· Fachbeitrag · Straßenverkehrsgefährdung
Urteilsgründe bei Straßenverkehrsgefährdung
Aus den tatsächlichen Feststellungen einer Verurteilung wegen einer Straßenverkehrsgefährdung muss sich ergeben, dass durch die festgestellte Tat eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert herbeigeführt worden ist (BGH 16.4.12, 3 StR 45/12, Abruf-Nr. 121684). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Angeklagte ist vom LG u.a. wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt worden. Seine dagegen gerichtete Revision hatte Erfolg.
Die vom LG getroffenen Feststellungen belegen nicht die für die Annahme einer Tat nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Herbeiführung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert. Da für den Eintritt des danach erforderlichen konkreten Gefahrerfolgs das vom Angeklagten geführte fremde Fahrzeug nicht in Betracht kommt, auch nicht erkennbar ist, ob der - allein maßgebliche - Gefährdungsschaden an Laterne und Baum die tatbestandsspezifische Wertgrenze erreicht, kommt es auf die Gefährdung der Beifahrerin an. Nach den dazu in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäben genügt die hierauf bezogene knappe Bemerkung des LG („Dadurch gefährdete er H.“) nicht den Anforderungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr. Einen Vorgang, bei dem es beinahe zu einer Verletzung der Mitfahrerin gekommen wäre - also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, „das sei noch einmal gut gegangen“ - hat die Strafkammer auch nach dem Gesamtzusammenhang ihrer auf das Unfallgeschehen bezogenen Feststellungen nicht hinreichend mit Tatsachen belegt.
Praxishinweis
Die Entscheidung reiht sich ein in eine Vielzahl von BGH-Entscheidungen, die sich mit der „konkreten Gefahr“ i.S. der §§ 315c, 315 StGB befasst haben. Hier moniert der BGH immer wieder nicht ausreichende tatsächliche Feststellungen (vgl. z.B. VA 11, 47; 11, 190; 12, 65). Insoweit kann man von einer inzwischen gefestigten Rechtsprechung des BGH sprechen. Die Entscheidung ist aber nicht deshalb von Bedeutung, sondern weil in ihr zwei andere Aspekte angesprochen werden, auf die in der Praxis zu achten ist. Von Bedeutung ist zunächst, dass bei der Beurteilung der Frage, ob eine konkrete Gefahr vorliegt, das vom Angeklagten geführte Fahrzeug keine Rolle spielt (so schon BGHSt 27, 40; NStZ 99, 350, 351). Und: Der BGH weist darauf hin, dass die konkrete Gefahr i.S. der §§ 315c, 315 StGB zwar auch für einen Mitfahrer hervorgerufen werden kann. Allerdings muss der dann überhaupt vom Schutzbereich der §§ 315b, 315c StGB erfasst sein. Und das wird in der Rechtsprechung des BGH für den an der Tat beteiligten Insassen des Fahrzeugs verneint (BGHSt 6, 100, 102; 27, 40, 43 und BGH NJW 09, 1155, 1157). Deshalb sollte man in vergleichbaren Fällen die Frage ggf. näher prüfen. Hier stellte sich die Frage, ob die Mitfahrerin nicht ggf. Anstifterin war, weil sie an den Angeklagten die Aufforderung gerichtet hatte, „auch einmal zu fahren“.