18.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143237
Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 13.08.2014 – 8 K 636/14
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen
Urt. v. 13.08.2014
Az.: 8 K 636/14
In dem Finanzrechtsstreit
Herr
- Kläger -
Prozessbevollmächtigter:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -
wegen Einkommensteuer 2008 bis 2010
hat der 8. Senat durch Richter am Finanzgericht ............. als Einzelrichter auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 13.08.2014
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2010 vom 17.03.2011 bzw. vom 23.08.2011 bzw. vom 22.05.2013 in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 28.03.2014 werden dahingehend geändert, dass bei den Werbungskosten des Klägers zusätzlich solche für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 € pro Jahr zu berücksichtigen sind.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Schulleiter mit Unterrichtsverpflichtung, dem ein Dienstzimmer in der Schule zur Verfügung steht, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abziehen kann.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Schulleiter. Mit seinen Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte der Kläger jeweils Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, namentlich im Einzelnen ausgewiesene anteilige Kosten für Wasser, Strom, Müll, Heizöl, Schornsteinfeger, Gebäudeversicherung und Grundsteuer sowie anteilige Absetzungen für Abnutzung, bis zum Höchstbetrag von 1.250 € geltend. Diese wurden vom Beklagten bei der Einkommensteuerveranlagung für 2008 mit geändertem Bescheid vom 17.03.2011, für 2009 mit Bescheid vom 23.08.2011 und geändertem Bescheid vom 28.10.2011 und für 2010 mit Bescheid vom 22.05.2013 nicht berücksichtigt. Die dagegen eingelegten Einsprüche vom 23.03.2011, vom 14.09.2011 und vom 24.05.2013 wies der Beklagte mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 28.03.2014 als unbegründet zurück.
Am 28.04.2011 hat der Kläger Klage erhoben.
Zur Begründung bezieht er sich auf das BFH-Urteil vom 9. Dezember 2013 VI R 150/01.
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2010 vom 17.03.2011, vom 23.08.2011 und vom 22.05.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.03.2014 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Anerkennung der Aufwendung für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG in Höhe eines Betrages von jeweils 1.250 € im Rahmen der Werbungskosten bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit niedriger festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich auf die BFH-Urteile vom 7. August 2013 VI R 16/01 und VI R 118/13 BStBl. II 2004, 77 und 82. Der Kläger habe nicht vorgetragen, ob das ihm in den Streitjahren zur Verfügung stehende schulische Dienstzimmer nicht nur zur Erledigung der anfallenden Schulverwaltungsaufgaben, sondern ebenso für die Unterrichtsvor- und -nachbereitung objektiv geeignet war. Soweit der Kläger vortrage, die Nutzung des Dienstzimmers sei in den Streitjahren bereits durch Verwendungsbestimmung des Dienstherren auf die Verwaltungstätigkeit beschränkt gewesen, sei dies nicht nachgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung (§ 44 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten; sie sind daher antragsgemäß zu ändern (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO).
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmers sind u.a. dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn dem Steuerpflichtigen für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 9 Einkommensteuergesetz in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010, BGBl I S. 1768 -EStG-). Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen ist in diesem Fall auf 1.250 € begrenzt (§ 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 i.V.m. § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG).
Nach den BFH-Urteilen vom 9. und 19. Dezember 2003 VI R 150 und 77/01 steht einem Schulleiter und Lehrer das Dienstzimmer in der Schule regelmäßig nur für die Verwaltungstätigkeit, nicht aber für die Lehrtätigkeit zur Verfügung. Schulverwaltung und Unterricht sind unterschiedliche Aufgabenbereiche einer Erwerbstätigkeit. Die Überlassung des Dienstzimmers durch den Dienstherren knüpft an die übertragenen Verwaltungsaufgaben an.
Soweit der Beklagte dem BFH-Urteil vom 7. August 2013 VI R 16/01 entnimmt, dass für den Einzelfall festgestellt werden müsste, ob das Dienstzimmer für einen Aufgabenbereich der beruflichen Tätigkeit eines Schulleiters, nämlich für die Lehrtätigkeit, nicht zur Verfügung steht, so ist diese Entscheidung durch die v.g. BFH-Urteile vom 9. und 19. Dezember 2003 zutreffend dahingehend weiter entwickelt worden, dass bei lebensnaher Betrachtung ein Regel-Ausnahme-Verhältnis wie folgt anzunehmen ist: Regelmäßig stellt der Dienstherr nur dem Schulleiter ein Dienstzimmer zur Verfügung. Das für alle Lehrer zugängliche Lehrerzimmer dient Aufenthalts- und Besprechungszwecken und ist zur konzentrierten Unterrichtsvor- und -nachbereitung ungeeignet. Daraus schlussfolgert der Bundesfinanzhof zutreffend, dass auch dem Schulleiter sein Dienstzimmer vom Dienstherren nicht für seine Lehrtätigkeit sondern zweckbestimmt für seine Verwaltungsaufgaben überlassen wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Sätze 1 und 2 und § 709 Satz 2 Zivilprozessordnung -ZPO -.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.