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· Fachbeitrag · Übergangsgeld

Fehlt eine Berufsausbildung, gibt es weniger Übergangsgeld

| Es hängt von der beruflichen Qualifikation ab, wie hoch das Übergangsgeld für den Mandanten ausfällt. Hat er keine Berufsausbildung, wird es problematisch. Das LSG Niedersachsen-Bremen entschied: Selbst wer über 15 Jahre als Kraftfahrer tätig war, ist nicht mit einer Person vergleichbar, die eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen hat. |

 

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Bis er 2014 arbeitslos wurde, war der Kläger Kraftfahrer. Dann nahm er an einem Reha-Vorbereitungskurs sowie an einer zweijährigen Weiterbildung zum Verwaltungsfachwirt teil. Dort erhielt er ein tägliches Übergangsgeld von 26,92 EUR. Zugrunde gelegt war ein fiktives Arbeitsentgelt in Höhe von Sechshundertstel der Bezugsgröße (täglich 60,90 EUR; Qualifikationsgruppe 4 gem. § 68 Abs. 2 SGB IX). Der Kläger will auch ohne abgeschlossene Ausbildung zum Berufskraftfahrer wie ein Versicherter mit Ausbildung behandelt und in die Gruppe 3 eingruppiert werden. Dann sei ein Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße anzusetzen. Er habe seinerzeit an verschiedenen Weiterbildungen für Kraftfahrer teilgenommen. Anders als das SG hielt das LSG die Eingruppierung für rechtens (7.2.20, L 2 R 377/19, Abruf-Nr. 216329).

 

Wird Übergangsgeld berechnet, ist seit Januar 2018 das berufliche Qualifikationsniveau entscheidend (neu gefasster § 68 SGB IX, vier Qualifikationsstufen). Insoweit stellt auch die Rechtsprechung zu § 152 SGB III bei der Eingruppierung auf den förmlichen Berufsabschluss ab (BSG 4.7.12, B 11 AL 21/11 R). Zwar hatte sich das SG auf Literatur gestützt, nach der es der Arbeitswirklichkeit entspreche, dass Arbeitnehmer in Positionen hineinwachsen, ohne die formale Qualifikation zu besitzen, und diese Tätigkeiten langfristig ausübten (Reyels, juris-PK SGB IX, § 68 SGB IX Rn. 25). Dieser Ansatz könne vorliegend aber nicht gelten, so das LSG. Eine Tätigkeit als Kraftfahrer setze schon im Ausgangspunkt keine „formale Qualifikation“ etwa in einem Ausbildungsberuf voraus, in die ein Arbeitnehmer hineinwachsen könne. Soweit das Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz eine Grundqualifikation verlangt (§ 4 BKrFQG), entspräche diese schon vom Umfang her keiner Ausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes. Die beruflichen Weiterbildungen seien gesetzlich auch für Lkw-Fahrer ohne Berufsausbildung vorgeschrieben, die lediglich eine Grundqualifikation haben.

 

Relevanz für die Praxis

Seit dem 1.1.18 wird das Übergangsgeld aus fiktivem Arbeitsentgelt berechnet. Dabei wird der Bezieher in eine von vier Qualifikationsgruppen eingruppiert, die seiner höchsten beruflichen Qualifikation entspricht.

 

Weiterführende Hinweise

  • Übergangsgeld: Zeitliche Lücken unter vier Wochen schaden nicht, SR 19, 93
  • Wiedereingliederung nach Reha: Fahrtkosten werden erstattet, SR 19, 45
Quelle: Ausgabe 07 / 2020 | Seite 110 | ID 46557246