15.10.2024 · IWW-Abrufnummer 244277
Finanzgericht Münster: Urteil vom 18.09.2024 – 1 K 494/18 E
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens.
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Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Prozesskosten zur Erlangung nachehelichen Unterhalts als außergewöhnliche Belastung. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.
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Die im Jahr 1966 geborene Klägerin ist […]. Seit 1989 war die Klägerin mit Herrn U C verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, die 2001 geborene D T und die 2003 geborene B D . Im Januar 2012 zog die Klägerin gemeinsam mit den beiden Kindern aus dem gemeinsamen Haus in K aus und lebt seitdem von ihrem Ehemann getrennt in T. Seit der Trennung zahlte dieser fortwährend Kindesunterhalt für D T i.H.v. 590 € und für B D i.H.v. 491 € monatlich.
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Am 13.12.2012 stellte Herr U C vor dem Amtsgericht T einen Scheidungsantrag. Das Verfahren, das dort unter dem Az. xx F xxx/12 geführt wurde, umfasste zunächst nur die Scheidung und den Versorgungsausgleich.
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Während des laufenden Scheidungsverfahrens schlossen die Eheleute am 27.5.2013 einen notariellen Vertrag, mit dem sie den Zugewinnausgleich einvernehmlich regelten. Dazu übertrug die Klägerin ihren Miteigentumsanteil an der ehemals gemeinsam bewohnten Immobilie in K an den Ehemann, während dieser an die Klägerin seinen hälftigen Anteil an einem Erbbaurecht in T (A-Straße 10) übertrug, das am selben Tag an die Klägerin übergeben wurde. Auf diesem Erbbaurecht befindet sich eine Immobilie, die an die Mutter des Ehemannes vermietet war. Zu deren Gunsten lastete eine Hypothek auf dem Grundstück, die die Klägerin zusammen mit der zugrunde liegenden Verbindlichkeit übernahm und die nach eigenen Angaben zum Übertragungszeitpunkt mit ca. 14.000 € valutierte. Als Ausgleich zahlte der Ehemann an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 56.678 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag (Bl. 266 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
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Mit notariellem Vertrag vom 31.7.2013 (Bl. 279 ff. der Gerichtsakte) erwarb die Klägerin eine weitere Immobilie in T (B-Straße 9), die drei Mietwohnungen enthält, für 200.000 €.
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Vom 1.1. bis zum 31.7.2013 war die Klägerin bei der Fa. J in N beschäftigt und erzielte hieraus einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. xxx €. Zum 1.8.2013 wechselte sie an das [Krankenhaus] N , wo sie (zunächst befristet, inzwischen unbefristet) in Teilzeit (27,5/38,5 Stunden pro Woche) beschäftigt war und hieraus bis zum Jahresende einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. xxx € erzielte. Ferner erzielte sie im Jahr 2013 Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Programmiererin i.H.v. 376 €. Wegen der Beschäftigungsverhältnisse der Klägerin bis zur Trennung wird auf Bl. 18 der beigezogenen Akte des Amtsgerichts T (xx F xxx/12) Bezug genommen.
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Im Jahr 2013 zahlte der Ehemann Trennungsunterhalt an die Klägerin in Höhe von 5.228 €. Nachdem die zunächst geplante außergerichtliche einvernehmliche Regelung des nachehelichen Unterhalts nicht zustande gekommen war, beantragte die Klägerin im laufenden Scheidungsverfahren diesen mit Schriftsatz vom 31.10.2013 (Eingang bei Gericht am 2.11.2013) zunächst i.H.v. 1.555,06 € pro Monat. Auch im amtsgerichtlichen Verfahren konnte keine Einigung erzielt werden.
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Mit Beschluss des Amtsgerichts T vom 9.9.2014 wurde die Ehe geschieden und der Versorgungsausgleich vorgenommen. Daneben wurde der Ehemann verpflichtet, an die Klägerin ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen nachehelichen Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Höhe von 582,50 € bis längstens Dezember 2020 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.
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Gegen diesen Beschluss erhoben die Klägerin Beschwerde und Herr U C Anschlussbeschwerde beim Oberlandesgericht I. Streitgegenstand dieses Verfahrens war allein der nacheheliche Unterhalt, wobei Herr U C keinen Unterhalt zahlen wollte, während die Klägerin einen höheren monatlichen Unterhalt begehrte. Am 4.3.2015 schlossen die Parteien vor dem Oberlandesgericht I einen Vergleich, in dem sich Herr U C verpflichtete, an die Klägerin beginnend ab dem 1.2.2015 nachehelichen Unterhalt i.H.v. 900 € monatlich zu zahlen, der nach § 1578b BGB bis zum 31.1.2022 begrenzt wurde. Die Kosten der Beschwerdeinstanz einschließlich der Kosten des Vergleichs wurden einvernehmlich gegeneinander aufgehoben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte des Amtsgerichts T (Familiengericht, Az. xx F xxx/12) Bezug genommen.
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Die steuerlichen Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung aus den beiden Objekten beliefen sich auf folgende Beträge:
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[…]
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Die auf den Unterhaltsprozess entfallenden und von der Klägerin im Streitjahr 2015 bezahlten Gerichts- und Anwaltskosten beliefen sich unstreitig auf 4.983,42 €.
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Für das Streitjahr 2015 gab die Klägerin im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung „Scheidungskosten“ als außergewöhnliche Belastungen an, die der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 31.3.2017 nicht berücksichtigte. Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter.
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Nachdem der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2015 am 13.4.2017 aus im Klageverfahren nicht streitigen Gründen zugunsten der Klägerin geändert hatte, erließ er am 22.1.2018 eine zurückweisende Einspruchsentscheidung. Hierzu berief er sich auf die zwischenzeitlich ergangenen Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.5.2017 (Az. VI R 9/16, VI R 66/14, VI R 81/14 und VI R 19/15), wonach Scheidungskosten ab dem Kalenderjahr 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden könnten. Ein Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen komme nur noch dann in Betracht, wenn der Steuerpflichtige ohne diese Aufwendungen „Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren“ und „seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können“, wobei unter Existenzgrundlage im vorgenannten Sinne die materielle Lebensgrundlage zu verstehen sei. Eine Scheidung, deren Kosten unter diese Abzugsbeschränkung falle, diene jedoch nicht dazu, eine Gefährdung der materiellen Lebensgrundlage abzuwehren.
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Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren mit der Einschränkung weiter, dass nunmehr lediglich die auf Geltendmachung der Zahlung nachehelichen Unterhalts entfallenden anteiligen Prozesskosten i.H.v. 4.983,42 € als außergewöhnliche Belastungen oder als Werbungskosten bei den Unterhaltsleistungen ihres geschiedenen Ehemannes, die i.H.v. 10.800 € als Einnahmen gemäß § 22 Nr. 1a EStG angesetzt wurden, zu berücksichtigen seien.
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Zur Begründung trug sie vor, die Verfahren betreffend des von ihrem geschiedenen Ehemann zu zahlenden nachehelichen Unterhalts seien zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage geführt worden. Ohne den nachehelichen Unterhalt sei eine die lebensnotwendigen Bedürfnisse der Klägerin deckende Grundlage insbesondere im Hinblick auf die Versorgung der zum damaligen Zeitpunkt bei ihr lebenden beiden Kinder nicht vorhanden gewesen, sodass die aus den Verfahren resultierenden und von ihr zu tragenden Prozesskosten auch nach der Änderung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sowie der hierzu ergangenen neuen Rechtsprechung des BFH mit Urteilen vom 18.5.2017 als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen seien.
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Das der Klägerin zur Verfügung stehende liquide Einkommen habe im Veranlagungszeitraum 2013 nicht ausgereicht, um ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen zu befriedigen, sodass das Verfahren zur Geltendmachung nachehelichen Unterhalts zur Existenzsicherung der Klägerin erforderlich gewesen sei und die hierauf entfallenden Prozesskosten mithin auch steuerlich zu berücksichtigen seien.
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Zu beachten sei hierbei, dass es sich bei dem von der Klägerin in den Familiensachen geltend gemachten nachehelichen Unterhalt um Aufstockungsunterhalt i.S.v. § 1573 Abs. 2 BGB handele, da die Klägerin ihren vollen Unterhalt i.S.v. § 1578 BGB nicht mit ihrer Erwerbstätigkeit erwirtschaften könne. Dieser Aufstockungsunterhalt diene gerade der Existenzsicherung des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten. Bei der Auslegung des Begriffes „Existenzgrundlage“ i.S.v. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sei der Kontext des § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, sodass auf gleiche Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstand abzustellen sei, nicht aber auf das Existenzminimum im sozialrechtlichen Sinne.
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Mit Urteil vom 9.12.2019 gab der Senat der Klage im ersten Rechtsgang vollumfänglich statt, da er die Prozesskosten als Werbungskosten ansah, die anstelle des Pauschbetrags von 102 € bei den sonstigen Einkünften anzusetzen seien.
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Der BFH hob dieses Urteil mit Urteil vom 18.10.2023 (Az. X R 7/20) auf und verwies die Sache an das FG Münster zurück. Bei den Prozesskosten handele es sich nicht um Werbungskosten, sodass zu prüfen sei, ob die Voraussetzungen für einen Abzug als außergewöhnliche Belastungen vorliegen. Wegen der Einzelheiten wird auf das BFH-Urteil (Bl. 141 ff. GA) Bezug genommen.
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Im zweiten Rechtsgang trägt die Klägerin ergänzend vor, dass ihr damaliger Ehemann nach der Trennung zunächst keinen Trennungsunterhalt bezahlt habe und sie sich in dieser Zeit teilweise in stationärer medizinischer Behandlung befunden habe. Die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei daher notwendig gewesen. Bei ihren Arbeitsstellen (Fa. J und [Krankenhaus]) habe es sich um Aushilfsstellen gehandelt. Da es sich hierbei um befristete Anstellungen gehandelt habe, habe hierin weder eine wirtschaftliche Sicherheit noch die Erwartung auf ein nachhaltig erzielbares Einkommen gelegen. Eine befristete Arbeitsstelle könne daher nicht Teil der Existenzgrundlage sein.
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Maßgeblich für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sei der Zeitpunkt, in dem erkannt werde, dass mit den künftig zu erwartenden Mitteln die existenzielle Grundlage nicht mehr gesichert sei. Es komme demzufolge auf den Zeitpunkt der Beantragung des Unterhalts, vorliegend also auf das Jahr 2013, an. In diesem Jahr sei der Klägerin ein Nettobetrag (zu versteuerndes Einkommen abzüglich Steuern und Unterhalt) i.H.v. 14.366,09 € (monatlich 1.197,17 €) verblieben. Die Geltendmachung des Unterhalts sei damit existenziell gewesen.
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Die beiden Mietobjekte hätten allein der zusätzlichen Altersabsicherung der Klägerin gedient, die in der Zeit der Kindererziehung nicht berufstätig gewesen sei. Die Darlehen seien aus den Mieten zu tilgen gewesen. Einkünfte für den laufenden Lebensunterhalt hätten sich hieraus nicht ergeben.
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Im Streitfall sei der Wegfall des Unterhalts mit dem Wegfall eines Betriebes, der der Existenz diente, zu vergleichen. Im Jahr 2012 habe die Klägerin nur ein äußerst geringes Einkommen erzielt, welches aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation äußerst unsicher gewesen sei.
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Sollte der Begriff der Existenzgrundlage in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG dahingehend auszulegen sein, dass auf das sozialhilferechtliche Existenzminimum abzustellen sei, hätte die Ausnahmeregelung keinen Anwendungsbereich.
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Die Klägerin beantragt,
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den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 13.4.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.1.2018 dahingehend zu ändern, dass Prozesskosten i.H.v. 4.983,42 € als zusätzliche außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden und
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die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte trägt vor, dass eine Gefährdung der Existenzgrundlage der Klägerin unter Berücksichtigung ihres Erwerbseinkommens zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen sei, sodass die Prozessführung zur Erlangung nachehelichen Unterhalts nicht dazu gedient habe, die lebensnotwendigen Bedürfnisse der Klägerin in dem üblichen Rahmen weiter befriedigen zu können und die Klägerin vor dem Verlust ihrer Existenzgrundlage zu bewahren. Als Existenzgrundlage in diesem Sinne sei nach den Urteilen des BFH vom 18.5.2017 insoweit nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen. Der individuelle Lebensstil habe dabei unberücksichtigt zu bleiben.
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Im zweiten Rechtsgang ergänzt der Beklagte, dass es vorliegend lediglich um Aufstockungsunterhalt gehe, so dass der Lebensunterhalt bereits anderweitig gesichert sei. Auch vor dem Hintergrund der eigenen Einkünfte der Klägerin liege nicht der gesetzlich geforderte extreme Ausnahmefall vor, der es ermöglichen könnte, die der Klägerin entstandenen Kosten der privaten Lebensführung der Allgemeinheit aufzubürden. Zusätzlich sei die Existenz durch gesetzliche Schutzvorschriften (z.B. §§ 811, 850 ff. ZPO und § 304 InsO) abgesichert.
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In der Sache hat am 18.9.2024 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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A. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 13.4.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.1.2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung, FGO). Bei den Prozesskosten i.H.v. 4.983,42 € handelt es sich nicht um außergewöhnliche Belastungen.
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I. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands, können diese nach § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Außer Betracht bleiben nach § 33 Abs. 2 Satz 2 EStG Betriebsausgaben, Werbungskosten und Sonderausgaben. Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG).
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II. Bei den streitigen Kosten handelt es sich nicht um Werbungskosten. Diese vom BFH vorgenommene rechtliche Beurteilung ist für das Gericht nach § 127 Abs. 5 FGO bindend. Ein Abzug als Betriebsausgaben oder Sonderausgaben kommt offensichtlich nicht in Betracht.
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III. Ob die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG vorliegen, kann dahinstehen, denn vorliegend greift jedenfalls die Ausnahme des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ein.
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1. Bei den geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten handelt es sich unstreitig um Prozesskosten.
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2. Die Voraussetzungen, nach denen Prozesskosten ausnahmsweise doch zum Abzug zuzulassen sind, liegen nicht vor. Die Klägerin lief ohne die gerichtliche Geltendmachung des nachehelichen Unterhalts nicht Gefahr, ihre Existenzgrundlage zu verlieren und ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.
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a) Als Existenzgrundlage in diesem Sinne ist nur die materielle Lebensgrundlage des Steuerpflichtigen zu verstehen. Hintergrund ist unter anderem, dass es verfassungsrechtlich lediglich geboten ist, das Existenzminimum zu verschonen, dessen Höhe sich nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Zu diesem einkommensteuerrechtlich zu verschonenden Existenzminimum gehören Prozesskosten grundsätzlich nicht. Soweit Prozesse zur Sicherung des Existenzminimums notwendig sind, trägt dem § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG Rechnung, indem Prozesskosten ausnahmsweise zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zugelassen werden, falls die Existenz des Steuerpflichtigen gefährdet wäre, würde er sich nicht auf einen Prozess einlassen (BFH-Urteil vom 18.5.2017 ‒ VI R 9/16, BStBl. II 2017, 988, m.w.N.). Bei der Beurteilung der Existenzgefährdung ist das frei verfügbare Einkommen des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 13.8.2020 ‒ VI R 27/18, BStBl. II 2021, 86). Da zur Bestimmung der Existenzgrundlage alle Einkunftsquellen und das gesamte Vermögen einzubeziehen sind, muss nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG auch die gesamte Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen bedroht sein. (Kanzler in: Herrmann/ Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 33 EStG, Rn. 213 m.w.N.).
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Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Ausnahmeregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG trotz dieser vom BFH vorgenommenen engen Auslegung einen Anwendungsbereich, etwa wenn die Nutzung des Wohnhauses zu eigenen Wohnzwecken ernsthaft in Frage gestellt war oder der Steuerpflichtige durch eine Vertragsverletzung oder eine unerlaubte Handlung schwerwiegende körperliche Schäden erlitten hatte (BFH-Urteil vom 18.5.2017 ‒ VI R 9/16, BStBl. II 2017, 988, Rn. 19 mit Nachweisen aus der zu Zeiträumen vor Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ergangenen Rechtsprechung, nach der Prozesskosten bei Bedrohung der Existenzgrundlage als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig waren).
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b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gefährdung der Existenzgrundlage ist die gerichtliche Antragstellung als auslösendes Moment der Prozesskosten. Da die Klägerin den gerichtlichen Antrag vom 31.10.2013 (Eingang beim Amtsgericht 2.11.2013) erst im laufenden Scheidungsverfahren gestellt hat, nachdem außergerichtliche Einigungsversuche mit ihrem damaligen Ehemann gescheitert waren, sind für die Beurteilung ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Jahr 2013 zu berücksichtigen.
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c) Zur Existenzgrundlage der Klägerin gehörten im Jahr 2013 ihre Arbeitskraft, die beiden Mietobjekte sowie der von ihrem damaligen Ehemann gezahlte Unterhalt.
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aa) Entgegen der Auffassung der Klägerin stellte ihre Arbeitskraft, die sie sowohl im Rahmen ihrer Angestelltenverhältnisse als auch zur Erzielung von Einkünften aus selbständiger Arbeit einsetzte, ihre wesentliche Existenzgrundlage dar. Die Klägerin verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung und zusätzlich über ein abgeschlossenes Studium. Aufgrund dieser Qualifikationen war sie trotz der Unterbrechungen durch die Erziehung der Kinder in der Lage, eine adäquate Anstellung zu finden. Auch nach Beendigung des Angestelltenverhältnisses bei der Fa. J zum 31.7.2013 ist es ihr gelungen, nahtlos zum 1.8.2013 eine neue Stelle zu finden, mit der sie trotz Teilzeit (ca. 70 %) einen monatlichen Bruttoarbeitslohn in Höhe von ca. 2.400 € erzielte. Vor dem Hintergrund, dass es der Klägerin offensichtlich wegen ihrer hohen Qualifikation und ihrer Berufserfahrung gelungen ist, nahtlos eine neue Arbeitsstelle zu finden, ist es unerheblich, dass es sich hierbei zunächst um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelte. Im Übrigen sind Befristungen unter den Voraussetzungen von § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zulässig, im Berufsleben durchaus üblich und münden ‒ wie im Fall der Klägerin ‒ häufig in einer unbefristeten Anstellung. Wären befristete Arbeitsverhältnisse nicht geeignet, (ganz oder teilweise) eine Existenzgrundlage darzustellen, dürften auch sämtliche Gewinneinkünfte nicht zu einer Existenzgrundlage führen, da in diesen Fällen häufig noch unsicherer ist, ob zukünftig noch Einnahmen erzielt werden können.
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Maßgeblich ist vielmehr, dass die Klägerin ihre berufliche Qualifikation und ihre Berufserfahrung zur Erzielung von Einkünften nutzen konnte und auch tatsächlich genutzt hat. Neben ihrer Angestelltentätigkeit hatte die Klägerin zusätzlich Kapazitäten, ihre Arbeitskraft für die Erzielung selbstständiger Nebeneinkünfte als Programmiererin einzusetzen. Selbst wenn ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung beendet worden wäre und sie nicht nahtlos eine neue Stelle gefunden hätte, hätte sie die Möglichkeit gehabt, mit derartigen Tätigkeiten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
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bb) Auch die beiden Mietobjekte zählen zur Existenzgrundlage der Klägerin. Der Umstand, dass die Objekte nach eigenem Vortrag der Sicherung der Altersversorgung der Klägerin dienen sollten, spricht nicht gegen diese Beurteilung. Unzweifelhaft handelt es sich hierbei um eine Kapitalanlage. Diese beiden Objekte sind aber bereits für die Absicherung der Altersversorgung der Klägerin nicht erforderlich, da sie zum einen eigene Rentenansprüche aus verschiedenen Angestelltentätigkeiten erworben hat und auch noch laufend erwirbt und zum anderen ein Versorgungsausgleich zugunsten der Klägerin durchgeführt worden ist.
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Darüber hinaus sind die Objekte in der Lage, dauerhaft positive Einkünfte abzuwerfen. Aus dem Objekt A-Straße hat die Klägerin bereits im Jahr 2013 positive Einkünfte erzielt. Bei dem anderen Objekt waren die Einkünfte in den Jahren 2013 und 2014 nur deshalb negativ, weil nach Erwerb höhere Erhaltungsaufwendungen angefallen sind. Ab dem Jahr 2015 waren die Einkünfte auch bei diesem Objekt positiv.
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Aus dem Vortrag der Klägerin, dass die Mieteinnahmen zur Tilgung der noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten verwendet werden, wird deutlich, dass sich die Kapitalanlagen (weitgehend) selbst tragen. Anders als bei anderen Anlageformen wie Lebensversicherungen oder Sparverträgen musste die Klägerin für die beiden Mietobjekte keine Bestandteile ihres übrigen Einkommens verwenden, um die Vermögenswerte aufzubauen.
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cc) Vor diesem Hintergrund war der Unterhalt des Ehemannes nicht notwendig, um die Existenzgrundlage der Klägerin zu sichern. Wie die Klägerin selbst darlegt, standen ihr im Jahr 2013 ohne den Unterhalt noch knapp 1.200 € monatlich als frei verfügbares Einkommen zur Verfügung. Dieser Betrag übersteigt das steuerliche Existenzminimum, das im Jahr 2013 bei 8.130 € jährlich lag, deutlich. Bereinigt man das frei verfügbare Einkommen noch um die außerordentlichen Erhaltungsaufwendungen bei den beiden Mietobjekten, wird die Diskrepanz noch deutlich größer.
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Daher kann letztlich dahinstehen, ob die Immobilien zur Existenzgrundlage der Klägerin zählen, denn ihre Existenzgrundlage war bereits allein aufgrund ihrer Arbeitskraft gesichert. Wenn man ‒ entsprechend der Auffassung der Klägerin ‒ ihre Mieteinkünfte außer Betracht ließe, blieben ihr aufgrund des Arbeitseinkommens noch Nettoeinkünfte, die das Existenzminimum deutlich übersteigen.
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dd) Die übrigen Bestandteile der Existenzgrundlage der Klägerin (Arbeitskraft und Immobilienvermögen) waren zu keinem Zeitpunkt gefährdet und auch vom Unterhaltsprozess nicht betroffen.
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ee) Aus denselben Erwägungen lief die Klägerin auch nicht Gefahr, ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, ohne dass es hierauf noch ankäme.
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B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die von der Klägerin zu tragenden Kosten umfassen auch die Kosten des Revisionsverfahrens, weil der BFH die Kostenentscheidung auf das Finanzgericht übertragen hat und die Klägerin danach auch mit ihrem Begehren, die Kosten als Werbungskosten abziehen zu können, nicht durchgedrungen ist.
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C. Die Revision war nicht zuzulassen, da kein Revisionsgrund im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Es handelt sich um einen Einzelfall, der am Maßstab der inzwischen als gefestigt anzusehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG beurteilt wurde.