpunkt darf der Arbeiter nur die Entfernungspauschale als Werbungskosten abziehen. Dennoch befindet sich der Bauarbeiter auf einer Auswärtstätigkeit und kann Verpflegungspauschalen oder Übernachtungskosten als Werbungskosten geltend machen.
Wichtig | Legt der Arbeitgeber einen solchen Sammelpunkt fest, an dem sich seine Mitarbeiter für die Verteilung an die Einsatzorte einfinden müssen, kann es Sinn machen, am Betriebssitz die erste Tätigkeitsstätte festzulegen. Dadurch kann der Arbeitnehmer für die Fahrten mit dem Pkw zum Sammelort die doppelte Kilometer-Pauschale als Werbungskosten abziehen.
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Arbeitnehmer Müller muss täglich 40 km zu einem vom Arbeitgeber festgelegten Sammelpunkt kommen. Das ist an 200 Tagen im Jahr der Fall. Einmal im Monat muss sich Herr Müller am Betriebssitz einfinden (Entfernung zur Wohnung 10 km), um sich fortzubilden, Einsatzpläne abzuholen und Tagesnachweise abzugeben. Je nachdem, ob der Arbeitgeber keine erste Tätigkeitsstätte festlegt oder den Betriebssitz als erste Tätigkeitsstätte bestimmt, kann Müller folgende Fahrtkosten als Werbungskosten geltend machen.
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Weiterführende Hinweise
- Beitrag „Der zentrale Aspekt der Reisekostenreform 2014: So wird die erste Tätigkeitsstätte bestimmt“, WISO 1/2014, Seite 4
- Beitrag „Reisekostenreform: So optimieren Bus-, Lok- und Baumaschinenfahrer den Werbungskostenabzug“, WISO 5/2014, Seite 13