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  • 10.03.2016 · IWW-Abrufnummer 146566

    Finanzgericht Sachsen: Urteil vom 21.10.2015 – 2 K 1175/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Sachsen

    Urt. v. 21.10.2015

    Az.: 2 K 1175/15

    In dem Finanzrechtsstreit
    XXX
    gegen
    XXX
    wegen Einkommensteuer 2013
    hat der 2. Senat unter Mitwirkung von , und sowie der ehrenamtlichen Richterinnen und ohne mündliche Verhandlung in der Sitzung vom 21. Oktober 2015 für Recht erkannt:
    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
    3. Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten um die Frage, in welcher Höhe beim Kläger Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen sind.

    Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. In seiner Einkommensteuererklärung für 2013 machte er € 8.147 an Unterhaltsleistungen an bedürftige Personen geltend. Bei der unterhaltenen Person handelt es sich um die Mutter der gemeinsamen, in den Jahren 2011 und 2013 geborenen Kinder. Diese erhielt im Streitjahr u.a. für 10 Monate € 6.720 Elterngeld.

    Mit Bescheid vom ... setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2013 auf € 5.624 fest, wobei er Unterhaltsleistungen in Höhe von € 2.231 wie folgt berücksichtigte.

    Jahreshöchstbetrag € 8.130
    Basis-KV/PV für unterhaltene Person € 17
    Maximal abziehbarer Betrag € 8.147
    Einkünfte der unterhaltenen Person Bruttoarbeitslohn € 878
    Abzüglich Werbungskosten € 878
    Summe der Einkünfte € 0
    Bezüge der unterhaltenen Person
    Elterngeld € 6.720
    Abzüglich Kostenpauschale € 180
    Summe Bezüge € 6.540
    Summe der Einkünfte und Bezüge € 6.540
    Anrechnungsfreier Betrag € 624
    Verbleibender Betrag € 5.916
    Summe € 5.916 ./. € 5.916
    Abzugsbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG € 2.231

    Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom ... als unbegründet zurückwies.

    Der Kläger trägt vor, dass insgesamt ein Betrag von € 5.231 an Unterhaltsleistungen zu berücksichtigen sei, da das für 10 Monate an die unterhaltene Person gezahlte Elterngeld jeweils in Höhe eines Sockelbetrages von € 300 anrechnungsfrei sei. Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung des Sockelbetrages sei zwischen dem Elterngeldempfänger und dem Unterhaltsverpflichteten zu unterscheiden. Beim Elterngeldempfänger sei tatsächlich durch die gesetzlichen Regelungen aus den Jahren 2009 und 2011 das Elterngeld dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen. Hinsichtlich des Unterhaltsverpflichteten sei der Sockelbetrag aber nicht zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt. Nach § 1615l BGB trete in Höhe des Sockelbetrags keine Minderung des zivilrechtlichen Unterhaltsanspruchs ein, da sich das Elterngeld gemäß § 11 Satz 1 BEEG nur auf die Unterhaltsverpflichtung auswirke, soweit es den monatlichen Betrag von € 300 übersteige. Damit handele es sich um indisponibles Einkommen der unterstützen Person.

    Auch aus Gründen der Gleichbehandlung sei eine solche Handhabung erforderlich. Die Unterhaltsverpflichtung ändere sich nicht, wenn die unterstützte Person kein Elterngeld mehr beziehe.

    Dies stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, nach der der Sockelbetrag des Elterngeldes im Rahmen des Progressionsvorbehalts gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1j EStG zu berücksichtigen sei, denn auf der Ebene der unterstützten Person könne der Sockelbetrag zu einer gesteigerten Leistungsfähigkeit führen.

    Im Rahmen der Berechnung der Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person seien weiterhin die von dieser geleisteten Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung Einkünfte mindernd zu berücksichtigen.

    Der Kläger beantragt sinngemäß,

    den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ... dahingehend zu ändern, dass insgesamt € 5.231 als außergewöhnliche Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt werden.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte trägt vor, dass unter Bezügen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu verstehen seien, also auch nicht steuerbare oder für steuerfrei erklärte Einnahmen, die nicht bereits im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden, sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Nur Bezüge, die dem Unterhaltenen nicht tatsächlich zur Verfügung stünden, könnten außer Acht gelassen werden. Der Sockelbetrag des Elterngeldes stehe aber für den Unterhalt zur Verfügung.

    Dies werde auch dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber mit dem Bürgerentlastungsgesetz den in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG a.F. enthaltenen Verweis auf § 32 Abs. 4 Satz EStG a.F. gestrichen habe. Also auch dann, wenn dem Sockelbetrag die Bestimmung oder Eignung für den Unterhalt der unterhaltenen Person abgesprochen würde, so sei mit der Streichung dieses Verweises in § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 2010 jeglicher positivrechtlicher Anknüpfungspunkt für eine Einkünfte und auch Bezüge mindernde Berücksichtigung weggefallen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die zu Gericht gereichten Behördenakten Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    I.

    Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu € 8.130 im Kalenderjahr 2013 vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Hat die unterhaltene Person andere Einkünfte und Bezüge, so vermindert sich die Summe der genannten Unterhaltsaufwendungen des Steuerpflichtigen um den Betrag, um den diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von € 624 im Kalenderjahr übersteigen (§ 33a Abs. 1 Satz 5 1. Halbsatz EStG) sowie um die von der unterhaltenen Person als Ausbildungshilfe aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, bezogenen Zuschüsse (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG).

    Vorliegend hat der Kläger, der gemäß § 1615l BGB gegenüber der Mutter der 2011 und 2013 geborenen gemeinsamen Kinder unterhaltspflichtig ist, mindestens den Betrag von € 8.147 an Unterhaltsleistungen aufgewandt. Hiervon sind die Einkünfte bzw. Bezüge der Unterhaltenen abzuziehen, die den Betrag von € 624 überschreiten.

    Unter Einkünften sind diejenigen des § 2 Abs. 1, 2 EStG zu verstehen. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig. Auch der Gesetzeszweck gebietet keine erweiternde Auslegung auf das zu versteuernde Einkommen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 21. Juli 2000, BStBl II 2000, 56 zu der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden, in der Formulierung des § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG 2013 insoweit gleich lautenden Fassung des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG). Bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2009 verwies § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG a.F. auf § 32 Abs. 4 S. 2 EStG a.F. Die Einkünfte sind stets in vollem Umfang zu berücksichtigen, auch soweit sie nicht zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stehen (Mellinghoff in Kirchhof, EStG-Kommentar, 14. Auflage 2015, § 33a Rz. 19). Die Einkünfte hat der Beklagte unter Anrechnung von Werbungskosten mit € 0 angenommen.

    Unter anrechenbaren Bezügen sind nach ständiger Rechtsprechung alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert zu verstehen, also auch nicht steuerbare oder - z.B. in den §§ 3 und 3b EStG - für steuerfrei erklärte Einnahmen, die nicht bereits im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung erfasst werden, sofern sie zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Zweckgebundene Bezüge, die dem Unterhaltsberechtigten für seinen üblichen Lebensunterhalt tatsächlich nicht zur Verfügung stehen und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit deshalb nicht erhöhen, zählen nach der Rechtsprechung des III. Senats des Bundesfinanzhofs nicht dazu (Urteil vom 26. März 2009, BFH/NV 2009, 1418 [BFH 26.03.2009 - VI R 60/08] m.w.N.). Soweit der Bundesfinanzhof (Urteil vom 24. November 1994, BStBl II 1995, 527 [BFH 24.11.1994 - III R 37/93]) entschieden hat, dass Bezüge aufgrund des Gesetzes zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit, das dem BEEG vergleichbare Leistungen gewährte, nicht anrechenbar seien, lag dieser Entscheidung § 33a EStG in der damals geltenden Fassung zugrunde, nach der ausdrücklich Voraussetzung war, dass nur solche von der unterhaltenen Person erzielte Einkünfte oder Bezüge den abzuziehenden Betrag verminderten, die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind. Diese Regelung hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 1. Januar 2004 dahingehend geändert, dass die Formulierung "die zur Bestreitung des Unterhalts bestimmt oder geeignet sind" entfallen ist, so dass das genannte Urteil nicht auf die aktuelle Gesetzeslage anzuwenden ist.

    Es kann daher auch dahinstehen, dass das BEEG mit den darin beschriebenen Leistungen u.a. erreichen will, dass die Bedingungen für die Gründung von Familien und das Leben von Kindern in der Bundesrepublik Deutschland u.a. durch eine Einkommenssicherung verbessert werden (BT-Drucksache 16/1889, Seite 1). Mit der Einführung des BEEG, das der Sicherung des Einkommens dienen soll, hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 67 EStG geregelt, dass das Elterngeld steuerfrei ist und § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG um den Buchstaben j ergänzt, nach dem das Elterngeld dem Progressionsvorbehalt unterfällt. Dabei fällt auch der Sockelbetrag hierunter, da § 32b Abs. 1 Nr. 1j EStG anordnet, dass auf das "Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz" der besondere Steuersatz nach § 32b Abs. 2 EStG anzuwenden ist, also der Progressionsvorbehalt gilt (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 21. September 2009, BStBl II 2011, 382 [BFH 21.09.2009 - VI B 31/09]). In derselben Entscheidung hat der Bundesfinanzhof - auch unter Hinweis auf entsprechende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - klargestellt, dass steuerrechtlich das Elterngeld als Einkünfteersatz zu qualifizieren sei. Eine Zweiteilung des Elterngelds in einen rein sozialrechtlichen Sockelbetrag nach § 2 Abs. 5 BEEG und in einen den Einkünfteausfall ausgleichenden darüber hinausgehenden Aufstockungsbetrag lasse sich weder dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz selbst noch der Begründung des Entwurfs und den weiteren Gesetzgebungsmaterialien dazu entnehmen (BT-Drucksache 16/1889 und BT-Drucksache 16/2454 und BT-Drucksache 16/2785). Die dort zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers, die durch die erforderliche Kinderbetreuung entgangenen Einkünfte durch das Elterngeld jedenfalls teilweise auszugleichen, spreche vielmehr dafür, das Elterngeld einheitlich als Einkünfteersatz zu qualifizieren.

    Der unterhaltenen Person steht hier das Elterngeld in voller Höhe für ihren Unterhalt zur Verfügung, der Sockelbetrag von € 300 ist nicht anderweitig zweckgebunden.

    Auch würde durch eine Außerachtlassung des Sockelbetrages eine Ungleichbehandlung bei verheirateten und gemeinsam veranlagten Steuerpflichtigen entstehen, da hier durch den Progressionsvorbehalt für das Elterngeld die zu zahlende Steuer höher ausfällt und dieser Betrag nicht mehr für den Unterhalt zur Verfügung stünde (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25. September 2014, BStBl II 2015, 182). Durch die in § 33a Abs. 1 Satz 5 EStG aufgezählten steuerfreien Gewinne und Einkünfte (§ 19 Abs. 2 EStG) hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Bezüge umfassend bei der Berechnung zu berücksichtigen sind.

    Die unterhaltene Person hat 2013 insgesamt € 6.720 an gemäß § 3 Nr. 67 EStG steuerfreiem Elterngeld für 10 Monate erhalten. Hiervon sind zum einen die Kostenpauschale von € 180 und € 624 als anrechnungsfreiem Betrag abzuziehen, wonach ein zu berücksichtigender Betrag von € 5.916 und demnach ein Abzug von € 2.231 verbleibt. Der Sockelbetrag in Höhe von insgesamt € 3.000 ist mit in die anzurechnenden Bezüge einzubeziehen.

    Soweit der Kläger bei den Einkünften der unterhaltenen Personen noch Renten- und Arbeitslosenversicherung in Abzug bringen will, fehlt es zum einen an Vortrag zu den konkreten Aufwendungen und Nachweisen dazu und hat zum anderen der Bundesfinanzhof entschieden, dass diese Beträge die anzurechnenden Einkünfte, die sich hier ohnehin wegen der Anrechnung von Werbungskosten auf € 0 belaufen, und Bezüge nicht mindern (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Juni 2015 - VI R 66/13, zitiert nach [...]).

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war wegen der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 24. November 1994 (BStBl II 1995, 527 [BFH 24.11.1994 - III R 37/93]) und der geänderten Rechtslage zuzulassen.

    RechtsgebieteBEEG, BGB, EStGVorschriften§ 11 S. 1 BEEG; § 1615l BGB; § 32b Abs. 1 S. 1j EStG

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