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  • · Fachbeitrag · Sozialversicherungspflicht

    „Die Buchhaltung macht meine Frau!“ - Familienangehörige in der Zahnarztpraxis

    | Zahnarztpraxen gehören zu den kleineren bzw. mittleren Unternehmen. Typisch für diese Unternehmen ist, dass häufig Familienangehörige Aufgaben übernehmen. Doch diese Arbeitsverhältnisse gelten nur dann als gleichwertig im Vergleich mit anderen Beschäftigungsverhältnissen, wenn sie zu den gleichen Rahmenbedingungen abgeschlossen werden. Wenn Sie jetzt denken, mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag und einer Anmeldung zur Sozialversicherung sei es getan, kann sich das als falsch erweisen - mit fatalen (steuerlichen) Folgen für die Betroffenen. |

    Fehlende Versicherungspflicht und ihre Auswirkungen

    Ein schriftlicher Arbeitsvertrag und die Beitragszahlung allein sind keine Garantie dafür, dass die Sozialabgaben zu Recht entrichtet wurden. Das heißt: Möglicherweise besteht später gar kein Anspruch auf Sozialleistungen. Es kann also fatale Folgen haben, wenn Sie die Versicherungspflicht Ihres Ehegatten, rechtmäßig anerkannten Lebenspartners oder Ihrer Kinder - im Folgenden kurz Angehörige - falsch beurteilen:

     

    • Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) kann eine Erwerbsminderungsrente verweigern.
    • Die Bundesagentur für Arbeit kann die Zahlung von Arbeitslosengeld ablehnen.
    • Im Fall der Insolvenz des Unternehmens erhalten die Angehörigen kein Insolvenzgeld.
    • Bei Riester-Verträgen kann es dazu kommen, dass staatliche Zulagen und Vergünstigungen zurückzuzahlen sind.

    Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverhältnis

    Nach § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IV liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung vor, wenn der Arbeitnehmer dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterstellt und in den Betrieb eingegliedert ist. Weil die Sozialversicherungspflicht aber insoweit recht dürftig geregelt ist, musste sich das Bundessozialgericht (BSG) oft 
damit beschäftigen und hat allgemeine Grundsätze für ein sozial-versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis aufgestellt. Diese Grundsätze gelten auch bei der Prüfung, ob ein Beschäftigungsverhältnis unter Angehörigen vorliegt (Urteil vom 5. April 1956, Az. 3 RK 65/55).

     

    Arbeitsverhältnisse mit nahen Angehörigen - insbesondere Ehegatten - sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig, wenn sie steuerrechtlich anerkannt sind. Ebenso wie die sozialversicherungsrechtliche Anerkennung verlangt das Steuerrecht bei einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis klare, eindeutige und ernsthafte Vereinbarungen, die auch tatsächlich durchgeführt werden.

     

    Diese müssen Ihren mit familienfremden Arbeitnehmern getroffenen Vereinbarungen entsprechen. So sind etwa zwischen approbierten, miteinander verheirateten Apothekern mit jeweils eigener Apotheke gegenseitige Teil-Arbeitsverhältnisse nicht möglich. Diese halten nämlich einem Fremdvergleich nicht stand, weil fremde Personen mit konkurrierenden Geschäften keine wechselseitigen Arbeitsverhältnisse eingehen würden (Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. November 2003, Az. 8 K 462/98).

     

    Unter Angehörigen müssen Leistung (Arbeit) und Gegenleistung (Vergütung) in angemessenem Verhältnis stehen. Nicht mehr angemessen ist der Lohn, wenn nur die halbe ortsübliche Vergütung gezahlt (BSG-Urteil vom 17. Dezember 2002, Az. B 7 AL 34/02 R) oder ein vereinbartes Arbeitsentgelt überhaupt nicht ausgezahlt wird (BSG-Urteil vom 21. April 1993, Az. 11 Rar 67/92). In diesen Fällen liegt kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vor.

     

    Checkliste / Sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis

    Der Angehörige unterliegt dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, wenn auch in abgeschwächter Form.

    Er übt die Beschäftigung tatsächlich aus.

    Er ist wie eine fremde Arbeitskraft in den Betrieb eingegliedert.

    Er wird wie eine fremde Arbeitskraft vom Arbeitgeber beschäftigt.

    Er erhält ein angemessenes Arbeitsentgelt, das regelmäßig gezahlt wird.

    Vom Arbeitsentgelt wird regelmäßig die Lohnsteuer an das Finanzamt entrichtet.

    Das Arbeitsentgelt wird in der Finanzbuchhaltung als Betriebsausgabe gebucht.

     

     

    Hinweis | Ein mitarbeitender Ehegatte erhält grundsätzlich den vollen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Sozialversicherung, wenn er sich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis befindet. Er verliert aber eine eventuell vorhandene beitragsfreie Familienversicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

    Feststellung der Sozialversicherungspflicht

    Melden Sie einen Angehörigen bei der zuständigen Krankenkasse neu an, so müssen Sie seit dem 1. Januar 2005 das Schlüsselkennzeichen „1“ eintragen. In der Folge leitet die Clearingstelle - angesiedelt bei der DRV Bund - ein Statusfeststellungsverfahren ein. Am Ende des Verfahrens erlässt die Clearingstelle einen Bescheid. An diesen ist auch die Bundesagentur für Arbeit (§ 336 SGB III) gebunden.

     

    PRAXISHINWEIS |  Ehegatten, Lebenspartner und nahe Angehörige, die bereits vor dem 1. Januar 2005 das Arbeitsverhältnis begründet haben, können ihr Versicherungsverhältnis überprüfen lassen (Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV). Sie sollten dringend davon Gebrauch machen, um Sicherheit über ihren Status zu erlangen. Da spätere Veränderungen - wie beispielsweise eine neue Aufgabe - zu einer Statusänderung führen können, sollten diese unverzüglich der Einzugs- oder Clearingstelle (DRV Bund) mitgeteilt werden.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 17 | ID 42437081