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  • 01.09.2007 | Autokauf

    Verbrauchereigenschaft: Anwalt im Glück

    Wird die Kaufsache sowohl gewerblich wie auch privat genutzt (dual use), so ist für die Einordnung des Geschäfts als gewerbliches oder als Verbrauchsgüterkauf auf den erklärten Parteiwillen, also den durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt des Vertrages abzustellen. Entscheidend ist daher im Grundsatz, wie der Käufer gegenüber seinem Vertragspartner auftritt und wie dieses Auftreten vom Verkäufer unter Berücksichtigung der Lebens- und Berufssituation des Käufers objektiv verstanden werden kann (OLG Celle 4.4.07, 7 U 193/06, Abruf-Nr. 072591).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger, ein Rechtsanwalt, kaufte Ende 2003 von dem beklagten Autohaus einen neuwertigen Gebrauchtwagen vom Typ MB E 500 für 52.000 EUR. Nach seiner Behauptung traten alsbald nach Übernahme diverse Mängel auf (Elektronik). Unter Hinweis auf zwei vergebliche Werkstattbesuche erklärte er den Rücktritt vom Kauf. Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme zu Art und Umfang der Fahrzeugnutzung stattgegeben. Mit seiner Berufung bekräftigte das Autohaus seine Ansicht, dass der Kläger nicht als Verbraucher, sondern als Unternehmer gekauft habe. Zwar habe der zuständige Verkäufer im Bestellformular das „Nein-Kästchen“ (keine berufliche/selbstständige Tätigkeit) angekreuzt, das sei jedoch ein Versehen gewesen. Die Berufung blieb im Kern erfolglos.  

     

    Entscheidungsgründe

    Da es nur noch darum ging, ob die Mängel schon bei Auslieferung vorhanden waren, hing der Ausgang des Verfahrens von der Anwendbarkeit des § 476 BGB (Beweislastumkehr) ab. Hierzu musste der Kläger als Verbraucher gekauft haben. Das hat das OLG bejaht. Nach den Feststellungen des LG liege eine überwiegend private Nutzung vor und selbst nach den Berechnungen der Beklagten hielten sich beide Nutzungsarten in etwa die Waage. Rechtlich komme es auf diese dual-use-Argumentation nicht einmal an, denn entscheidend sei der Geschäftszweck, wie er nach dem Willen der Parteien beim Kauf vorgelegen habe. Abzustellen sei damit letztlich darauf, wie der Käufer aufgetreten sei und wie dieses Auftreten vom Verkäufer habe verstanden werden können. Von diesem rechtlichen Ansatz her hat das OLG dem „Nein-Kästchen“ erhebliches Gewicht beigemessen; ferner dem Umstand, dass nur der Name des Klägers, nicht auch sein Beruf, im Bestellschein und in der Rechnung notiert war. Den Versehens-Einwand der Beklagten hat das OLG mangels hinreichender Substanziierung als unbeachtlich abgetan. Für unschädlich hat es gehalten, dass der Kläger in der Klageschrift selbst ausgeführt habe, als Unternehmer i.S.d. § 14 BGB gekauft zu haben (wohl um den höheren Zinssatz zu kassieren). An diese „wertende“ Selbstbezeichnung als Unternehmer sei der Senat nicht gebunden.  

     

    Praxishinweis

    Ein teures Kreuzchen für das Autohaus und mächtig viel Glück für den Anwalt, so das Resümee dieses interessanten Falles. Der Käufer, der sich auf die ihm günstige Beweislastumkehr in § 476 BGB beruft, muss darlegen und beweisen, dass er beim Abschluss des Kaufvertrages als Verbraucher (§ 13 BGB) gehandelt hat, so BGH 11.7.07, VIII ZR 110/06, Abruf-Nr. 072532 (Katzenkauf). Ob das OLG dies auch so gesehen hat, kann man bezweifeln. Jedenfalls hat es dem Kläger in allen entscheidenden Punkten „geholfen“, bis auf die Nutzungsvergütung. Sie abzuziehen, habe der Kläger in erster Instanz versäumt, was einen Kostennachteil zur Folge habe. Zum Beweis der Unternehmereigenschaft des Verkäufers s. KG 11.9.06, 12 U 186/05, Abruf-Nr. 072592, NZV 07, 311.