01.08.2007 | Autokauf
Kraftstoffmehrverbrauch nicht in jedem Fall ein Rücktrittsgrund
Ein Sachmangel stellt eine unerhebliche Pflichtverletzung dar, die den Käufer gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht zum Rücktritt berechtigt, wenn er im Sinne von § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. den Wert oder die Tauglichkeit der Kaufsache nur unerheblich mindert. Bei einer Abweichung des Kraftstoffmehrverbrauchs eines verkauften Neufahrzeugs von den Hersteller-angaben um weniger als 10 % ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag daher ausgeschlossen (BGH 8.5.07, VIII ZR 19/05, Abruf-Nr. 072005). |
Sachverhalt
Durch Vertrag vom 12.10.02 kaufte der Kläger vom beklagten AUDI-Zentrum einen neuen A 2 1.2 TDI. In der Internetwerbung des Herstellers und im Verkaufsprospekt wurde der Verbrauch mit 3,0 bis 3,2 l Diesel auf 100 km nach der Richtlinie 93/116/EG angegeben. Aufgrund eigener Messungen kam der Kläger zum Ergebnis, dass sein A 2 zu viel „schlucke“. Die Beklagte konnte in ihrer Werkstatt keinen Fehler feststellen und verwies den Kläger wegen einer weitergehenden Prüfung an den TÜV. Darauf ließ er sich nicht ein und erklärte den Rücktritt. Das LG Flensburg wies die Klage mangels Fristsetzung ab. Das OLG Schleswig verneinte nach Einholung eines TÜV-Gutachtens ein Recht zum Rücktritt wegen Unerheblichkeit i.S.d. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB. Der Sachverständige hatte folgende Werte ermittelt: + 11 % unter städtischen, + 7 % unter außerstädtischen Bedingungen und + 6 im Durchschnitt der Fahrzyklen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO sieht der BGH als nicht erfüllt an. An der Richtigkeit des OLG-Urteils bestünden in dem entscheidenden Punkt „keine Zweifel“. Dabei greift der VIII. ZS zurück auf seine beiden Kraftstoff-Urteile aus der Zeit vor der Schuldrechtsreform (BGHZ 132, 55, und BGHZ 136, 94). Hiernach stellt es nur eine unerhebliche Minderung des Fahrzeugwertes i.S.d. § 459 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. dar, wenn der Spritverbrauch eines Neufahrzeugs um weniger als 10 % von den Herstellerangaben abweicht. Werde diese Grenze, die keine technische oder physikalische Toleranzgrenze sei, nicht überschritten, sei der Rücktritt gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ausgeschlossen.
Praxishinweis
In der Ausgabe 5/07, S. 82 ff., haben wir über das leidige Thema Rücktritt/Bagatellgrenze ausführlich informiert. Dazu passt der vorliegende BGH-Beschluss. Was nach altem Recht „unerheblich“ war, ist auch im neuen Recht „unerheblich“, so sein Kern. Das hört sich ebenso banal wie plausibel an. Sieht man indes, dass nach altem Recht Unerhebliches über die neue Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB gezogen werden kann, wenn Arglist im Spiel ist (BGH VA 06, 115, Abruf-Nr. 061349 = NJW 06, 1960) oder wenn der Verkäufer (ohne Verschulden) eine Garantie gebrochen hat, sieht die Sache schon anders aus.
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