Frage | Antwort |
1. Der BGH (NJW 08, 1147) hat bei unberechtigter Mängelrüge eine Schadenersatzpflicht des Käufers angenommen. Welche Konsequenzen hat das für Autokäufer und ihre Anwälte? | Grds. trifft Privatpersonen keine Untersuchungsobliegenheit, auch keine Pflicht zur Ursachenerforschung. Anders bei B2B (§ 377 HGB). Auch für Verbraucher gilt: Vor dem Reklamieren besser zweimal hingucken. Bei Defekten innerhalb der ersten sechs Monate entlastet die Beweisvermutung des § 476 BGB (s. auch Kaiser, NJW 08, 1709; Lange/Widmann, ZGS 08, 329) |
NaN. Wie wird der Anspruch auf Nacherfüllung (§ 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1) geltend gemacht? | Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form vor. Eine bloße Mängelanzeige genügt nicht. Der Käufer muss entweder Ersatzlieferung oder Mängelbeseitigung verlangen. Die Aufforderung zur Nacherfüllung mit einer Fristsetzung zu kombinieren, ist ratsam, aber jetzt noch nicht zwingend. |
NaN. Welche inhaltlichen Anforderungen muss ein Nachbesserungsverlangen erfüllen? | Der Mangel, dessen Beseitigung verlangt wird, muss möglichst konkret bezeichnet werden (OLG Saarbrücken 29.5.08, 8 U 494/07, Abruf-Nr. 082707). Argument: Der Verkäufer muss wegen § 439 Abs. 3 die Kosten ermitteln können. Es genügt, wenn die Mangelerscheinungen (Symptome) gerügt werden, z.B. Wagen zieht nach links. Ursachen müssen nicht benannt werden, Fehlbeurteilungen sind unschädlich. Mit der Unterzeichnung eines „Reparaturauftrags“ wählt der Käufer Nachbesserung. Zur Bindung Frage 21. |
NaN. Wie setzt man eine Frist richtig, um nach ergebnislosem Ablauf den Weg für die sekundären Rechts-behelfe (Rücktritt, Minderung und Schadenersatz) frei zu haben? | Welche Anforderungen an eine (Nach-)Fristsetzung i.S.v. § 440 – unabhängig von der Fristlänge – zu stellen sind, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Käufer muss unmissverständlich erklären, dass der Verkäufer eine „letzte Gelegenheit“ erhält, die vertragliche Leistung zu erbringen (OLG Köln ZGS 03, 392). Ratsam ist eine eindeutige Aufforderung verbunden mit einer bestimmten Frist oder einem bestimmten Endtermin. |
NaN. Ist eine Fristsetzung auch erforderlich, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt? | Ja, denn das BGB differenziert nicht zwischen Verbrauchsgüterkauf und B2B. Obgleich die EU-Richtlinie keine Fristsetzung als Voraussetzung für Rücktritt und Minderung vorsieht, wird sie vom BGH (evtl. richtlinienwidrig) verlangt (NJW 06, 613). |
NaN. Muss die Fristsetzung eine Ablehnungsandrohung enthalten? Unterfrage: kann nach ergebnislosem Fristablauf weiterhin Nacherfüllung verlangt werden oder muss jetzt mit Rücktritt o.a. die zweite Stufe gezündet werden? | Nein, das ist nicht nötig (OLG Köln ZGS 03, 392), andererseits aber auch nicht schädlich. Zur Unterfrage: Der fruchtlose Ablauf der Frist öffnet das Tor zu den Sekundärrechten, ohne dass der Käufer eines dieser Rechte, z.B. Rücktritt, jetzt wählen muss. Er kann weiterhin Nacherfüllung verlangen, auch darauf klagen (BGH NJW 06, 1198). Erst ein wirksam ausgeübtes Rücktrittsrecht hat umgestaltende Wirkung. Zur Schwebelage nach Fristablauf instruktiv Hanau, NJW 07, 2806. |
NaN. Wie lang muss die Frist sein und welche Folgen hat es, wenn eine unangemessen kurze Frist gesetzt wurde? | Für die Angemessenheit der Nachfrist haben sich noch keine klaren Maßstäbe herausgebildet. Es kommt ganz auf die Umstände des Einzelfalls an. Maßgebend sind: Art der Nacherfüllung (Ersatzlieferung oder Nachbesserung), bei verlangter Nachbesserung die Eigenart des Mangels, der Umfang der Mangelhaftigkeit und die Leistungsfähigkeit des Verkäufers (Werkstatt?). Faustformel: Nachbesserung eine Woche, Ersatzlieferung ein Monat. Eine zu kurze Frist ist nicht wirkungslos, es wird eine Frist in angemessener Länge in Gang gesetzt (OLG Celle NJW 04, 3566). |
NaN. Genügt als Fristsetzung die Aufforderung des Käufers, der Verkäufer solle binnen einer bestimmten Frist eine „Haftungserklärung“ abgeben oder „seine Bereitschaft zur Nacherfüllung erklären“? | Nein, jedenfalls kritisch; offengelassen von OLG Stuttgart DAR 05, 91; verneinend Palandt/Grüneberg, § 323 Rn. 13. |
NaN. Welche Folgen hat es, wenn der Käufer in seinem Aufforderungsschreiben etwas verlangt, was er nicht oder so nicht beanspruchen kann? | Wenn der Käufer zu viel fordert, kann das Nacherfüllungsverlangen/die Fristsetzung unbeachtlich sein. Stichwort „unzulässige Mehrforderung“. Ob der Käufer zu viel fordert, hängt vom Inhalt der Nacherfüllungspflicht ab. Hier ist noch Vieles str.: Kann der Käufer eines Gebrauchtfahrzeugs den Einbau von Neuteilen fordern? (dazu s. Frage 17). Was ist mit dem Ausbau eines schadhaften Teils und seiner Entsorgung? Kann der Käufer Abholung seines Fahrzeugs verlangen? (dazu s. Frage 12). Angesichts der Rechtsunsicherheit sind Käufer gut beraten, sich auf den Kerninhalt der Nacherfüllung (Ersatzlieferung oder Nachbesserung) zu beschränken und keine evtl. unzulässigen Bedingungen zu stellen. |
NaN. Wie ist zu verfahren, wenn das Fahrzeug mehrere Mängel hat, die der Mandant seinem RA a) gebündelt b) nacheinander meldet? | Grundsätzlich gilt das Einzelmangelprinzip, d.h. jeder Mangel hat auch bei der Nacherfüllung sein eigenes Schicksal. Zumal bei Elektronikproblemen ist oft schwer zu sagen: Einzelmangel oder „Gesamtmangel“, Symptom oder Ursache? Auch verjährungsrechtlich (Hemmung) und bei der Zwei-Versuche-Regel (dazu BGH NJW 07, 504; OLG Düsseldorf 29.10.07, I-1 U 59/07, Abruf-Nr. 073760; OLG Naumburg 13.2.08, 6 U 131/07, Abruf-Nr. 081826) ist dieses Abgrenzungsthema virulent |
NaN. Was bewirkt eine Mängelanzeige, was eine Aufforderung zur Nacherfüllung verjährungsrechtlich? | Nichts. Erst durch Verhandlungen wird die Verjährung gehemmt (§ 203). Dazu genügt jeder Meinungsaustausch, auch am Telefon. Der Verkäufer muss sich auf die Sache einlassen, z.B. Verabredung eines Prüftermins, Mängelsuche. |
NaN. Muss ein Fahrzeugkäufer, der Nachbesserung verlangt, dem Verkäufer anbieten, das Fahrzeug in dessen Werkstatt zu bringen oder kann er Abholung fordern? | Die Frage Erfüllungsort (Leistungsort) ist nach wie vor sehr str. Käufer können sich auf BGH VA 08, 94 und OLG München VA 06, 59 berufen („Belegenheitsort“), Verkäufer auf OLG München VA 07, 193 und OLG Köln VA 06, 79 (Werkstatt). Die Transportkosten trägt in jedem Fall der Verkäufer (§ 439 Abs. 2). |
NaN. Welche Möglichkeiten hat der Verkäufer zur Abwehr eines Nacherfüllungsverlangens? | In erster Linie ist zu prüfen, ob er sich auf § 275 Abs. 1 berufen kann (= Einwendung). Wenn die geforderte Nacherfüllung objektiv dauerhaft unmöglich ist, ist er von seiner Pflicht aus § 439 Abs. 1 frei. Beim GW-Kauf ist die Ersatzlieferung regelmäßig unmöglich (BGH VA 06, 165), beim Neuwagen-Kauf ist es eher umgekehrt (selbst beim Kauf eines vorrätigen Wagens). Wenn auch der Mangel des Gebrauchtwagens nicht behebbar ist, eine Nachbesserung also entfällt, sind beide Arten der Nacherfüllung unmöglich (Doppelunmöglichkeit). Beispiel: Verkauf eines Fahrzeugs als „unfallfrei“ mit Unfallvorschaden. Persönliches Unvermögen (Verkäufer ohne Werkstatt) ist kein Fall des § 275 Abs. 1. In zweiter Linie ist zu prüfen, ob dem Nacherfüllungsverlangen die Einrede der Unverhältnismäßigkeit der Kosten entgegengesetzt werden kann (§ 439 Abs. 3). Dazu Frage 14. |
NaN. Unter welchen Voraussetzungen darf der Verkäufer die Nacherfüllung aus Kostengründen verweigern? | Das bestimmt sich nach § 439 Abs. 3. Anders als § 275 Abs. 2 fordert er kein grobes Missverhältnis, d.h. der Ausstieg über die Kostenschiene ist leichter. Schon in der Theorie ist vieles unklar, die Praxis tappt gleichfalls im Dunkeln. Die absolute Unverhältnismäßigkeit kann Autoverkäufer praktisch nicht „retten“, allenfalls die relative Unverhältnismäßigkeit. Das ist der Internvergleich zwischen Ersatzlieferung und Nachbesserung (vgl. OLG Braunschweig NJW 03, 1053; LG Ellwangen NJW 03, 517; LG Münster DAR 04, 226; noch kein BGH-Urteil). |
NaN. Bis zu welchem Zeitpunkt muss die Einrede der Unverhältnismäßigkeit erhoben werden? | Sicherheitshalber innerhalb der gesetzten (angemessenen) Frist, jedenfalls bevor der Käufer die zweite Stufe zündet (Rücktritt o.a.), vgl. OLG Celle NJW-RR 07, 353. |
NaN. Welche Rechtsfolge tritt ein, wenn die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 unmöglich ist oder nach § 439 Abs. 3 zu Recht verweigert wird? | In diesen Fällen kann der Käufer ohne Fristsetzung nach § 437 Nr. 2 und 3 vorgehen, z.B. vom Kauf zurücktreten. Der Nacherfüllungsanspruch ist ausgeschlossen bzw. nicht durchsetzbar. |
NaN. Erfüllt der Verkäufer eines gebrauchten Kfz seine Nacherfüllungspflicht bei Verwendung gebrauchter Teile oder muss er Neuteile einsetzen? | Wie der Verkäufer den Mangel beseitigt, geht den Käufer grds. nichts an. Entscheidend ist der Erfolg der Maßnahme. So liegt es im Ermessen des Verkäufers, ob er das defekte Teil repariert oder austauscht. Bei einem Gebrauchtwagen müssen nicht in jedem Fall Neuteile eingesetzt werden (OLG Düsseldorf 22.1.07, I-1 U 149/06, Abruf-Nr. 080918). |
NaN. Kann der Verkäufer einen Ausgleich „neu für alt“ verlangen, wenn mit der Nachbesserung eine Wertsteigerung verbunden ist? | Grundsätzlich ist die Nachbesserung kostenlos. Eine Vorteilsabschöpfung kommt nur in engen Grenzen in Frage, z.B. wenn das ausgetauschte Teil außer dem Mangel einen vom Käufer selbstverursachten Defekt hatte. Zum Problem s. Ball, NZV 04, 217. |
NaN. Muss ein Neuwagen-Käufer seinen Händler informieren, wenn er sich, wie in den AGB vereinbart, an einen Drittbetrieb wendet? | Nach den Neuwagen-AGB besteht eine Unterrichtungspflicht. Seit der Neufassung (3/08) steht da ein „unverzüglich“ nach dem ersten Fehlversuch. Eine verspätete Meldung kann ersatzpflichtig machen. |
NaN. Wie geht ein Käufer am besten vor, wenn für seinen Pkw noch die Herstellergarantie läuft, er aber auch Nachbesserung gem. § 439 Abs. 1 verlangen könnte? | Zwischen Garantie und Gewährleistung ist strikt zu trennen. Im Zweifel ist es für Käufer besser, auf Gewährleistung zu setzen. Achtung beim Neuwagen-Kauf von freien Händlern! Reparaturen in Vertragswerkstätten im Rahmen der Herstellergarantie muss der Freie nicht als Nachbesserungsversuche gegen sich gelten lassen, d.h. Fristsetzung an Händler vor Rücktritt (OLG Karlsruhe DAR 07, 31). |
NaN. Kann der Käufer ohne Weiteres von Ersatzlieferung auf Nachbesserung oder umgekehrt wechseln oder ist er an seine einmal getroffene Wahl gebunden? | Die Frage ist str., bei Annahme einer Wahlschuld tritt Bindung ein (dagegen aber indirekt BGH NJW 06, 1198), bei Bejahung einer sog. elektiven Konkurrenz ist der Käufer freier, obwohl ein Umsatteln an § 242 scheitern kann. Ohne „sachlich gerechtfertigten Grund“ geht es nicht, vgl. OLG Saarbrücken 29.5.08, 8 U 494/07, Abruf-Nr. 082707 (erst Nachbesserung, dann Ersatzlieferung). |
NaN. Kann ein Käufer, der ohne Fristsetzung den Rücktritt erklärt und in Eigenregie nachgebessert hat, Ersatz wenigstens eines Teils der Reparaturkosten verlangen? | Grds. hat er keine Möglichkeit, den Verkäufer mit Kosten zu belasten (BGH NJW 05, 1348). Argument: Vorrangigkeit der Nacherfüllung (= Recht zur zweiten Andienung). Nur dort, wo der Vorrang entfällt, können Selbstvornahmekosten als Schadenersatz eingeklagt werden. Das sind die Fälle des § 440: (1) berechtigte Verweigerung nach § 439 Abs. 3, (2) ernsthafte und endgültige Verweigerung, (3) Fehlschlagen trotz zweier Versuche pro Mangel, nicht insgesamt (4) Verzögerung der Nacherfüllung (5) Unzumutbarkeit für Käufer und (6) überwiegendes Käuferinteresse |
NaN. Hat die Rspr. inzwischen geklärt, ob der Käufer im Fall der Ersatzlieferung für die Nutzung der mangelhaften Sache einen Ausgleich schuldet? | Ja, das Thema ist für den Verbrauchsgüterkauf durch (EuGH NJW 08, 1433). Für 2B2 gilt kein EU-Recht, d.h. der Unternehmer muss für seine Nutzung zahlen (nach der üblichen Formel). Verbraucher, die zu Unrecht eine Nutzungsentschädigung gezahlt haben, haben einen Anspruch aus § 812 Abs. 1. Ob Verbraucher einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 haben, ist zweifelhaft (noch keine Rspr.). |
NaN. Kann der Käufer für die Zeit, in der sein Wagen zur Nachbesserung in der Werkstatt ist, einen Ausgleich für entgangene Nutzung verlangen? | Ja, wobei zwei Schienen zu trennen sind. Schiene 1: Schadenersatz „neben“ der Leistung unabhängig von Verzug (§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1), vgl. OLG Celle 16.4.08, 7 U 224/07, Abruf-Nr. 081499; LG Krefeld DAR 08, 90; Schiene 2: Verzögerungsschaden (§ 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, 2, § 286). Verzug nötig; Mahnung kann in Aufforderung liegen. |
NaN. Angenommen, der Wagen wird im Zuge der Nachbesserung in der Werkstatt beschädigt, welche Rechte hat der Käufer? | Im alten Recht ein Fall der pVV, heute lt. OLG Saarbrücken NJW 07, 3503 gleichfalls kein Fall der Mängelhaftung, sondern Nebenpflichtverletzung mit der Möglichkeit, sich nach §§ 282, 324 vom Vertrag zu lösen, sofern die Pflichtverletzung erheblich ist. Sehr problematische Entscheidung! |