Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 27.05.2009 | Blutentnahme

    Blutentnahme II: Kein Verwertungsverbot bei Anordnung nur durch die Polizei

    1. Die Annahme einer Gefährdung des Untersuchungserfolgs i.S.d. § 81a Abs. 2 StPO erfordert u.a. eine auf den Einzelfall bezogene und in den Ermittlungsakten zu dokumentierende Prognoseentscheidung der mit der Sache befassten Ermittlungspersonen zur mutmaßlichen zeitlichen Verzögerung.  
    2. In diese Prognoseentscheidung sind neben der wahrscheinlichen Dauer bis zum Eintreffen eines Arztes auf der Dienststelle bzw. bis zum Erreichen eines Krankenhauses und damit bis zur tatsächlichen Möglichkeit zur Entnahme der Blutprobe beim Beschuldigten sowohl die eintretende zeitliche Verzögerung mit oder ohne Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung als auch die bisher festgestellten konkreten Tatumstände am Ort der Kontrolle sowie das Verhalten des Beschuldigten einzubeziehen.  
    3. Eine unberechtigte Inanspruchnahme der Eilanordnungskompetenz des § 81a Abs. 2 StPO führt nur dann zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die Voraussetzungen von Gefahr in Verzug willkürlich angenommen, der Richtervorbehalt bewusst und gezielt umgangen bzw. ignoriert wird oder wenn die den Richtervorbehalt begründende Rechtslage in gleichgewichtiger Weise gröblich verkannt bzw. fehlerhaft beurteilt wird.  
    (OLG Bamberg 19.3.09, 2 Ss 15/09, Abruf-Nr. 091190)

     

    Praxishinweis

    Das OLG Bamberg geht wie die Mehrheit der OLG zur Frage des Beweisverwertungsverbots bei einer unter Verletzung des Richtervorbehalts des § 81a Abs. 2 StPO gewonnenen Blutprobe davon aus, dass ein solches nicht besteht (vgl. dazu die Rechtsprechungsübersicht in VA 09, 84). Lesenswert ist die Entscheidung aber nicht deshalb, sondern wegen der Anforderungen, die nach Auffassung des OLG an die Bejahung von „Gefahr im Verzug“ zu stellen sind. Danach dürfte in vielen Fällen, in denen in der Vergangenheit von den Gerichten „Gefahr im Verzug“ bejaht worden ist, diese zu verneinen gewesen sein. Eine Absage erteilt das OLG insbesondere auch denjenigen, die davon ausgehen, dass bei einer Trunkenheitsfahrt immer „Gefahr im Verzug“ vorliege (dazu zuletzt u.a. LG Berlin 2.2.09, 501 Qs 2/09, Abruf-Nr. 091189; Rechtsprechungsübersicht in VA 09, 84). Zu bedauern ist es allerdings, dass das OLG dann aber nicht auch den nächsten Schritt macht und ein Beweisverwertungsverbot bejaht. Die Möglichkeit hätte der festgestellte Sachverhalt geboten, weil die die Blutentnahme anordnende Polizeibeamtin sich darauf berufen hatte, „dass die Anordnung von Blutentnahmen durch Polizeibeamte an ihrer Dienststelle gängige Praxis sei und dass angesichts des schnellen Abbaus von Alkohol im Körper Schwierigkeiten mit dem Tatnachweis gegeben seien“. Damit hätte man m.E. „Willkür“ begründen können, da sich in der Argumentation nichts anderes widerspiegelt als der Satz: Das haben wir schon immer so gemacht (vgl. OLG Hamm VA 09, 100).  

     

    Quelle: Ausgabe 06 / 2009 | Seite 101 | ID 127197