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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Anzahlung geleistet: So sichern Sie sich den Vorsteuerabzug „in allen Lebenslagen“

    | Haben Sie einen Gegenstand oder eine Leistung gekauft und eine Anzahlung geleistet, muss der Verkäufer auf Basis der Mindest-Ist-Besteuerung darauf Umsatzsteuer zahlen. Die Zahlung berechtigt Sie dazu (eine ordentliche Rechnung vorausgesetzt), einen Vorsteuerabzug nach § 15 UStG geltend zu machen. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist aber, dass die Lieferung/Leistung später auch tatsächlich erbracht wird. Erfahren Sie deshalb anhand der aktuellen BFH-Rechtsprechung was Sie tun müssen, damit die o.g. Voraussetzungen „in allen Lebenslagen“ erfüllt sind. |

    Nicht geliefertes Blockheizkraftwerk

    Im konkreten Fall wollte ein Steuerzahler ein Blockheizkraftwerk kaufen. Seine Bestellung war vom Lieferanten bestätigt, der Kaufvertrag somit geschlossen worden. Der konkrete Lieferzeitpunkt sollte noch bekanntgegeben werden. Mit Rechnung vom selben Tag rechnete der Lieferant bereits mit 37.500 Euro zzgl. 7.125 Euro Umsatzsteuer ab. Der Käufer machte auf der Basis den Vorsteuerabzug geltend. Er plante, das Blockheizkraftwerk zu verpachten und dadurch Einnahmen zu erzielen. Ein Pachtvertrag lag vor.

     

    Tatsächlich wurde das Blockheizkraftwerk nicht geliefert, weil der Verkäufer insolvent geworden war. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug, weil die Leistung tatsächlich nicht ausgeführt worden war. Es war zudem der Ansicht, dass es den Investoren des BHKW allein darauf angekommen sei, mit dem eingesetzten Kapital eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Es sei nicht erkennbar, dass sie tatsächlich beabsichtigt hätten, durch das Betreiben oder die Vermietung des BHKW unternehmerisch tätig zu werden.

    Die Vorsteuerabzugsentscheidung des BFH

    Der BFH kam zu einem anderen Ergebnis. Der Steuerzahler habe beabsichtigt, unternehmerisch tätig zu werden. Und es liegt auch eine ordnungsgemäße Anzahlungsrechnung vor. Die mögliche Absicht des Lieferanten, Kunden zu betrügen, stehe dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. Entgegen der Meinung des Finanzamts ist beim Verkäufer auch kein unberechtigter Steuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG gegeben (BFH, Urteil vom 27.03.2019, Az. V R 6/19, Abruf-Nr. 211029).

     

    Steuerzahler muss Vorsteuerabzug auch nicht berichtigen

    Der BFH entschied außerdem, dass der Steuerzahler den Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 1 S. 2 UStG nicht berichtigen müsse. Für ihn war nicht erkennbar, dass keine Lieferung stattfinden würde. Und wegen Insolvenz des Lieferanten habe der Steuerzahler auch keine Rückzahlung erhalten.

     

    In diesen Fällen gibt es keinen Vorsteuerabzug

    Entscheidend ist, ob im Zeitpunkt der Anzahlung alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands bekannt sind, sodass der Gegenstand der Lieferung genau bestimmt ist. Der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlungsrechnung hängt nicht davon ab, ob der Zahlungsempfänger im Zahlungszeitpunkt die Leistung objektiv erbringen kann und ob er das will. Etwas anderes gilt nur, wenn dem Käufer zum Zeitpunkt der Zahlung gewichtige Indizien vorgelegen haben, dass die Bewirkung der Lieferung oder Erbringung der Dienstleistung ungewiss ist. Dann scheidet der Vorsteuerabzug aus.

    Die Grundsätze zum Vorsteuerabzug bei Anzahlungen

    Für den Vorsteuerabzug gilt das Prinzip des Sofortabzugs. Entfällt ein gesondert ausgewiesener Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze, ist er bereits abziehbar (§ 15 Abs. 1 S. 3 UStG). Werden Anzahlungen geleistet, bevor der Gegenstand geliefert wurde oder die Dienstleistung erbracht worden ist, berechtigt Sie das in dem Zeitpunkt zum Vorsteuerabzug, in dem Sie das Entgelt gezahlt haben.

     

    Eintritt des Steuertatbestands muss zum Anzahlungszeitpunkt sicher sein

    Der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung setzt voraus, dass der Eintritt des Steuertatbestands zum Zeitpunkt der Anzahlung „sicher“ sein muss.

     

    PRAXISTIPP | D. h. für Sie: Prüfen Sie, ob im Zeitpunkt der Anzahlung alle Gegebenheiten des Steuertatbestands bereits bekannt sind und der Gegenstand dadurch genau bestimmt ist. Maßgeblich sind Kaufgegenstand, Kaufpreis und Lieferzeitpunkt. Sind diese bereits festgelegt, haben Sie gute Karten.

     

    Kann Leistung objektiv erbracht werden?

    Der Vorsteuerabzug aus einer Anzahlungsrechnung hängt nicht davon ab, ob der Zahlungsempfänger im Zahlungszeitpunkt die Leistung objektiv erbringen kann oder will.

     

    PRAXISTIPP | D. h. für Sie: Es reicht aus, wenn anhand objektiver Umstände feststeht, dass Sie als Anzahlender zum Zeitpunkt der Zahlung nicht wussten (oder indiziell nicht erkennen konnten), dass die Erbringung der Leistung unsicher ist. In dem Fall entsteht die Steuer aufgrund Ihrer Zahlung und berechtigt Sie zum Vorsteuerabzug.

     

    Wann muss der Vorsteuerabzug berichtigt werden?

    Den Vorsteuerabzug müssen Sie nur berichtigen, wenn Sie Geld zuzückbezahlt bekommen haben (§ 17 UStG). Bei der Insolvenz potenzieller Lieferanten ist dies aber häufig (so wie hier) nicht gegeben.

     

    FAZIT | Die BFH-Entscheidung betraf zwar einen Fall der Lieferung. Sie können sich auf die Prüfsystematik des BFH aber auch dann berufen und um den Vorsteuerabzug kämpfen, wenn Sie bei einer Dienstleistung mit vergleichbaren „Problemenn“ konfrontiert sind.

     
    Quelle: Ausgabe 10 / 2019 | Seite 22 | ID 46135479