Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 22.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141554

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 02.04.2014 – 11 K 2574/12 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Münster

    11 K 2574/12 E

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

    Die Revision wird zugelassen.

    T a t b e s t a n d :

    Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

    Die Kläger werden im zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2010 insbesondere Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit als Richter. Ferner erzielte er durch Veröffentlichungen und Vorträge Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Die Klägerin erzielte mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sowie zudem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

    Die Kläger wohnen in C. in der N.-Straße 01. Der Kläger arbeitet bei einem Gericht in X., welches sich in der Z.-Straße 02 in X. befindet. Die kürzeste Straßenverbindung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte beträgt – was zwischen den Parteien unstreitig ist – 130 Kilometer (Km).

    Seine Arbeitsstätte im Gericht in X. suchte der Kläger im Streitjahr an insgesamt 171 Tagen auf. Hiervon fuhr er an 39 Tagen die ganze Strecke von der Wohnung zur Arbeitsstätte mit dem eigenen Pkw. An weiteren 132 Tagen nutzte er für diese Fahrten sowohl den eigenen Pkw als auch öffentliche Verkehrsmittel (Park & Ride). An diesen 132 Tagen fuhr der Kläger mit dem eigenen Pkw von der Wohnung zum fünf Kilometer entfernten Hauptbahnhof C.. Von dort fuhr er sodann mit dem Zug der Deutschen Bahn bis zum Hauptbahnhof X.. Anschließend führ er die letzten 2,5 Km vom Hauptbahnhof X. mit der U-Bahn der örtlichen Verkehrsbetriebe (Y. Verkehrsbetriebe AG – Y. –) zum Gericht. Für die Fahrten mit der Deutschen Bahn entstanden dem Kläger tatsächliche Beförderungskosten in Höhe von 2.976 € (12 Monatskarten x 248 €). Für die U-Bahn-Fahrten sind dem Kläger tatsächliche Beförderungskosten in Höhe von 554,40 € entstanden (132 Fahrten x 4,20 €). All dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

    Im Rahmen der Einkommensteuer-Erklärung für 2010 machte der Kläger Werbungskosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 6.773,40 € geltend. Diese ermittelte er wie folgt:

    Für die 39 Fahrten, welche er von seiner Wohnung in C. zum Gericht in X. mit dem eigenen Pkw durchgeführt hatte, setzte er 1.521,00 € an (39 Fahrten x 130 km x 0,30 €).

    Für die Arbeitstage, an welchen er sowohl das Auto, die Bahn und die U-Bahn nutzte (Park & Ride), setzte er zunächst (pauschal) 198,00 € für die Fahrten mit dem Pkw von der Wohnung zum Hauptbahnhof C. an (132 Fahrten x 5 km x 0,30 €). Für die anschließende Zugfahrt vom Hauptbahnhof C. zum Hauptbahnhof X. setzte er (pauschal) 4.500,00 € an (132 Fahrten x 130 Kilometer x 0,30 € = 5.148,00 €, höchstens jedoch 4.500,00 €). Schließlich setzte er unter Hinweis auf § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG und das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 31.08.2009 (IV C 5 – S 2351/09/10002, BStBl. I 2009, 891) für die U-Bahnfahrt vom Hauptbahnhof X. zum Gericht die tatsächlichen Kosten in Höhe von 554,40 € (132 Fahrten x 4,20 €) an.

    Das Finanzamt (FA) folgte dem nicht. Mit Einkommensteuer-Bescheid für 2010 vom 17.01.2012 setzte es die Einkommensteuer der Kläger auf … € fest. Dabei berücksichtigte es bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit Werbungskosten für die Fahren von der Wohnung zur Arbeitsstätte in Höhe von insgesamt 6.219,00 € (1.521,00 € für die 39 Fahrten mit dem Pkw von der Wohnung zur Arbeitsstätte zuzüglich 198,00 € für die Fahrten mit dem Pkw von der Wohnung zum Hauptbahnhof C. und sodann den Höchstbetrag – bei Ansatz der Entfernungspauschale für diese Teilstrecke – von 4.500,00 € für die öffentlichen Verkehrsmittel Zug und U-Bahn zusammengenommen). Die tatsächlichen Kosten für die U-Bahnfahrten in Höhe von 554,40 € blieben damit unberücksichtigt.

    Gegen den Einkommensteuer-Bescheid erhoben die Kläger am 15.02.2012 Einspruch. Zur Begründung führten sie aus, dass auch die tatsächlichen Kosten für die U-Bahnfahrten in X. in Höhe von 554,40 € als Werbungskosten abzuziehen seien. Aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.03.2009 VI R 25/08 (BFH/NV 2009, 1619) ergebe sich, dass ein Arbeitnehmer, der die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit verschiedenen Verkehrsmitteln bewältige, die Möglichkeit habe, die Werbungskosten teilstreckenbezogen unterschiedlich in Ansatz zu bringen. Dabei könne bei dem Ansatz der tatsächlichen Kosten der Höchstbetrag von 4.500,00 € überschritten werden. Dies sehe wohl auch die Finanzverwaltung so, wie sich aus dem Schreiben des BMF vom 31.08.2009 (BStBl. I 2009, 891) ergebe. Der einzige Unterschied zwischen dem Streitfall und einem der im BMF-Schreiben dargelegten Beispiele liege darin, dass der Kläger an den Arbeitstagen, an welchen er (u. a.) mit dem Zug zur Arbeit nach X. fahre, drei Verkehrsmittel – nämlich den privaten Pkw, den Zug und letztlich die U-Bahn – und nicht lediglich zwei Verkehrsmittel – nämlich den privaten Pkw und die U-Bahn – benutze. Dementsprechend sei sein Arbeitsweg in drei Teilstrecken – und nicht wie im Beispielsfall des BMF-Schreibens in zwei Teilstrecken – aufzuteilen. In Bezug auf jede der drei Teilstrecken bestehe dabei ein Wahlrecht, die Kosten anhand der Entfernungspauschale pauschal zu ermitteln oder die (höheren) tatsächlichen Kosten anzusetzen. Insbesondere bestehe kein Anlass, die beiden letzten Teilstrecken (Deutsche Bahn und U-Bahn) zwingend als Einheit zu sehen, zumal jeweils getrennte Beförderungsverträge mit unterschiedlichen Anbietern abgeschlossen worden seien.

    Der Beklagte folgte dem nicht und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26.06.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass den Klägern zwar darin zu folgen sei, dass der Höchstbetrag des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG in Höhe von 4.500,00 € in Mischfällen, in welchen der Steuerpflichtige für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte sowohl den eigenen Pkw als auch öffentliche Verkehrsmittel benutzte, überschritten werden könne. Zutreffend sei auch, dass die anzusetzende Entfernungspauschale im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG hierbei im Anschluss an die Entscheidung des BFH vom 26.03.2009 VI R 25/08 (BFH/NV 2009, 1619) teilstreckenbezogen zu ermitteln sei. Hierbei seien im Streitfall jedoch nicht drei, sondern lediglich zwei Teilstrecken in Ansatz zu bringen. Die erste Teilstrecke sei dabei jene, welche der Kläger mit dem privaten Pkw zurückgelegt habe. Die zweite Teilstrecke sei sodann jenen, welche der Kläger mit den (zwei) öffentlichen Verkehrsmitteln vom Hauptbahnhof C. zum Gericht in X. zurückgelegt habe. Durch die Formulierung des BFH in dem genannten Urteil „mit öffentlichen Verkehrsmitteln“ im Plural liege auf der Hand, dass es ohne Bedeutung sei, mit wie vielen unterschiedlichen Verkehrsmitteln des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) diese Teilstrecke zurückgelegt werde. Laut dem Gesetz seien die Kosten für Wegstrecken, die mit dem öffentlichen Personennahverkehr zurückgelegt würden, höchstens bis zu einem Betrag von 4.500,00 € abzugsfähig (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG). Im Streitfall lägen die Kosten für diese Strecke bei einer Höhe von insgesamt 5.702,40 €. Da dieser Betrag den Höchstbetrag überschreite, sei für diese Teilstrecke der Höchstbetrag in Höhe von 4.500,00 € anzusetzen. Zusätzlich könnten die Kosten für die Fahrten mit dem eigenen Pkw zum Bahnhof pauschal in Höhe von 198,00 € sowie die Kosten für die Fahrten, welche der Kläger vollständig mit dem eigenen Pkw von der Wohnung zur Arbeitsstätte in X. mit dem eigenen Pkw absolviere, pauschal in Höhe von 1.521,00 € berücksichtigt werden.

    Mit der am 26.07.2012 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren, die Kosten für die Fahrten des Klägers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wie erklärt berücksichtigt zu erhalten, weiter. Zur Begründung führen sie aus, dass die Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, wie die Rechtsprechung des BFH zu der teilstreckenbezogenen Ermittlung der Fahrtkosten (Urteil vom 26.03.2009 VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1519) zu verstehen sei, wenn der Steuerpflichtige für die Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte neben dem privaten Pkw mehrere verschiedene öffentliche Verkehrsmittel benutze und damit mehr als zwei selbständige Teilstrecken existierten. Aus dem genannten Urteil des BFH ergebe sich aber, dass der Arbeitnehmer, der die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit verschiedenen Verkehrsmitteln bewältige, die Möglichkeit habe, die Wegekosten teilstreckenbezogen unterschiedlich in Ansatz zu bringen. Dabei könne auch der Höchstbetrag von 4.500,00 € überschritten werden. Dies sehe auch die Finanzverwaltung so, wie sich aus dem BMF-Schreiben vom 31.08.2009 (IV C 5 – S 2351/09/10002, BStBl. I 2009, 891) ergebe. Der Beklagte gehe offenbar davon aus, dass eine Unterscheidung zwischen verschiedenen öffentlichen Verkehrsmitteln nach der genannten Rechtsprechung des BFH ausgeschlossen sei. Dies sei der genannten Entscheidung aber nicht zu entnehmen. Vielmehr bestehe für die zwingende Zusammenfassung von Strecken, welche mit unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt würden, kein Grund. Bei der Benutzung von mehreren öffentlichen Verkehrsmitteln sei vielmehr von mehreren selbständigen Teilstrecken auszugehen. Es sei nicht ersichtlich, warum unterschiedliche öffentliche Verkehrsmittel (z. B. Taxi, Deutsche Bahn, U-Bahn, Bus, Fähre) zwingend „in einen Topf“ geworfen werden müssten. Die Auffassung des FA würde beispielsweise bedeuten, dass ein Steuerpflichtiger, welcher mit dem Taxi zum Bahnhof fahre und sodann mit der Bahn zur Arbeitsstätte gelange, das Wahlrecht zwischen Entfernungspauschale und dem Ansatz der tatsächlichen Kosten nur einheitlich ausüben könne, weil es sich bei beiden genutzten Verkehrsmitteln um öffentliche Verkehrsmitteln handele. Der Steuerpflichtige wäre dann regelmäßig gezwungen, für die kurze Wegstrecke, für welche er ein Taxi nutze, die Entfernungspauschale anzusetzen, obwohl die tatsächlichen Kosten hierfür ein Vielfaches betragen würden. So habe auch er – in anderen Jahren – die Strecke vom Hauptbahnhof in X. zum Gericht aufgrund eines Streikes der Verkehrsbetriebe mit dem Taxi zurücklegen müssen. Dafür, dass zum einen eine Teilstrecke vom Hauptbahnhof C. zum Hauptbahnhof X. und sodann eine weitere Teilstrecke für die Fahrt vom Hauptbahnhof X. zum Gericht angesetzt werden könne, spreche auch, dass beide Teilstrecken aufgrund getrennter Beförderungsverträge mit unterschiedlichen Vertragspartnern (Deutsche Bahn und Y.) bewältigt würden.

    Die Kläger beantragen sinngemäß,

    den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 17.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.06.2012 dahingehend zu ändern, dass die geltend gemachten tatsächlichen Kosten für die U-Bahnfahrt mit der Y. zwischen X. Hauptbahnhof und dem dortigen Gericht im Umfang von 132 Fahrten á 4,20 € = 554,40 € als weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit steuermindernd berücksichtigt werden und die Einkommensteuer 2010 entsprechend herabgesetzt wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist er zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

    Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (Kläger mit Schriftsatz vom 28.08.2012 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 12.11.2012).

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    Das Gericht entscheidet im Einvernehmen der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

    Die Klage ist unbegründet.

    Der Einkommensteuer-Bescheid für 2010 vom 17.01.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.06.2012 verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Insbesondere hat der Beklagte die als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen für die Wege des Klägers zwischen seiner Wohnung in C. und seiner Arbeitsstätte in X. zutreffend ermittelt. Es hat dabei zu Recht die tatsächlichen Kosten für die Benutzung der U-Bahn in X. in Höhe von 554,40 € nicht anstelle der sogenannten Entfernungspauschale für die Strecke vom Hauptbahnhof X. zum Arbeitsplatz im Gericht in X. berücksichtigt.

    1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen ist nach Satz 2 Halbsatz 1 der Vorschrift (in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung) für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 0,30 € anzusetzen, höchstens jedoch 4.500,00 € im Kalenderjahr; soweit der Arbeitnehmer einen eigenen Pkw benutzt, kann auch ein höherer Betrag als 4.500,00 € angesetzt werden. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 EStG sind durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte veranlasst sind. Indes können Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt werden, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 EStG).

    a) Sofern Arbeitnehmer – wie vorliegend der Kläger an 132 Arbeitstagen – die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit verschiedenen Verkehrsmitteln zurücklegen (Park & Rride) oder für einen Teil des Jahres den Pkw und für einen anderen Teil öffentliche Verkehrsmittel benutzen, sind diese Arbeitnehmer nicht verpflichtet, ihr Wahlrecht – Entfernungspauschale oder tatsächliche Kosten – insgesamt einheitlich auszuüben. Insbesondere steht es dem Steuerpflichtigen frei, für die mit dem Pkw zurückgelegte Teilstrecke die Entfernungspauschale und für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke die tatsächlichen Kosten anzusetzen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 26.03.2009 VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2008, 4 K 2056/05, EFG 2009, 1541).

    Legt ein Arbeitnehmer die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit verschiedenen Verkehrsmitteln zurück, ist die insgesamt anzusetzende Entfernungspauschale im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG teilstreckenbezogen zu ermitteln. Sie ist für die Teilstrecke, die der Arbeitnehmer mit seinem eigenen Pkw zurücklegt und für die Strecke, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wird, getrennt zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 26.03.2009 VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2008, 4 K 2056/05, EFG 2009, 1541; Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.01.2008, 10 K 2435/07, Juris, BMF-Schreiben vom 31.10.2013, IV C 5 – S 2351/09/10002:002, 2013/0981373, BStBl. I 2013, 1376, Tz. 1.6; Loschelder in: Schmidt: EStG, § 9 Rn. 111; Harder-Buschner, NWB 2010, 3020). § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG bezeichnet als Vergleichsgröße zu den Aufwendungen für öffentliche Verkehrsmittel den „als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag“. Durch den Gebrauch des Wortes „Entfernungspauschale“ im Singular gibt das Gesetz zu erkennen, dass der hierfür ermittelte Betrag auf die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke bezogen ist. Übersteigen die tatsächlichen Kosten die für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte anzusetzende Entfernungspauschale, können die tatsächlichen Kosten an Stelle der Entfernungspauschale geltend gemacht werden (BFH-Urteil vom 26.03.2009 VI R 25/08, BFH/NV 2009, 1619; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.05.2008, 4 K 2056/05, EFG 2005, 1541). All dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

    b) Streitig ist allein, ob bei dieser teilstreckenbezogenen Ermittlung der Fahrtkosten – neben der mit dem eigenen Pkw zurückgelegten Teilstrecke – solche Teilstrecken, welche mit unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden – im Streitfalls vom Hauptbahnhof in C. zum Hauptbahnhof in X. und von dort mit der U-Bahn zum Gericht in X. – als eine Teilstrecke anzusehen sind oder ob je Nutzung eines Verkehrsmittels – Deutsche Bahn und U-Bahn – jeweils eine eigenständige Teilstrecke angesetzt werden kann.

    Diesbezüglich ist der Senat mit dem Beklagten der Auffassung, dass im Streitfall insgesamt lediglich zwei Teilstrecken Berücksichtigung finden können. Hierbei handelt es sich zunächst um jene Teilstrecke von der Wohnung des Klägers zum Hauptbahnhof in C., welche dieser mit seinem privaten Pkw zurückgelegt hat. Die zweite Teilstrecke bildet sodann jene vom Hauptbahnhof C. zur Arbeitsstätte im Gericht in X., welche der Kläger mit öffentlichen Verkehrsmitteln – und zwar mit der Deutschen Bahn und der U-Bahn – zurückgelegt hat.

    Dass die Teilstrecke vom Hauptbahnhof C. zum Gericht in X. nicht weiter unterteilt werden kann und dementsprechend für das letzte Teilstück, welches der Kläger mit der U-Bahn zurückgelegt hat, kein gesondertes Wahlrecht zwischen dem Ansatz der Entfernungspauschale und dem Ansatz der tatsächlichen Kosten besteht, folgt nach Auffassung des Senates wiederum aus dem Wortlaut von § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG.

    Gemäß dieser Vorschrift können Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angesetzt werden, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Dabei verwendet der Gesetzgeber für das Tatbestandsmerkmal „für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel“ den Plural. Dementsprechend kann unter dieses Tatbestandsmerkmal die Benutzung mehrerer unterschiedlicher öffentlicher Verkehrsmittel – auch zeitlich hintereinander durch einen Steuerpflichtigen – subsumiert werden. Wäre der Gesetzgeber demgegenüber der Auffassung gewesen, dass eine (Teil-)Strecke, welche mit mehreren öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt wird, in all jene Teilstrecken aufgeteilt werden könnte, welche mit je einem öffentlichen Verkehrsmittel zurückgelegt worden ist, hätte er § 9 Abs. 2 Satz 2 in der Art formuliert, dass Aufwendungen „für die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels“ angesetzt werden können, soweit sie den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag übersteigen. Dabei hat bereits der BFH in der Entscheidung vom 26.03.2009 VI R 25/08 (BFH/NV 2009, 1619) – im Anschluss an die Ausführungen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz im Urteil vom 15.05.2008 4 K 2056/05 (EFG 2009, 1541) – deutlich gemacht, dass die Verwendung des Wortes „Entfernungspauschale“ im Singular in § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht etwa zufällig, sondern von Bedeutung ist. Hieraus lässt sich wiederum der Schluss ziehen, dass im Gegensatz zu der Benutzung des Begriffs „Entfernungspauschale“ im Singular die Benennung der „Aufwendungen für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel“ im Plural bewusst geschehen ist.

    Diese Auffassung des Senates deckt sich im Übrigen auch mit den Ausführungen des BFH im Urteil vom 26.03.2009 VI R 25/08 (BFH/NV 2009, 1619), in welchem der BFH die öffentlichen Verkehrsmittel jeweils im Plural benennt und dementsprechend ausführt, dass der Steuerpflichtige das Wahlrecht zwischen Entfernungspauschale und Ansatz der tatsächlichen Kosten für beide zurückgelegten Teilstrecken unterschiedlich ausüben kann. Diese Lesart entspricht auch den Ausführungen der Verwaltung im BMF-Schreiben vom 31.10.2013 IV C 5 – S 2351/09/10002:002, 2013/0981373 (BStBl. I 2013, 1376, Tz. 1.6) und den Ausführungen von Loschelder (Schmidt, EStG, § 9 Rn. 111), wo die öffentlichen Verkehrsmittel – ohne dies zu problematisieren – jeweils im Plural benannt werden. Schließlich deckt sich diese Auffassung auch mit den Ausführungen von Harder-Buschner (NWB 2010, 3020, Beispiel 2), welche im dortigen Beispielsfall 2 die Fahrtkosten für unterschiedliche öffentliche Verkehrsmittel (Bahn und Bus) als eine Teilstrecke behandelt und die tatsächlichen Kosten für diese mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegte Teilstrecke mit der Höhe der Entfernungspauschale vergleicht.

    Da demnach der Senat der Auffassung ist, dass im Streitfall an den Tagen, an welchen der Kläger sowohl den eigenen Pkw als auch öffentliche Verkehrsmittel (Deutsche Bahn und U-Bahn) für den Weg zur Arbeitsstätte verwendet hat, lediglich von zwei zu unterscheidenden Teilstrecken auszugehen ist, ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Die Aufwendungen für diese 132 Fahrten des Klägers von der Wohnung zur Arbeitsstätte sind zutreffend in Höhe von insgesamt 4.698,00 € als Werbungskosten berücksichtigt worden. Für die erste Teilstrecke von der Wohnung in C. zum Hauptbahnhof in C., welche der Kläger mit dem eigenen Pkw zurückgelegt hat, hat der Beklagte – wie erklärt – die Entfernungspauschale in Höhe von 198,00 € (132 Fahrten x 5 Km x 0,30 €) angesetzt. Daneben hat der Beklagte für die Teilstrecke vom Hauptbahnhof in C. zur Arbeitsstätte des Klägers im Gericht in X., welche der Kläger mit zwei öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt hat, den Höchstbetrag der Entfernungspauschale von 4.500,00 € berücksichtigt. Die tatsächlichen Kosten für diese zweite Teilstrecke betrugen insgesamt 3.530,40 € (2.976,00 € für die Deutsche Bahn und 554,40 € für die U-Bahn). Da somit der Ansatz der Entfernungspauschale zu einem höheren Werbungskostenabzug als der Ansatz der tatsächlichen Kosten für die Benutzung der beiden öffentlichen Verkehrsmittel geführt hat, ist für diese zweite Teilstrecke zu Recht die Entfernungspauschale angesetzt worden.

    Der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, dass der Beklagte – wie erklärt – für weitere 39 Fahrten, an welchen der Kläger die gesamte Strecke von der Wohnung zur Arbeitsstätte mit dem eigenen Pkw zurückgelegt hat, weitere Werbungskosten in Höhe von 1.521,00 € durch Ansatz der Entfernungspauschale berücksichtigt hat. Dass auch insoweit der Höchstbetrag von 4.500,00 € nicht gilt, folgt aus § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG am Ende.

    2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

    3. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, da noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, wie § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG bei der Verwendung mehrerer unterschiedlicher öffentlicher Verkehrsmittel auszulegen ist.

    RechtsgebietFinanz- und Abgaberecht