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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Unfallmandat durch Vollmachtsunterzeichnung im Autohaus

    • 1.Zum Abschluss eines Anwaltsvertrags kann es genügen, dass der Unfallgeschädigte eine im Autohaus bereitliegende Vollmacht unterzeichnet und diese von einem Autohausmitarbeiter an den Anwalt weitergeleitet wird.
    • 2.Eine solche Vorgehensweise eines Anwalts verstößt weder gegen Bestimmungen der BORA und der BRAO, noch ist es sittenwidrig.

    (LG Oldenburg 12.7.11, 16 S 72/11, Abruf-Nr. 112427)

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die klagende Anwalts-GbR verlangt aus abgetretenem Recht einer Mandantin Zahlung einer Geschäftsgebühr für eine vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit in einer Unfallsache. Der bekl. KH-Versicherer bestreitet das Zustandekommen eines Anwaltsvertrags. Unstreitig wurde das Mandat nicht persönlich erteilt. Vielmehr hat die Unfallgeschädigte in den Räumen des Autohauses ein Vollmachtsformular der Kl. unterzeichnet. Dieses wurde von einem Autohausmitarbeiter an die Kl. weitergeleitet. Nach zeugenschaftlicher Vernehmung der angeblichen Mandantin hat das AG die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kl. hat das LG die Bekl. antragsgemäß verurteilt.

     

    Nach Ansicht des LG liegt sowohl ein wirksamer Anwaltsvertrag als auch eine wirksame Zession vor. Der Anwaltsvertrag sei dadurch zustande gekommen, dass das Autohaus als Bote das Vertragsangebot in Form einer Vollmacht an die Kl. weitergeleitet habe. Die Erteilung einer Vollmacht sei zwar vom Abschluss eines Anwaltsvertrags zu unterscheiden. Gleichwohl habe sie erhebliche Indizwirkung. Der Anwalt könne und müsse die Vollmachtserteilung als Antrag zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags verstehen, wenn vorher, wie in concreto, keine Gespräche mit dem Auftraggeber stattgefunden haben. Zur Annahme des Vertragsangebots reiche es aus, wenn der Anwalt seine Tätigkeit aufnehme. Der Zugang einer ausdrücklichen Annahmeerklärung sei gem. § 151 S. 1 BGB nicht erforderlich. Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass Wirksamkeitsbedenken unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (BORA, BRAO, §§ 134, 138 BGB) bestünden.

     

    Praxishinweis

    Sicherheitshalber hatten die Anwälte sich die Mandatserteilung in einer vorformulierten Erklärung von der Mandantin nachträglich bestätigen und eine neue Vollmacht unterzeichnen lassen. Das war für das LG aber nicht entscheidend. Auch so hätte es pro Anwälte entschieden. Dass das AG die Vernehmung der Mandantin für notwendig gehalten und anschließend die Klage abgewiesen hat, sollte als Warnung dienen. Nur wenige Richter sind mit dem Thema „Kooperation Anwalt/Autohaus“ („Shop-in-Shop“ u.a.) so vertraut, dass sie - wie hier das LG - zu einer ebenso pragmatischen wie liberalen Entscheidung gelangen. Was anwaltsrechtlich früher als unzulässig galt, z.B. Vollmachten auf Vorrat in der Werkstatt zu hinterlegen, sieht das LG zu Recht „lockerer“.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2011 | Seite 148 | ID 28357890