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  • 01.05.2006 | FG Düsseldorf mit mutiger Entscheidung

    Änderung von bestandskräftigen Kindergeldbescheiden auf Grund der BVerfG-Entscheidung

    Dass die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge eines volljährigen Kindes in Berufsausbildung bei den Einkünften und Bezügen abgezogen werden können, ist inzwischen hinlänglich bekannt. Die Korrektur von bestandskräftigen Kindergeldbescheiden haben die Familienkassen aber bislang abgelehnt. Das könnte sich jetzt ändern.

    Kein nachträgliches Bekanntwerden?

    Nach Auffassung des Bundesamts für Finanzen stellt eine Änderung der Rechtsauffassung durch die Rechtsprechung kein nachträgliches Bekanntwerden im Sinne von §  70 Absatz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) dar (Schreiben vom 17.6.2005, Az: St I 4 - S 2471 - 210/2005; Abruf-Nr.  051905 ). Bestandskräftige Kindergeldbescheide könnten deshalb nicht mehr geändert werden, auch wenn auf Grund des BVerfG-Beschlusses grundsätzlich wieder Anspruch auf Kindergeld bestehen würde.

    Änderung bei Prognose-Entscheidung noch möglich

    Dem ist das Finanzgericht (FG) Düsseldorf entgegengetreten. Es hat entschieden, dass ein bestandskräftiger Kindergeldbescheid geändert werden kann, wenn der Bescheid auf einer Prognose-Entscheidung der Familienkasse beruht (Urteil vom 12.1.2006, Az: 14 K 4078/05; Abruf-Nr.  061000 und Urteil vom 17.1.2006, Az: 14 K 4361/05; Abruf-Nr.  061001 ). Einem der Urteile lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

    Sachverhalt im Urteilsfall

    Die Tochter befand sich vom 1. Dezember 2000 bis zum 31. Januar 2003 in einer Ausbildung zur Augenoptikerin. Die Familienkasse hatte mit Bescheid vom 3. September 2002 im Rahmen einer Prognose-Entscheidung ein voraussichtliches Überschreiten der Einkommensgrenze für das Jahr 2002 festgestellt und die Kindergeldfestsetzung für das Jahr 2002 aufgehoben. Am 21. Juli 2005 teilten die Eltern der Familienkasse unter Hinweis auf den BVerfG-Beschluss mit, dass nach Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge die Einkünfte der Tochter im Jahr 2002 die Einkommensgrenze nicht mehr überschreiten. Die Familienkasse lehnte die nachträgliche Gewährung von Kindergeld für das Jahr 2002 ab, weil der BVerfG-Beschluss nur auf offene Fälle anzuwenden sei.

    Das FG entschied, dass ein bestandskräftiger Kindergeldbescheid der Kindergeldgewährung nicht entgegensteht, wenn der Bescheid auf einer Prognose-Entscheidung der Familienkasse beruht und die Einkünfte nach Ablauf des Jahres nicht abschließend geprüft wurden. Nach §  70 Absatz 4 EStG ist eine Kindergeldfestsetzung nämlich aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes die Einkommensgrenze über- oder unterschreiten.

    Beachten Sie: Gegen beide Urteile hat die Familienkasse Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt (Az: III R 6/06 und III R 9/06).

    Negative Entscheidung des FG Düsseldorf

    In einer dritten Entscheidung hat das FG Düsseldorf ausdrücklich entschieden, dass eine nachträgliche Kindergeldfestsetzung nicht möglich ist, wenn die Entscheidung der Familienkasse keine Prognose-Entscheidung war, sondern die Einkommensverhältnisse auf Grund vorgelegter Unterlagen abschließend geprüft und festgestellt wurden (Urteil vom 12.1.2006, Az: 14 K 4503/05; Abruf-Nr.  061002 ).

    Sachverhalt im Urteilsfall

    Der Sohn begann am 1. September 2000 eine Ausbildung zum Informations-elektroniker. Am 18. Juli 2003 stellten die Eltern einen Antrag auf Kindergeld für das Jahr 2002. Den lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 5. August 2003 bestandskräftig ab, weil die Einkünfte und Bezüge des Sohnes im Jahr 2002 mehr als 7.188 Euro betragen hatten. Am 29. Juli 2005 beantragten die Eltern unter Hinweis auf den BVerfG-Beschluss erneut Kindergeld für das Jahr 2002, weil nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge die Einkommensgrenze nicht überschritten werde. Die Familien-kasse lehnte diesen Antrag ab. Zu Recht, wie das FG Düsseldorf jetzt entschieden hat.

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