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  • 20.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140553

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 16.01.2014 – 10 K 326/13 (nicht 10 K 252/13)

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Az. 10 K 326/13

    Revision eingelegt, BFH-Az. IV R 13/14

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die von der Klägerin übernommene Pauschsteuer gem. § 37b Einkommensteuergesetz (EStG) auf eine nichtabzugsfähige Betriebsausgabe ihrerseits bei der Klägerin eine Betriebsausgabe darstellt.

    Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG). Unternehmensgegenstand ist das Veranstalten von regionalen und überregionalen Konzerten. Vom 20. September 2010 bis zum 7. Dezember 2011 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2003 bis 2008 statt.

    Im Rahmen dieser Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin unter anderem Konzerte veranstaltet, bei denen ihr originär die Erlöse aus den Kartenverkäufen zustehen und diese vorwiegend über das Ticket-System C abgerechnet werden. Die nach Abschluss des jeweiligen Konzerts von C erstellten Verkaufsrapporte stellen die Grundlage für die Abrechnung mit dem jeweiligen Tourneeveranstalter/Künstler dar.

    Diese Verkaufsrapporte beinhalten auch Karten, die ohne Berechnung abgegeben werden (Freikarten). Für diese Freikarten konnte die Klägerin die jeweiligen Empfänger nicht benennen. Da die Klägerin bereits während der letzten Betriebsprüfung darauf hingewiesen worden war, dass die Empfänger aller im System generierten Freikarten eindeutig zu benennen seien und bei fehlendem Nachweis oder Überschreitung der Geschenk-Grenze (35 €) der anteilige Aufwand nicht zum Betriebsausgaben zugelassen werde, behandelte die Prüferin einen Teil dieser Aufwendungen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG. Die nicht zum Abzug zugelassenen Aufwendungen beliefen sich auf 40.000 € in 2006, 60.000 € in 2007 und 50.000 € in 2008. Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) schloss sich dieser Rechtsauffassung an. Auch die Klägerin erhob gegen diese Behandlung keine Einwendungen.

    Weiterhin fand bei der Klägerin vom 16. Dezember 2010 bis zum 19. Juni 2012 (mit Unterbrechungen) eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum Juli 2007 bis Dezember 2010 statt. Nach dem Bericht über die Lohnsteueraußenprüfung vom 19. Juni 2012 hat die Klägerin für eine Anzahl von Nicht-Arbeitnehmern bereits Sachzuwendungen gemäß § 37b EStG für die Jahre 2007 bis 2010 pauschal versteuert. Für die von der gewerblichen Betriebsprüfung aufgegriffene Vergabe der Freikarten sei bislang noch keine Versteuerung gem. § 37b EStG durchgeführt worden. Daher habe man sich in der Besprechung vom 24. April 2012 einvernehmlich auf folgende noch zu versteuernde Bemessungsgrundlage verständigt: Je 20.000 € in den Jahren 2007 bis 2010. Der Pauschsteuersatz beläuft sich nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG auf 30 % der Bemessungsgrundlage zzgl. Kirchensteuer (6 % der Lohnsteuer) und Solidaritätszuschlag. Somit hat die Klägerin für diesen Sachverhalt im Jahr 2012 eine pauschalierte Steuer i.H.v. 26.760 € entrichtet.

    Die Klägerin hat diesen Betrag im Rahmen der Gewinnermittlung für 2012 zunächst nicht erfasst. Auf dieser Basis erließ das FA am 30. Oktober 2013 den Gewinnfeststellungsbescheid für 2012. Dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abgabenordnung.

    Gegen diesen Bescheid wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Sprungklage vom 29. November 2013, die dem FA am 9. Dezember 2013 zugestellt wurde und der das FA am 16. Dezember 2013 zugestimmt hat.

    Zur Begründung führt die Klägerin aus, die Versagung der Abzugsfähigkeit der Pauschsteuer lasse sich aus dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr werde die Pauschsteuer im § 37b EStG ausdrücklich als Lohnsteuer des Zuwendenden charakterisiert. Weiterhin regele der in Bezug genommene § 40 Abs. 3 EStG, dass der Arbeitgeber die pauschale Lohnsteuer zu übernehmen habe und er Schuldner der pauschalen Lohnsteuer sei. Außerdem gelte die auf den Arbeitnehmer abgewälzte pauschale Lohnsteuer als zugeflossener Arbeitslohn. In dem vorliegenden Fall, in dem die Zuwendungsempfänger keine Arbeitnehmer seien, sei eine Abwälzung der Pauschsteuer faktisch aber ausgeschlossen. Folglich solle die Übernahme der Steuer durch den Zuwendenden zu einer Abgeltung der Versteuerung beim Empfänger führen. Damit stelle die Pauschsteuer gem. § 37b EStG eine eigene Lohnsteuer des Zuwendenden dar und könne folglich nicht Teil der Zuwendung sei. Wenn sie aber nicht Teil der Zuwendung sei, falle sie auch nicht unter das Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 4 Abs. 5 EStG. Insoweit könne die Qualifizierung der zugewendeten Geschenke als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe nicht auf die Charakterisierung der Pauschsteuer durchschlagen.

    Im Übrigen führe die Nichtabzugsfähigkeit der Pauschsteuer zu einer Übermaßbesteuerung in dem Sinne, dass die vom Schenker pauschal zu entrichtende Steuer unter Einbeziehung seiner auf die Pauschsteuer entfallende eigenen Steuerbelastung höher sei als die vom Beschenkten regulär zu entrichtende Steuer.

    Die Klägerin beantragt,

    den Gewinnfeststellungsbescheid für 2012 vom 30. Oktober 2013 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn um 26.760 € herabgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er hält unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 29. April 2008 (BStBl. I 2008, 566) und die herrschende Meinung in der Literatur (z.B. Loschelder in Schmidt, Kommentar zum EStG, § 37b, Tz. 5 m.w.N.) an seiner bislang vertretenen Rechtsauffassung fest. So seien Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Zuwendenden seien, bei Überschreitung der Freigrenze von 35 € gem. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG nicht als Betriebsausgabe abziehbar; dies gelte auch für die Pauschsteuer, da sie Teil der Zuwendung und damit ebenfalls Teil des Geschenks sei.

    Entscheidungsgründe

    I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das FA hat die von der Klägerin nach § 37b EStG entrichtete Pauschsteuer zu Recht nicht zum Betriebsausgabenabzug zugelassen.

    1. Als KG ermittelt die Klägerin ihren Gewinn nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG. Dabei dürfen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, die Betriebsausgaben nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 € übersteigen. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Klägerin in den Jahren 2007 bis 2010 Freikarten an Nichtarbeitnehmer, die den Erhalt im Rahmen ihrer Einkünfte zu versteuern hätten, im Wert von jeweils 20.000 € verschenkt hat. Der Senat hat keinen Anlass, an diesem Sachverhalt dem Grunde oder der Höhe nach zu zweifeln. Damit unterliegen die genannten Beträge sowohl dem Betriebsausgabenabzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG als auch der Möglichkeit der Steuerpauschalierung nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Von der Möglichkeit der Steuerpauschalierung hat die Klägerin in dem genannten Umfang Gebrauch gemacht und entsprechend im Streitjahr eine Steuer (einschließlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) von insgesamt 26.760 € entrichtet.

    2. Die von der Klägerin nach § 37b EStG entrichtete Pauschsteuer ist ebenfalls eine Betriebsausgabe, die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG den Gewinn nicht mindern darf. Denn entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch die pauschalierte Steuer Teil der Zuwendung und damit des Geschenks i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG.

    Soweit die Klägerin hiergegen vorbringt, dass die Pauschsteuer eine Steuer des Zuwendenden sei und damit nicht Teil des Geschenks sein könne, folgt der Senat dem nicht. Die vom Schenker übernommene Steuer ist vielmehr genuin eine solche des Beschenkten. Insoweit erfasst § 37b EStG nur solche betrieblich veranlassten Zuwendungen, die beim Empfänger dem Grunde nach zu einkommensteuerbaren und einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen (BFH-Urteil vom 16. Oktober 2013 VI R 57/11, juris). Daraus folgt, dass § 37b EStG keine weitere eigenständige Einkunftsart begründet, sondern lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl stellt (vgl. BFH-Urteil vom 16. Oktober 2013 VI R 57/11, juris). Insoweit macht es – entgegen dem Ansatz der Klägerin – für die hier streitige rechtliche Einordung der Pauschsteuer keinen Unterschied, ob der Zuwendungsempfänger Arbeitnehmer des Zuwendenden ist oder nicht (vgl. BFH-Urteil vom 16. Oktober 2013 VI R 78/12 und BFH-Urteil vom selben Tage VI R 57/11, beide in juris).

    Übernimmt demzufolge die Klägerin als Schenker die Steuer des Beschenkten, wendet sie den Empfängern damit einen weiteren Vorteil zu.

    Somit ist die vom Schenker übernommene, auf das Geschenk entfallende Steuer Teil eben dieses Geschenks. Diese Wertung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers (Bundestagsdrucksache 16/2712 vom 25. September 2006, Seite 56) und der herrschenden Ansicht in der Literatur (Graw in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Kommentar zum EStG, § 37b, Rdnr. B 12 m.w.N., Loschelder in Schmidt, Kommentar zum EStG, § 37b, Rdnr. 5).

    3. Diese Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 37b EStG führt auch nicht zu einer übermäßigen Besteuerung. Ob nämlich die steuerliche Belastung des Schenkenden durch die Pauschsteuer i.S.d. § 37b EStG zuzüglich der bei ihm darauf entfallene Einkommensteuer höher ist als die Steuerbelastung des Beschenkten, wenn er die Zuwendung selbst nach den allgemeinen Grundsätzen versteuern würde, hängt vom individuellen Steuersatz der an der Schenkung beteiligten Personen ab. Dass es dabei in bestimmten Konstellationen zu einer höheren Steuerbelastung des Schenkers kommen kann, als diese beim Beschenkten gegeben wäre, liegt in der Natur der Pauschalierung.

    Diese wird auch durch die Einordnung der übernommenen Steuer als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe nicht in einem Maße verschärft, der den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum überschreiten würde. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass die Übernahme der Steuer durch den Schenker nach § 37b EStG freiwillig erfolgt. Wenn sich also die Klägerin als Schenker der Freikarten in einer überobligatorischen Weise steuerlich belastet sieht, so steht es ihr frei, von der Pauschalversteuerung Abstand zu nehmen und die Empfänger der Freikarten der Finanzverwaltung mitzuteilen, damit diese die Besteuerung beim jeweiligen Empfänger vornehmen kann.

    II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen; die Frage, ob die nach § 37b EStG übernommene und entrichtete Pauschalsteuer ihrerseits eine nicht abzugsfähige Betriebsausgabe i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG darstellt, hat grundsätzliche Bedeutung.