24.07.2008 | Autokauf
Dieselauto mit Partikelfilter: Wegen Verstopfung mangelhaft
Es stellt einen Sachmangel eines mit einem Partikelfilter ausgerüsteten Dieselfahrzeugs dar, wenn es wegen des in bestimmten Abständen nötigen „Freibrennens“ des Filters bei konstant höherer Geschwindigkeit (Regenerieren für einen überwiegenden Einsatz im Kurzstreckenverkehr ungeeignet ist (OLG Stuttgart 4.6.08, 3 U 236/07, Abruf-Nr. 082103). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Kläger hatte von der beklagten Kfz-Händlerin einen neuen Opel Zafira 1.9 CTDI mit Rußpartikelfilter gekauft. Schon kurz nach Auslieferung kam es wegen einer Verstopfung des Filters zu Störungen. Während der Kläger darin einen Gewährleistungsfall sieht, beruft sich die Beklagte auf den Stand der Technik. Mit einem „Freibrennen“ in bestimmten Intervallen bei Einhaltung einer bestimmten Mindestgeschwindigkeit über mehrere Minuten sei das Problem gelöst. Dies werde zudem in der Bedienungsanleitung erläutert.
Das LG Ellwangen hat der Rückabwicklungsklage ohne Beweisaufnahme stattgegeben. Das OLG Stuttgart hat die Entscheidung bestätigt und einen zum Rücktritt berechtigenden Sachmangel bejaht. Der Wagen sei nicht von der üblichen und vom Käufer zu erwartenden Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Prüfmaßstab sei nicht der Stand der Technik bei Opel, auch nicht derjenige von anderen Dieselfabrikaten mit dem gleichen Problem. Abzustellen sei vielmehr darauf, inwieweit Dieselfahrzeuge generell für einen überwiegenden Kurzstreckenbetrieb geeignet seien. Danach könne nicht zweifelhaft sein, dass ein durchschnittlicher Verbraucher ohne weitere Hinweise von Hersteller oder Händler davon ausgehen könne, dass ein Fahrzeug mit Dieselmotor – so wie ein Benziner oder ein Diesel ohne Filter – auch im Kurzstreckenbetrieb uneingeschränkt verwendbar sei. Mit einem Partikelfilter verbinde der Durchschnittskäufer nur einen reduzierten Schadstoffausstoß, keine Einschränkung im Fahrbetrieb.
Praxishinweis
Es ist die erste obergerichtliche Entscheidung zu einem Problem, das zwar seit einiger Zeit durch Medienberichte in weiten Kreisen bekannt, aber noch kein Allgemeingut ist. Ob der verurteilte Händler die zugelassene Revision eingelegt hat, ist nicht bekannt. Erfolg versprechend wäre sie nicht. Die Erwartung eines normalen Käufers eines Diesel-Pkw mit Partikelfilter geht in der Tat nicht in Richtung Extra-Kilometer für Regenerationsfahrten. Kaufrechtlicher Knackpunkt ist neben dem Prüfmaßstab bei dem Kriterium „übliche Beschaffenheit“ die Aufklärung des Käufers, und zwar vor Vertragsschluss. Der Kläger war nicht aufgeklärt worden. Die Betriebsanleitung war schon deshalb irrelevant, weil er sie erst nach dem Kauf erhalten hatte. Da Händler grundsätzlich ein Recht zur Nacherfüllung haben, muss ihnen erst eine Frist gesetzt werden, bevor eine Kaufpreisreduzierung oder eine Rückabwicklung verlangt wird. Dazu und zu den Ausnahmen s. VA 06, 98 ff.
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