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  • · Fachbeitrag · Familienverträge

    Ausbildungsdienstvertrag mit Kindern: Stellen übernommene Kosten Betriebsausgaben dar?

    | In vielen Unternehmen sind es die Kinder, die die Unternehmensnachfolge antreten sollen. Um sie auf diese Aufgabe vorzubereiten, übernimmt der Inhaber häufig die Kosten für entsprechende Ausbildungen, sei es für ein Studium oder eine Meister-Ausbildung. Ein Arzt-Ehepaar hat jetzt wieder einmal versucht, Kosten für ein Studium bei den Praxiseinkünften als Betriebsausgaben geltend zu machen. Das FG Münster hat den Abzug zwar versagt, die Freiberufler wollen es aber wissen und haben Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. |

    Der Fall vor dem FG Münster

    Im konkreten Fall handelte es sich um eine Ärztin, die eine chirurgische Praxis betrieb und daraus Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielte.

     

    Ärztin schließt Verträge mit Kindern und einem Dritten

    Sie hatte mit ihrem Ehemann eine Tochter und einen Sohn, die ihre Nachfolge antreten sollten. Dazu schloss sie mit beiden Kindern einen mündlichen Vertrag über die Finanzierung von Studienkosten. Um in die Nachfolgefrage noch mehr Sicherheit zu bekommen, tat sie das Gleiche mit einem Mann, der in der Praxis zunächst eine Ausbildung zum medizinischen Fachangestellten (MFA) abgeschlossen hatte und anschließend ein Medizinstudium aufnahm.

     

    Die Inhalte des Dienstvertrags

    Die Präambel des Vertrags betraf zunächst Ausführungen zu den Vorteilen der Implementierung sog. medizinischer Versorgungszentren (MVZ). Im Weiteren wurde ausgeführt, dass wegen der Entwicklungen im Bereich der Gesundheitsversorgung in der Stadt Zweifel bestünden, ob für eine Fortführung der Praxis künftig noch geeignete Personen zur Verfügung stünden. Daher sei die Ärztin bereits jetzt darum bemüht, geeignete Personen zu finden und zu fördern, die später ihre Praxis erwerben und fortführen könnten. Daher suche und fördere ihre Praxis geeignete Personen, die sich nach Examen und Approbation verpflichten wollen, ihre ärztliche Tätigkeit in Deutschland aufzunehmen.

     

    Förderungswürdige Personen seien solche, die in der chirurgischen Praxis der Ärztin ihre „handwerklichen“ und sprachlichen Fähigkeiten im Umgang mit Patienten nachgewiesen hätten. Vor diesem Hintergrund wurde vereinbart, dass die Ärztin die Kosten für den Zugang zu einer Universität in der EU übernehme. Gefördert würden darüber hinaus Studiengebühren und Kosten für die Unterkunft. Rückzahlungsmodalitäten und Verzinsungsansprüche orientierten sich an der Richtlinie (des Kreises) für die Gewährung einer Studienbeihilfe für Medizinstudenten vom 14.10.2011 in der jeweils aktualisierten und gültigen Fassung. Alle drei „Geförderten“ verpflichteten sich im Gegenzug dazu, für wenigstens fünf Jahre als Praxispartner zu arbeiten.

     

    Diese Kosten wurden von der Praxis getragen

    Die Kosten für alle drei „Geförderten“ summierten sich in den drei Streitjahren auf ca. 45.000 bis 65.000 Euro. Diese wollte die Ärztin als Betriebsausgaben anerkannt bekommen. Das Finanzamt lehnte ab, es ging vor Gericht.

    Die negative Entscheidung des FG Münster

    Das FG hat ‒ wie das Finanzamt ‒ den Betriebsausgabenabzug abgelehnt. Es hat dabei zwischen „dem Fremden“ und den Kindern differenziert (FG Münster, Urteil vom 25.05.2023, Az. 5 K 3577/20 E, AO, Abruf-Nr. 236341).

     

    Die Versagungsgründe für das „Nicht-Familienmitglied“

    Das FG kam im Saldo zum Ergebnis, dass die Vereinbarung unüblich war, weil die von der Ärztin eingegangenen Pflichten im krassen Missverhältnis zu den betrieblichen Vorteilen standen. Auf der einen Seite sei sie ein sehr hohes finanzielles Risiko eingegangen, indem sie sich verpflichtet hatte, dem Dritten die Kosten für den Zugang zu einer Universität in der EU sowie Studiengebühren und Kosten für die Unterkunft zu übernehmen. Die Übernahme der Kosten war der Höhe nach sogar nicht einmal begrenzt. Aufgrund dieser Zusage kam es für die Höhe der Kosten allein darauf an, welchen Studienort, welche Universität und welche Unterkunft Herr B wählte. Anstatt der Mietkosten von jährlich 11.760 Euro hätten die Kosten durch die Wahl eines ausländischen Studienorts das Zwei- oder Dreifache betragen können.

     

    Hinzu kam, dass die Ärztin ihre Zusage für mehrere Jahre gab und damit für diese Zeit vollständig in Vorleistung ging. So beendete Herr B sein in 2016 aufgenommenes Studium erst mit der Approbation im Jahr 2022. Diese hohe finanzielle Investition war zudem nur unzureichend abgesichert. Zwar verpflichtete sich Herr B zur Rückzahlung der Kosten, aber die Regelungen zu den Rückzahlungsmodalitäten waren vage und unbestimmt.

     

    Schließlich seien Zusage und finanzielle Vorleistungen vor dem Hintergrund zu beurteilen, dass zum Zeitpunkt der Erteilung der Zusage durch die Klägerin Herr B noch nicht einmal einen Studienplatz für Medizin hatte. Ebenso wenig verfügte er über einschlägige medizinische Kenntnisse oder Vorerfahrungen, auf deren Grundlage die Klägerin eine Einschätzung über eine mögliche Verwendung in ihrer Praxis hätte treffen können.

     

    Die Versagungsgründe für die beiden Kinder

    Den Betriebsausgabenabzug der Studienkosten der Kinder hat das FG u. a. damit abgelehnt, dass Eltern zivilrechtlich dazu verpflichtet seien, die Kosten des Studiums für ihre Kinder zu tragen. Zu den Kosten einer „angemessenen Vorbildung zu einem Beruf“ i. S. v. §§ 1601, 1610 Abs. 2 BGB gehören ‒ bei entsprechender Qualifikation und Befähigung des Kindes ‒ auch solche eines Studiums.

     

    Aber selbst wenn eine gesetzliche Einstandspflicht nicht bestanden hätte, wäre das FG nicht davon überzeugt gewesen, dass die Übernahme der Kosten ganz überwiegend betrieblich veranlasst war. Denn zum Zeitpunkt der Vereinbarungen hatten die Kinder ihr Studium der Medizin noch gar nicht aufgenommen. Sie besaßen auch keine einschlägigen medizinischen Kenntnisse, auf deren Grundlage die Ärztin eine Einschätzung über eine mögliche Verwendung der Kinder in ihrer Praxis hätte treffen können. Auch fand sich das betriebliche Ziel, die Unternehmensfortführung durch einen oder mehrere Nachfolger zu sichern, in den Vereinbarungen nicht wieder.

     

    Im Übrigen hatten die Vereinbarungen auch nicht die besonderen Anforderungen erfüllt, die an Verträge zwischen nahen Angehörigen zu stellen sind. Es fehlte insbesondere an klaren und eindeutigen Regelungen

    • zur Laufzeit der Vereinbarungen,
    • zu den konkreten Rückzahlungsmodalitäten,
    • zu Art und Zeitpunkt der „Mitarbeit“ als Praxispartner, zu der sich die Kinder verpflichtet hatten.

     

    Was sagt der BFH?

    Wie oben erwähnt, will sich die Ärztin mit der Entscheidung des FG nicht zufrieden geben. Sie hat Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) beim BFH eingelegt. Die NZB hat das Az. VIII B 63/23.

    Konsequenz für die Praxis

    An den Betriebsausgabenabzug übernommener Studienkosten stellen Finanzverwaltung und Rechtsprechung hohe Anforderungen. Solange der BFH den obigen Fall nicht noch anders entscheidet, wäre der einzig sichere Weg, wirklich fremdübliche Bedingungen zu vereinbaren und einzuhalten. Schließen Sie also z. B. klassische Verträge über duale Studien mit den entsprechenden Verpflichtungen für beide Seiten (z. B. Mitarbeit im Unternehmen während der Semesterferien etc.). Insbesondere bei fremden Dritten sollte es dann keine Probleme geben.

     

    Bei den eigenen Kindern schaut die Finanzverwaltung noch mal genauer hin. Am besten vorab ein entsprechendes Auswahlverfahren mit mehreren offiziellen Bewerbern durchführen, bei dem sich die eigenen Kinder anhand der (Schul-)Leistungen nachweislich als am besten geeignet erwiesen haben.

     

    Wenn Sie davon ausgehen, dass das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug ablehnt, weil Sie keine überwiegende betriebliche Veranlassung nachweisen können, sollten Sie wie folgt vorgehen: Schließen Sie keine Übernahmevereinbarung mit dem Kind und lassen Sie die Rechnungen auf den Namen des Kindes ausstellen. Vorteil: Das Kind kann die Kosten als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkommensteuer-Veranlagung geltend machen. Denn es wird angenommen, dass das Kind die Kosten aus dem Arbeitslohn bestritten hat (BFH, Urteil vom 28.03.1995, Az. IX R 47/93, BStBl 1996 II, 59).

     

    Ist das Kind schon so alt, dass Sie kein Kindergeld mehr bekommen, könnten Sie Unterstützungsleistungen (z. B. für die Miete am Studienort, Studiengebühren und Lebenshaltungskosten) auch als außergewöhnliche Belastung nach § 33a EStG geltend machen. Abziehbar sind im Jahr 2023 Zahlungen bis zum Höchstbetrag von 10.908 Euro.

     

    Quelle: Ausgabe 09 / 2023 | Seite 21 | ID 49617762