26.04.2010 | Autokauf
Käufer muss Verkäufer Untersuchung ermöglichen
Die Obliegenheit des Käufers, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben, beschränkt sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Nacherfüllung, sondern umfasst auch die Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zur Verfügung zu stellen (BGH 10.3.10, VIII ZR 310/08, Abruf-Nr. 100982). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Kl. hatte einen Neuwagen gekauft, mit dessen Elektronik er nicht zufrieden war. Es entwickelte sich eine längere Korrespondenz folgenden kurzgefassten Inhalts: Der Kl. wollte keine Nachbesserung, sondern eine Ersatzlieferung. Nur unter der Bedingung, dass die Bekl. sich damit einverstanden erklärt, war er bereit, den Wagen zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Demgegenüber bestand die Bekl. auf einer bedingungslosen Möglichkeit zur Untersuchung in ihrer Werkstatt, wohin sie den Wagen abschleppen lassen wollte. Den daraufhin erklärten Rücktritt hielt sie für unwirksam. Die Rückabwicklungsklage blieb in sämtlichen Instanzen erfolglos.
Ohne dass es auf die Frage der Mangelhaftigkeit ankam, scheiterte der Kl. bereits daran, dass seine Rücktrittserklärung unwirksam war. Voraussetzung eines wirksamen Rücktritts sei, so der BGH, der fruchtlose Ablauf einer dem Verkäufer gesetzten Frist zur Nacherfüllung. Das Nacherfüllungsverlangen müsse seinerseits bestimmte Anforderungen erfüllen, um den Weg zum Rücktritt frei machen zu können. Welche das sind, bringt der obige Leitsatz auf den Punkt. Nach Ansicht des BGH hat der Kl. diesen Anforderungen nicht genügt, indem er eine Untersuchung des Fahrzeugs durch die Bekl. in unzulässiger Weise von der Bedingung abhängig gemacht habe, dass die Bekl. sich zuvor mit der geforderten Neulieferung einverstanden erkläre.
Praxishinweis
Wenngleich der BGH mit keiner Silbe auf die höchstrichterlich weiterhin ungeklärte Frage des Erfüllungsorts bei der Nacherfüllung in Fällen des Autokaufs eingeht, ist die Entscheidung für die anwaltliche Praxis eminent wichtig. Ob der Kl., der im Endeffekt zu hoch gepokert hat, bei der Korrespondenz mit der Bekl. anwaltlich vertreten war, erfährt man nicht. Jedenfalls macht der BGH deutlich, was schief gelaufen ist. Dogmatisch geht er - anders als die Vorinstanz - nicht den Weg über die Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht des Käufers, sondern knüpft richtigerweise schon an dessen Obliegenheit an, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben. Mit seinem weiten Begriffsverständnis stärkt er, nicht zum ersten Mal, das Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung. Für den Käufer-Anwalt heißt das: Vor einem Rücktritt vom Kauf oder einem sonstigen Sekundärrechtsbehelf müssen sämtliche Voraussetzungen sorgfältig geprüft werden. Dazu gehört auch eine peinlich genaue Beachtung des Nacherfüllungsvorrangs (erfolglose Fristsetzung, Angemessenheit der Frist, keine unzulässige Bedingung, keine Zuvielforderung).
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