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  • 21.02.2014

    Landesarbeitsgericht: Urteil vom 02.10.2013 – 18 Sa 230/13


    Tenor:

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 24. Oktober 2012 - 3 Ca 3260/09 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um Mindestbeiträge nach den Sozialkassentarifverträgen für die Zeit von Dezember 2004 bis November 2005.

    Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Sie hatte nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV-Bau], Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) bis Ende 2010 insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck hatten die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer und Festbeiträge für angestellte Arbeitnehmer an die Klägerin zu zahlen.

    Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit begrenzter Haftung (GmbH) mit Sitz in A/Kreis B. Sie ist aus mehreren Unternehmen entstanden, so dass sie - obwohl eine juristische Person - die Bezeichnung "Unternehmensgruppe" in ihrer Firma trägt.

    Die Beklagte bietet Leistungen des gehobenen Innenausbaus einschließlich ihrer Planung und Projektierung an. Bis zumindest 2010 führte sie die Gewerke Innenausbau, Haustechnik sowie Maler- und Lackierer durch eigene gewerbliche Arbeitnehmer aus und beschäftigte zusätzlich zeitweise einen Glaser und einen Arbeitnehmer im Bereich Brandschutz. Weitere im Innenausbau anfallenden Gewerke, wie z. B. Elektroinstallationen, vergab sie an Subunternehmer. Im Jahr 2010 verschmolz sie mit einem Ingenieurbüro. Die Verhältnisse zwischen Planungs- und Projektierungsarbeiten einerseits sowie den selbst und durch Nachunternehmer ausgeführten handwerklichen Tätigkeiten andererseits haben sich dadurch verändert.

    Die Beklagte ist seit dem 20. November 1978 Mitglied der Tischlerinnung des Kreises B, welche Mitglied des Fachverbandes des Tischlerhandwerks C und damit auch Mitglied des Bundesverbandes Holz und Kunststoff ist. Die Handwerksrolle der Handwerkskammer D enthält Eintragungen der Beklagten bzw. der Rechtsvorgänger für das Tischlerhandwerk (seit 1978), das Glaserhandwerk (seit 2003), das Parkettlegehandwerk (seit 2006) das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk (seit 2005) und das Malerhandwerk (seit 2006).

    Die rückwirkend zum 01. Januar 2005 geltenden Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE-Einschränkungen) vom 24. Februar 2006 waren wie folgt formuliert:

    "Erster Teil

    Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung auf Antrag

    III.

    Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen mit Sitz im Inland,

    (...)

    5. die unmittelbar oder mittelbar Mitglied des Bundesverbandes Holz und Kunststoff sind, von dem Rahmen- oder Manteltarifvertrag des Bundesverbandes Holz und Kunststoff oder eines seiner Mitgliedsverbände erfasst werden und überwiegend Tätigkeiten ausüben, die im fachlichen Geltungsbereich des am 1. Januar 2003 geltenden Manteltarifvertrages für das holz- und kunststoff verarbeitende Handwerk E (Anhang II) genannt sind, falls derjenige Tarifvertrag, von dem der Betrieb erfasst wird, gegenüber den Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes spezieller sind;

    (...)

    Anhang II

    Die maßgebenden fachlichen Geltungsbereiche von Tarifverträgen sind nachstehend abgedruckt. Als Betriebe im Sinne dieses Anhangs gelten in jedem Fall auch selbstständige Betriebsabteilungen.

    (...)

    Holz- und Kunststoff verarbeitendes Handwerk

    Für alle Betriebe des holz- und kunststoffverarbeitenden Handwerks (Tischler-/Schreinerhandwerk) und den Betrieben der Handwerksordnung, Anlage B., Nr. 24 und 50 (Einbau von genormten Baufertigteilen und Bestattern).

    Darunter fallen insbesondere Betriebe, die mit einem der genannten Gewerbe in der Handwerksrolle A oder B eingetragen sind und folgende Tätigkeiten ausüben:

    - Produkte und Objekte für den privaten, geschäftlichen, öffentlichen und kulturellen Bereich sowie für den Sport- und Freizeitbereich, insbesondere Möbel und Inneneinrichtungen für und Innenausbau von z.B. Läden, Gaststätten, Praxen, Büros, Hotels, Schulen, Heimen, Sportstätten, Krankenhäusern, Kindergärten, Verwaltungen, Banken, sowie Spiel- und Sportgeräte, Gehäuse, Vorrichtungen und Modelle, Messebauten, Innen- und Außentüren, Fenster, Treppen, Böden, Trennwände, Wand- und Deckenverkleidungen, fassadenabschließende Bauelemente, Wintergarten, Trockenbau, Fahrzeugein- und -ausbauten planen, konstruieren, rationell fertigen und montieren, einbauen und instandhalten unter Verwendung unterschiedlicher Materialien wie insbesondere von Holz, Holzwerkstoffen, Kunststoffen, Glas, Metall, Stein, Werkstoffen für den Trockenbau, Belag- und Verbundwerkstoffe,

    - Produkte und Objekte einschließlich der Versorgungstechnik einbauen, montieren, instand halten, warten und restaurieren, Bauabläufe auch gewerkübergreifendend koordinieren,

    (...)"

    Unter dem 21. Februar 2012 und ergänzt am 28. November 2012 schlossen der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes e.V., der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, der Bundesverband Holz und Kunststoff und die Industriegewerkschaft Metall eine "Vereinbarung vom 28. November 2012 zur Fortschreibung der Vereinbarung vom 19. Dezember 2005 zur Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge des Baugewerbes". Diese hat (gekürzt) folgenden Wortlaut (Anlage zur Berufungsbegründung, Bl. 104 - 107 d.A.):

    "(...)

    2. Die Einschränkungen der Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) der Tarifverträge des Baugewerbes (Erster Teil der Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifvertragswerken für das Baugewerbe) sollen in Abs. 4 Ziff. 5 zukünftig folgende Fassung erhalten:

    "(4) Die Allgemeinverbindlicherklärung erstreckt sich nicht auf Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen mit Sitz im Inland,

    (...)

    5. die unmittelbar oder mittelbar Mitglied des Bundesverbandes Holz und Kunststoff sind, von dem jeweils geltenden Rahmen- oder Manteltarifvertrag des Bundesverbandes Holz und Kunststoff oder eines seiner Mitgliedsverbände erfasst werden und überwiegend Tätigkeiten ausüben, die im fachlichen Geltungsbereich des am ... (Stichtag) geltenden Manteltarifvertrages für das Tischlerhandwerk im nordwestdeutschen Raum der Bundesrepublik Deutschland vom ... (Anhang 3) genannt sind, falls derjenige Tarifvertrag, von dem der Betrieb erfasst wird, gegenüber den Rahmen- und Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes spezieller ist; (...)"

    (...)

    3. Zukünftige Tarifverträge für das Tischler- bzw. Schreinerhandwerk sollen folgenden fachlichen Geltungsbereich erhalten:

    "Alle Betriebe und ihnen gleichstehende Betriebsabteilungen der Anlage A Nr. 27 (Tischler/Schreinerhandwerk), Anlage B Abschnitt 2 Nr. 24 (Einbau von genormten Baufertigteilen) und der Anlage B Abschnitt 2 Nr. 50 (Bestattungsgewerbe) der Handwerksordnung, soweit diese Tätigkeiten zu mindestens 20 v. H. der Arbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer von einschlägig im Berufsfeld Holz fachlich qualifizierten Arbeitnehmern (Tischler-/Schreinergesellen, Holzmechaniker oder gleichwertige Qualifikation sowie Holzfachwerker) ausführen oder von einer in demselben Berufsfeld besonders qualifizierten Person (Tischler-/Schreinermeister, Holzingenieur oder gleichwertige Qualifikation sowie Tischler/Schreiner mit einer Ausübungsberechtigung nach §§ 7a, 7b HwO oder einer Ausnahmebewilligung nach § 8 HwO) geleitet oder überwacht werden. (...)

    Darunter fallen insbesondere Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen, die folgende Tätigkeiten ausüben:

    - Möbel und Inneneinrichtungen für und Innenausbau von z.B. Läden, Gaststätten, Büros, Hotels, Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten, Banken, sowie Spiel- und Sportgeräte, Gehäuse, Vorrichtungen und Modelle, Messebauten, Innen- und Außentüren, Fenster, Treppen, Böden, Trennwände, Wand- und Deckenverkleidungen, Fassaden abschließende Bauelemente, Wintergärten, Trockenbauten, Fahrzeugein- und -ausbauten planen, konstruieren, rationell fertigen und montieren, einbauen und instand halten unter Verwendung unterschiedlicher Materialien wie insbesondere von Holz, Holzwerkstoffen, Kunststoffen, Glas, Metall, Stein, Werkstoffen für den Trockenbau, Belag- und Verbundwerkstoffe,

    - Produkte und Objekte einbauen, montieren, instand halten, warten und restaurieren,

    - (...)."

    Dieser fachliche Geltungsbereich wird zugleich mit der oben zu Ziffer 2 aufgeführten Neufassung des Abs. 4 Ziffer 5 der Einschränkungen der AVE der Tarifverträge des Baugewerbes als Anhang 3 (Holz- und kunststoffverarbeitendes Handwerk) in die Bekanntmachung über die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen für das Baugewerbe aufgenommen und ersetzt den dort bislang abgedruckten fachlichen Geltungsbereich. Die Parteien sind sich einig, dass damit das Erfordernis des spezielleren Tarifvertrages erfüllt ist.

    4. Die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft und die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes AG werden für die Vergangenheit nur Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen zur Teilnahme an den Sozialkassenverfahren des Baugewerbes heranziehen, die nach den oben zu Ziffer 2 in Verbindung mit Ziffer 3 geltenden Voraussetzungen auch zukünftig tarifvertraglich zur Teilnahme an dem Sozialkassenverfahren verpflichtet sind bzw. wären. (...)"

    Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Mindestbeiträge wegen der Beschäftigung von 6 gewerblichen Arbeitnehmern in der Zeit von Dezember 2004 bis November 2005 in Anspruch. Den Mindestbeitrag berechnet sie für das Jahr 2004 mit 493,00 € monatlich und für das Jahr 2005 mit 477,00 € monatlich.

    Außerdem hat die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft in einem Parallelverfahren Mindestbeiträge wegen der Beschäftigung von 6 gewerblichen Arbeitnehmern in der Zeit von Dezember 2005 bis Dezember 2009 gefordert (Arbeitsgericht Wiesbaden - 3 Ca 135/11, Hess. Landesarbeitsgericht - 18 Sa 229/13).

    Die Klägerin hat geltend gemacht, bei dem Betrieb der Beklagten handele es sich weder um ein reines Planungs- und Projektierungsunternehmen noch um einen Betrieb des Schreinerhandwerks, welcher vom Anwendungsbereich der allgemeinverbindlichen Sozialkassentarifverträge ausgenommenen sei.

    Dazu hat sie behauptet, die Beschäftigten der Beklagten hätten in den Kalenderjahren 2004 und 2005 zu mehr als der Hälfte der persönlichen und der insgesamt im Betrieb anfallenden Arbeitszeit folgende Arbeiten ausgeführt, wie anlässlich eines Betriebsbesuchs am 26. Mai 2009 durch den Mitgeschäftsführer Schumacher angegeben:

    Heizungs- und Sanitärarbeiten

    40%

    Maler- und Lackiererarbeiten

    30%

    Innenausbau/Trockenbau

    15%

    Akustikbau

    15%.

    Außerdem hat die Klägerin bestritten, dass die Beklagte Arbeitnehmer im Angestelltenverhältnis beschäftigte. Dies habe anlässlich des Betriebsbesuchs nicht festgestellt werden können.

    Hilfsweise hat die Klägerin die Ansicht vertreten, dass die Klage auch nach dem Vorbringen der Beklagten begründet sei. Denn die Beklagte habe nicht angegeben, wie das Verhältnis von gewerblichen Arbeiten, die durch eigene Arbeitnehmer ausgeführt wurden, zu denen sei, welche durch Subunternehmer erledigt wurden und verkenne, dass sämtliche von ihr ausgeführten Gewerke zu den baulichen Tätigkeiten zählten. Die Voraussetzungen für ein Eingreifen der AVE-Einschränkung oder der Vereinbarung vom 21. Februar/28. November 2012 seien nicht dargelegt worden.

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.440,00 € zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat die Ansicht vertreten, ihr Betrieb sei im Klagezeitraum kein Baubetrieb iSd. VTV gewesen. Dazu hat sie behauptet, etwa 60% bis 70% der Arbeitszeit sei in den von der Klage erfassten Jahren auf Planungs- und Projektierungsarbeiten entfallen, die gewerblichen Arbeitnehmer hätten nur ca. 30% bis 40% der Gesamtarbeitszeit abgedeckt. Sie habe durchschnittlich 16 Angestellte in Vollzeit beschäftigt, davon 10 Projektleiter. Zu den Aufgaben der Projektleiter zähle: Akquise, Anbahnung neuer Kundenkontakte, Kalkulation von Angeboten, teilweise Zeichnungen, Entwürfe und Musterung, Arbeitsvorbereitung, Auftragsvergaben an Nachunternehmer, Koordination und Steuerung der projektbeteiligten Gewerke, Terminüberwachung, Aufmaße, Rechnungslegung, Beschwerdemanagement und die Kontrolle der Außenstände.

    Die Beklagte hat gemeint, sie unterfalle dem Tischler- und Schreinerhandwerk, so dass die Ausnahmeregelung gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 11 VTV gelte. Auch die Teilbereiche "Maler- und Lackiererarbeiten" und "Haustechnik" seien jeweils nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 6 bzw. 12 VTV ausgenommen. Zumindest dürfe die Klägerin sie nach der Vereinbarung vom 21. Februar 2012 nicht in Anspruch nehmen, weil sie ausgebildete Tischler und einen Tischlermeister als Betriebsleiter beschäftigte. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass sie nach dem Bescheid der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion F, vom 22. Juli 2011 nicht zur Winterbauumlage herangezogen werde.

    Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit am 24. Oktober 2012 verkündetem Urteil der Klage stattgegeben. Das Vorbringen der Beklagten gegen den schlüssigen Vortrag der Klägerin sei nicht erheblich gewesen. Auch nach ihren Darlegungen seien jedenfalls 30% bis 40% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit als baulich zu qualifizieren. Darüber hinaus könnten die Planungs- und Projektierungsarbeiten nicht als baufremd gewertet werden, da die Beklagte nicht angegeben habe, mit welchem Anteil sie die geplanten Projekte selbst ausführe und mit welchem Anteil dies durch Nachunternehmer geschehe. Die Voraussetzung der Ausnahmebestimmung nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV seien von der dafür darlegungsbelasteten Beklagten nicht vorgetragen worden. Verschiedenen Ausnahmetatbeständen zuzuordnende Tätigkeiten dürften nicht zusammengerechnet werden. Die seit 01. Januar 2005 geltende AVE-Einschränkung für Schreinerbetriebe komme schon deshalb nicht in Betracht, weil der Tarifvertrag mit der Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung im CGB (GKH) keine Rechtswirkung habe, da die GKH nicht tariffähig sei. Die Klägerin sei durch die Vereinbarung vom 21. Februar 2012 nicht gehindert, die Beklagte auf Mindestbeiträge in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass sie in dem notwendigen Umfang von 20% der Arbeitszeit überhaupt Tätigkeiten durch gelernte Arbeitnehmer des Tischler- bzw. Schreinerhandwerks ausführen lasse. Die Klage auf Mindestbeiträge sei zulässig und rechnerisch nachvollziehbar begründet.

    Zur Wiedergabe der vollständigen Begründung und wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 71 - 79 d. A.) verwiesen.

    Gegen das ihr am 25. Januar 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 21. Februar 2013 bei dem Hess. Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 22. April 2013 eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem sie zuvor rechtzeitig die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. April 2013 beantragt hatte.

    Die Beklagte nimmt Bezug auf ihren Vortrag aus erster Instanz und ergänzt und korrigiert diesen teilweise. Sie behauptet, neben den Projektleitern arbeiteten ihre übrigen Angestellten, welche vom Kläger auch als Zeugen benannt wurden, in der Verwaltung bzw. in der Büroorganisation. Daneben habe sie in den Ferienzeiten Schüler geringfügig beschäftigt. Die Beklagte behauptet, die im Heizungsbau eingesetzten Arbeitnehmer hätten nur technische Zulieferteile installiert. Alle seien ausschließlich als ausgebildete Heizungs- und Lüftungsbauer im technischen Bereich der Haustechnik tätig. Die Arbeitnehmer im Bereich Maler und Lackierer hätten alle eine einschlägige Berufsausbildung und nur Malerarbeiten ausgeführt. Im Innenausbau habe sie 19 Arbeitnehmer beschäftigt, davon 5 Schreinergesellen. Der Betriebsleiter sei allerdings kein Tischlermeister. Die Beklagte ergänzt diesen Vortrag durch eine Anlage zur Berufungsbegründung, in welcher die Arbeitnehmer mit ihrer Berufsausbildung, dem Bereich, in welchem sie eingesetzt wurden, und ihren jeweiligen Beschäftigungszeiten angegeben sind. Auf diese Liste wird verwiesen (Bl. 102 f. d.A.).

    In der Verhandlung am 02. Oktober 2013 vertritt die Beklagte zusätzlich die Ansicht, dass es bei der Anwendung der Vereinbarung vom 21. Februar/28. November 2012 auf die Situation des Betriebes zum Zeitpunkt der Nachforderung durch die Urlaubskasse ankomme, nicht auf die betriebliche Situation in den Kalenderjahren, auf die sich die Nachforderungen beziehen. Sie behauptet, dies entspreche der derzeitigen Praxis bei der Urlaubs- und Lohnausgleichkasse. Sie ist weiter der Auffassung, dass die Quote von 20% gelernter Tischler bzw. Schreiner gemäß der Vereinbarung sich nur auf den Betriebsbereich Innenausbau beziehen dürfe, ohne Berücksichtigung der Maler und Lackierer und der Arbeitnehmer der Haustechnik.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitgerichts Wiesbaden vom 24. Oktober 2012 - 3 Ca 3260/09 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie bestreitet durch ihre Prozessbevollmächtigte die erst im Verhandlungstermin am 02. Oktober 2013 vorgetragene Behauptung der Beklagten zur Handhabung der Vereinbarung durch die Urlaubs- und Lohnausgleichkasse und rügt diesen Vortrag vorsorglich als verspätet.

    Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Verhandlung vom 02. Oktober 2013 (Bl. 142 d.A.) Bezug genommen. Die Kammer hat am 02. Oktober 2013 auch in dem Parallelverfahren verhandelt und entschieden (Arbeitsgericht Wiesbaden - 3 Ca 135/11, Hess. Landesarbeitsgericht - 18 Sa 229/13).

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 24. Oktober 2012 ist zulässig gemäß §§ 64 Abs. 2 b), 8 Abs. 2 ArbGG. Sie ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß und rechtzeitig begründet worden.

    Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte ist der Klägerin zur Zahlung der Mindestbeiträge für die Zeit von Dezember 2004 bis November 2005 in Höhe der geforderten 34.440,00 € verpflichtet.

    I.

    Die Beklagte unterhielt 2004 und 2005 einen Betrieb, der unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fiel. Diese Voraussetzungen sind für die gesamten Zeitraum auch nach dem Vorbringen der Beklagten in der Berufung erfüllt, so dass eine Beweisaufnahme nicht durchzuführen war.

    1.

    Ein Betrieb unterliegt dann dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV, wenn in dem jeweils betroffenen Kalenderjahr arbeitszeitlich überwiegend entweder die in § 1 Abs. 2 Abschnitt IV oder V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden oder aber Leistungen im Sinne der Bestimmungen der Abschnitte I - III (BAG Urteil vom 18. Januar 1984 - 4 AZR 140/83 - AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die entsprechenden baulichen Leistungen überwiegend erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer auf derartige bauliche Tätigkeiten entfällt. Nicht maßgeblich sind demgegenüber wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst oder handels- oder gewerberechtliche Kriterien (BAG Urteil vom 19. Juli 2000 - 10 AZR 918/98 - AP Nr. 232 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Ob die überwiegende Arbeitszeit auf bauliche oder nicht bauliche Leistungen entfällt, ist nach der Arbeitszeit innerhalb eines Kalenderjahres zu beurteilen, soweit sich die Tätigkeiten des Betriebs über ein Kalenderjahr erstrecken (BAG Beschluss vom 12. Dezember 1988 - 4 AZN 613/88 - AP Nr. 106 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

    2.

    Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, obliegt der klagenden Zusatzversorgungskasse. Der Sachvortrag der Klägerin ist schlüssig, wenn sie Tatsachen vorträgt, die den Schluss zulassen, der Betrieb des Arbeitgebers werde vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst. Dazu gehört neben der Darlegung von Arbeiten, die sich § 1 Abs. 2 VTV zuordnen lassen, auch die Darlegung, dass diese Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen. Es ist nicht erforderlich, dass jede Einzelheit der behaupteten Tätigkeiten vortragen wird. Da die Zusatzversorgungskasse in ihrer Funktion als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien regelmäßig keine näheren Einblicke in die dem Gegner bekannten Arbeitsabläufe hat und die Darlegung deshalb erschwert ist, kann die Klägerin, wenn Anhaltspunkte für einen Baubetrieb vorliegen, auch nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Unzulässig ist dieses prozessuale Vorgehen erst dann, wenn die Klägerin ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "ins Blaue hinein" aufstellt. Dies kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden oder wenn die Zusatzversorgungskasse selbst nicht an die Richtigkeit ihrer Behauptungen glaubt (BAG Urteil vom 16. Juni 2010 - 4 AZR 934/08 - AP Nr. 324 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

    Nach diesen Kriterien hat die Klägerin schlüssig und ausreichend vorgetragen, dass die Beklagte in den Kalenderjahren 2004 und 2005 mit ihrem Betrieb nur bauliche Tätigkeiten ausführte.

    Trockenbau- und Innenausbauarbeiten werden von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 37 VTV erfasst, Akustikbauarbeiten von § 1 Abs. 2 Abschnitt V Nr. 9 VTV. Heizungs- und Sanitärarbeiten sowie Maler- und Lackiererarbeiten dienen dem Erhalt eines Bauwerks gem. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Die Ausnahmen nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 6 und 12 VTV greifen nicht ein, da beide Gewerke nach der Behauptung der Beklagten jeweils weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit ausmachten (vgl. BAG Urteil vom 21. Oktober 2009 - 10 AZR 73/09 - AP Nr. 313 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG Urteil vom 09. Dezember 1998 - 10 AZR 248/98 - veröffentlicht in juris; BAG Urteil vom 18. Mai 1994 - 10 AZR 646/93 - AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

    3.

    Liegt entsprechender Tatsachenvortrag vor, hat sich der Arbeitgeber hierzu nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erklären. Regelmäßig obliegt ihm die Last des substantiierten Bestreitens, weil die Zusatzversorgungskasse außerhalb des Geschehensablaufs steht und sie keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber diese kennt und ihm die entsprechenden Angaben zuzumuten sind. Das substantiierte Bestreiten kann sich auf die Art und/oder den Umfang der verrichteten Arbeiten beziehen. Um feststellen zu können, welche Tätigkeiten in welchem Umfang ausgeübt wurden, muss der Arbeitgeber im Rahmen des substantiierten Bestreitens entsprechende Tatsachen darlegen (BAG Urteil vom 17. November 2010 - 10 AZR 845/09 - veröffentlicht in juris). Dazu gehört auch die Darlegung der zeitlichen Anteile der verschiedenen Tätigkeiten (BAG Urteil am 18. Mai 2011 - 10 AZR 190/10 - AP Nr. 332 zu § 1 Tarifverträge: Bau).

    Danach ist der Vortrag der Beklagten unzureichend.

    a)

    Zunächst ist festzustellen, dass die Beklagte nicht ausschließlich Planungs- und Projektierungsleistungen erbringt, sondern auch Tätigkeiten, welche sie dem Heizungsbau, dem Innenausbau, den Malerarbeiten, dem Brandschutz und den Glaserarbeiten zurechnet. Planungs- und Projektierungsleistungen werden - für sich betrachtet - als der Erbringung baulicher Leistungen vorausgehende Tätigkeiten - nicht von § 1 Abs. 2 VTV erfasst, wie aus der Regelung in § 1 Abs. 2 Abschnitt VI Nr. 4 VTV folgt (vgl. BAG Urteil vom 24. August 1994 - 10 AZR 974/93 - AP Nr. 183 zu § 1TVG Tarifverträge. Bau). Dies gilt jedoch nicht für die Planung und Projektierung solcher Leistungen, welche die Beklagte durch eigene Arbeitnehmer ausführen lässt. Zu deren Umfang hat die Beklagte nichts vorgetragen.

    Darüber hinaus sind sämtliche von den gewerblichen Arbeitnehmern der Beklagten erbrachten Leistungen baulich im Tarifsinne. Weder die Malerarbeiten noch der Heizungsbau werden nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 6 und 12 VTV ausgenommen, wie oben ausgeführt.

    b)

    Die nach der Behauptung der Beklagten bei den Planungs- und Projektierungsleistungen anfallenden Arbeitsstunden sind bei der Bewertung zu berücksichtigen, welche Arbeiten in den Kalenderjahren 2004 und 2005 überwogen. Grundsätzlich sind zwar für die Feststellung, welche Tätigkeiten in einem Betrieb überwiegen, nur die Arbeitszeiten der gewerblichen Arbeitnehmer heranzuziehen. Denn es darf im Regelfall vermutet werden, dass in einem Mischbetrieb die durch angestellte Arbeitnehmer bei Abrechnungs- und Verwaltungsaufgaben erbrachten Arbeitszeiten den Zeitanteilen der durch die gewerblichen Arbeitnehmer erbrachten Arbeiten entsprechen, also "neutral" behandelt werden können (vgl. BAG Urteil vom 24. August 1994 - 10 AZR 980/93 - AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge. Bau). Dies gilt jedoch nicht, wenn in einem Mischbetrieb Angestellte auch operativ eingesetzt werden, ihre Arbeitszeit fließt dann ebenfalls in die Bewertung ein, ob bauliche oder baufremde Tätigkeiten überwiegen.

    Die Beklagte hat zwar angeben, dass die Tätigkeiten in Planung und Projektion 60% bis 70% der betrieblichen Arbeitszeit ausmachen würden. Dies wird jedoch für das Jahr 2005 durch die Mitarbeiterliste, welche der Berufungsbegründung als Anlage beigefügt war (Bl. 102 f. d.A.) widerlegt.

    Wertet man diese Liste aus, indem man für das Kalenderjahr 2005 die Beschäftigungszeiten der namentlich benannten gewerblichen Arbeitnehmer in Mannmonate (MM) umrechnet, so ergibt sich, dass die gewerblichen Arbeitsstunden deutlich überwiegen. Dies wird durch die nachfolgende Tabelle verdeutlicht.

    Teilbereich: Heizungsbau

    2005




    MM

    Heizung

    G

    01.06.2005

    31.12.2005

    7


    H

    01.07.2005

    31.12.2005

    6


    I

    15.08.2005

    31.12.2005

    4,5


    J

    17.10.2005

    31.12.2005

    2,5


    K

    24.10.2005

    31.12.2005

    2,25


    L

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    M

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    N

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    O

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    P

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    Q

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    R

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    S

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    T

    00.00.0000

    00.00.0000

    0





    22,25

    Teilbereich: Maler/Lackierer

    2005




    MM

    Maler/Lackierer

    U

    03.01.2005

    31.12.2005

    12


    V

    03.01.2005

    31.12.2005

    12


    W

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    X

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    Y

    07.03.2005

    31.12.2005

    10,75


    Z

    01.06.2005

    31.12.2005

    7


    AA

    01.07.2005

    31.12.2005

    6


    BB

    01.08.2005

    31.12.2005

    5


    CC

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    DD

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    EE

    00.00.0000

    00.00.0000

    0





    76,75

    Teilbereich: Innenausbau

    2005




    MM

    Innenausbau

    FF

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    GG

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    HH

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    II

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    JJ

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    KK

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    LL

    01.01.2005

    31.05.2005

    5


    MM

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    NN

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    OO

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    PP

    01.07.2005

    31.12.2005

    6


    QQ

    01.07.2005

    31.12.2005

    6


    RR

    01.01.2005

    31.12.2005

    12


    SS

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    TT

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    UU

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    VV

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    WW

    00.00.0000

    00.00.0000

    0


    XX

    00.00.0000

    00.00.0000

    0





    137

    Sonstiges:

    2005




    MM

    Glaser

    YY

    01.01.2005

    31.12.2005

    12

    Brandschutz

    DD

    01.12.2005

    31.12.2005

    1





    13

    Die Beklagte hat angegeben, sie habe durchschnittlich 10 Projektleiter in Vollzeit beschäftigt. Geht man von einer ganzjährigen Beschäftigung der Projektleiter aus, so entspricht die 120 MM. Diesen 120 MM stehen 249 MM der gewerblichen Arbeitnehmer für das Jahr 2005 gegenüber.

    Für das Jahr 2004 fehlt es an Angaben der Beklagten, obwohl sie auf die Notwendigkeit hingewiesen wurde, für das gesamte Kalenderjahr vorzutragen.

    Danach ist von mehr als 50% baulicher Tätigkeiten im Tarifsinne auszugehen, ohne dass wegen der Planungs- und Projektierungsleistungen genauer differenziert werden müsste.

    4.

    Die Klägerin hat sich den Vortrag der Beklagten hilfsweise zu Eigen gemacht.

    Die Ausnahme nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 11 VTV greift zu Gunsten des Betriebes der Beklagten nicht ein. Hierzu wäre erforderlich, dass Tischler- und Schreinerarbeiten in einem Kalenderjahr mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmachen würden. Für diese Ausnahme trägt die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast (BAG Urteil vom 13. Mai 2004 - 10 AZR 120/03 - AP Nr. 265 zu § 1 Tarifverträge: Bau).

    In der von der Klage umfassten Zeit machten die von der Beklagten als "Innenausbau" zusammengefassten Arbeiten nicht mehr als 50% der betrieblichen Gesamtarbeitszeit aus. Im Jahr 2005, in welchem nach den Angaben der Beklagten 137 MM im Innenausbau gearbeitet wurde, sind insgesamt 220 MM in anderen Bereichen angefallen (sonstige gewerbliche Tätigkeiten: 112 MM, Planungs- und Projektierungsleistungen: 120). Für das Jahr 2004 fehlen Angaben.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch nicht deshalb von mehr als 50% Tischler- und Schreinerarbeiten in einem Kalenderjahr auszugehen, weil die Arbeiten der Maler und Lackierer sowie im Heizungsbau aus rechtlichen Gründen nicht berücksichtigt werden dürften. Die Ausnahmen nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 6 und 12 VTV sind nicht erfüllt, da beide Gewerke jeweils weniger als 50% der Gesamtarbeitszeit ausmachten (vgl. BAG Urteil vom 21. Oktober 2009 - 10 AZR 73/09 - AP Nr. 313 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG Urteil vom 09. Dezember 1998 - 10 AZR 248/98 - veröffentlicht in juris; BAG Urteil vom 18. Mai 1994 - 10 AZR 646/93 - AP Nr. 180 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

    Schließlich ist unerheblich, dass die Beklagte nicht zur Winterbauförderung herangezogen wird. Die gesetzlichen Regelungen der Winterbauförderung iVm. der Baubetriebeverordnung einerseits und die Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes andererseits legen unterschiedliche Voraussetzungen fest und verfolgen unterschiedliche Zwecke (BAG Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 995/06 - AP Nr. 299 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).

    II.

    Der VTV war in dem von der Klage erfassten Zeitraum allgemeinverbindlich aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärungen vom 23. März 2004 und vom 24. Februar 2006 iVm. § 5 TVG.

    Die ab 01. Januar 2005 maßgeblichen Voraussetzungen der Einschränkung für Betriebe oder Betriebsabteilungen des Tischler- und Schreinerhandwerks waren von der Beklagten nicht zu erfüllen. Dies folgt bereits daraus, dass der von der Gewerkschaft für Kunststoffgewerbe und Holzverarbeitung im CGB (GKH) geschlossene Tarifvertrag, welcher die Beklagte iSd. AVE-Einschränkung erfasst hätte, wegen der mangelnden Tariffähigkeit der GKH nichtig war (LAG Hamm Beschluss vom 23. September 2011 - 10 TaBV 14/11 - NZA-RR 2012, 25; BAG Beschluss vom 05. Oktober 2010 - 1 ABR 88/09 - NZA 2011, 300). Die Beklagte hat dies mit der Berufung auch nicht mehr geltend gemacht.

    III.

    Der Geltendmachung von Mindestbeiträgen ab dem 01. Januar 2005 steht auch die "Vereinbarung zur Fortschreibung der Vereinbarung vom 19. Dezember 2005 zur Einschränkung der Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge des Baugewerbes" vom 21. Februar/28. November 2012 (folgend: Vereinbarung) nicht entgegen.

    Es kann dahinstehen, ob die Klägerin durch die Vereinbarung verpflichtet wäre, auf die Einziehung von Beiträgen für die Vergangenheit ab dem 01. Januar 2005 zu verzichten, da die Einschränkungen der AVE durch sie nicht rückwirkend abgeändert wurden (vgl. BAG Urteil vom 20. Juni 2007 - 10 AZR 312/06 - veröffentlicht in juris).

    Die Beklagte hat geltend gemacht, dass für die Prüfung der Frage, ob ihr Betrieb durch die gemäß der Vereinbarung zu ändernden Einschränkungen AVE von der Tarifgeltung ausgenommen sei, auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung abzustellen sei. Außerdem seien die Voraussetzungen der Einschränkung gemäß der Vereinbarung wegen der Beschäftigung einer hinreichenden Zahl von Tischler- und Schreinergesellen erfüllt. Dem folgt die Kammer nicht.

    1.

    Die Auffassung der Beklagten, es sei auf die betriebliche Tätigkeit im Jahr 2012 auch für mögliche Beitragsverpflichtungen der Kalenderjahre 2004 und 2005 abzustellen, wird durch den Wortlaut der Ziffer 4 der Vereinbarung nicht gedeckt. In Ziffer 4 wird zwar darauf abgestellt, dass der Betrieb oder die Betriebsabteilung auch "zukünftig" zur Teilnahme an dem Sozialkassentarifverfahren verpflichtet ist oder wäre. Dies bezieht sich aber auf die nach der Vereinbarung "zukünftig" relevante AVE-Einschränkung. Eine Aussage darüber, zu welchem Zeitpunkt der Maßstab der noch zu ändernden AVE-Einschränkung gilt, ist in Ziffer 4 nicht getroffen worden. Naheliegend erscheint eine Prüfung, die - entsprechend der so genannten Kalenderjahrsrechtsprechung - mit dem Maßstab der Vereinbarung untersucht, ob der Betrieb oder eine Betriebsabteilung innerhalb eines Jahres nach den in diesem Kalenderjahr erbrachten Tätigkeiten von der AVE-Einschränkung erfasst worden wäre.

    Eine auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung abstellende Prüfung, wie von der Beklagten vertreten, erscheint nicht praktikabel. Zum Einen ist nicht klar, ob dann auf das Kalenderjahr 2012 oder einen Stichtag dieses Jahres abzustellen wäre. Zudem kann dies zu zufälligen Ergebnissen führen, wenn sich die Tätigkeit des geprüften Betriebs seit 2005 und vor 2012 geändert hat, wie dies auch bei Beklagten der Fall war durch die Verschmelzung im Jahr 2010.

    a)

    Der Behauptung der Beklagten, dies entspreche aber dem Willen der Vertragspartner der Vereinbarung, wie die Praxis der mittlerweile für den Beitragseinzug zuständigen Urlaubskasse zeige, war nicht durch eine Beweisaufnahme nachzugehen. Die im Termin nur durch die Prozessbevollmächtigte vertretene Klägerin durfte diese Behauptung zunächst bestreiten, da sie zuvor nicht schriftsätzlich vorgetragen worden war. Die Behauptung, die U-LAK nehme auch für die Vergangenheit keine Betriebe in Anspruch, welche 2012 nach der Vereinbarung nicht beitragspflichtig sind bzw. waren, ist nur erheblich, wenn die Beklagte nach Maßgabe der Vereinbarung 2012 nicht dem VTV unterfallen wäre.

    b)

    Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht dazu vorgetragen, dass sie im Jahr 2012 oder an einem Stichtag im Jahr 2012 unter den in Ziffer 3 der Vereinbarung bestimmten fachlichen Geltungsbereich fiel. Danach ist nämlich erforderlich, dass die im Betrieb bzw. der Betriebsabteilung (hier der Anlage A Nr. 27) anfallenden Tätigkeiten zumindest zu 20% der Arbeitszeit von einschlägig im Berufsfeld Holz fachlich qualifizierten gewerblichen Arbeitnehmern, wie Tischler- oder Schreinergesellen, ausgeführt werden.

    Die Beklagte beschäftigte im Jahr 2012 nicht mehr als drei Tischler- oder Schreinergesellen, nämlich die Arbeitnehmer GG, OO und SS (nur bis 30. September 2012). Der Arbeitnehmer ZZ ist nicht hinzuzurechnen, da er nach den Angaben der Beklagten als angestellter Arbeitnehmer als Projektleiter arbeitet und der Leiter des Bereichs Innenausbau ist. Zur Bestimmung der Quote von 20% einschlägig ausgebildeter Arbeitnehmer sind entgegen der Auffassung der Beklagten alle gewerblichen Arbeitnehmer heranzuziehen, nicht nur diejenigen, die im Innenausbau arbeiten. Dies folgt daraus, dass nach dem Wortlaut der Vereinbarung für den Vomhundertsatz auf die Arbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer abgestellt wird. Außerdem wird zwischen Betrieben und ihnen gleichgestellten Betriebsabteilungen unterschieden. Dies wäre nicht erforderlich, wenn es nur auf die mit Arbeiten von Tischlern und Schreinern befassten Arbeitnehmer ankommen würde. Es ist davon auszugehen, dass die Vertragspartner der Vereinbarung den Begriff der "gleich stehenden Betriebsabteilung" iSd. der selbständigen Betriebsabteilung gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt VI VTV verwendet haben. Nicht nur der VTV, sondern auch die seit 2005 maßgeblichen AVE-Einschränkungen differenzieren zwischen Betrieben und selbständigen Betriebsabteilungen. Es ist daher naheliegend, dass diese zentralen Begriffe einheitlich verwendet werden sollten (vgl. BAG Urteil vom 17. Oktober 2012 - 10 AZR 500/11 - NZA-RR 2013, 365). Das wird dadurch bestätigt, dass in den Ziffern 2 und 4 der Vereinbarung jeweils auf "Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen" abgestellt wird, in Ziffer 2, Abs. (4) sogar ausdrücklich zur Begrenzung der AVE.

    Die Beklagte hat weder vorgetragen, wie viel gewerbliche Arbeitnehmer sie im Kalenderjahr 2012 oder an einem Stichtag im Jahr 2012 beschäftigte, noch - ihrer Rechtsauffassung folgend - wie viele Arbeitnehmer im Bereich Innenausbau arbeiteten. Sie hat auch nicht behauptet, dass es sich um den von ihr als "Bereich" bezeichnete Innenausbau um eine selbständige Betriebsabteilung im Tarifsinne handelt.

    Der Beklagten war keine Gelegenheit zu weiteren Vortrag zu geben. Bereits das Arbeitsgericht hat im Urteil vom 24. Oktober 2012 angeführt, dass die Beklagte nicht hinreichend dargelegt habe, dass zu mehr als 20% der Arbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmern Tätigkeiten des Tischler- und Schreinerhandwerks ausgeführt würden. Auch die Klägerin hat gerügt, dass selbst eine Beschäftigung von 5 gelernten Tischlern und Schreinern die erforderlich Quote von 20% nicht erfülle.

    2.

    Geht man bei der Prüfung, ob der Betrieb der Beklagten nach der Vereinbarung nicht herangezogen werden darf, entgegen ihrer Rechtsauffassung davon aus, dass es darauf ankommt, ob sie in den von der Klage umfassten Kalenderjahren (fiktiv) nicht von der Tarifgeltung erfasst worden wäre, ändert sich das Ergebnis nicht.

    a)

    Die Beklagte war nach ihrem Vortrag im Kalenderjahr 2005 ein Betrieb, welcher Innenausbau und Inneneinrichtungen für Läden, Büros, Hotels, Schulen, Krankenhäuser usw. plante, konstruierte, fertigte sowie einbaute und dabei Holz und sonstige Werkstoffe nutzte. Danach wurde sie den Tätigkeiten nach von der Ziffer 3 der Vereinbarung, erste Untergruppe, erfasst.

    b)

    Sie erfüllte jedoch nicht die Voraussetzung, dass diese Tätigkeiten zu mindestens 20% von gelernten Tischlern oder Schreinern ausgeführt wurde. Wie schon angeführt, ist nach dem Wortlaut der Ziffer 3 der Vereinbarung auf die Arbeitszeit aller gewerblichen Arbeitnehmer abzustellen, nicht nur auf die Arbeitszeit derjenigen, die tatsächlich wie Tischler oder Schreiner eingesetzt werden. Hierbei scheint es sich nicht um ein redaktionelles Versehen der Vertragspartner der Vereinbarung zu handeln. Es ist davon auszugehen, dass die Vereinbarung nur solche im Tischler- und Schreinerhandwerk wurzelnden Betriebe mit dem Tätigkeitsschwerpunkt im (gehobenen) Innenausbau von der Allgemeinverbindlichkeit ausnehmen wollte, bei denen die Tätigkeiten des Tischler- und Schreinerhandwerks noch prägend sind. Hierfür spricht die Anknüpfung des erforderlichen Prozentsatzes an die Rechtsprechung zu den "Sowohl-als-auch-Tätigkeiten" bei Prüfung des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV (vgl. BAG Urteil vom 27. Oktober 2010 - 10 AZR 351/09 - NZA 2011, 424). Außerdem ist festzustellen, dass die maßgeblichen Tätigkeiten gegenüber den früheren AVE-Einschränkungen geringfügig verändert wurden. In Ziffer 3, Untergruppe 2, der Vereinbarung ist die Tätigkeit "Bauabläufe auch gewerkübergreifend koordinieren" nicht mehr angeführt. Das spricht dafür, dass gerade nicht alle Betriebe erfasst werden sollen, die im Innenausbau arbeiten, sondern nur solche, die tatsächlich noch in relevantem Umfang Tischler- und Schreinerarbeiten ausführen und nicht "Lösungen aus einer Hand" anbieten, bei denen die Tischler- und Schreinerarbeiten nicht mehr das bestimmende Gewerk sind.

    Setzt man den Maßstab an, dass rückblickend auf die Verhältnisse im Kalenderjahr 2005 abzustellen ist, hat die Beklagte weder die Quote von 20% einschlägig ausgebildeter Arbeitnehmer erreicht, noch wurden die Arbeitnehmer von einem Tischler- oder Schreinermeister oder einer gleichwertig qualifizierten Personen angeleitet oder überwacht.

    aa)

    Die Auswertung der mit der Anlage zur Berufungsbegründung von der Beklagten mitgeteilten Beschäftigungszeiten ihrer gewerblichen Arbeitnehmer und ihrer Arbeitszeiten, lässt erkennen, dass insgesamt im Jahr 2005 durch die gewerblichen Arbeitnehmer 249 MM gearbeitet wurden. Nur zwei der in diesem Jahr beschäftigten Arbeitnehmer waren gelernte Tischler, Herr GG und Herr OO. Dies ergibt nur 24 MM oder 9,6%.

    bb)

    Die Beschäftigten im Bereich Innenausbau wurden auch nicht durch einen Meister angeleitet oder überwacht. Die Beklagte hat eingeräumt, dass sie dort keinen Meister beschäftigt.

    IV.

    Die Klage ist auch der Höhe nach begründet.

    Der geforderte Mindestbeitrag ist zutreffend errechnet, wenn man - wie die Klägerin - davon ausgeht, dass die Beklagte durchgängig 6 gewerbliche Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigte. Die Beklagte hat darauf verzichtet, zu den tatsächlich gezahlten Bruttolöhnen von Dezember 2004 bis November 2005 vorzutragen,

    Die Forderung der Klägerin ist nicht deshalb unzulässig, weil sie nur eine Teilforderung geltend macht, nämlich die Klage auf einen Teil der gewerblichen Arbeitnehmer beschränkt und keine Beiträge für angestellte Arbeitnehmer fordert. Die Teilforderung ist erkennbar: Wegen denkbarer Nachforderungen aufgrund der tatsächlich angefallenen Bruttolohnsummen für gewerbliche Arbeitnehmer ist eine Abgrenzung durchführbar.

    V.

    Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

    Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG wegen der aufgeworfenen Fragen zur Auslegung der Vereinbarung vom 21. Februar/28. November 2012 zuzulassen.

    Hinweise

    Revision wurde eingelegt - Az. beim BAG: 10 AZR 959/13

    VorschriftenTVG § 5, Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe, Handwerksordnung, Anlage B, Handwerksordnung, §§ 7a, 7b HwO, § 8 HwO, VTV, Abschnitt VII Nr. 11 VTV, Abschnitt VII Nr. 6 bzw. 12 VTV

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