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  • 21.09.2012 · IWW-Abrufnummer 122880

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 28.03.2012 – 7 V 4/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Az. 7 V 4/12

    Beschwerde eingelegt, BFH-Az. III B 68/12

    Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin abgelehnt.

    Die Beschwerde wird zugelassen.

    Gründe

    I.
    Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung der Vollziehung, soweit sie nach ihrer Auffassung als Alleinerziehende mit zwei Kindern in verfassungswidriger Weise besteuert wird.

    Die Antragstellerin ist Mutter zweier …und …geborener Kinder. Ihr Ehemann und Vater der Kinder verstarb im Jahr …. Seitdem ist die Antragstellerin verwitwet.

    Die Antragstellerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus … als … in Höhe von rund € x. Des Weiteren erhielt sie Versorgungsbezüge in Höhe von rund € …. Ihre Kinder erhielten im Streitjahr Renten und Versorgungsbezüge (nach ihren Angaben in Höhe von jährlich € … und € …). In ihrer Gewinnermittlung und ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Antragstellerin keine Kinderbetreuungskosten geltend.

    Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom … (gemäß § 164 Abs. 1 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung) und in dem (gemäß § 164 Abs. 2 AO geringfügig geänderten) Bescheid vom … setzte das Finanzamt (FA) die Einkommensteuer unter Zugrundelegung der Regelungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) fest. Für die beiden Kinder zog es Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von gesamt € 11.616 ab und rechnete im Gegenzug der Einkommensteuer gemäß § 31 Satz 4 EStG das Kindergeld in Höhe von € 3.696 hinzu. Ferner zog das FA den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG in Höhe von € 1.308 ab. Es veranlagte die Antragstellerin einzeln zur Einkommensteuer und setzte die Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen von rund € … nach der Grundtabelle mit € … an. Nach Berücksichtigung von Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen und Hinzurechnung des Kindergeldes ergaben sich eine festzusetzende Einkommensteuer in Höhe von € … und ein festgesetzter Solidaritätszuschlag in Höhe von € ….

    Aufgrund der entsprechend ihren Angaben festgesetzten und von der Antragstellerin geleisteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen ergab sich aus dem Einkommensteuerbescheid vom … eine Einkommensteuer-Nachzahlung in Höhe von € … und aus dem Einkommensteuerbescheid in der Fassung vom … eine weitere Einkommensteuer-Nachzahlung in Höhe von € …, zusammen € …. Die Antragstellerin leistete die Nachzahlungen.
    Mit Schreiben vom … legte die Antragstellerin gegen den „ESt-Solz-Bescheid vom …“ Einspruch ein. Das FA legte das Schreiben als Einspruch gegen den Bescheid vom … aus. Mit Schreiben vom … begründete die Antragstellerin ihren Einspruch u.a. wie folgt:
    Er richte sich gegen die Nichtgewährung des Splitting-Tarifs. Bei einem kinderlosen Ehepaar, bei dem einer der Ehepartner Einkünfte in der von ihr allein erzielten Höhe (rund € …) und der andere Ehepartner Einkünfte in Höhe von € 0 erzielt hätte, hätten nach den beigefügten Berechnungen die festgesetzte Einkommensteuer € … und der Solidaritätszuschlag € … betragen, mithin gesamt rund € 7…. weniger. Bei einem Ehepaar mit denselben Einkünften mit einem Kind (ebenfalls drei Personen) ergebe sich eine um gesamt rund € 7…. niedrigere Steuer. Das kinderlose Ehepaar habe einen Grenzsteuersatz von rund 3... %, das Ehepaar mit einem Kind von rund 3… %, während sie einen Grenzsteuersatz von rund 4… % habe, mithin auf jeden mehr verdienten Euro ... % (incl. Solidaritätszuschlag) mehr Steuer bezahlen müsse als ein Ehepaar mit einem Kind, welches sich Haus- und Erziehungsarbeit teilen könne, nur ein Kind statt zweien zu erziehen und zu betreuen habe und auch nur für ein Kind eine Ausbildung zu finanzieren habe.
    Das steuerliche Ehegattensplitting in Deutschland sei ein antiquierter „Klassiker“ der staatlichen Instrumente zur Förderung des männlichen Ernährermodells. Es fördere die nicht unterstützungsbedürftige kinderlose Ehe. Das mit € 3.648 bewertete tatsächliche Existenzminimum eines Kindes (§ 32 Abs. 6 EStG) bleibe weit hinter dem funktionsgleichen Grundfreibetrag für Erwachsene in Höhe von € 7.664 zurück. Dies sei analog dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1, 3, 4/09 BVerfGE 125, 175) verfassungswidrig. Unter Zugrundelegung der nach dem Sozialrecht angemessenen Wohnfläche entstünden ihr als drei-Personen-Haushalt sozialrechtlich angemessen höhere Kosten als einem kinderlosen Ehepaar. Verwitwete Steuerpflichtige erhielten weder Unterhaltsleistungen noch Unterhaltsersatzleistungen.
    Neben der steuerlichen Benachteiligung sei sie dadurch benachteiligt, dass sie als Frau und allein erziehende Mutter von zwei Kindern ein deutlich geringeres Lebenseinkommen erreiche als Männer mit Kindern mit gleicher Bildung. Dadurch könne sie nur in einem deutlich geringeren Umfang für ihr Alter vorsorgen. Bei einem Ehepaar mit einem Kind werde der berufstätige Partner in der Regel von dem nicht oder nur teilweise berufstätigen Partner in der Haushaltsführung und Kinderbetreuung und -versorgung einschließlich Unterstützung bei Hausaufgaben der Kinder unterstützt. Durch diese von ihr allein zu erbringenden Tätigkeiten würden ihre Erwerbsmöglichkeiten eingeschränkt bzw. habe sie entsprechend eine überdurchschnittliche Personalkostenquote. Aufgrund des höheren Grenzsteuersatzes müsse sie einen noch höheren Gewinn erzielen als ein gleich verdienendes Ehepaar ohne oder mit einem Kind, um nach Steuern das gleiche verfügbare Haushaltseinkommen zu haben. Ferner müsse sie einen höheren Organisationsgrad unter Einschaltung von Fremdverpflegung und Nachhilfe mit entsprechenden Kosten bewerkstelligen.
    Die Antragstellerin führte „allgemeine weitere Kritikpunkte am Ehegattensplitting“ auf. Es fördere insbesondere die Ehen, in denen hohe Einkommen ungleich auf die Ehepartner verteilt seien, und zwar unabhängig davon, ob in dieser Familie Kinder lebten. Angesichts der gesellschaftlichen Realität, dass knapp 20 % der Jugendlichen in Deutschland bei einem alleinerziehenden Elternteil lebten und statistisch zur so genannten „traditionellen Familie“ auch verheiratete Paare mit Kindern aus früheren Beziehung sowie mit Stief-, Pflege- und Adoptivkindern zählten, seien die erheblichen Mittel für das Ehegattensplitting (über 20 Milliarden Euro jährlich) nicht mehr gerechtfertigt.
    Art. 3 Abs. 1 GG gebiete in seiner Ausprägung als horizontale Steuergleichheit, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit gleich hoch zu besteuern. Mit der Versagung des Splittingtarifs für verwitwete Alleinerziehende bevorzuge das Steuerrecht einseitig die Ehe, insbesondere die kinderlose Ehe und belaste die Familie mit Kindern, in der ein Ehegatte gestorben sei, unverhältnismäßig hoch. Hierdurch sei Art. 20 GG verletzt. Aus Art. 6 Abs. 1 GG folge, dass bei der Besteuerung einer Familie das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder steuerfrei bleiben müsse. Art. 6 Abs. 4 GG gebiete den Schutz der Mutter.
    In sehr veralteten verfassungsrechtlichen Entscheidungen werde immer wieder auf eine Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1961 verwiesen (richtig: BVerfG, Urteil vom 3. November 1982, 1 BvR 620/78 1335/78, 1104/79, 363/80, BVerfGE 61,319, BStBl II 1982, 717). In den zwischenzeitlich ins Land gegangenen knapp 50 Jahren hätten sich gesellschaftliche Rahmenbedingungen erheblich verändert. Das Unterhaltsrecht habe sich geändert. Die Ehe als Versorgungsinstitut habe ausgedient. Die Scheidungsraten, die Anzahl kinderloser Ehen und der ehelosen Eltern sei gestiegen.
    Die der Begründung der Entscheidung des BVerfG vom 3. November 1982 zugrunde gelegte „intakte Durchschnittsehe“ sei ein unbestimmter und durch die Realität überholter antiquierter Rechtsbegriff. Mit der Annahme, dass Eheleute als Erwerbsgemeinschaft gleichberechtigter Personen jegliche Einkünfte gleichmäßig und gerecht aufteilen und auch dementsprechend besteuert werden sollen, unterstelle der Staat ein Idealmodell, das empirisch häufig genug widerlegt worden sei. Geld sei auch in Ehen ein Machtfaktor. Wer das Einkommen erziele, bestimme letztendlich über die Art und Weise, wie es ausgegeben werde. Das Ehegattensplitting fördere diese Machtasymmetrie, in dem die Steuervergünstigung auch noch jenem zufließe, der das höhere Einkommen erziele - in der Regel immer noch dem Mann. Die OECD benenne diese Besonderheit des deutschen Steuersystems daher als einen wesentlichen Grund für die zu geringe Erwerbstätigkeit von Frauen und damit als steuerlichen Fehlanreiz. Darüber hinaus habe das Splittingverfahren nach seinem vom Gesetzgeber zugrunde gelegten Zweck u.a. „eine besondere Anerkennung der Aufgabe der Ehefrau als Hausfrau und Mutter“ bedeuten sollen. In einer kinderlosen Ehe gebe es begriffslogisch keine Mutter. Solange das Ehegattensplitting beibehalten werde, werde damit das Modell der traditionellen Arbeitsteilung perpetuiert. Statt endlich gleicher Bezahlung, Karrieremöglichkeiten und einem Ende der Frage für Frauen „Familie oder Beruf“ verharre die Gesellschaft teilweise (im Steuerrecht) in einer 50er-Jahre-Realität, obwohl die Ansprüche und Wünsche junger Frauen und Männer deutlich in eine egalitäre Gesellschaft wiesen.
    Das FA wies mit Bescheid vom … den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid zurück. Die von der Antragstellerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob von verfassungswegen Alleinerziehenden mit Kindern das Splittingverfahren zu gewähren sei, sei durch ständige, bis in die jüngste Zeit bestätigte Rechtsprechung des BVerfG und des BFH geklärt. Die gesellschaftliche Entwicklung und die wachsende Zahl sogenannter Restfamilien mit Kindern führe zu keinem anderen Ergebnis.
    Das Ehegattensplitting stelle eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG orientierte sachgerechte Besteuerung dar. Der Gleichheitssatz i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG gebiete es nicht, den Splittingvorteil auf Alleinerziehende auszudehnen. Zwischen Alleinerziehenden und ihren Kindern bestehe weder wirtschaftlich noch familienrechtlich eine Gemeinschaft des Erwerbs, die zu einer anteiligen Teilhabe am Familieneinkommen führe, sondern ein bloßes Unterhaltsverhältnis. Ebenso wenig komme für Alleinerziehende mit Kindern ein durch Art. 6 Abs. 1 GG zu schützendes Recht in Betracht, über die Aufgabenteilung partnerschaftlich zu entscheiden.
    Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 3. November 1982 noch angenommen, der Splitting-Tarif erleichtere Eheleuten mit Kindern, ihre Lebensführung so einzurichten, dass ein zusätzlicher Betreuungsaufwand für die Kinder entweder nicht entstehe oder zumindest leichter getragen werden könne als bei Alleinerziehenden. Dies habe das BVerfG in seiner Entscheidung vom 10.11.1998 (2 BvR 1057/91, 1226/91, 980/91, BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182) modifiziert. Das BVerfG gehe nunmehr davon aus, dass der Betreuungsbedarf eines Kindes generell die Leistungsfähigkeit der Eltern mindere und als notwendiger Bestandteil des familiären Existenzminimums einkommensteuerlich unbelastet bleiben müsse. Die Abzugsfähigkeit eines Haushaltsfreibetrages und von Kinderbetreuungskosten nur bei Alleinstehenden benachteilige eheliche Erziehungsgemeinschaften. Diese Benachteiligung werde nicht dadurch gemindert, dass in ehelicher Gemeinschaft lebende Eltern zusammen veranlagt werden könnten. Die Zusammenveranlagung setze eine Ehe, nicht hingegen einen kindbedingten Bedarf voraus. Betreuungs- und Erziehungsbedarf müssten bei allen Erziehungsgemeinschaften und Alleinstehenden in gleicher Weise und unabhängig davon berücksichtigt werden, in welcher statusrechtlichen Beziehung die Eltern lebten. Das BVerfG sehe das Benachteiligungsverbot nur zu Lasten der Ehe, nicht jedoch zu Lasten anderer Lebensgemeinschaften.
    Mit ihrer Klage im Hauptsacheverfahren, die unter dem Aktenzeichen 7 K 114/10 beim Niedersächsischen Finanzgericht geführt wird, begehrt die Antragstellerin, den Einkommensteuer- und Solidaritätszuschlagsbescheid vom … abzuändern auf die festzusetzende Einkommensteuer, die sich unter Anwendung eines auf drei Personen angewendeten Splittingtarifs ergibt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen macht sie geltend: Neben den verfassungsrechtlichen Bedenken zeichne sich auch auf der gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Ebene ein Paradigmenwechsel ab. Hierzu legt die Antragstellerin im Einzelnen politische Meinungen und Bestrebungen zur Abschaffung des Ehegattensplittings und zur Einführung eines Familiensplittings dar. Interessant seien die Ansätze der CDU/CSU und der FDP, die steuerliche Berücksichtigung von Kindern auf den für Erwachsene geltend gemachten Freibetrag von € 8.004 anzuheben. Diese Vorstellung berücksichtige das Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 (a.a.O.) zur Verfassungswidrigkeit der abgeleiteten Höhe der Regelleistung für Kinder pauschal von der eines alleinstehenden Erwachsenen. Im Falle geschiedener Eheleute mit Realsplitting (insbesondere eines wieder verheirateten alleinverdienenden Unterhaltszahlers) falle die steuerliche Belastung für drei Erwachsene ohne Kinder sogar um über € 12.000 niedriger aus als für eine gleich verdienende Alleinerziehende mit zwei in Ausbildung befindlichen Kindern. Dies alles widerspreche dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Dass die Zeit reif sei, sei auch dem Beschluss des BVerfG vom 21. Juli 2010 zur Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften (1 BvR 611/07, 2464/07, BVerfGE 126, 400) zu entnehmen. Das BVerfG habe ausdrücklich verworfen, andere Lebensformen mit bloßem Verweis auf Art. 6 Abs. 1 GG zu benachteiligen.
    Mit Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom … und … macht die Antragstellerin weitere Ausführungen zu dem vorgetragenen Verfassungsverstoß und zur Besteuerung von Eheleuten und Eltern / Alleinerziehenden mit Kindern in anderen europäischen Ländern (insbesondere der Schweiz). Es komme nicht allein auf die Vergleichbarkeit von Sachverhalten (Eheleute einerseits, Eheleute und Kinder andererseits) an, sondern auch auf die Versagung einer Begünstigung. Aus dem Gleichheitssatz folge das Verbot eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses. Das BVerfG habe mit seinem Beschluss vom 21. Juli 2010 den gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes bezüglich eingetragener Lebenspartner für alle noch offenen Verfahren aufgehoben und die dortigen Steuervorteile, die bislang nur Ehegatten erhielten, auf eingetragene Lebenspartner ausgedehnt. Nach dem (im Einzelnen dargestellten) Leistungsfähigkeitsprinzip und dem dualistischen Konzept „Erwerbseinkommen ./. private Abzüge“ zur Messung der objektiven und subjektiven Leistungsfähigkeit würden Alleinerziehende benachteiligt. § 26 EStG stelle eine kinderlose Ehefrau ohne eigenes Erwerbseinkommen besser als ein oder mehrere in Schulausbildung befindliche Kinder. Das BVerfG habe bezüglich des Betreuungsbedarfs eines Kindes festgestellt, dass dieser generell die Leistungsfähigkeit der Eltern mindere. Die Leistungsfähigkeit einer Alleinerziehenden mit Kindern sei also anerkannt gemindert, dennoch bezahle sie mehr Steuern als ein Alleinverdiener-Ehepaar ohne Kinder. Da Alleinerziehende überwiegend weiblich seien, würden überwiegend Angehörige weiblichen Geschlechts benachteiligt und mittelbar diskriminiert. In über der Hälfte aller Haushalte lebten keine Kinder mehr. 43 % des Splittings kämen Kinderlosen zugute. Es fördere nicht die Familie, sondern die Alleinverdiener-Ehe. Die Entlastung falle zu ca. 93 % in den alten Bundesländern an. Für diese regionale Diskriminierung gebe es keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung. Die Argumentation des Einkommens-Poolings in Haushalten sei empirisch nicht haltbar bzw. gebe es hierzu keine fundierten Erkenntnisse. Die im Urteil des BVerfG vom 3. November 1982 zugrunde gelegte „intakte Durchschnittsehe“ habe sich in den Jahren seit 1982 so weit gewandelt, dass die Grundlage für die Argumentation des BVerfG entfallen sei.
    Es werde als verfassungswidrig gerügt, dass in einer kinderlosen Alleinverdiener-Ehe ein nicht erwerbstätiger Ehegatte einen ungleich höheren Grundfreibetrag erhalte als ein Kind, dass die Ehe zusätzlich durch die Verdoppelung von Sonderausgabenhöchstbeträgen begünstigt werde und dass die Alleinverdiener-Ehe einen um ca. 10 % günstigeren Grenzsteuersatz habe als eine verwitwete Alleinerziehende mit zwei Kindern. Dies widerspreche insgesamt eklatant dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.
    Ergänzend und hilfsweise werde auf die Entscheidung des BVerfG vom 9. Februar 2010 (a.a.O.) verwiesen. Der für das Jahr 2008 geltende Sechste als auch der aktuelle Siebente Existenzminimumbericht basierten auf für verfassungswidrig erklärten Grundnormen des SGB. Bei der Einelternfamilie führe das Fehlen eines Elternteils auf der Ausgabenseite kaum zu Einsparungen. Auf der Einkommensseite fehle der in unbezahlter Arbeit geleistete Beitrag.
    Der geringe Alleinverdiener-Freibetrag werde nur für das erste Kind gewährt. Für weitere Kinder gebe es keine Entlastung. Ein Alleinerziehender könne erst mit mehr als 6 Kindern den gleichen steuerlichen Vorteil erreichen, den ein Spitzenalleinverdiener maximal als Splitting-Vorteil für eine nicht arbeitende Frau bekomme.
    Jedes Kind beschränke zudem die Leistungsfähigkeit durch den berechtigten Anspruch auf Zeitressourcen (für Betreuung und Versorgung) und damit die für die Einkommenserzielung zur Verfügung stehende Zeit.
    Die Antragstellerin beantragt im Hauptsacheverfahren (unter Einbeziehung der Einkünfte ihrer Kinder), „unter analoger Anwendung des Splittingtarifs die Einkommensteuer 2008 in der Weise festzusetzen, dass das zu versteuernde Einkommen gedrittelt wird (da drei Personen und von drei Personen das Einkommen enthalten ist), auf das Drittel in einem Zwischenschritt die Einkommensteuer ermittelt wird und das Dreifache der so ermittelten Steuer festgesetzt wird.“ Auf die dem Schriftsatz vom … beigefügten Berechnungen wird Bezug genommen; hiernach ergebe sich eine Einkommensteuer in Höhe von € …. Es ergebe sich ein Nachteil bezüglich der Einkommensteuer in Höhe von € ….
    Mit Schreiben vom … und … an das FA hat die Antragstellerin beantragt, „die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom … zur Steuernummer … aufzuheben, soweit durch den Bescheid die Antragstellerin gegenüber einem Alleinverdiener-Ehepaar benachteiligt wird (Euro ... Einkommensteuer zzgl. entsprechendem Solidaritätszuschlag)“. Zur Begründung hat sie auf ihre Ausführungen im Hauptsacheverfahren verwiesen. Das FA hat den Antrag mit Bescheid vom … unter Verweis auf seine im Einspruchs- und Klageverfahren gefertigten Schriftsätze abgelehnt.
    Die Antragstellerin beantragt,
    die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom … zu Steuernummer … aufzuheben, soweit durch den Bescheid die Antragstellerin gegenüber einem Alleinverdiener-Ehepaar benachteiligt wird (Euro … Einkommensteuer zuzüglich entsprechender Solidaritätszuschlag).
    Der Antragsgegner beantragt,
    den Antrag abzulehnen.
    Er verweist auf seine Ausführungen im Hauptsacheverfahren und hält an seiner Auffassung fest. Im Hauptsacheverfahren weist er ergänzend darauf hin, dass der BFH mit Beschluss vom 28. Januar 2005 (III B 97/04, BFH/NV 2005, 1050) dazu Stellung genommen habe, dass Aufwendungen für die Betreuung von Kindern nicht durch das auf einer anderen Grundlage beruhende und anderen Zwecken dienende Ehegattensplitting steuermindernd berücksichtigt werden könnten. Das BVerfG habe die gegen dieses Urteil eingereichte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 23. September 2005, 2 BvR 726/05, juris). Zudem habe der BFH mit Beschluss vom 17. August 2004 (III B 121/03, BFH/NV 2005, 46) entschieden, dass das Ehegattensplitting mit den Grundwerten des Familienrechts sowie mit Art. 6 Abs. 1 GG im Einklang stehe. Die Rechtsprechung zur einkommensteuerlichen Gleichstellung von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sei mangels Vergleichbarkeit auf den Streitfall nicht anwendbar, denn die Gewährung des Splittingtarifs setze eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen Partnern voraus.
    Wegen des weiteren Sachverhaltes und Vorbringens wird auf den Inhalt der Steuerakten und der gewechselten Schriftsätze, auch im Hauptsacheverfahren 7 K 114/10, Bezug genommen.
    II.
    Der Antrag ist unbegründet.
    Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz Finanzgerichtsordnung (FGO) erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für die Betroffene eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen - wie im Streitfall - tritt gemäß § 69 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 FGO an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung.
    Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des BFH vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
    1) Das Gericht hat keine Zweifel an Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides und an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen der §§ 25 ff. EStG, nach denen die Antragstellerin als nicht verheiratete Alleinerziehende gemäß §§ 25, 32a Abs. 1 EStG einzeln (unter Anwendung der Grundtabelle) und nicht gemäß §§ 26 ff., 32a Abs. 5 EStG wie Eheleute (unter Anwendung der Splitting-Tabelle) zur Einkommensteuer zu veranlagen ist. Die Voraussetzungen des § 32a Abs. 6 Nr. 1 EStG zur Anwendung des sog. Gnadensplitting zur Milderung von Härten sind im Streitjahr unstreitig nicht mehr erfüllt.
    Der von der Antragstellerin geltend gemachte verfassungswidrige Begünstigungsausschluss gegenüber einem kinderlosen Ehepaar oder einem Ehepaar mit einem Kind oder einem geschiedenen, ggf. teilweise wieder verheirateten Ehepaar, bei dem das Realsplitting (§§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 22 Nr. 1a EStG) in Anspruch genommen wird, liegt nicht vor.
    Prüfungsmaßstab ist Art. 3 Abs. 1 GG , wobei die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Grundsatzentscheidung für den Schutz der Familie mit zu beachten ist (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990, 1 BvL 20/84, 26/84, 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653). Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG „gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentliches Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen …. Verboten ist daher auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird. … Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Bevorzugung oder Benachteiligung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung, die ihren Anknüpfungspunkt in der Person findet, regelmäßig einer strengen Bindung …. Dabei kommt es hinsichtlich der Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. … Die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grenzen sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten …“ (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010, a.a.O., m.w.N.).
    Dass sowohl Eheleute (mit oder ohne Kinder) als auch Alleinerziehende unter den Begriff „Familie“ fallen, führt nicht dazu, dass beide Gruppen trotz bestehender Unterschiede steuerlich gleich behandelt werden müssten. Es ist verfassungsrechtlich nicht geboten, eine Begünstigung für eine dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterfallende Gruppe auf eine andere, ebenfalls dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG unterfallende Gruppe auszudehnen, wenn zwischen den Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können.
    Zwischen der alleinerziehenden Antragstellerin und Eheleuten (verheiratet oder geschieden mit Realsplitting, mit oder ohne Kindern) bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleiche Behandlung - Splitting-Verfahren nur für zusammen zu veranlagende Eheleute, nicht für Alleinerziehende, Real-Splitting für Geschiedene - rechtfertigen können. Eheleute sind rechtlich gleichberechtigte Partner einer Lebensgemeinschaft, die untereinander bestimmen, wie sie ihre ehelichen, auch wirtschaftlichen Lebensverhältnisse gestalten und insbesondere auch, wer in welchem Umfang zum Familieneinkommen beiträgt und wie sie das Familieneinkommen verwenden. Die im Wege des Real-Splitting vom Unterhaltszahler abziehbaren, vom Unterhaltsempfänger zu versteuernden Unterhaltsleistungen sind eine Fortwirkung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach Scheidung. Dagegen ist das Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern dadurch geprägt, dass die Eltern zur Pflege und Erziehung (einschließlich der Unterhaltsgewährung) ihrer Kinder berechtigt und verpflichtet sind (Art. 6 Abs. 2 GG). „Zwischen Alleinerziehenden und ihren Kindern besteht weder wirtschaftlich noch familienrechtlich eine Gemeinschaft des Erwerbs, die zu einer anteiligen Teilhabe am Familieneinkommen führt, sondern ein bloßes Unterhaltsverhältnis“ (BFH, Beschluss vom 17. August 2004, a.a.O., m.w.N.). Das BVerfG und entsprechend der BFH haben nicht nur in der nach Meinung der Antragstellerin überholten Entscheidung vom 3. November 1982, sondern auch fortlaufend entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG es nicht gebietet, das Ehegattensplitting auf die Besteuerung von Alleinstehenden mit Kindern auszudehnen (BFH, Urteil vom 27. Juni 1996, IV R 4/84, BFHE 181,31, hierzu BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 21. Dezember 1996, 2 BvR 2163/96, juris, BFH, Beschluss vom 20. September 2002, III B 40/02, BFH/NV 2003, 157, hierzu BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 26. Februar 2004, 2 BvR 1933/02; BFH, Beschluss vom 17. August 2004, a.a.O., BFH, Beschluss vom 28. Januar 2005, a.a.O., hierzu BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 23. September 2005, 2 BvR 726/05, juris). Das Gericht teilt diese Auffassung.
    Eine sachlich nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt auch nicht deshalb vor, weil nach neueren Entscheidungen mehrerer Finanzgerichte den Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft aus Gleichbehandlungsgründen die einkommensteuerliche Zusammenveranlagung und entsprechend die Anwendung des Splitting-Verfahrens zustehen muss. Für die eingetragene Lebenspartnerschaft gelten die gleichen Rechtsnormen wie für die Ehe, insbesondere im Bereich der Regelungen zur Gestaltung der partnerschaftlichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, des Unterhalts- und des Erbrechts. Der Unterschied eingetragener Lebenspartner zu den Partnern einer Ehe besteht lediglich darin, dass die Lebenspartner gleichen, die Eheleute unterschiedlichen Geschlechts sind; dieser Unterscheid rechtfertigt nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte die einkommensteuerliche Ungleichbehandlung nicht. Naturgemäß können Lebenspartner keine gemeinsamen leiblichen Kinder haben. Dieser Unterschied ist unbeachtlich, weil das Wahlrecht zur Zusammenveranlagung Ehegatten unabhängig davon zusteht, ob sie Kinder haben. Zudem gibt es auch Lebenspartnerschaften, zu deren Familie ein Kind gehört (vgl. den Sachverhalt im Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26. August 2011, 7 K 65/10, juris).
    Darüber hinaus wendet die Antragstellerin nicht den richtigen Vergleichsmaßstab an. Sie vergleicht die Besteuerung der von ihr als Erwachsene erzielten Einkünfte (rund € x) mit der Besteuerung eines Ehepaars, bei dem beide gemeinsam rund € x, d.h. durchschnittlich pro Erwachsenem jeweils ein Halb von € x erzielt haben, mithin mit einem wesentlich anderem Sachverhalt. Dass bei einem Einkommen pro erwachsenem Mitglied der Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft nur in Höhe der Hälfte des von der Antragstellerin erzielten Einkommens die Einkommensteuer und entsprechend der Grenzsteuersatz niedriger sind, liegt auf der Hand bzw. entspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Die Kinder der Antragstellerin sind nicht einem Ehegatten oder Lebenspartner gleich zu setzende Mitglieder einer gemeinsam bestehenden Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Die Vorstellung, dass Eltern mit ihren pflege- und erziehungsbedürftigen minderjährigen (überspitzt: wickelbedürftigen Klein-) Kindern gemeinsam partnerschaftlich die Erzielung und Verwendung des Familieneinkommens als Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft bestimmen und gestalten, ist nicht realitätsgerecht.
    Die Einwendungen der Antragstellerin, das Ehegattensplitting sei nicht mehr zeitgemäß, trage auch im Vergleich zu Regelungen in anderen Ländern der heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht mehr Rechnung, fördere nur die Alleinverdiener-Ehe, dies überwiegend in den alten Bundesländern, bestärke eine Machtasymmetrie und führe zur Diskriminierung von Frauen, sind politische Argumente, deren Berechtigung nicht im Besteuerungsverfahren zu überprüfen ist. Die Antragstellerin übersieht, dass nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht die Gerichte, sondern der Gesetzgeber berufen ist, im politischen Verfahren der Gesetzgebung einer ggf. geänderten gesellschaftlichen Realität entsprechende gesetzliche Regelungen zu schaffen bzw. zu ändern (so bereits BVerfG, Urteil vom 3. November 1982 a.a.O., unter C II).
    Die Antragstellerin übersieht ferner, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG als auch des BFH „das Ehegatten-Splitting keine beliebig veränderbare Steuer-‘Vergünstigung‘ ist, sondern eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare (Art. 3 Abs. 1 GG) orientierte sachgerechte Besteuerung (z.B. BVerfG-Beschluss vom 28. Juni 1993 1 BvR 132/89, Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 1993, 524; BVerfG-Urteil vom 3. November 1982 …, unter C.I.2. und C.I.4.)“ (BFH, Beschluss vom 5. August 2011, III B 158/10, BFH/NV 2011, 1870).
    Das Gericht teilt diese Auffassung. Nachdem das BVerfG entschieden hat, dass Betreuungs- und Unterhaltskosten für Kinder unabhängig vom Status der Eltern bei allen Eltern zu berücksichtigen sind (Beschluss vom 10. November 1998, a.a.O.) gewährleistet das Splittingverfahren nicht mehr die Berücksichtigung kindbedingter Belastungen, sondern (nur noch) die durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Entscheidungsfreiheit der Eheleute untereinander, wie sie ihre ehelichen, auch wirtschaftlichen Lebensverhältnisse gestalten wollen und insbesondere wer in welchem Umfang zum Familieneinkommen beiträgt (vgl. BFH, Beschluss vom 17. August 2004, a.a.O., Beschluss vom 28. Januar 2005, a.a.O., hierzu BVerfG Nichtannahmebeschluss a.a.O.). Bei der Zusammenveranlagung nach § 26 EStG mit der Folge der Ermittlung der Einkommensteuer im Splitting-Verfahren nach § 32a Abs. 5 EStG wird das Einkommen beider Eheleute zusammen gerechnet und dann geteilt. Die auf die Hälfte des gemeinsamen Einkommens entfallende Einkommensteuer wird sodann verdoppelt. Anders als die Antragstellerin (und ein Teil der hierzu ersichtlichen frauen- und steuerpolitischen Literatur) meinen, wird dadurch nicht derjenige Ehegatte mit dem niedrigeren Einkommen (i.d.R. die Frau) diskriminiert. Vielmehr macht es einkommensteuerlich gerade keinen Unterschied, ob einer der Eheleute allein (oder mehr) verdient als der andere, da die Einkommensteuer immer in gleicher Höhe festzusetzen ist, so als ob beide Ehegatten jeweils gleich hohe Einkünfte erzielen würden. Dass Frauen im Durchschnitt in der Regel weniger verdienen als Männer und häufiger Frauen, insbesondere im Fall der Kindererziehung, ganz oder teilweise nicht berufstätig sind, ist nicht Folge des Splittingverfahrens, sondern u.a. durch die wirtschaftlichen Verhältnisse am Arbeitsmarkt und durch die von den Individuen nach ihren persönlichen Verhältnissen aus vielfältigen Gründen getroffenen Entscheidungen bedingt.
    Das BVerfG hat im Urteil vom 3. November 1982 entschieden, aus Art. 6 Abs. 1 GG folge „die Pflicht des Staates, die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich als eigenständig und selbstverantwortlich zu respektieren …. Die Ehegatten bestimmen in gleichberechtigter Partnerschaft … ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung …. Die Aufgabenverteilung in der Ehe unterliegt der freien Entscheidung der Eheleute …. Das Selbstbestimmungsrecht der Ehegatten in ihren finanziellen Beziehungen untereinander wird insoweit verfassungsrechtlich geschützt.“ Diese durch Art. 6 Abs.. 1 GG geschützte Entscheidungsfreiheit werde durch das Splitting für Ehegatten ermöglicht. (BVerfG, Urteil vom 3. November 1982 a.a.O., unter C I 4a, m.w.N.).
    An der Auffassung, dass das Selbstbestimmungsrecht (von Eheleuten als auch Eltern) nach Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützt ist, hält das BVerfG aktuell in seinen Beschlüssen zu Regelungen des Elterngeldes fest: „Art. 6 Abs. 1 GG garantiert … die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren.“ (Beschluss vom 20. April 2011, 1 BvR 1811/08, m.w.N., juris). „Demgemäß können Ehepaare nach eigenen Vorstellungen zwischen einer Doppelverdiener- und einer Einverdienerehe wählen und dürfen Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen.“ (Beschluss vom 9. November 2011, 1 BvR 1853/11, NJW 2012, 214, juris). Das BVerfG spricht in diesen zum Elterngeld ergangenen Entscheidungen die zu gewährleistende Gestaltungsfreiheit nicht nur des familiären Zusammenlebens (einschließlich Kindern), sondern auch des ehelichen Zusammenlebens an.
    2) Das Gericht hat keine Zweifel an Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides und an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen, nach denen die Antragstellerin nicht zusammen mit ihren Kindern im Wege eines Familiensplitting zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen ist.
    Anders als die Antragstellerin meint, ist eine Besteuerung im Wege eines Familiensplitting nicht durch das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verfassungsrechtlich geboten. Steuerlich freizustellen ist (nur) das Existenzminimum. „Ausgangspunkt der verfassungsrechtlichen Beurteilung ist das aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG abzuleitende Prinzip der Steuerfreiheit des Existenzminimums. Danach hat der Staat das Einkommen des Bürgers insoweit steuerfrei zu stellen, als dieser es zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen eines menschenwürdigen Daseins für sich und seine Familie benötigt. Einem Grundgedanken der Subsidiarität, wonach Eigenversorgung Vorrang vor staatlicher Fürsorge hat, entspricht es, dass sich die Bemessung des einkommensteuerrechtlich maßgeblichen Existenzminimums nach dem im Sozialhilferecht niedergelegten Leistungsniveau richtet. Was der Staat dem Einzelnen voraussetzungslos aus allgemeinen Haushaltsmitteln zur Verfügung zu stellen hat, das darf er ihm nicht durch Besteuerung seines Einkommens entziehen …. Die somit von verfassungswegen zu berücksichtigenden Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums sind vom Steuergesetzgeber nach dem tatsächlichen Bedarf realitätsgerecht zu bemessen …. In einem verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnis hierzu steht die Befugnis des Gesetzgebers, bei der Ordnung der steuerrechtlichen Massenverfahren die Vielzahl der Einzelfälle in einem Gesamtbild zu erfassen und auf dieser Grundlage typisierende Regelungen zu treffen …. Im Bereich der Steuerfreiheit des Existenzminimums hat er dabei allerdings Sorge zu tragen, dass typisierende Regelungen in möglichst allen Fällen den entsprechenden Bedarf abdecken“ (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2008, 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125 m.w.N.).
    Bei der Besteuerung einer Familie gilt „das verfassungsrechtliche Gebot, dass der Staat das Einkommen dem Steuerpflichtigen insoweit steuerfrei belassen muss, als es Mindestvoraussetzung eines menschenwürdigen Daseins ist … unter zusätzlicher Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG - für das Existenzminimum sämtlicher Familienmitglieder …. Bei der Beurteilung der steuerlichen Leistungsfähigkeit muss der Staat daher den Unterhaltsaufwand für Kinder des Steuerpflichtigen in dem Umfang als besteuerbares Einkommen außer Betracht lassen, in dem dieses zur Gewährleistung des Existenzminimums der Kinder erforderlich ist.“ (BVerfG, Beschluss vom 10. November 1998, a.a.O., m.w.N.). Zum Existenzminimum eines Kindes gehören auch der Betreuungsbedarf (BVerfG, Beschluss vom 10. November 1998 a.a.O.) und Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung (BVerfG, Beschluss vom 13. Februar 2008, a.a.O.).
    Der Gesetzgeber hat sich nicht für ein Familiensplitting, sondern dafür entschieden, einkommensteuerlich das sächliche Existenzminimum sowie den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf eines Kindes durch den Abzug der in § 32 Abs. 6 EStG geregelten Freibeträge (soweit nicht das Kindergeld günstiger ist, § 31 EStG) steuerfrei zu stellen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
    Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bei der Einkommensbesteuerung (nur) dass Existenzminimum des Steuerpflichtigen und seiner Familie freizustellen. Das darüber hinausgehende Einkommen darf der Besteuerung unterworfen werden (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1990, a.a.O.). Das Kinderexistenzminimum muss in jedem Fall vor dem steuerlichen Zugriff verschont werden, „mehr gebietet das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) nicht“ (BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2010, 2 BvR 2122/09, NJW 2010, 3564, juris). Der Gesetzgeber ist mithin nicht verpflichtet, über die steuerliche Freistellung des Existenzminimums hinaus sämtliche kindbedingten Aufwendungen bzw. zivilrechtlichen Unterhaltspflichten der Eltern gegenüber ihren Kindern in voller Höhe zu berücksichtigen oder gar die durch die kindbedingte verringerte Möglichkeit zur Einkommenserzielung entstehenden finanziellen Nachteile auszugleichen (so aber zur Ausgleichspflicht sog. „Negativeinkünfte“ Prof. Dr. Leisner-Egensperger, „Kindergerechte Familienbesteuerung, Plädoyer für ein demographiegünstiges und sozial gerechtes Familiensplitting“, FR 2010, 865, anders BFH, Urteil vom 13. August 2002, VIII R 80/97, BFH/NV 2002, 1456, hierzu BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 4. August 2003, 2 BvR 1537/02, juris, BFH, Beschluss vom 17. August 2004, a.a.O., BFH, Urteil vom 17. Juni 2010, III R 35/09, BFHE 230, 523 BStBl 2011, 176, BFH, Beschluss vom 8. Juni 2011, X B 176/10 BFH/NV 2011, 1679, jeweils m.w.N.).
    Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, in systematisch unterschiedlicher Weise die Freiheit der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgestaltung einerseits durch die Möglichkeit der Zusammenveranlagung mit Splitting-Verfahren zu gewährleisten und das Existenzminimum der Kinder des Steuerpflichtigen andererseits durch die Gewährung von Kindergeld bzw. den Abzug von Kinderfreibeträgen und nicht im Wege eines Familiensplitting zu berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass ein alleinerziehendes, d.h. einzeln zur Einkommensteuer zu veranlagendes Elternteil mit Kindern - im Streitfall eine Familie mit drei Personen - im Vergleich zu einem zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehepaar ohne oder mit einem Kind, bei dem beide Eheleute gemeinsam Einkünfte in derselben Höhe wie das alleinerziehende Elternteil erzielen, eine höhere Einkommensteuer (mit entsprechend höherem Grenzsteuersatz und der Notwendigkeit zur Erzielung höherer Einkünfte, um über den gleichen Betrag nach Steuern verfügen zu können) zu zahlen hat, wie von der Antragstellerin in ihren Berechnungen dargelegt. Der Gesetzgeber hat trotz der im Hinblick auf das Generationenproblem gesellschaftlich erwünschten höheren Kinderzahl die systematisch unterschiedliche Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse und der Lebensverhältnisse von Eltern (-teilen) mit Kindern nicht geändert.
    Insoweit sind nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht die Gerichte, sondern ist der Gesetzgeber unter Wahrung der ihm durch die Verfassung vorgegebenen Parameter nach seiner politischen Überzeugung berufen, die derzeitige gesetzliche Systematik der Berücksichtigung der kindbedingten Aufwendungen beizubehalten, ggf. steuerlich oder anderweitig Familien mit Kindern mehr zu fördern oder ggf. geänderte gesetzliche Regelungen z.B. zur Einführung eines Familiensplitting zu schaffen.
    3) Die Antragstellerin macht geltend, nach dem Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 sei es verfassungswidrig, dass der Freibetrag für Kinder niedriger als der Grundfreibetrag für Erwachsene sei. Damit macht sie konkludent geltend, Kinder hätten einen genauso hohen Bedarf wie ein Erwachsener. Dass dies so ist, hat die Antragstellerin weder im Einzelnen substantiiert dargelegt noch belegt. Weder das Sozial- noch das Unterhaltsrecht gehen davon aus, dass Erwachsene und Kinder der Höhe nach den gleichen existenznotwendigen Unterhaltsbedarf hätten. Die Regelungen im SGB II (Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II) bzw. zur Grundsicherung im SGB XII (Regelbedarfssätze gemäß der Anlage zu § 28 SGB XII, für das Streitjahr Regelbedarfsverordnungen auf der Grundlage des § 28 SGB XII) gehen ebenso wie die familienrechtlich normierten Unterhaltspflichten (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 71. Aufl. 2012, Rdz. 19 Einführung vor § 1601 BGB, Düsseldorfer Tabelle) von einem höheren existenznotwendigen Unterhaltsbedarf eines Erwachsenen gegenüber einem Minderjährigen aus. Anders als die Antragstellerin meint, hat auch das BVerfG in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 nicht entschieden, dass Kinder einen gleich hohen Bedarf wie Erwachsene hätten. Das BVerfG hat im Gegenteil entschieden, dass Kinder „einen besonderen kinder- und altersspezifischen Bedarf“ haben; „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“ (Orientierungssatz 4e.bb, II 6.1a der Entscheidung, Pressemitteilung des BVerfG vom 9. Februar 2010, II.6). Die Methode des Gesetzgebers, den Bedarf eines Kindes pauschal an dem Bedarf eines Erwachsenen angelehnt festzulegen, sei nicht geeignet, den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln.
    Das Gericht hat deshalb keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides und der zugrundeliegenden gesetzlichen Regelungen, soweit die für das sächliche Existenzminimum einschließlich des Betreuungs- und Ausbildungsbedarfs für die Kinder der Antragstellerin abgezogenen Beträge nicht entsprechend dem für die Antragstellerin abgezogenen Grundfreibetrag gemäß § 32a EStG mit jeweils € 7.664 abgezogen worden sind.
    4) Das Gericht hat bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel daran, dass die kindbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit der Antragstellerin durch die im Bescheid angesetzten Freibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG in Höhe von jeweils € 5.808 ausreichend berücksichtigt ist. Die Bemessung des einkommensteuerlich freizustellenden Existenzminimums, d.h. die Höhe der Freibeträge, orientiert sich an dem im Sozialhilferecht anerkannten Mindestbedarf einschließlich des Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarfs und ist für das Streitjahr unter Umrechnung des Bedarfs entsprechend den sozialrechtlichen Regelungen mit € 5.808 angesetzt worden (Sechster Existenzminimumbericht für das Jahr 2008, Bundestagsdrucksache 16/3265). Die Methode der Ermittlung des sozialrechtlich zu gewährleistenden kindbedingten existenznotwendigen Bedarfs ist, wie das BVerfG mit Urteil vom 9. Februar 2010 entschieden hat, nicht verfassungsgemäß. Da die Höhe der gemäß § 32 Abs. 6 EStG abzuziehenden Beträge aus der Höhe des sozialrechtlichen Bedarfs abgeleitet ist, wirkt sich die Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmethode auch auf die Ermittlung der einkommensteuerlich abzuziehenden Beträge aus.
    Hieraus folgt jedoch nicht zwingend, dass die gemäß § 32 Abs. 6 EStG abgezogenen Beträge von jeweils € 5.808 nicht dem existenznotwendigen Bedarf entsprechen bzw. zu niedrig sind. Dass der existenznotwendige Bedarf eines Kindes höher ist, hat die Antragstellerin nicht im Einzelnen substantiiert dargelegt und belegt. Des Weiteren können nach dem EStG zusätzlich zu der Umrechnung des sozialrechtlich angesetzten Bedarfs in einkommensteuerliche Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG weitere kindbedingte Aufwendungen abzogen werden, insbesondere für Kinderbetreuungskosten (im Streitjahr bis zur Höhe von € 4.000 je Kind bis zum 14. Lebensjahr als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG bzw. wie Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten gemäß § 4f bzw. § 9 Abs. 5 EStG); dies ist bei einem Vergleich der Höhe des sozialrechtlich festgelegten Bedarfs mit den einkommensteuerlichen Regelungen zu berücksichtigen. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 entschieden, dass die (den Freibeträgen gemäß § 32 Abs. 6 EStG zugrunde gelegten) sozialhilferechtlich als Bedarf eines Kindes angesetzten Beträge nicht „evident unzureichend“ sind (Orientierungssatz 4b.aa. und bb., II.2 der Entscheidung, Pressemitteilung des BVerfG vom 9. Februar 2010, II.2). Weil in der Rechtsprechung des BVerfG bislang nicht geklärt worden war, nach welchen verfassungsrechtlichen Maßstäben im Einzelnen sich die Bemessung der existenznotwendigen Sozialleistungen richtet, hat das BVerfG dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 31. Dezember 2010 gesetzt, um ihm die Schaffung einer Neuregelung zu ermöglichen. Eine rückwirkende Verpflichtung zur Neuregelung hat das BVerfG dem Gesetzgeber aus diesem Grund nicht auferlegt (Orientierungssatz 4h.aa, D I.1 bis 5 der Entscheidung).
    Da die Höhe der gemäß § 32 Abs. 6 EStG abzuziehenden Beträge aus der Höhe des sozial-rechtlichen Bedarfs abgeleitet ist, wirkt sich die nach Auffassung des BVerfG nicht „evident unzureichende“ Bemessung des existenznotwendigen Bedarfs eines Kindes auch auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der Höhe der einkommensteuerlich abzuziehenden Beträge als nicht evident unzureichend aus. Das Gericht hat deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bezüglich der verfassungsrechtlich gebotenen Höhe der Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG. Darüber hinaus hat das FA die Einkommensteuer u.a. hinsichtlich der Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 3 und 4 AO vorläufig festgesetzt; die Rechte der Antragstellerin insoweit sind dadurch gewahrt.
    5) Das Vorstehende gilt auch für die Höhe des Entlastungsbetrages für Alleinerziehende gemäß § 24b EStG in Höhe von € 1.308. Das Gericht hat bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel daran, dass die durch die Alleinerziehung bedingte Minderung der Leistungsfähigkeit der Antragstellerin durch diesen Freibetrag ausreichend berücksichtigt ist. Dass der durch die Alleinerziehung bedingte Bedarf höher ist, hat die Antragstellerin nicht im Einzelnen substantiiert dargelegt und belegt. Kinderbetreuungskosten hat sie nicht geltend gemacht. Die von Antragstellerin vorgetragene Notwendigkeit, in erhöhtem Umfang Fremdleistungen z.B. bei Verpflegung und Nachhilfe in Anspruch nehmen zu müssen, kann auch bei zusammenlebenden Eltern bestehen, z.B. wenn diese aufgrund niedriger Einkunftserzielungsmöglichkeiten beide berufstätig sein müssen. Dass aufgrund der für Kinder erforderlichen Zeit weniger Zeit für die Einkommenserzielung zur Verfügung steht, wirkt sich bereits dadurch aus, dass das in der nicht zur Verfügung stehenden Zeit nicht erzielte Einkommen nicht besteuert wird. Auch der vorgetragenen höheren Personalkostenquote würde bereits dadurch steuerlich Rechnung getragen, dass die Antragstellerin die Personalkosten als Betriebsausgaben abziehen kann. Die Höhe des Freibetrages gemäß § 24b EStG entspricht in etwa einem einkommensteuerlich umgerechneten Mehrbedarf für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II, wobei die Regelungen wegen der einkommensteuerlich unabhängig, nach § 21 Abs. 3 SGB II jedoch abhängig von Alter und Zahl der Kinder bestimmten Beträge nicht direkt vergleichbar sind. Zudem können einkommensteuerlich zusätzlich Kinderbetreuungskosten abgezogen werden. Das Gericht hat deshalb keine eine Aufhebung der Vollziehung rechtfertigenden ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bezüglich der verfassungsrechtlich gebotenen Höhe des Freibetrages des § 24b EStG.
    6) Bezüglich der von der Antragstellerin als verfassungswidrig gerügten unzureichenden Berücksichtigung der Sonderausgaben bzw. zum (Nicht-) Abzug der einkommensteuerlich zu verschonenden existenznotwendigen Versicherungsbeiträge der Steuerpflichtigen für ihre unterhaltsberechtigten Kinder hat das BVerfG mit Urteil vom 13. Februar 2008 (a.a.O.) entschieden, dass die für das Streitjahr geltenden Regelungen in § 10 EStG nicht verfassungsgemäß sind. Es hat jedoch eine Fortgeltung der angegriffenen Vorschriften bis zum 31. Dezember 2009 angeordnet und damit dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist für eine verfassungsgemäße Neuregelung eingeräumt. Für das Streitjahr hat das Gericht deshalb keine Zweifel daran, dass die gesetzlichen Regelungen des § 10 EStG zum Sonderausgabenabzug für Eltern bzw. Alleinerziehende mit Kindern zu Recht der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegt worden sind.
    7) Dass die Besteuerung den von der Antragstellerin erwähnten nach Art. 6 Abs. 4 GG geschützten Anspruch der Mutter auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft verletzt, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
    8) Gemäß § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO (entsprechend § 361 Abs. 2 Satz 4 AO) sind bei Steuerbescheiden die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Aus den Bescheiden des FA vom … bzw. … ergab sich eine (geringe) Einkommensteuer-Nachzahlung in Höhe von € …. Die Antragstellerin möchte über die Höhe der Nachzahlung hinaus im Vorgriff auf eine von ihr für erforderlich gehaltene gesetzliche Neuregelung - die Einführung eines Familiensplittings bzw. die Anwendung der Splittingtabelle auf ihr zu versteuerndes Einkommen bzw. die Berücksichtigung höherer als der gesetzlichen Frei- bzw. Zusatzbeträge - eine Aufhebung der Vollziehung erreichen. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Nach § 361 Abs. 2 Satz 4 AO, § 69 Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO sind die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung grundsätzlich auf die Differenz zwischen der festgesetzten Jahressteuer und den anzurechnenden Abzugsbeträgen, der anzurechnenden Körperschaftsteuer und den festgesetzten Vorauszahlungen beschränkt. Nach dem Zweck der Vorschrift soll eine vorläufige Erstattung von Vorauszahlungen ausgeschlossen werden (vgl. Koch in Gräber, Kommentar zur FGO, 7. Aufl. 2010, Rdz. 46 zu § 69 FGO). Nach der Rechtsprechung des BFH sind im Sinne der Rechtsprechung zu § 114 FGO „wesentliche Nachteile i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 8 Halbsatz 2 FGO … nur gegeben, wenn durch die Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Steuerpflichtigen unmittelbar und ausschließlich bedroht sein würde“ (vgl. Beschluss vom 22. November 2001, V B 100/01, BFH/NV 2002, 519, ebenso BFH, Beschluss vom 26. Januar 2010, VI B 115/09, BFH/NV 2010, 935 m.w.N.), nicht jedoch, wenn es sich lediglich um Nachteile handelt, die typischerweise mit der Pflicht zur Steuerzahlung verbunden sind (vgl. Koch in Gräber a.a.O., Rdz. 47 zu § 69 FGO mit weiteren Nachweisen). Dass § 69 Abs. 2 Satz 8 FGO (entsprechend § 361 Abs. 2 Satz 4 AO) verfassungswidrig seien, hat die Antragstellerin weder vorgetragen, noch ist dies ersichtlich (vgl. BFH, Beschluss vom 26. Januar 2010 a.a.O. m.w.N., BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 30. Januar 2002 1 BvR 66/02 zum Beschluss des BFH vom 22. November 2001, juris).
    9) Die Aufhebung der Vollziehung ist auch nicht deshalb geboten, weil die erfolgte Vollziehung des angefochtenen Bescheides für die Antragstellerin eine unbillige Härte zur Folge hätte. Solche Gründe sind weder aus den Akten ersichtlich, noch hat sie die Antragstellerin substantiiert vorgetragen.
    10) Das Gericht legt im Kosteninteresse der Antragstellerin den Antrag dahingehend aus, dass sie die Aufhebung der Vollziehung nur bezüglich der Einkommensteuer beantragt und nur nachrichtlich mitgeteilt hat, dass entsprechend der Solidaritätszuschlag ausgesetzt werden möge. Ein auch bezüglich des Solidaritätszuschlages gestellter Antrag wäre unzulässig. Eigenständige Einwendungen gegen dessen Festsetzung hat die Antragstellerin nicht erhoben. Sie begehrt dessen Aufhebung der Vollziehung als Folgewirkung aufgrund der begehrten Aufhebung der Vollziehung der Einkommensteuer, die hierfür die Grundlage bildet (§ 233 a Abs. 5 AO, § 1 Abs. 5 Satz 2 SolzG). Ein insoweit gestellter Antrag wäre unzulässig (vgl. Koch in Gräber, Kommentar zur FGO, 7. Aufl. 2010. Rdz. 55 zu § 69 FGO, Stichwort Folgebescheide).
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    Das Gericht lässt gemäß § 128 Abs. 3 FGO i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO die Beschwerde zu.