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  • · Fachbeitrag · Einkommensteuer

    So optimieren unverheiratete Eltern das Elterngeld über steuermindernden Unterhalt

    von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburgund Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Norden, www.practax.de

    | Wohl eines der schönsten Ereignisse Ihres Lebens steht an ‒ die Geburt Ihres Kindes. Doch mit der Geburt geht auch eine nicht unerhebliche Veränderung Ihres Lebensalltags und Ihrer finanziellen Möglichkeiten einher. So bleibt oft ein Elternteil zumindest zeitweise zu Hause und geht keiner Beschäftigung nach. SSP zeigt Ihnen, wie frischgebackene Eltern, die nicht verheiratet sind, die dadurch verursachten finanziellen Einbußen auffangen können. |

    Der Elterngeldantrag ‒ Chance und Herausforderung

    Wenn Sie schon einen Elterngeldantrag ausgefüllt haben, wissen Sie, wie komplex der Antrag ist. Dem Gesetzgeber hat sich die Aufgabe gestellt, dass der Antrag die unterschiedlichsten Lebenssachverhalte abbilden muss. Sie als „Ausfüllender“ stehen vor der Herausforderung, dass Sie schon im Antrag Entscheidungen treffen müssen, die in der Zukunft weitreichende Auswirkungen entfalten.

     

    Das gilt z. B. für die Frage, welcher Elternteil für welche Lebensmonate des Kindes Basiselterngeld oder Elterngeld-Plus beziehen soll. Diese Entscheidungen wirken sich einerseits auf die Höhe des Elterngelds aus. Denn für jeden Elternteil wird das Elterngeld gesondert nach seinem vorherigen Einkommen berechnet. Andererseits ergeben sich auch Auswirkungen auf den steuermindernden Ansatz von Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG. Denn das Elterngeld wird als eigene Bezüge der unterstützten Person berücksichtigt.

    Bezug von Elterngeld steuerlich geschickt verteilen

    Die größten finanziellen Effekte erzielen nicht verheiratete Elternteile, wenn sie die Bezugszeiträume des Elterngelds geschickt verteilen und in diesem zeitlichen Kontext Unterhaltszahlungen nach § 33a EStG klug steuern.

     

    Voraussetzungen für Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG

    Damit das Finanzamt Unterhaltsaufwendungen eines Elternteils nach § 33a EStG als außergewöhnliche Belastung anerkennt, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

     

    • 1. Es muss sich um Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung handeln.
    • 2. Der Unterhalt muss einer Person geleistet werden, die gegenüber dem Steuerzahler oder dessen Ehegatten gesetzlich unterhaltsberechtigt (oder gleichgestellt) ist.
    • 3. Es muss ein Antrag auf steuerliche Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen gestellt und die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person muss angegeben werden.
    • 4. Kein Anspruch auf Kinderfreibeträge / Kindergeld für die unterhaltene Person.
    • 5. Die unterhaltene Person darf kein oder nur geringes Vermögen besitzen.

     

    Der Abzugsbetrag

    Haben Sie die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, sind bei Ihnen Unterhaltsaufwendungen bis zum Höchstbetrag von 9.168 Euro (2019) und 9.408 Euro (2020) abzugsfähig. Der Höchstbetrag erhöht sich um Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, sofern diese nicht bereits als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind (§ 33a Abs. 1 S. 2 EStG). Er mindert sich um eigene Einkünfte und Bezüge der unterstützten Person, die 624 Euro jährlich übersteigen (§ 33a Abs. 1 S. 5 EStG). Von den Bezügen sind vorab jährlich 180 Euro als Kostenpauschale abzuziehen. Ein höherer Einzelnachweis von Aufwendungen ist möglich (R 33a.1 Abs. 3 S. 5 EStR).

    So erfüllen unverheiratete Eltern die Voraussetzungen

    Nachfolgend erfahren Sie, wie unverheiratete Eltern die Voraussetzungen für die Anerkennung von Unterhaltsleistungen nach § 33a EStG erfüllen.

     

    1. Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung

    Abziehbar sind Aufwendungen für den typischen Unterhalt. Das sind Leistungen für den Lebensunterhalt sowie Aufwendungen für eine Berufsausbildung. Die Aufwendungen müssen Sie gegenüber dem Finanzamt nachweisen bzw. glaubhaft machen. Ideal ist es, wenn die unterhaltsberechtigte Person zu Ihrem Haushalt gehört. Dann unterstellt das Finanzamt, dass Ihnen Unterhaltsaufwendungen in Höhe des Höchstbetrags erwachsen sind (R 33a.1 Abs. 1 S. 5 EStR). Eines Einzelnachweises bedarf es insoweit nicht.

     

    2. Gesetzlich unterhaltsberechtigte Person

    Nichteheliche Elternteile sind im Regelfall in den ersten drei Lebensjahren des Kindes nach § 1615i BGB gegeneinander gesetzlich unterhaltsberechtigt. Eine Prüfung der tatsächlichen Bedürftigkeit des Unterhaltsempfängers ist nicht erforderlich (R 33a.1 Abs. 1 S. 4 EStR).

     

    Entscheidend ist allein, dass die unterstützte Person unbeschränkt steuerpflichtig sowie dem Grunde nach (potenziell) unterhaltsberechtigt ist, tatsächlich Unterhalt erhält und alle übrigen Voraussetzungen des § 33a Abs. 1 EStG vorliegen. Dann wird die Bedürftigkeit der unterstützten Person typisierend unterstellt (abstrakte Betrachtungsweise). Es hat eine Eintragung in der Zeile 40 der Anlage „Unterhalt“ der Einkommensteuererklärung zu erfolgen.

     

    3. Antrag mit Identifikationsnummer

    Sie als Unterhaltsleistender müssen eine Steuererklärung abgeben und dort mit entsprechenden Angaben (einschließl. persönlicher Identifikationsnummer des Unterhaltsempfängers) belegen, dass Sie Unterhalt geleistet haben und ihn steuermindernd anerkannt haben wollen (Anlage Unterhalt).

     

    4. Kein Anspruch auf Kindergeld für die unterhaltene Person

    Sie und auch niemand anderes dürfen für die unterhaltene Person einen Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibeträge im Sinne des § 32 Abs. 6 EStG haben. Wichtig ist diese Prüfung insbesondere bei verhältnismäßig jungen Elternteilen unter 25 Jahren. Dann ist zu prüfen, ob ggf. die jetzigen Großeltern für die Eltern (und damit für die unterhaltene Person) einen Anspruch auf Kinderfreibeträge oder Kindergeld besitzen. Ist dies der Fall, scheidet ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen bei Ihnen aus.

     

    5. Kein oder nur geringes Vermögen

    Die von Ihnen unterstützte Person darf nur ein geringes Vermögen besitzen. Denn vorhandenes Vermögen ist vorrangig einzusetzen und zu verwerten. Als geringfügig gilt ein Vermögen bis zu einem Verkehrswert von 15.500 Euro.

     

    Bei der Ermittlung des Vermögens bleiben Vermögensgegenstände außer Betracht,

    • deren Veräußerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten würde,
    • die einen besonderen persönlichen Wert für den Unterhaltsempfänger haben (z. B. Erinnerungsstücke),
    • der Hausrat und
    • ein angemessenes Hausgrundstück (R 33a.1 Abs. 2 EStR).

    Beispiel erleichtert Ihnen die Orientierung und Gestaltung

    Damit Sie bestehende Gestaltungsmöglichkeiten erkennen und optimal umsetzen, hat SSP ein Beispiel erarbeitet. Beim Elterngeld liegt in der Praxis das größte Problem darin, dass es nach § 3 Nr. 67 EStG zwar steuerfrei ist bzw. dem Progressionsvorbehalt unterliegt (§ 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchst. j EStG), aber anzurechnende Bezüge der unterhaltenen Person darstellt. Insoweit mindert das Elterngeld den abzugsfähigen Höchstbetrag. Wie Sie nun geschickt vorgehen können, zeigen zwei Musterfälle.

     

    Der Ausgangssachverhalt

    Alfred und Beate sind berufstätig, nicht verheiratet und wohnen in einem gemeinsamen Haushalt. Am 01.01.2019 ist ein gemeinsames Kind geboren worden. Beate möchte sich um die Kindererziehung kümmern und beantragt bei ihrem Arbeitgeber für 22 Monate Elternzeit und zugleich bei der Elterngeldstelle Elterngeld. Danach nimmt sie ihre Tätigkeit wieder auf und erhält monatlich 2.000 Euro brutto.

     

    Innerhalb der Elternzeit hat sie für die ersten zwei Monate einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld und Aufstockungen durch den Arbeitgeber in Höhe von 1.800 Euro monatlich. Zudem hat sie einen Anspruch auf Basiselterngeld in Höhe von 1.800 Euro für zehn Monate (eigentlich zwölf Monate, aber zwei Monate werden auf das Mutterschaftsgeld angerechnet). Würde sie sich für das Elterngeld-Plus entscheiden, stehen ihr aufgrund der Mutterschaftsleistungen innerhalb der ersten beiden Monate ebenfalls 1.800 Euro zu. In den folgenden 20 Monaten besteht ein Anspruch auf monatlich 900 Euro Elterngeld-Plus (halber Betrag des Basiselterngelds). Der Steuersatz soll zur Vereinfachung linear 35 Prozent betragen.

     

    • Beispiel 1: Keine steueroptimierte Gestaltung

    Beate möchte innerhalb der Elternzeit möglichst gleichmäßig Elterngeld beziehen und beantragt deshalb Elterngeld-Plus. Sie erhält in den Jahren 2019 und 2020 insgesamt 25.600 Euro:

     

    2019

    Januar und Februar

    3.600 Euro

    (2 x Mu.geld + Zuschuss)

    März bis Dezember

    9.000 Euro

    (10 x Elterngeld-Plus)

    Summe

    12.600 Euro

    2020

    Januar bis Oktober

    9.000 Euro

    (10 x Elterngeld-Plus)

    November bis Dezember

    4.000 Euro

    (2 x Arbeitslohn)

    Summe

    13.000 Euro

     

     

    Folge: Selbst wenn Alfred Beate finanziell während der von Januar 2019 bis Oktober 2020 laufenden Elternzeit unterstützen würde, ist bei ihm ein Abzug von Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG nicht möglich. Denn die eigenen Einkünfte und Bezüge der unterstützten Beate überschreiten sowohl 2019 als auch 2020 den jeweiligen Höchstbetrag von 9.168 Euro (2019) bzw. 9.408 Euro (2020). Nachfolgend ist dargestellt, wie sich das exemplarisch für 2020 darstellt:

     

    Höchstbetrag für 2020 (1/2020-10/2020 → 9.408 Euro x 10/12)

    7.840 Euro

    Erhöhung durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

    0 Euro

    Erhöhter Höchstbetrag

    7.840 Euro

    Einkünfte Beate (Januar bis Oktober 2020)

    0 Euro

    Bezüge Beate (Januar bis Oktober 2020)

    Elterngeld (Januar bis Oktober)

    9.000 Euro

    ./. Kostenpauschale x 10/12

    150 Euro

    Maßgebende Bezüge

    8.850 Euro

    8.850 Euro

    Summe der Einkünfte und Bezüge

    8.850 Euro

    ./. Unschädlicher Betrag (624 x 10/12)

    520 Euro

    Schädlicher Betrag

    8.330 Euro

    8.330 Euro

    Gekürzter Höchstbetrag

    0 Euro

     

     
    • Beispiel 2: Steueroptimierte Gestaltung durch § 33a EStG

    Beate entscheidet sich für das Basis-Elterngeld. In den Monaten, in denen sie kein Elterngeld erhält, wird sie von Alfred unterstützt (Bar- und Sachunterhalt wie z. B. unentgeltliches Wohnen, Lebensmittel etc.). Wie in Beispiel 1 erhält Beate in Summe wieder 25.600 Euro, allerdings wie folgt verteilt:

     

    2019

    Januar und Februar

    3.600 Euro

    (2 x Mu.geld+ Zuschuss)

    März bis Dezember

    18.000 Euro

    (10 x Basis-Elterngeld)

    21.600 Euro

    2020

    Januar bis Oktober

    0 Euro

    (aber Unterstützung Alfred)

    November bis Dezember

    4.000 Euro

    (2 x Arbeitslohn)

    4.000 Euro

     

    Im Jahr 2019 ändert sich für Alfred nichts. Auch hier übersteigen die anzurechnenden Einkünfte und Bezüge von Beate deutlich den Höchstbetrag des § 33a Abs. 1 S. 1 EStG. Im Jahr 2020 kann er allerdings einen Steuervorteil erlangen. Denn durch den gemeinsamen Haushalt werden Unterhaltsaufwendungen im Rahmen des Höchstbetrags unterstellt. Beate dagegen hat im Unterstützungszeitraum Januar bis Oktober 2020 keine eigenen Einkünfte und Bezüge.

     

    Höchstbetrag § 33a Abs. 1 EStG für 2020 (zeitanteilig ‒ 9.408 Euro x 10/12)

    7.840 Euro

    Erhöhung durch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

    0 Euro

    Erhöhter Höchstbetrag

    7.840 Euro

    Einkünfte Beate Person (Januar bis Oktober)

    0 Euro

    0 Euro

    Bezüge Beate (Januar bis Oktober)

    0 Euro

    Summe der Einkünfte und Bezüge

    0 Euro

    0 Euro

    Gekürzter Höchstbetrag nach § 33a EStG

    7.840 Euro

     

     

    Folge: Bei einem Steuersatz von 35 Prozent beträgt der Steuervorteil 2.744 Euro (7.840 Euro x 35 Prozent). Das ist der Betrag, um den sich für Beate und Alfred ihr „verfügbares Einkommen“ durch die gewählte Gestaltung erhöht.

     

    Exkurs: Optimierung bei verheirateten Elternteilen

    Sind die Eltern verheiratet, scheidet die aufgeführte Steueroptimierung aus. Denn das Splittingverfahren verdrängt die Abzugsmöglichkeit nach § 33a EStG. Dafür können verheiratete Eltern die Höhe des Elterngelds über einen geschickten und frühzeitigen Wechsel der Steuerklasse optimieren. Maßgebend für das Elterngeld ist vom Grundsatz her die Steuerklasse, die vor Beginn der Mutterschutzfrist Anwendung fand. Bei einem Steuerklassenwechsel im Bemessungszeitraum für das Elterngeld gilt jedoch die Steuerklasse, die im Zeitraum überwog, in dem Elterngeld bezogen wurde.

     

    Ein Antrag auf Steuerklassenwechsel muss daher im Regelfall mindestens sieben Monate vor Beginn der Mutterschutzfrist gestellt werden, da der Antrag erst für den Folgemonat gilt. Haben Sie die Steuerklasse rechtzeitig (z. B. von V auf III gewechselt), wird Ihr Elterngeld nicht nach der ungünstigen Steuerklasse V berechnet, sondern nach der günstigeren Steuerklasse III. Dieses Vorgehen ist höchstrichterlich abgesichert (BSG, Urteil vom 25.06.2009, Az. B 10 EG 3/08 R, Abruf-Nr. 213950). Der Steuerklassenwechsel ist seit dem 01.01.2020 häufiger als nur einmal im Jahr bei Verheirateten möglich (Neuregelung § 39 Abs. 6 EStG durch Drittes Bürokratieentlastungsgesetz).

     

    FAZIT | Unverheiratete Eltern können durch eine geschickte Wahl und Verteilung der Elterngeldzeiträume beachtliche finanzielle Vorteile erzielen. Bei einem Steuersatz von 35 Prozent kann monatlich ein Steuervorteil von 275 Euro erlangt werden (hier 9.408 Euro Höchstbetrag 2020 x 10/12 x 35 Prozent). Natürlich muss diese Gestaltung immer zur persönlichen Situation passen. Dabei müssen insbesondere der jeweilige Steuersatz und die Auswirkungen des Elterngelds im Rahmen des Progressionsvorbehalts beachtet werden.

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2020 | Seite 8 | ID 46348259