26.11.2013 · IWW-Abrufnummer 140503
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 22.08.2013 – 2 K 5/13
1. Ein auf einem zwischen Deutschland
und Schweden pendelndem Fährschiff eingesetzter Koch kann
im Streitjahr 2010 zeitlich unbegrenzt Verpflegungsmehraufwendungen
bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
geltend machen.
2. Dabei sind überwiegend die für
Schweden geltenden Pauschbeträge anzusetzen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung
von Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften
des Klägers zu 1) aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. Sie haben ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt
in A. Der Kläger zu 1) arbeitet seit einigen Jahren als
Koch auf einem Fährschiff der Reederei B GmbH & Co
KG, C. Die Fähre pendelt im Dauerbetrieb zwischen den Häfen
C und D (Schweden). Das Schiff legt täglich um 22.00 Uhr
in C ab und kommt nach 9,5 Stunden Überfahrt am darauffolgenden
Tag planmäßig um 7.30 Uhr im Hafen D an. Die Liegezeit
für die Be- und Endladung beträgt 2,5 Stunden. Von
D fährt die Fähre um 10.00 Uhr wieder in Richtung
C los.
Im Streitjahr 2010 war der Kläger zu 1) an insgesamt
183 Tagen an Bord des Fährschiffes als Koch tätig.
Die 183 Bordtage setzen sich aus jeweils 14-tägigen ununterbrochenen
Tätigkeiten auf dem Schiff zusammen. Anschließend hatte
der Kläger zu 1) jeweils 14 Tage frei.
Die Kläger machten mit ihrer Einkommensteuererklärung
2010 Verpflegungsmehraufwendungen des Klägers zu 1) als
Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger
Arbeit in Höhe von insgesamt 10.480 € geltend. Dabei
setzen sie 25 Tage mit mindestens 14 Stunden Abwesenheit von der Wohnung
und 158 Tage mit 24 Stunden Abwesenheit an und legten ihrer Berechnung
die Auslandspauschalen für Schweden (40 €/60€)
zu Grunde. Von den 25 Tagen mit mindestens 14 und weniger als 24
Stunden Abwesenheit von der Wohnung entfallen 12 Tage auf den Antritt
der jeweiligen Arbeitstätigkeit von A aus.
Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Oktober 2011 (einem
Donnerstag) setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 3.431 € fest.
Bei den Werbungskosten des Klägers zu 1) aus nichtselbständiger
Arbeit wurde als Verpflegungsmehraufwand ein Betrag von insgesamt
4.092 € anerkannt. Zur Begründung wurde ausgeführt,
dass auf „hoher See” ein Schiff unter deutscher Flagge
zum Inland gehöre und deshalb die Pauschalen für
das Inland anzuwenden seien.
Die Kläger legten dagegen am 24. November 2011 Einspruch
ein. Es liege eine Auswärtstätigkeit vor, bei
der die Dreimonatsfrist für die jeweilige Bordtätigkeit
immer wieder von neuem zu laufen beginne. Die Fähre überquere
zwar auch die „hohe See”, dies aber nur für
jeweils einige Stunden. Ein ganztägiger Aufenthalt auf „hoher
See” liege nicht vor, so dass entsprechend der Verwaltungsauffassung
(R 9.6 Abs. 3 Satz 3 LStR) die Auslandspauschalen für Schweden
maßgeblich seien.
Der Beklagte teilte den Klägern mit Schreiben vom 27.
September 2012 mit, dass seiner Ansicht nach die Fähre
als feste ortsgebundene Arbeitsstätte des Klägers
zu 1) anzusehen sei. Jedenfalls sei der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen
deshalb ausgeschlossen, weil die Frist von drei Monaten nicht alle
vierzehn Tage neu beginne und deshalb im Streitjahr bereits abgelaufen
sei. Gleichzeitig wurde eine „Verböserung” im
Einspruchsverfahren angekündigt. Es könnten gar
keine Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt werden.
Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2012 setzte der Beklagte
die Einkommensteuer 2010 höher auf 4.469 € fest
und wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Die Kläger haben am 8. Januar 2013 Klage erhoben. Der
Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteilen vom 16. November 2005 (VI R 12/04, BStBl II 2006,
267) und vom 19. Dezember 2005 (VI R 30/05, BStBl II 2006,
378), entschieden, dass sich ein Seemann auf einem Schiff
auf einer Auswärtstätigkeit befinde. Für
die Anwendung der Dreimonatsfrist finde die gleichbleibende Auswärtstätigkeit
auf dem Schiff regelmäßig ihr Ende, sobald das
Schiff in den Hafen zurückkehre. Die Frist beginne von
neuem, wenn das Schiff zur nächsten Reise auslaufe. Entsprechend
der Verwaltungsanweisung seien die jeweiligen Pauschsätze
für Schweden maßgeblich. Auf die individuelle
Verpflegungssituation auf dem Schiff komme es nicht an.
Die Kläger beantragen nach ihrem schriftsätzlichen
Vorbringen sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid
2010 vom 20. Oktober 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung
vom 7. Dezember 2012 dergestalt zu ändern, dass die Einkommensteuer
von 4.469 € um 2.596 € niedriger auf 1.873 € herabgesetzt
wird.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung
vom 7. Dezember 2012 und führt ergänzend im Wesentlichen
aus, dass die zweiwöchigen Aufenthalte des Klägers
zu 1) an Land nicht zu einer Unterbrechung der Dreimonatsfrist des § 4
Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führen würden.
Die von den Klägern angeführte Rechtsprechung
des BFH könne entsprechend eines Urteils des FG Mecklenburg-Vorpommern
vom 15. Juli 2009 (3
K 46/09; juris) nicht auf die arbeitsvertragliche
Situation des Klägers zu 1) übertragen werden.
Der Kläger zu 1) müsse nicht jeweils erneut auf
einem Schiff anheuern, deshalb sei ein erneutes Beginnen der Dreimonatsfrist
nicht gerechtfertigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Berichterstatters
anstelle des Senats (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung
- FGO -) und mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
(§ 90 Abs. 2 FGO) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird
auf das Protokoll über den Erörterungstermin am
15. August 2013 und den übrigen Inhalt der Gerichtsakten
sowie den der beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Gründe
Über die Klage konnte im Einverständnis der
Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle des Senats (§ 79a
Abs. 3 und 4 FGO) und ohne mündliche Verhandlung (§ 90
Abs. 2 FGO) entschieden werden.
Sie ist zulässig und hat zum weit überwiegenden
Teil Erfolg.
Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 20. Oktober 2011 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 2012 ist rechtswidrig
und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit darin
eine höhere Einkommensteuer als 1.973 € festgesetzt
worden ist. Der Bescheid war deshalb dergestalt zu ändern,
dass die Einkommensteuer 2010 auf 1.973 € festgesetzt wird
(§ 100 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO).
Soweit die Kläger darüber hinausgehend eine Herabsetzung
der Einkommensteuer 2010 auf 1.873 € begehren, ist die
Klage unbegründet und war insoweit abzuweisen.
Bei den Einkünften des Klägers zu 1) aus nichtselbständiger
Arbeit sind gemäß § 9 Abs. 5 i. V. m. § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG in der im Streitjahr 2010 geltenden Fassung
Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von insgesamt 10.144 € als
Werbungskosten zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich für
die Kläger eine Einkommensteuer von 1.973 €.
Mehraufwendungen für die Verpflegung des Steuerpflichtigen
sind gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz
1 EStG nicht abziehbare Betriebsausgaben. Wird der Steuerpflichtige
jedoch vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt
seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt
betrieblich tätig, so ist nach Satz 2 der Vorschrift für
jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden
Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt über
eine bestimmte Dauer abwesend ist, ein nach dieser Dauer gestaffelter
Pauschbetrag abzusetzen. Dies gilt entsprechend, wenn der Steuerpflichtige
bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise
nur an wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf
einem Fahrzeug tätig wird (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.
5 Satz 3 EStG). Nach Satz 5 der Vorschrift beschränkt sich
bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit
an derselben Tätigkeitsstätte der pauschale Abzug
nach Satz 2 auf die ersten drei Monate (sog. Dreimonatsfrist). Bei
einer Tätigkeit im Ausland treten an die Stelle der Pauschbeträge
nach Satz 2 länderweise unterschiedliche Pauschbeträge,
die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Einvernehmen mit
den obersten Finanzbehörden der Länder aufgerundet
auf volle Euro festgesetzt werden; dabei bestimmt sich der Pauschbetrag
nach dem Ort, den der Steuerpflichtige vor 24 Uhr Ortszeit zuletzt
erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland liegt, nach dem letzten
Tätigkeitsort im Ausland (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr.
5 Satz 4 EStG). Nach § 9 Abs. 5 EStG sind die aufgeführten
Regelungen bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers
zu 1) aus nichtselbständiger Arbeit sinngemäß anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des BFH, der das Gericht folgt, ist nach
den genannten Bestimmungen erwerbsbedingter Verpflegungsmehraufwand
einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen, wenn sich
der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen auf einer Auswärtstätigkeit
befunden hat (vgl. BFH-Urteile vom 17. Juni 2010 VI R 35/08, BStBl II 2010,
852; vom 17. Juni 2010 VI R 20/09, BStBl II 2012,
32; jeweils m. w. N.). Ein auf einem Schiff eingesetzter
Seemann übt eine Fahrtätigkeit aus und befindet
sich auf Auswärtstätigkeit (vgl. BFH-Urteile vom
19. Dezember 2005 VI
R 30/05, BStBl II 2006, 378; vom 16. November
2005 VI R 12/04, BFHE 212, 64, BStBl II 2006,
267; vom 24. Februar 2011 VI R 66/10, BStBl II 2012,
27;FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. Juli 2009 3 K 46/09,
juris).
Das Fährschiff stellte während des jeweiligen
vierzehntägigen Dienstes des Klägers zu 1) keinen
Tätigkeitsmittelpunkt (bzw. keine regelmäßige
Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr.
4 EStG - vgl. zur Übereinstimmung der Begriffe: z. B. Urteile
des BFH vom 11. Mai 2005, VI R 16/04, BStBl II 2005,
789; vom 17. Juni 2010 VI R 20/09, BStBl II 2012,
32) dar. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH,
der das Gericht folgt, ist hierunter (nur) der ortsgebundene Mittelpunkt der
dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers
zu verstehen; dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte
des Arbeitgebers (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 11. Mai 2005, VI R 16/04, BStBl II 2005,
789; vom 17. Juni 2010 VI R 20/09, BStBl II 2012,
32). Wird ein Seemann auf einem Schiff eingesetzt, so stellt dieses
keine regelmäßige Arbeitsstätte bzw.
keinen Tätigkeitsmittelpunkt dar, weil unter diesem Begriff
nur ortsfeste betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers zu verstehen
sind und sich ein Seemann auf einem Schiff auf Auswärtstätigkeit
befindet. Im Übrigen wird eine auswärtige Tätigkeitsstätte
durch bloßen Zeitablauf von drei Monaten nicht zum Tätigkeitsmittelpunkt
bzw. zur regelmäßigen Arbeitsstätte (vgl.
BFH-Urteil vom 19. Dezember 2005, VI R 30/05, BStBl II 2006,
378; FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. Juli 2009 3 K 46/09,
juris).
Daraus folgt, dass der Kläger zu 1) keinen „Mittelpunkt
einer dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit” i.
S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG besaß,
und zwar weder auf dem Fährschiff, auf dem er eingesetzt
war, noch an Land. Es ist weder vorgetragen worden noch im Übrigen
erkennbar, dass der Kläger zu 1) auf dem Fährterminal
in C schwerpunktmäßig tätig war (vgl.
zur Definition des Begriffs der regelmäßigen Arbeitsstätte
BFH-Urteil vom 9. Juni 2011 VI R 58/09, BStBl II 2012,
34). Er ist bei seiner individuellen betrieblichen Tätigkeit
als Koch vielmehr schwerpunktmäßig auf dem Schiff
und damit „auf einem (Wasser-)Fahrzeug” i. S.
d. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 3 EStG vorübergehend
tätig geworden (vgl. FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil
vom 15. Juli 2009 3
K 46/09, juris, zu einem Sanitäter auf einem
Seenotrettungskreuzer).
Danach ist der Kläger zu 1) zeitlich unbegrenzt grundsätzlich
zum Abzug erwerbsbedingter Mehraufwendungen für die Verpflegung
berechtigt. Die Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 5 i. V. m. § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 5 EStG kommt bei einer Fahrtätigkeit,
auch wenn diese auf einem Schiff ausgeübt wird, im Streitjahr
2010 nicht zur Anwendung (ab dem Veranlagungszeitraum 2014 ist der
Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen in § 9 Abs. 4a EStG
neu geregelt). Der Abzug von Verpflegungsmehraufwand ist nur bei
einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit „an
derselben Tätigkeitsstätte” auf die ersten drei
Monate beschränkt. Zwar können solche Tätigkeiten
in Gestalt einer Auswärtstätigkeit nach Satz 2
der Vorschrift auch im Zuge einer Einsatzwechseltätigkeit
(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG) vorkommen (vgl. BFH-Urteil
vom 27. Juli 2004 VI
R 43/03, BStBl II 2005, 357). Übt
aber ein Arbeitnehmer auf einem Fahrzeug oder einem Schiff eine
Fahrtätigkeit aus, so handelt es sich dabei nicht um eine
auswärtige Tätigkeitsstätte. Dies ergibt
sich schon daraus, dass in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz
3 EStG zwischen „Tätigkeitsstätte” und „Fahrzeug” unterschieden
wird. Im Übrigen setzt eine Tätigkeitsstätte
eine in der Regel ortsfeste Einrichtung voraus (vgl. BFH-Urteil
vom 24. Februar 2011 VI
R 66/10, BStBl II 2012, 27).
Für die Höhe der Pauschsätze kommt
es deshalb allein auf die Dauer der Abwesenheit des Klägers
zu 1) von seiner Wohnung an, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz
3 letzter Halbsatz EStG.
Auch der Umstand, dass der Kläger zu 1) als Koch auf
dem Fährschiff gearbeitet hat und deshalb eine gewisse
Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass er keine oder nur
geringfügige Aufwendungen für die eigene Verpflegung
hatte, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Mit der
Neuregelung des Verpflegungsmehraufwands ab 1996 hat der Gesetzgeber,
dem Steuerpflichtigen bei Erfüllung des Tatbestandes des § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG (i. V. m. § 9 Abs. 5 EStG) einen
Rechtsanspruch auf Gewährung der gesetzlichen Pauschbeträge eingeräumt.
Darauf, ob überhaupt ein Verpflegungsmehraufwand anfällt, kommt
es ebenso wenig an, wie auf die konkrete Verpflegungssituation am
Einsatzort (vgl. BFH-Urteile vom 11. Mai 2005 VI R 7/02 BStBl II 2005,
782; vom 13. Dezember 2007 VI R 73/06, BFH/NV
2008, 936).
Hinsichtlich der Höhe der Verpflegungsmehraufwendungen
ist wie folgt zu differenzieren:
Für die 158 Tage, die der Kläger vollständig
auf dem Fährschiff verbracht hat und damit jeweils 24 Stunden
von seiner Wohnung abwesend war, ist der vom BMF auf der Grundlage
von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG festgesetzte Pauschbetrag
für Schweden in Höhe von 60 € (vgl. BMF-Schreiben
vom 17.Dezember 2009, BStBl I 2009, 1601) anzusetzen. Dies
ergibt sich aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG, wonach
sich der Pauschbetrag nach dem Ort richtet, den der Steuerpflichtige vor
24 Uhr Ortszeit zuletzt erreicht, oder, wenn dieser Ort im Inland
liegt, nach dem letzten Tätigkeitsort im Ausland. Das Fährschiff
des Klägers zu 1) fuhr (unstreitig) jeweils zu Beginn seiner
14-tägigen Bordtätigkeit um 22 Uhr in C ab und
erreichte morgens um 7:30 Uhr den Hafen D in Schweden. Damit gelten für
die Antrittstage die inländischen Pauschbeträge,
weil die Fähre um 24 Uhr jeweils noch kein ausländisches
(schwedisches) Territorium erreicht hatte. Für die Folgetage
auf See (insgesamt 158 volle Tage) gilt nach § 4 Abs. 5
Satz 1 Nr. 5 Satz 4 EStG jeweils der schwedische Pauschsatz, weil
vor 24 Uhr jeweils wieder C erreicht worden (Abfahrt dort um jeweils
um 22.00 Uhr) und dann der letzte Tätigkeitsort im Ausland
(Hafen D in Schweden) maßgeblich ist. Die möglicherweise
abweichend auszulegenden Regelungen in R 9.6 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2
LStR sind für das Gericht als Verwaltungsvorschriften nicht
bindend, so dass dahingestellt bleiben kann, wie diese Bestimmungen
zu verstehen sind.
Für die 12 Dienstantrittstage mit jeweiligen Abwesenheiten
von der Wohnung von mindestens 14 aber von weniger als 24 Stunden
gilt nach dem Dargelegten jeweils der inländische Pauschbetrag
von 12 € (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst.
b EStG).
Für die 13 Tage, an denen der Kläger zu 1)
seine 14-tägige Arbeitstätigkeit jeweils beendet
hat und an denen er ebenfalls mindestens 14 Stunden aber weniger
als 24 Stunden von der Wohnung abwesend war, ist der vom BMF festgelegte
Pauschbetrag von 40 € für Schweden anzusetzen,
weil vor 24 Uhr jeweils wieder C erreicht worden und dann der letzte
Tätigkeitsort im Ausland (Hafen D in Schweden) maßgeblich
ist.
Insgesamt ergeben sich somit folgende Verpflegungsmehraufwendungen:
158 x 60 € | = 9.480 € |
13 x 40 € | = 520 € |
12 x 12 € | = 144 € |
10.144 € |
3 FGO. Dem Beklagten waren sämtliche Kosten des Verfahrens
aufzuerlegen, weil die Kläger nur zu einem geringen Teil
unterlegen sind (zu 3,85 %).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus § 151 Abs. 1, 3 FGO i. V. m. § 708 Nr.
11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen
nicht vor (§ 115 Abs. 2 FGO).