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  • · Fachbeitrag · Unfallschadensregulierung

    Zum Prognoserisiko bei Werkstattauftrag vor Eingang des schriftlichen Gutachtens

    Es geht nicht zulasten des Geschädigten, wenn er bereits auf der Grundlage einer vertrauenswürdigen mündlichen Kostenprognose und einer Reparaturfreigabe des von ihm beauftragten Sachverständigen den Reparaturauftrag erteilt, die Werkstattrechnung aber die 130-Prozent-Grenze überschreitet (AG Schwäbisch Gmünd 25.3.13, 4 C 1029/12, Abruf-Nr. 131307).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Am Tag nach dem Unfall habe der von ihm beauftragte Sachverständige das Fahrzeug im Hinblick auf die 130-Prozent-Grenze als reparaturwürdig eingestuft und es mündlich zur Reparatur freigegeben, so die vom Sachverständigen zeugenschaftlich bestätigte Darstellung des Kl. Unstreitig hat er noch vor Eingang des schriftlichen Gutachtens den Reparaturauftrag erteilt. Die Kosten lagen um ca. 900 EUR über der schriftlichen Kalkulation des Sachverständigen und knapp 700 EUR jenseits der 130-Prozent-Grenze. Daraufhin rechnete der bekl. VR auf Totalschadensbasis ab. Die Kosten für die Nachbesichtigung des reparierten Fahrzeugs (Reparaturbestätigung) i.H.v. 55 EUR netto übernahm er nicht.

     

    In beiden Streitpunkten erhielt der Kl. Recht. Dass die tatsächlichen Reparaturkosten höher als die kalkulierten lägen, gehe nicht zulasten des Kl. Ihm könne auch nicht vorgeworfen werden, den Reparaturauftrag vor Erhalt des schriftlichen Gutachtens erteilt zu haben. Die mündliche Kostenprognose sowie die Reparaturfreigabe seien verlässlich gewesen. Gleichfalls ohne Erfolg blieb der Einwand der Bekl., der Kl. habe nicht den notwendigen Weiterbenutzungswillen gehabt. Tatsächlich hatte der Wagen drei Wochen nach der Reparatur einen Totalschaden. Das Gericht hielt die - dem VR schriftlich vorliegende - Weiternutzungserklärung des Kl. für glaubhaft.

     

    Praxishinweis

    Nicht zuletzt durch die professionelle Begleitung der Schadensregulierung durch die Anwältin und den Sachverständigen des Kl. gelangt das AG zu einer in allen Punkten überzeugenden Entscheidung.

     

    Bemerkenswert ist auch die Zurückweisung des VR-Einwands, die Klageforderung sei wegen verweigerter Nachbesichtigung nicht fällig. Die dreimalige (!) Aufforderung der Kl.-RAin, das Nachbesichtigungsverlangen konkret zu begründen, blieb ohne Antwort.

     

    Einsenderin | Rechtsanwältin Birgit Schwarz, Weißenhorn

    Weiterführender Hinweis

    • Reparaturkostenersatz trotz kalkulierter Kosten über 130 Prozent? Schwerpunktbeitrag mit Tipps und Argumenten zur taktisch richtigen Vorgehensweise: Eggert, VA 09, 149
    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 95 | ID 39545970