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  • 01.08.2005 | Berufungsverwerfung

    Ausbleiben im HV-Termin wegen Urlaub

    Das Ausbleiben des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung ist in der Regel genügend entschuldigt, wenn der Angeklagte aufgrund eines vor Erhalt der Ladung zur Hauptverhandlung gebuchten Urlaubs nicht erscheint (OLG Hamm 25.5.05, 2 Ss 210/05, Abruf-Nr. 051909).

     

    Sachverhalt

    Das AG hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Dagegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Nachdem ein erster HV-Termin, zu dem der Angeklagte erschienen war, nicht durchgeführt werden konnte, weil Zeugen nicht erschienen waren, hat das LG einen neuen Termin bestimmt. Nach Ladung des Angeklagten hat sein Verteidiger Terminsverlegung beantragt, da der Angeklagte am Terminstag in Urlaub sei. Das LG hat die Terminsverlegung abgelehnt. Im HV-Termin ist der Angeklagte nicht erschienen. Die Strafkammer hat seine Berufung gem. § 329 Abs. 1 StPO verworfen. Dagegen hat der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und Revision eingelegt. Seine Revision hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das LG hat den Begriff „genügende Entschuldigung“ rechtsfehlerhaft verkannt. § 329 Abs. 1 StPO ist eine Ausnahmevorschrift, die eng ausgelegt werden muss. Die Pflicht zum Erscheinen vor Gericht auf entsprechende Ladung hin ist zwar eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Angeklagten, die grundsätzlich der Regelung familiärer und geschäftlicher Angelegenheit vorgeht. Diese Pflicht besteht aber nicht uneingeschränkt. Vielmehr ist zwischen den Belangen des Angeklagten und der Pflicht zum Erscheinen abzuwägen. Dabei darf die Bedeutung der Strafsache nicht übersehen werden. Deshalb ist ein Angeklagter genügend entschuldigt, wenn ihm aus besonderen Gründen das Erscheinen im Termin billigerweise nicht zuzumuten war und ihm deshalb die Zuwiderhandlung gegen die Pflicht, der Ladung Folge zu leisten, nicht zum Vorwurf gereicht. Der Angeklagte ist hier genügend entschuldigt, weil er der HV aufgrund eines vor Erhalt der Ladung zur HV gebuchten Urlaubs ausbleibt. Der Angeklagte muss seine persönlichen Interessen nicht grds. hinten anstellen. Das wäre unverhältnismäßig, vor allem, wenn es sich um eine Strafsache von geringer Bedeutung mit einer festgesetzten Geldstrafe von – wie hier – (nur) 25 Tagessätzen zu je 15 EUR handelt.  

     

    Praxishinweis

    Hat der Angeklagte den Urlaub erst nach Erhalt der Ladung gebucht, dann hat die öffentlich-rechtliche Pflicht, der zuvor bewirkten Ladung Folge zu leisten, Vorrang. Darauf weist das OLG ausdrücklich hin. Der Verteidiger sollte daher seinem Verlegungsantrag eine Buchungsbestätigung oder ein Schreiben des Reisebüros beifügen, woraus sich ergibt, dass der Mandant bereits vor Erhalt der Ladung die Reise gebucht hat. Mit den Fragen der Berufungsverwerfung wegen Ausbleibens des Angeklagten befasst sich unser Schwerpunktbeitrag in VA 01, 10.